Francis X. Maier, Dozent für Katholische Studien, analysiert und kommentiert das neue Dokument "Der Vatican von morgen" von Demos II. Hier geht´s zum Original: klicken
"DIE BEDÜRFNISSE DES VATICANS VON MORGEN"
Im März 2022 erschien ein Memorandum mit dem Titel "Der Vatican heute" und wurde weit verbreitet. Diese scharfe Kritik am Pontifikat von Papst Franziskus wurde es von einer anonymen Quelle "Demos" unterschrieben. Der Autor wurde in der Folge wurde der Autor als der verstorbene Kardinal George Pell identifiziert. Letzte Woche erschien ein ähnliche Dokument "Der Vatican morgen" gleichzeitig in 6 Sprachen. Wieder wurde es anonym unterzeichnet - von einer Quelle, die als "Demos II" identifiziert wird. Es ist unklar, wer die aktuellen Autoren sind. Aber mindestens ein Kardinal und mehrere ältere Bischöfe scheinen beteiligt zu sein.Der Text ist es wert, gelesen zu werden. Das Ganze. Kardinal Joseph Ten Ze-Kiun. der emeritierte Erzbischof von Hong Kong und ein Mann von Grundsätzen, der Reibereien sowohl mit dem aktuellen Pontifikat als auch der Chinesischen Regierung hatte, hat das Dokument in den sozialen Medien veröffentlicht. Er hat in den ersten 48 Stunden mehr als 125.000 Aufrufe verzeichnet.
Anders als der originale Demos-Text erkennt "Der Vatican morgen" die Stärken des Papsttums von Franziskus an, wie es andernorts festgestellt wird: "die zusätzlichen Bemühungen, die Franziskus gegenüber den Schwachen und Ausgegrenzten zeigt, Sorgen um die Würde der Schöpfung und um Umweltthemen , die aus ihr entstehen, und Bemühungen die Leidenden und Ausgegrenzten mmit ihren Lasten zu begleiten."
Der neue Text argumentiert -wie andere auch-daß die Fehler des aktuellen Pontifikates "ebenso offensichtlich" sind und ernst, mit schädlicher Wirkung. Als Resultat "muß die Aufgabe des nächsten Pontifikates die Wiederentdeckung und Wiedererrichtung der Wahrheiten sein, die langsam verdunkelt wurden oder bei vielen Christen verloren gingen." Was zu 7 Punkten führt, die die Substanz des Texte bilden - alle wert, hier zitiert zu werden.
Erstens: Wahre Autorität wird durch autoritäre Mittel bei ihrer Ausübung beschädigt. Der Papst ist ein Nachfolger des Petri und der Garant für die Einheit der Kirche. Aber er ist kein Autokrat. Er kann die Kirchenlehre nicht verändern und er darf die Disziplin der Kirche nicht erfinden oder verändern Er regiert die Kirche kollegial mit seinen Brüdern im Bischofsamt in den örtlichen Diözesen. Und er tut das immer in treuer Kontinuität mit dem Wort Gottes und der Kirchenlehre. "Neue Paradigmen" und "unerforschte neue Wege" die von beidem abweichen, sind nicht von Gott. Ein neuer Papst muß die Hermeneutik der Kontinuität im Katholischen Lebens wieder herstellen und das Verständnis von Vatican II von der Rolle des Papstes unterstreichen.
Zweitens: So wie die Kirche keine Autokratie ist, ist sie auch keine Demokratie. Die Kirche gehört Jesus Christus. Sie ist seine Kirche. Sie ist der mystische Leib Christi-bestehend aus vielen Gliedern. Wir haben keine Autorität, ihre Lehre neu zu gestalten, um bequemer in die Welt zu passen. Außerdem ist der sensus fidelium keine Sache von Meinungsumfragen ebenso wenig die Meinung einer getauften Mehrheit. Er stammt ausschließlich von denen, die ehrlich glauben und aktiv praktizieren oder zumindest ernsthaft versuchen, den Glauben und die Lehren der Kirche zu praktizieren.
Drittens: Zweideutigkeit ist weder evangelisch noch willkommen heißend. Eher ruft sie Zweifel hervor und fördert schismatische Impulse. Die Kirche ist eine Gemeinschaft nicht nur des Wortes und des Sakramentes, sondern auch des Glaubensbekenntnisses. Was wir glauben, hilft uns zu definieren und zu tragen.- So sind doktrinale Themen keine Lasten, die dem Christlichen Leben von gefühlslosen "Rechtsgelehrten" auferlegt werden. Noch sind sie zerebrale Sondervorstellungen zum christlichen Leben. Im Gegenteil, sie sind für ein authentisches christliches Leben vital, weil sie von der Anwendung der Wahrheit handeln und Wahrheit erfordert Klarheit, keine ambivalenten Nuancen. Von Anbeginn an hat das aktuelle Pontifikat der evangelischen Kraft und intellektuellen Klarheit seiner unmittelbaren Vorgänger widerstanden. Die Demontage und Neuausrichtung des Römischen Johannes Paul II Institutes für Studien zu Ehe und Familie und die Verdrängung von Texten wie Veritatis Splendor deuten eine Höherbewertung von "Mitgefühl" und Emotion auf Kosten von Vernunft, Gerechtigkeit und Wahrheit an. Für eine Glaubensgemeinschaft ist beides ungesund undzutiefst gefährlich.
Viertens: Die Katholische Kirche ist außer einer Gemeinschaft des Wortes, des Sakramentes und des Glaubensbekenntnis auch eine des Gesetzes. Das Kanonische Recht ordnet das Leben der Kirche, harmonisiert seine Institutionen und Prozeduren und garantiert das Recht der Gläubigen. Zu den Markenzeichen des laufenden Pontifikates gehört, daß es sich exzessiv auf Motu proprio verläßt -als Mittel des Regierens und eine allgemeine Nachlässigkeit und Abneigung gegenüber dem kanonischen Detail. Und wieder -wie mit der Unklarheit der Doktrin- untergräbt die Mißachtung für das Kanonische Recht und richtiges kanonisches Vorgehen das Vertrauen in die Reinheit der Kirchen-Mission.
Fünftens: Die Kirche - wie Johannes XXIII sie so wunderbar beschrieb, ist mater und magistra, Mutter und Lehrerin der Menschheit, nicht ihre pflichtgemäße Anhängerin; als Verteidigerin des Menschen als Subjekt der Geschichte, nicht ihr Objekt. Sie ist die Braut Christi; ihre Natur ist persönlich, übernatürlich und intim, nicht nur institutional. Sie kann nie auf ein System flexibler Ethik oder soziologischer Analyse reduziert werden und ummodelliert werden, um den Instinkten und Wünschen (und sexuellen Verwirrungen) eines Zeitalters angepaßt zu werden. Einer der Schlüsselfehler des laufenden Pontifikates ist die Abkehr von einer überzeugenden "Theologie des Leibes" und seinen Mangel an zwingender Christlicher Anthropologie ... genau zu einer Zeit, in der Angriffe auf die menschliche Natur und Identität -von Transgenderismus und Transhumanismus zunehmen.
Sechstens: Globale Reisen haben einem Hirten wie Papst Johannes Paul II so gut gedient, wegen seiner einzigartigen persönlichen Gaben und der Natur der Zeiten. Aber die Zeiten und die Umstände haben sich geändert. Die Kirche in Italien und in Europa - der historischen Heimat des Glaubens- ist in der Krise. Der Vatican selbst braucht dringend eine Erneuerung seiner Moral, eine Säuberung seiner Institutionen, Prozeduren und seines Personals und eine gründliche Reform seiner Finanzen, um sich auf eine herausfordernde Zukunft vorzubereiten. Das sind keine Kleinigkeiten. Sie erfordern die Anwesenheit von direkter Aufmerksamkeit und persönlichen Engagements jedes neuen Papstes.
Siebtens und letztens: Das Kardinalskollegium hat die Aufgabe, dem Papst als oberster Berater zur Seite zu stehen und nach seinem Tod seinen Nachfolger zu wählen. Dieser Dienst erfordert Männer mit reinem Charakter, großer theologischer Bildung, reifer Führungserfahrung und persönlicher Heiligkeit. Es erfordert auch einen Papst, der bereit ist, Rat einzuholen und dann zuzuhören. Es ist unklar, inwieweit dies auf das Pontifikat von Papst Franziskus zutrifft. Das aktuelle Pontifikat hat den Schwerpunkt auf die Diversifizierung des Kollegiums gelegt, es ist ihm jedoch nicht gelungen, die Kardinäle in regelmäßigen Konsistorien zusammenzubringen, um echte Kollegialität und Vertrauen unter den Brüdern zu fördern. Dies hat zur Folge, daß viele der stimmberechtigten Wähler im nächsten Konklave einander nicht wirklich kennen und daher möglicherweise anfälliger für Manipulationen sind. Wenn das Kollegium in Zukunft seinen Zweck erfüllen soll, brauchen die Kardinäle, die dazugehören, mehr als einen roten Zucchetto und einen Ring. Das heutige Kardinalskollegium sollte sich proaktiv darum bemühen, einander kennenzulernen, um ihre besonderen Ansichten über die Kirche, ihre kirchliche Situation vor Ort und ihre Persönlichkeit – die sich auf ihre Überlegungen zum nächsten Papst auswirken – besser zu kennen zu lernen.
Die Anonymität des Textes, so vernünftig seine Motive auch sein mögen, schwächt zwangsläufig seine Wirkung und macht ihn für Kritik zugänglich. Aber angesichts der Art und des Ausmaßes der heutigen Probleme in der katholischen Kirche kann der Inhalt von "Der Vatikan von morgen“ nicht einfach abgetan werden. Man kann hoffen, daß zumindest einige seiner Bedenken in die Überlegungen zum nächsten Konklave einfließen werden."
Quelle: F.X. Maier, firstthings
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