Samstag, 28. Oktober 2023

Fr. Hunwicke spricht...

bei liturgicalnotes heute in Fortsetzung seines gestrigen Beitrags zur Bedeutung der Stilometrie für die Arbeit Hier geht´s zum Original:  klicken

                                 STILOMETRISCH (2)

Natürlich ist seit 1986 viel Wasser unter vielen Brücken hindurch geflossen. Kenny würde vielleicht nicht mehr alles unterschreiben, was er in den 1980-ern geschrieben hat; fortgeschrittene Computer-Studien können seine Methodik oder seine Schlußfolgerungen beschädigt haben. Aber ich erinnere mich noch lebhaft an den Unwillen von Experten vor Jahrzehnten Kennys Schlußfolgerungen auch nur zu erwägen. Ein solcher Experte benutzte immer noch die Argumente, die zwei Jahrzehnte älter sind als Kennys, um die Authentizität bestimmter Texte des Neuen Testamentes zu verneinen. Ich habe ihm meine Keny-Ausgabe geliehen...als er sie mir beschämten Gesicht zurückgab, war ziemlich klar, daß er es nicht gelesen hatte. Wenn ein Mensch eine ganze akademische Karriere damit verbracht hat, bestimmte Annahmen in sein Denken, Schreiben und Lehren zu integrieren, wird es sehr schwer sich davon zu befreien... selbst vor sich selbst, die Zwielichtigkeit dessen zuzugeben...was er angenommen hatte. Das war im Wesentlichen das Schicksal von Kennys Studie. Für große Teile des akademischen Neu-Testament-Establishments ist die essentielle Nicht-Authentizität der meisten Dokumente, die sie bearbeiten, genau wie eine Glaubens-Doktrin. 

Kennys These war nicht fundamentalistisch; er schloß, daß der Titus-Brief nicht vom selben< Autor ist wie der Rest der Paulinischen Schriften. Die Wichtigkeit der Kenny-These  bestand darin, daß er für Beweise offen war; er mußte bestimmte Schlußfolgerungen nicht erreichen. Er hat -schon seit langer Zeit aufgehört zu predigen oder die Katholische Doktrin zu lehren. 

Ein letztes Detail, das einige Leser faszinieren könnte. 

Was ist mit dem Hebräer-Brief?

Hier Kennys Worte: "Ich habe zum Verhältnis des Hebräer-Briefes zum Apostel Paulus keine Meinung geäußert. Ich habe ihn aus dem Paulinischen Corpus nur auf Grund dessen ausgeschlossen, daß er sich selbst nicht als "von Paulus" präsentiert, wie es die anderen Briefe tun. Ich war de facto daran interessiert, die überraschende Anzahl von Ähnlichkeiten zum Paulinischen Corpus festzustellen, wie es auch der Leser getan haben wird. Zur Frage, ob das Paulus als Autor zuzuschreiben ist oder dem Einfluss von etwas, das "Brief-Genre" genannt wird, äußere ich keine Meinung." 

Wenn Kenny sich auf den Leser anspielt, bezieht er sich auf diejenigen, die die vielen   umfangreichen Tabellen in A Study sorgfältig durchgesehen haben, in denen er die statistische Grundlage seiner Analysen der neutestamentlichen Schriften liefert. Tatsächlich finden sich in diesen Tabellen Beweisstücke, die durchaus ein gewisses Unbehagen bei Studenten hervorrufen könnten, die möglicherweise mit den Standardannahmen bezüglich der Urheberschaft des Hebräerbriefs begonnen haben.

Kenny war nicht der erste Autor, der nicht ganz davon überzeugt war, daß der Hebräerbrief nicht paulinisch ist. Bereits 1957 hatte Dr. W. C. Wake darauf hingewiesen, daß das letzte Kapitel dem Ende eines Paulusbriefs bemerkenswert ähnelt.

Wir kennen einfach nicht die unterschiedlichen Umstände, die zur Entstehung jedes einzelnen neutestamentlichen Dokuments führten. Weise Jungfrauen werden meiner Meinung nach davor zurückschrecken, sich ihre eigenen Theorien auszudenken und dann darauf zu bestehen, daß diese Konstruktionen die Gewissheit eines ewigen Dogmas besitzen. Aber ein sanfter, zivilisierter Agnostizismus gegenüber bestimmten historischen Details ist nicht das, wofür es eine Doktorarbeit braucht."

Quelle: liturgicalnot4es, Fr.J. Hunwicke

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