In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican befaßt sich A. Gagliarducci mit den Folgen, die der Rücktritt des Primas der Anglikanischen Kirche, Justin Welby, auch auf Würdenträger der Katholischen Kirche bis hin zum Papst haben kann. Hier geht´s zum Original: klicken
PAPST FRANZISKUS UND DIE NEUE ÄRA
Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, ist vergangene Woche von seinem Amt zurückgetrteten- vor allem wg. Inaktivität oder unzureichendem, nachträglichen Handeln - mach der Vertuschung sexuellen Mißbrauchs..
Welbys Rücktritt kamweinige Tage nachdem eine größere unabhängige Befragung ergab, daß er John Smythe nicht ausreichend gemeldet, überwacht oder zurückgehalten hat, einen Mann, der als den "ranghöchste Serien-Mißbraucher beschrieben wird. der der Church of England angehörte, der mehr als 100 Knaben ein mindestens drei Ländern -England, Zimbabwe und Süd-Afrika übere mehrereJahrzehmte -beginnend in den 1970-ern mißbraucht haben soll.
Es scheint, daß Welby erst zwischen 2013 und 2014 von den Mißbräuchen erfahren hat, und dann glaubtel daß die Saxhe weitgehend bereinigt wurde. "Als ich 2013 informiert und man mir berichtete, daß die Polizei benqachrichtig worden war" sagte Welb< letzte Woche in einem Statement, "glaubte ich fälschlicherweise,. daß eine angemessene Lösung folgen würde."
"Es ist sedhr klar, daß ich persönliche und institutionelle Verantwortung für die lange und re-traumatisierende Periode zwischen 2013 und 2914 übernehmen muß." sagte Welb< in diesem Statement. "ich hoffe, daß diese Entscheidung klar macht, wie ernst die Church of England die Notwendigkeit für Verönderungen und unser starkes Engagement zur Schaffung einer sichereren Kirche nimmt.
"Wenn ich zurücktrete" sagte Welby,"tue ich das mit der Sorge um alle Opfer und Überlebenden von Mißbrauch",.
Welbys Rücktritt sendet ein Signal an Kirchenführer in den Gemeinschaften, einschließlich der Katholischen Kirche , das nicht unterschätzt werden sollte.
Welby ist der erste Primas einer Schwester-Kirche, der beschließt zurückzutreten, nachdem sein Nichtstun gegenüber einem nach Afrika versetzen Serien-Mißbrauchstäter bekannt wurde und Thema einer Pressekampagne uwrde. Und das öffnet für ganz neue Szenarien.
Justin welby ist Primas derAnglikanischen Gemeinschaaaften, aber das Oberhaupt der Anglikanischen Kirche ist der engblische König- U.a. bleibt der Primas bis zu seiem 70. Lebensjahr im Amt undmuß dann in den Ruhestand eintreten. In diesem Sinn, kann man das Amt des Primas nicht mit dem des Papstes, von Patrfiarchen oder hochrangigen Erzbischöfen vergleichen, deren Ämter das ganze Leben umfassen.
Tats#chlich ist Welby jedoch das Gesicht der Church of England, sogar wenn er konstitutionell nicht ihr Oberhaupt ist- Welby ist die bekannteste Persönlichkeit der Anglikanischen Gemeinschaft, ebenso wie eine Art moralische und religiöse Autorität. die weltweit anerkannt wird. Sein Rücktritt kommt eineinhal Jahre vor seinem 70. Geburtstag. Anders als der vorzeitige Rücktritt seoner Vorgänger Rowan Williams, der zu seiner akademischen Karriere zurückkehren wollte-rüttelt dieser Rücktritt die Dinge auf.
Wird es bei den Schwesterkirchen weitere Fälle geben, die gezwungen sind wegen der Besachuldigung Mißbrauchsfälle vertuscht zu haben oder bezüglich möglichen Mi0ßbrauchs inaktiv grblirbrn zu sein?
Es kann nicht ausgeschlossen werden, weil jetzt - wo diese Möglichkeit erwogen wurde- der Druck auf die Religionen nur aneachsen wird.
Wie lange wird es dauern. bsi dieser Druck auf einen Papst ausgeübt wird?
Nach dem, waqs in den vergangenen Jahren passierte, nicht lange-.
Seit dem Boatoner Pädophilie-Skandal in den frühen 2000-er Jahren kommen fortwährend Enthüllungen von Mißbrauch und Vertuschung aus allen Kontinenten. Ebenso folgten Angriffe auf die Kagtholische Kirche wegen ihrer Handhabung des Mißbrauchs. Einerseits ist da die Notwendigkeit die Verantwortung für die nicht zu leugnenden und schrecklichen Dinge, die passiert sind, zu übernehmen. Andererseits gibt es die Notwendigkeit. zu definieren. wo es eine wirkliche Vertuschung gegeben hat und wo die Situationen kunstvoll aber nicht richtig gehandhabt wurden.
Die Reaktion der Kirche war eine institutionelle und hätte nicht anders sein können. Man beschloss, die Kontrollen zu zentralisieren, nicht zu verstecken, sondern alle zu zwingen, alle Fälle nach Rom zu melden. Doch die Anschuldigungen gingen weiter, die Fälle kamen ans Licht, und in manchen Situationen hatte man auch den Eindruck, dass hinter der Veröffentlichung der Fälle und Anschuldigungen eine verborgene Absicht steckte. Dies geschah im Jahr 2010, dem Priesterjahr, einem annus horribilis für die Kirche.
Benedikt XVI. und Papst Franziskus ergriffen daraufhin die Initiative und versuchten, das Phänomen einzudämmen, indem sie bestimmte Verfahren vorsahen und die Gesetzgebung reformierten. Papst Franziskus berief sogar ein Gipfeltreffen aller Vorsitzenden der Bischofskonferenzen zum Thema Missbrauch und dessen Kontrast ein.
In dieser ganzen Debatte gab es jedoch einen tiefgreifenden Umschwung von einer völligen Leugnung des Phänomens der Vertuschung von Missbrauch hin zu der Notwendigkeit, immer etwas über die Welt zuzugeben. Die Kirche entschuldigt sich, egal was passiert ist oder welche Verantwortung es gab. In den Entschuldigungen wird oft ein systematischer Charakter der Missbräuche angedeutet – aber bezieht sich der systematische Charakter auf eine einzelne Person oder die gesamte Institution? – und es wird eine globale Verantwortungsübernahme selbst angesichts einzelner Verbrechen vorgenommen.
Der Papst wurde also immer geschützt, ebenso wie die Institution. Als versucht wurde, Benedikt XVI. in den Vereinigten Staaten vor Gericht zu stellen, konnte die Unrechtmäßigkeit der Forderung dadurch bestritten werden, dass der Papst ein Staatsoberhaupt war. Er trägt nicht nur keine direkte Verantwortung, sondern kann auch nicht strafrechtlich verfolgt werden.
Aber was kann jetzt passieren?
Papst Franziskus hat zugegeben, daß er zuvor dem Rücktgritt des Pariser Erzbischofs Michel Aupetit "auf dem Altar der Heuchelei" angenommen hatte.
In den Anklagen, die später endgültig zu den Akten gelegt wurden, wurde unter anderem der Missbrauch von Minderjährigen nicht erwähnt. Ein weiterer Prozess wegen Vertuschung wurde gegen Kardinal Barbarin, den emeritierten Erzbischof von Lyon, geführt. Auch in diesem Fall wurde der Kardinal von allen Vorwürfen freigesprochen. Der Papst akzeptierte jedoch am Ende des Prozesses seinen Rücktritt. Ein weiterer Prozess wegen Missbrauchs wurde gegen Kardinal George Pell geführt, der sogar einige Zeit im Gefängnis verbrachte, bevor er vollständig von den Vorwürfen freigesprochen wurde.
Kurz gesagt, es gibt Fälle von Entscheidungen, die mehr mit den Medien zu tun zu haben scheinen als mit allem anderen. Papst Franziskus hat jedoch auch anders gehandelt. Im Fall Chile hörte er sich die Vorwürfe zunächst nicht an und beschloss dann, die gesamte chilenische Kirche zur Buße zu verpflichten. Der Papst holte Erzbischof Zanchetta, der später wegen Missbrauchs verurteilt wurde, in einem Ad-hoc-Auftrag in den Vatikan. Der Papst hob das Urteil gegen Pater Mario Inzoli auf.
Kurz gesagt, es gibt Fälle von Entscheidungen, die mehr mit den Medien zu tun zu haben scheinen als mit allem anderen. Papst Franziskus hat jedoch auch anders gehandelt. Im Fall Chile hörte er sich die Anschuldigungen zunächst nicht an und beschloss dann, die gesamte chilenische Kirche zur Buße zu verpflichten. Der Papst holte Erzbischof Zanchetta, der später wegen Missbrauchs verurteilt wurde, in einem Ad-hoc-Auftrag in den Vatikan. Der Papst hob das Urteil gegen Pater Mario Inzoli auf.
Es gibt noch andere Fälle, selbst ohne den berüchtigten Fall des in Ungnade gefallenen Künstlerpriesters Marko Rupnik zu erwähnen (obwohl es sich bei diesem Fall nicht um Kindesmissbrauch handelte). Der des geständigen Kinderschänders Jean-Pierre Kardinal Ricard ist vielleicht der auffälligste. Ricard blieb im klerikalen Stand und behielt seinen roten Hut, trotz seines Geständnisses „entsetzlichen Verhaltens“, das die französischen Behörden für verjährt erklärten.
Das Risiko besteht jedoch darin, dass der Papst genau deshalb angeprangert werden könnte, um Druck auf die Kirche auszuüben. Das noch größere Risiko besteht darin, dass der Papst, um weiteren Druck zu vermeiden (und auch, um sein öffentliches Image zu retten), beschließt, auf das Pontifikat zu verzichten.
Es ist ein Zeichen des Zeitenwechsels, von dem Papst Franziskus spricht, dass es keine Institutionen mehr gibt, die bis zum Ende geschützt werden müssen. Es gibt keine Leiter von Institutionen mehr, die die Institution als den wichtigsten Faktor betrachten. Rücktritt kann bedeuten, eine Institution schützen zu wollen. Eine von Gott geschaffene Institution, die sich mit ihrem Oberhaupt identifiziert – dem Papst und dem Heiligen Stuhl – kann jedoch nicht vor Rücktritten gefeit sein, die aufgrund des Drucks der öffentlichen Meinung erfolgen.
Vielleicht ist das Zeichen des Zeitenwechsels gerade unsere Wahrnehmung der Institutionen. Wir distanzieren uns immer mehr von ihren traditionellen Sprachen und entscheiden uns für einen informelleren Ansatz, wenn nicht sogar rücksichtslos gegenüber den Sprachen und der gegenwärtigen Tradition.
In seinem Bestreben, die Mentalität der Kirche zu ändern, hat Papst Franziskus dazu beigetragen, einige der alten Gewissheiten abzubauen. So verzichtet die Diözese Rom beispielsweise nach und nach auf Weihbischöfe und ersetzt sie durch Bischofsvikare. Der Papst bleibt Bischof, und sein Vikar leitet und verwaltet die Diözese.
Andererseits wählt Papst Franziskus die Kardinäle plötzlich, außerhalb jedes Schemas, ernennt sie unvermittelt und offenbart vielleicht die Idee, dass das Kardinalat für ihn eher eine Ehre als eine tatsächliche Teilnahme an der Regierung der Kirche und eher eine Frage der geopolitischen Vertretung als einer tatsächlichen Beteiligung an der Regierung ist. Es ist ein Kardinalskollegium, das auf die Peripherien blickt, die Kardinäle aber auch vom Machtzentrum distanziert.
Diese Entscheidungen laufen Gefahr, die Bedeutung von Bischöfen und Kardinälen zu entleeren. Sie werden so zu Funktionen, nicht zu Ämtern oder Berufungen
Wenn sie zweitrangig werden, wird auch die Institution, der sie dienen, zweitrangig. Dann muss jeder mögliche Skandal zu Rücktritten führen, und der Druck der öffentlichen Meinung kann Entscheidungen tatsächlich beeinflussen.
Heute ist Ausgewogenheit notwendig.
In dieser Ära des Wandels ist Ausgewogenheit jedoch das Schwierigste, was es zu suchen, zu finden und zu erreichen gilt. Die Welt – und Welbys Rücktritt zeigt dies – geht in eine Richtung. Die Kirche, die in der Welt ist, aber nicht von der Welt ist, ist oft in eine hartnäckige und gegensätzliche Richtung gegangen. Jetzt scheint sie dafür mehr Kraft zu brauchen."
Quelle: A. Gagalkiarducci, Monday at the Vatican
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