Montag, 29. April 2024

Papst Franziskus- bestätigte und unbestätigte Reisepläne

In seiner heutigen Kolumne in Monday-at-the-Vatican kommentiert A. Gagliarducci die bestätigten und durchgesickerten Reisepläne des Papstes als Hinweis auf seine Prioritäten, die eher wie die eines Politikers als die eines Seelenhirten anmuten. 
Hier geht s zum Original:  klicken

    "PAPST FRANZISKUS - UND SEINE PRIORITÄTEN"

Die grosse Neuigkeit Ende letzter Woche war, dass Papst Franziskus am für Mitte Juni dieses Jahres in Apulien geplanten G7-Treffen teilnehmen wird, um speziell über Künstliche Intelligenz zu sprechen. Der Papst wird sich einer Sitzung für geladene Gäste anschließen, obwohl der Vatican nicht zu den G7 gehört. 

Im Allgemeinen- hat der Hl. Stuhl immer mit einem gewissen Argwohn auf die G-Sitzungen geschaut, seit die ein "Club von Freunden" sind mit keine multilaterale Arena, in der jedes Land selbst das Kleinste, Stimme und Gewicht hat. 

Ein anderes Gerücht sagt, dass Papst Franziskus im September nach  New York zum Zukunfts-Gipfeltreffen  der UN fahren will. Am 14. Juni 2023  hat der Papst sich an den UN-Sicherheitsrat gewandt. Erzbischof Paul Richard Gallagher, der Vatican Sekretär für die Beziehungen zu den Staaten, hat die Rede vorgelesen, bei einem Ereignis, das wie dafür zugeschnitten war, den Papst und den Gross-Imam von Al Azhar Al Tayyeb per Video-Botschaft oder in Anwesenheit sprechen zu lassen. Zur Zeit scheint der Papst in New York sein zu wollen.   

Wenn es so ist, müsste der geplante Besuch des Papstes in Belgien (und Luxemburg) verschoben werden. Seine Reise nach Asien vom 2.-13. September bliebe im Kalender und würde den 9. Monat 2024 zu einer zermürbenden Ausflugs-Serie für den 87-Jährigen Pontifex, der nicht bei bester Gesundheit ist, werden lassen.

Bisher ist die Nachricht der Papst-Reise nach New York nur eine Indiskretion. Sie muss noch bestätigt werden. Innerhalb der Mauern des Vaticans bezweifeln viele u.a. daß Papst Franziskus in der Lage sein wird, die Reise nach Asien zu unternehmen, die ihn zu Besuchen in 4 Ländern (Indonesien, Papua-Neu-Guinea, Ost-Timor und Singapur) in nur 10 Tagen führen würde.

Wenn der Gesundheitszustand des Papstes die Reise nach Asien komplizieren, wäre es noch komplizierter, dieser Reise eine weitere lange Reise folgen zu lassen, die ihn mehrmals in andere Zonen führen würde.

Bisher sind der Papst und der Vatican damit zufrieden, die Gerüchte schwirren zu lassen. Diese Tatsache beweist etwas vom präzisen Willen des Papstes.

Papst Franziskus hat persönliche Einladungen vom UNO-Generalsekretär Antonio Guterres bekommen, zu dem  er eine ausgezeichnete Beziehung unterhält. Am Rande von Guterres‘ Besuch im Vatikan am 20. Dezember 2019 nahm Papst Franziskus eine gemeinsame Videobotschaft mit Guterres auf, ein eher einzigartiges als seltenes Ereignis in der Geschichte päpstlicher Audienzen.


Daher wäre der Papst bereit, mit "Ja“ zu antworten, eine komplizierte Reise auf sich zu nehmen und ein zweites Mal auf das Podium der Vereinten Nationen zurückzukehren, um seine Botschaft an die Welt zu verkünden. Die Reise nach Belgien würde leicht auf 2025 verschoben werden können.

Wenn alles bestätigt würde, wären die Prioritäten von Papst Franziskus und die Art und Weise, wie er sein Pontifikat ausübt, endgültig klar.

Es ist nichts Falsches daran, daß der Papst auf internationalen Foren sprechen möchte. Allerdings hat es nie einen Papst gegeben, der seine Präsenz auf internationalen Versammlungen so pragmatisch und politisch verstanden hat wie Papst Franziskus.

Papst Franziskus spricht als Politiker unter Politikern; Er übernimmt ihre Sprache und wird zum gesellschaftlichen Führer, wenn er mit der politischen Welt in den Dialog tritt.

Es ist seit Beginn des Pontifikats ein Thema: die Treffen mit den Führern der Volksbewegungen, der Hinweis auf Menschenhandel als zentrales Thema für die Treffen der Päpstlichen Akademie der Sozialwissenschaften und die Identifizierung des Problems des Klimawandels nach einem Gespräch mit Ségolène Royale, die ihn drängte, im Hinblick auf die COP21 in Paris ein Dokument zu verfassen.

Es besteht in der Tat die Notwendigkeit, dass die Kirche in internationalen Foren das Wort ergreift und die Armen und Unterdrückten vertritt. Dafür ist die päpstliche Diplomatie da, und genau darauf ist die besondere Rolle des Papstes auf der Weltbühne ausgelegt.

Mit anderen Worten: Es gibt einen schmalen Grat, der den Papst als moralischen Führer von den Teilen seiner Rolle trennt, die ihn als bloßen globalen Führer wie jeden anderen definieren würden.

In Südamerika gibt es eine enge Grenze zwischen dem Amt eines Bischofs und einem gesellschaftlichen Akteur. Letztendlich ist es eine Frage, wie man die Rolle interpretiert. Papst Franziskus hat das Papsttum konsequent als eine globale Plattform interpretiert, um den Schrei der Armen und Unterdrückten zu entfachen und seine scheidende Kirche zu skizzieren.

Was wäre, wenn die Kirche tatsächlich nach außen gerichtet wäre, aber nach außen hin von sich selbst?

Das ist heute die große Frage.

Sollte Papst Franziskus die Einladung zu den Vereinten Nationen annehmen, würde sein Ehrgeiz, weltweit führend zu sein, deutlich zum Ausdruck kommen.

Dies sind die Szenarien, bei denen der Papst am liebsten spricht. Er hätte im vergangenen Dezember auch auf der COP28 in Dubai gesprochen, und zwar nur als Staatsoberhaupt. Die COP28 ist ein Treffen, das Regierungschefs und Minister zusammenbringt. Die Entscheidung, zur COP28 zu gehen, war aus protokollarischer Sicht besonders übertrieben. Dennoch wird sie durch die Idee gerechtfertigt, das moralische Gewicht des Pontifikats zu nutzen, um Themen voranzutreiben, die demjenigen, der das Amt innehat, am Herzen liegen.

Andererseits hat Papst Franziskus an Treffen interreligiöser Plattformen teilgenommen, die die Anwesenheit des Papstes an sich nicht vorhergesehen hätten, wie an den Konferenzen über menschliche Brüderlichkeit in Abu Dhabi, der Friedenskonferenz in Kairo und dem Treffen religiöser Führer in Kasachstan.

Für Papst Franziskus ist es wichtig, präsent zu sein, zu sprechen und seine Meinung zum Ausdruck zu bringen.

Daraus ergibt sich die zweite Priorität von Papst Franziskus: die Kontrolle über das Narrativ.

Diese Priorität ist eine Folge seines Engagements, als globaler Führer zu sprechen. Alle Führungskräfte müssen das Narrativ um sie herum kontrollieren. Im Laufe der letzten Woche gab Papst Franziskus CBS sein x-tes Interview (mehr als hundert wurden gezählt), in dem er seine Vorstellungen von Frieden, Sorge um unser gemeinsames Zuhause und Liebe zu Kindern bekräftigte.

Das Interview wurde rund um den Weltkindertag organisiert, und es ist klar, dass der Papst zugestimmt hat, der Veranstaltung Prestige und Bedeutung zu verleihen, weil sie etwas über ihn und sein Pontifikat aussagen muss. Denn der Weltkindertag ist eine völlig neue Institution, die in die Geschichte eingehen wird, weil Papst Franziskus sie ins Leben gerufen hat.

Alle Interviews des Papstes – auch die buchlangen – sind Hervorbringungen, denen Papst Franziskus persönlich und ohne den Filter kurialer Abteilungen zugestimmt hat. Sie dienen dazu, etwas anderes über das Pontifikat zu erzählen, neue Narrativkategorien einzuführen, die nur der Papst kontrollieren kann (wie die über das Konklave, das ihn gewählt hat, weil niemand es widerlegen kann), um ein Bild seiner Entscheidungen und seiner Regierung zu kreieren.

Was jedoch im Gegenlicht erscheint, ist ein alleiniger Anführer, der eher an seiner Selbstwahrnehmung als an konkreten Reformen arbeitet. Wenn er Reformen vornimmt, setzt er diese entweder auf personalistische Weise um oder geht sie mit einem oberflächlichem Mikromanagement an. Er ist ein Papst, der ein Reformer sein möchte, aber nicht reformieren kann, weil seine Vision darin besteht, allein zu handeln, mit ein paar vertrauenswürdigen Mitarbeitern und ohne zu viel Zeit mit großen strategischen und ideologischen Plänen zu verschwenden.

Daher ist die dritte Priorität eine Reform zur Änderung der Mentalität ohne Strukturreformen.

Der Papst macht in Fragen der Lehre und des pastoralen Verständnisses zwei Schritte vorwärts und einen Schritt zurück. Das Dokument zur Segnung irregulärer Paare, Fiducia Supplicans, führt die Mentalität der Segnung homosexueller Paare fort. Das Dokument über die Menschenwürde, Dignitas Infinita, bekräftigt die Lehre der Kirche über homosexuelle Paare. Das Dikasterium für die Glaubenslehre ermächtigt transsexuelle Menschen, bei der Taufe oder Konfirmation auch Paten zu sein. Dignitas Infinita betont erneut, daß eine Geschlechtsumwandlung immer ein Verrat an Gottes Plan ist.

Es geht nicht darum, alles zu ändern, um nichts zu ändern, wie wir in Lampedusas Roman „Der Leopard“ lesen. Vielmehr ist es eine Veränderung von nichts, um alles zu verändern."

Quelle: A. Gagliarducci, Monday-at-the-Vatican

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die nach der DSGVO nötige Zustimmung, dass dieser, im Falle seiner Freischaltung, auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger« Software vorgegeben ist, dass Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie diese angeben, ebenfalls gespeichert wird. Daher stimmen Sie, sofern Sie Ihre email Adresse angeben, einer Speicherung zu. Gleiches gilt für eine Anmeldung als »Follower«. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars wünschen, können Sie dies, unter Angabe des Artikels und Inhalt des Kommentars, über die Kommentarfunktion erbitten. Ihr Kommentar wird dann so bald wie möglich gelöscht.