Nathan B. Antiel kommentiert bei firstthings den 400. Jahrestag, an dem Shakespeares erstes Folio erschien. Hier geht´s zum Original klicken
"SHAKESPEARES ERSTES FOLIO WIRD 400"
1632 hat John Milton sein erstes Gedicht in englischer Sprache veröffentlicht. Lange bevor "Paradise Lost" auch nur geplant war, erschien ein unsigniertes sechzehnzeiliges Gediicht auf dem Titelblatt von Shakespeares Zweitem Folio. 1630 geschrieben, wird das Gedicht allgemein "Über Shakespeare" genannt. Miltons Originaltitel lautet "Grabinschrift für den bewundernswürdigen Poeten W. Shakespeare". Die Bedeutung des Titels wird in den Eröffenungszeilen klar:
Was braucht mein Shakespeare für seine verehrten Knochen,Das Werk eines Zeitalters in Steinen gehäuft.
Oder daß seine geheiligten Relikte verborgen werden sollten
unter einer zu den Sternen weisenden Pyramide?
Dennoch waren einige seiner Stücke bis zu Shakespeares Tod im Jahr 1616 in Ausgaben veröffentlicht worden, die als Quartos bekannt waren – vier Bögen, die zu acht Blättern gefaltet wurden, also insgesamt sechzehn Seiten. Einige dieser Stücke scheinen authentisch zu sein und wurden möglicherweise gedruckt, um in Zeiten der Pest, als die Theater geschlossen waren, Geld zu verdienen. Es gibt auch „schlechte Quartos“, die raubkopiert oder aus den Erinnerungen der Schauspieler an ihre einzelnen Rollen konstruiert wurden. Andere Quartos wurden fälschlicherweise Shakespeare zugeschrieben, um seinen Ruf zu monetarisieren. Es war also ein wichtiges Ereignis, als das autorisierte First Folio sieben Jahre nach Shakespeares Tod erschien. In diesem Jahr jährt sich seine Veröffentlichung zum vierhundertsten Mal.
Das Folio enthält 36 Theaterstücke, von denen 19 schon in diversen Quartos erschienen waren. Er enthält mehrere Sätze a 3 Blätter gefalteten Papiers, was 6 Blätter oder 12 Seiten ergibt -zusammengenäht. Zusätzlich dazu, daß so 17 Stücke des Barden bewahrt wurden, die sonst verloren gegangen wären, weichen die Folianten oft von den Quartos ab. Das King-Lear-Folio enthält einige hundert seltsame Verse, die in dem schlechten Quart von 1603 nicht enthalten sind, und zeigt so vielleicht eine tiefgreifende Revision durch Shakespeare. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Drucken haben den Herausgebern endlose Debatten hinterlassen, darüber ob die Errata Fehler sind, Wortspiele oder gültige Korrekturen. Manchmal allerdings ist der Fall einfach und das Folio offenbart die Absurdität eines Quarts. Im schlechten Quart klingt Hamlets berühmtester Monolog eher nach den verpatzten Monologen des Herzogs und des Königs in Huckleberry Finn als nach dem großen Dänen: "Sein oder Nichtsein“ – soweit gut – „Ja, da ist der Punkt, Sterben, schlafen, ist das alles? Ja, alles
Doch über das Folio wird behauptet, es habe mehr getan, als nur die Stücke zu veröffentlichen. Auf der Titelseite wird behauptet, "ein Amt für die Toten“ auszuüben, das darauf abzielt, "die Erinnerung an einen so würdigen Freund und Kameraden lebendig zu halten“. Diese Sprache hilft, Miltons Epitaph zu kontextualisieren. Ein Amt auszuüben bedeutet, einen Dienst oder eine Gefälligkeit zu erweisen, aber der Ausdruck hat auch liturgische Untertöne: Ein "Amt“ ist die autorisierte Form eines Gottesdienstes, und der Ausdruck "die Erinnerung lebendig halten“ spiegelt die anglikanische Sprache der Weihe wider Im Book of Common Prayer von 1559 betont der Priester, daß Christus "eine ewige Erinnerung an seinen kostbaren Tod gegründet hat und uns in seinem heiligen Evangelium geboten hat, bis zu seiner Wiederkunft daran festzuhalten.“ Freunde und Kollegen wollten Shakespeare, der seit sieben Jahren tot war, im Folio wiederbeleben.
Mit dem Fortschreiten der Widmung, eignet sie sich weiter theologische Sprache an. Denn "die meisten, wenn auch gemeinsten Dinge werden kostbarer, wenn sie Tempeln gewidmet werden.“ . . wir weihen in aller Demut diese sterblichen Überreste Ihres Dieners Shakespeare Ihrer H.H..“ Weihen bedeutet Hingabe oder Widmung, aber das Wort bedeutet auch die Erwähnung von jemandem oder etwas als heilig. Bischöfe und Kirchen werden geweiht, ebenso wie Friedhöfe, auf denen Bestattungen stattfanden. Am wichtigsten ist, daß während der Weihe die eucharistischen Elemente Brot und Wein ihre sakramentale Natur erhalten und "zur geistigen Nahrung des kostbarsten Leibes und Blutes deines Sohnes, unseres Erlösers Jesus Christus“ werden.
Im Folio nehmen wir also am wiederauferstandenen Shakespeare teil. Die dem Folio beigefügten Gedichte erheben keinen geringeren Anspruch. Leonard Digges stellt in "Zum Andenken an den verstorbenen Autor, Meister W. Shakespeare“ fest, daß die Stücke den großen Dichter im Leser wieder auferstehen lassen – „"Jede Zeile, jeder Vers / Hier soll erwachen, dich von deinem Totenbett erlösen“ –, bevor er bekräftigt "Sei gewiss, unser Shakespeare, du kannst niemals sterben, / Aber gekrönt mit Lorbeer, lebe ewig.“ James Mabbes "To the Memorie of M. W. Shakespeare“ schildert Tod und Auferstehung auf theatralische Weise:
Die Kunst eines Schauspielers
kann leben und sterben, um einen zweiten Teil zu spielen,
das ist mehr als nur ein Ausgang aus der Sterblichkeit,
Das ist ein Wiedereintritt zum Lobpreis.
Und schließlich Ben Johnsons "Zur Erinnerung an meinen Geliebten"
Mein Shakespeare, steh auf!
Du bist ein Denkmal ohne Grab.
Und lebst noch so lange dein Buch lebt, m
und wir den Verstand haben, zu lesen und zu lobpreisen.
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