Montag, 18. Januar 2021

Verbesserungen oder nicht?

In seiner heutigen Kolumne für "Monday in the Vatican" befaßt sich A. Gagliarducci mit dem Vorgehen von Papst Franziskus bei der Kurienreform, speziell auf finanziellem und juristichem Gebiet und stellt die Frage, ob dieses Vorgehen eine Verbesserung bringt.  
Hier geht´s zum Original:  klicken

"PAPST FRANZISKUS- VERBESSERN SEINE REFORMEN DAS VATICAN- SYSTEM?"

Ein in der vorigen Woche veröffentlichter Artikel von Associated Press wirft ein Licht auf die Schwäche des Rechtssystems des Vaticans. Diese Schwäche hat sich auf dramatische Weise während der Untersuchungen des Erwerbs der Luxus-Immonbilie in London durch das Staatssekretariat manifestiert. 

Die Untersuchung war ein generelles Vorgehen, das direkt vom Papst angeordnet wurde. Papst Franziskus hat so den Schritt der Autorisierung durch das Vaticanische Gericht umgangen. Die Vaticanische Polizei durchsuchte und beschlagnahmte Material aus dem Staatssekretariat, der Vaticanischen Finanzaufsicht und den Wohnungen einiger beteiligter Personen,. Diese Operation wurde ohne jede Beachtung internationaler Normen durchgeführt. 

Zu der Zeit wurden wegen dieser Untersuchung 6 Personen zuerst suspendiert und dann aus ihren Ämtern entfernt (oder nicht in ihnen bestätigt). Die Vaticanische Finanzaufsicht wurde auf breiter Basis mit neuen Spitzen (alle aus italienischen Umfeldern) neu organisiert. Der Papst zwang Kardinal Angelo Becciu zurückzutreten und sogar seine Vorrechte als Kardinal aufzugeben.

Das Rechtssystem des Vaticans ist wie es ist: es funktioniert durch die Entscheidungen eines absoluten Monarchen und steht so außerhalb jeder internationalen Konvention, auch wenn der Hl. Stuhl viele internationale Konventionen unterzeichnet und ratifiziert.

AP hat sich also einem kritischen Thema gewidmet. Daß der Hl. Stuhl eine absolute Monarchie ist, ist eine Tatsache. Gleichzeitig ist der Hl. Stuhl auch Teil eines internationalen Systems  und unterzeichnet deshalb Dokumente, Erklärungen, Memoranden und UN-Konventionen. Der Hl. Stuhl könnte sich manchmal dazu gedrängt fühlen, seine Souveränität auf´s Spiel zu setzen. Dennoch will er die Besonderheiten seines kleinen Staates nicht riskieren, deren Hauptgrund am Ende war, dem Papst ein  internationales Bürgerrecht zu verleihen. Der Hl. Stuhl ist jedoch aufgerufen, die Verträge, die er ratifiziert, zu befolgen.


Die Verträge zu befolgen und gleichzeitig seine Eigemheiten zu bewahren, ist nur möglich, wenn man ein detailliertes, unabhängiges Rechtssystem ohne Einflüsse von außen aufbaut. Es geht nicht nur darum, den Strafrechtskodex des Vaticans zu refornieren. Vielmehr geht es darum, ein Rechtssystem zu schaffen, das funktioniert, internationalen Standards entspricht und die Souveränität des Hl. Stuhls nicht gefährdet. 

Das ist ein herausforderndes Ziel, Um es zu erreichen, muß die Würde jeder Institution des Hl. Stuhls anerkannt werden. Auf diese Weise wird der Hl. Stuhl als Institution an die erste Stelle gerückt. 

In Papst Franziskus´ Pontifikat gibt es zwei Strömungen. Erstens die der Kontinuität.  Papst Franziskus hat die bereits unter Benedikt XVI stattfindenden und begonnenen Reformen nicht gestoppt. Er hat sie vielmehr akzeptiert und weitergeführt, Wir sprechen hier besonders über einige Reformen der Finanzabteiluing des Hl. Stuhls, aber auch über die Rechtsabteilung (2013 hat Papst Franziskus den neuen Strafrechts-Kodex des Vaticans promulgiert).

Andererseits hat Papst Franziskus auch Entscheidungen getroffen, die die Strukturen des Hl. Stuhls nicht berücksichtigen. Ein Beispiel dafür ist, wie er die Dicasterien verschmolzen hat, bevor die Konsultationen über ihre Zusammenlegung beendet waren, oder wie er Entscheidungen getroffen hat, wenn er mangelnde Klarheit erkannte. Am Ende betrachtet Papst Franziskus die Institutionen des Hl. Stuhls als Büros, die bestraft werden müssen, wenn sie schlecht funktionieren und nicht als Teile der Römischen Kurie. Irgendwie haben einige Entscheidungen, die Papst Franziskus getroffen hat, einige bereits begonnene Reformen abgebrochen.

Das letzte Beispiel dieser Art war, die Geldbestände des Staatssekreatariats der Verwaltung des Patrimoniums des Hl. Stuhls, der APSA, zu übertragen. Die Entscheidung wurde am Ende einer Serie von "Vorwärts-und Rückwärtsschritten" bei der Reform des vaticnaischen Finanzssystems, gefällt. Die Entscheidung ist legitim und folgt dem Kriterium, alle Finanzoperationen einem einzigen Portfolio zuzuordnen- vielleicht dem Porstfolio einer unabhängigen Einheit. 

Die Vorkehrungen, die Papst Franziskus trifft, erscheinen jedoch wie eine Strafe und nicht wie ein Teil eines allgemeinen Plans. Warum wurden nicht alle anderen Ämter des Hl. Stuhls, die eine gewisse Finanzautorität besitzen, in diese Entscheidung einbezogen? Warum wurde die Rationale dieser Entscheidung nicht erklärt? Wir können daraus folgern, daß das Management der APSA einen souveränen Fond einrichten wird, weil das im Mittelpunkt der Diskussion stand. Wir wissen jedoch nicht, was der Papst denkt. 

Diese Frage zu stellen, zeigt, daß das Pontifikat die Dinge von einem globalen Standpunkt aus betrachtet. Papst Franziskus´ Reformen berichtigen meistens die Lage oder, wenn die Dinge schwierig sind, reißt er alles ab und baut es neu wieder auf. Diese Vorgehensweise hat Papst Franziskus z.B, beim Projekt der Restrukturierung des vaticanischen Kommunikationsdicasteriums angewandt. 

Viele Details zeigen, daß es keinen einfachen Plan gibt, Papst Franziskus´ Reformen sind am Ende nur strukturell. Sie begiinnen mit einer Idee und manchmal hat diese Idee einen theologischen Hintergrund. Sie verändern die Gesamtstruktur nicht sondern nur einige Aspekte der Strukturen und richten neue Ämter ein, um neue Prioritäten zu zeigen. Wir können ehrlicherweise nicht sagen, daß sich der Vaticsan nach diesen Reformen verändert hat. 

Die kommende Apostolische Konstitution Praedicate Evangelium wird die Funktionen und Aufgaben der Kurien-Ämter neu schreiben. Die neue Konstitution wird Johannes Pauls II Pastor Bonus ersetzen. Diese Konstitution war mehr als 10 Jahre bedacht worden, weil Johannes Paul II einen theologischen Gedanken ausdrücken wollte. Papst Franziskus andererseits betont immer, daß die Realität größer ist als Ideen. Es ist wahrscheinlich, daß sein Zugang pragmatisch sein wird. 

Die Frage ist also, in wieweit kann dieser pragmatische Zugriff dazu beitragen, das Vatican-Systgem zu zerstören? Und wie sehr wird der Hl. Stuhl in der Lage sein, seine so mühsam erworbene internationale Glaubwürdigkeit zu bewahren? 

Unter Paul VI ging es allgemein darum. Priester in den Schlüsselpostitionen zu haben, Garanten der Apsotolischen Sukzession, loyal - wenn auch manchmal nicht kompetent in dem Gebiet, das sie betreuen mußten. Johannes Paul II konzentrierte sich zunehmend auf eine Professionalisierung und schätzte auch Laien. Außerdem internationalisierte Johannes Paul II die Mentalität des Hl. Stuhls. Pius XII hatte die Belegschaft des Hl. Stuhls international gemacht, aber Johannes Paul II internationalisierte ihre Mentalität. Der Hl. Stubhl verschob sein Denken von einem italienischen zu einem Denken im internationalen Zusammenhang. 

Papst Franziskus ist nicht linear vorgegangen. Manchmal ist er zur italienischen Mentalität zurückgekehrt (wie bei der Finanzsaufsicht). Manchmal hat der Papst nur auf seinen engsten Kreis geschaut, auf Freunde, die konkrete Probleme lösen konnten. Der Papst konzentriert sich darauf, ein bestimmtes Problem zu lösen und ein Rahmenwerk zur Lösung jedes Problems zu schaffen, wenn es auftaucht.

Aus all diesen Gründen ist das Rechtssystem des Vaticanbs immer noch schwach. Es ist schwach, weil es in einer engen Wirklichkeit konzipiert wurde und nicht angemessen gemanagt worden ist. Der Papst hat seine Vorrechte benutzt, ohne über die Konsequenzen nachzudenken. Die Konsequenzen können globale Auswirkungen haben. 

Wir wissen nicht, ob diese Mentalität des Papstes auch andere Gebiete der Kurienreform betrifft. Wird der Hl. Stuhl als glaubwürdiger Partner betrachtet werden? Wahr ist, daß der Glaube die wichtigste Sache ist und daß viele Aktivitäten der Kirche aus dem Glauben entstanden sind. Wahr ist auch, daß sein interationaler Stand dem Hl. Stuhl gestattet, unabhängig zu bleiben und in der Welt zu handeln, ohne irgendeiner anderen Macht unterworfen zu sein. Auch das ist ein Teil der Mission der Kirche."

Quelle: Monday in the Vatcian, A. Gagliarducci 

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