Der emeritierte Bischof von Carpi, Msgr. Gavina, kommentiert bei aciStampa die Bedeutung des dritten Sonntags der Fastenzeit. Hier geht´s zum Original: klicken
UMKEHR IST EINE CHANCE. DER DRITTE SONNTAG DER FASTENZEIT
Sonntäglicher Kommentar zum Evangelium von Msgr. Francesco Gavina, Bischof em. von Carpi
Das Evangelium dieses dritten Fastensonntags stellt uns vor Fragen, die den Menschen schon seit jeher am Herzen liegen: Warum trifft uns der Schmerz ohne Unterschied? Warum erscheint das Leben manchmal ungerecht und grausam? Zur Zeit Jesu glaubten viele, Leiden sei eine Strafe Gottes, eine direkte Folge der Sünde. Mit dieser Überzeugung wenden sich einige an den Meister, um ihm von zwei dramatischen Ereignissen zu erzählen: dem Massaker an einigen Galiläern auf Befehl des Pilatus und dem Einsturz des Turms von Siloah, bei dem achtzehn Menschen umkamen. Vielleicht erwarten sie ein Urteil über diese Tragödien, eine beruhigende Erklärung. Aber Jesus stellt wie immer die Perspektive auf den Kopf und eröffnet unerwartete Horizonte.
Er sucht nicht nach Schuldigen, er verliert sich nicht in sterilen Analysen, er lässt sich nicht in die Logik des „Wer ist verantwortlich?“ hineinziehen. Vielmehr lädt es uns ein, in uns selbst zu blicken: Die wahre Frage ist nicht: „Warum passieren diese Dinge?“, sondern: „Wie lebe ich die Zeit, die mir gegeben ist?“. Schmerz und Leid erinnern uns daran, dass es ein weitaus verheerenderes Übel gibt: die Sünde. Kein äußeres Unglück, sondern eine innere Wunde, die den Menschen von Gott entfernen, das Licht der Seele
auslöschen und ihn zu einer sterilen und leeren Existenz verdammen kann. Aus diesem Grund warnt Jesus mit Worten, die die Erstarrung des Herzens durchdringen: „Wenn ihr nicht Buße tut, werdet ihr alle so umkommen“ (Lk 13,3).
Um diese Botschaft noch deutlicher zu machen, erzählt der Herr das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum. Ein Mann hatte in seinem Weinberg einen Feigenbaum gepflanzt, der jedoch drei Jahre lang keine Früchte trug. Der Besitzer hat es satt, vergeblich zu warten und beschließt, es wegzulegen. Doch der Weinbergarbeiter greift mit Worten der Hoffnung ein: „Herr, lass ihn noch ein Jahr in Ruhe, bis ich drumherum umgegraben und Dünger ausgebracht habe. Wir werden sehen, ob es in Zukunft Früchte tragen wird. andernfalls wirst du ihn abhauen“ (Lk 13,8-9).
Die alten christlichen Schriftsteller sahen in diesem Gleichnis das perfekte Gleichgewicht zwischen Gerechtigkeit und Barmherzigkeit in Gott. Der Besitzer des Weinbergs ist Gott, der Vater, der die Früchte der Menschheit erwartet, aber oft auf unfruchtbare Herzen, ein langweiliges Leben und Gleichgültigkeit stößt. Gott, der ein gerechter und guter Vater ist, gibt dem Menschen Zeit und Gelegenheit, sich zu bekehren. Aber diese Zeit ist nicht unendlich. Der Besitzer des Weinbergs ist nicht grausam, als er beschließt, den fruchtlosen Baum zu fällen: Seine Geduld ist riesig, aber nicht endlos. Denn die Zeit ist ein zu kostbares Geschenk, um sie nutzlos zu vergeuden.
Christus, der Winzer, tritt ein und bittet den Vater um mehr Zeit. Aber er beschränkt sich nicht darauf, ein Vermittler zwischen Gott und den Menschen zu sein. Er beugt sich mit Liebe über die Menschheit, denn wie der heilige Johannes Chrysostomus schreibt: „Christus ist der Arzt der Seelen, der Weingärtner, der nicht aufgibt, der die Wurzeln des Sünders umgräbt, damit er endlich Frucht bringen kann.“ (Kommentar zum Matthäusevangelium). Christus umgräbt mit geduldigen Händen die trockenen Wurzeln des Sünders mit seinem Wort und den Sakramenten, bewässert den Boden mit seiner Gnade, wird nicht müde, Gelegenheiten anzubieten, zu rufen und mit Hoffnung darauf zu warten, dass das Herz wieder zum Leben erwacht. Es besteht daher kein Gegensatz zwischen einem strengen Gott und einem barmherzigen Christus: Es gibt einen einzigen Liebesplan, der die Erlösung des Menschen will und der die Personen der Heiligen Dreifaltigkeit einbezieht.
Aber das Gleichnis warnt uns auch: Die Zeit der Gnade ist nicht ewig. Wir befinden uns noch immer im Jahr der Winzerfürsorge. Aber dieses Warten wird nicht ewig dauern. Der Vater ist geduldig, Christus arbeitet unermüdlich für unsere Erlösung, aber die Antwort liegt in unseren Händen. Die Bekehrung ist keine Verpflichtung, sondern eine Chance; kein Entzug, sondern eine Wiedergeburt. Christus bietet uns alles, was wir brauchen, um Frucht zu bringen, aber es liegt an uns, sein Werk anzunehmen, uns verwandeln zu lassen und unsere Herzen seiner Gnade zu öffnen.
Denn Leben ist nicht nur Existieren. Es blüht. Es trägt Früchte der Liebe, des Friedens und der Gerechtigkeit. Es ist keine Verschwendung der kostbaren Zeit, die uns gegeben wurde.
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