Fortsetzung von hier und hier (der Originaltext ist vom Autor inzwischen noch einmal leicht verändert worden)
Hier liegt, wenn ich so sagen darf, der Fehler, in dem sich die obige polarisierende Spannung entlädt. Wie sich diese Spannung in der Person Jesu Christi auflöst, der wahrer Mensch (d. h. eine bestimmte Person) und wahrer Gott ist (das ganze Sein) -ist das schwindelerregendste aller Mysterien und zu Recht warnt Romano Guardini in seinem kostbaren Essay über "Die menschliche Realität des Herrn", davor, daß "die Kategorie der 'Persönlichkeit' nicht zu ihm passt", weil "die Existenz Jesu keine Bedeutung hat". eigene 'Figur', die menschlich angedeutet und umschrieben werden kann, […] sich nicht auf eine bestimmte Form dieses Daseins beschränkt, sondern alle anzusprechen, sie alle zu durchdringen und sie alle zu verwandeln vermag.“.
Aber was für Jesus gilt, gilt für keinen seiner Jünger, von denen jeder. woe ersnt er auch versucht, Christus nachzuahmen und in sich slbst leben zu lassen. eine eigene Persönöoichkeit hat und behält, als auch eine eigene besondere ethische und psachologiusche Struktur, die für einige unweigerlich die Begegnung mit Christus attraktiv und leichter macht und für andere dagegen abstoßend und hinderlich ( im Exrtremfall bis hin zur Versuchung zum Skandal) ."
Die Kirchengeschichte nimmt diese Tatsache vollständig an und schätzt sie in der Auffassung von Charismen als besondere Gaben des Geistes, die gerade in charismatischen Persönlichkeiten verkörpert werden. P. Giussani machte diesbezüglich aufschlussreiche Überlegungen, analysierte mit großer Feinheit den Zusammenhang zwischen Charisma und Temperament und stellte unter anderem fest, daß das Temperament "Teil eines Charismas" ist, aber eine "Verantwortung für das eigene Temperament erforderlich ist". "Um zu verhindern, daß es über die Gabe des Geistes siegt, dessen bescheidenes Instrument es bleiben muss. Wenn die charismatische Persönlichkeit, wie oben angedeutet, der Fehler ist, in dem sich die Spannung zwischen den beiden Polen der Gesamtheit der göttlichen Offenbarung und der Besonderheit der Person, die für die Übermittlung der Verkündigung ausgewählt wurde, entlädt, ist es nicht verwunderlich, daß auch in der Umgebung gewaltige Erdbeben auftreten Vielleicht ist der Beweis, daß die Kirche die oben erwähnten Krise der Charismen durchmacht, ein gesunder Ruck, der dazu dient, unser Bewusstsein für diese Gabe zu reinigen und zu berichtigen.
Es gibt jedoch noch eine andere Seite des Problems. In der gegenwärtigen kirchlichen Situation scheint das Persönlichkeitsproblem auch direkt die Institution zu betreffen, also genau den Pol, der seiner Natur nach in heilsamer Spannung mit den persönlichen Charismen stehen sollte. Auch hier beschränke ich mich darauf, ein Thema anzusprechen, in der Hoffnung, daß andere es kompetenter entwickeln.
Insbesondere möchte ich "sine ira ac studio“ darauf hinweisen, daß in der Kirche seit einiger Zeit ein Prozess im Gange ist, den man die Personalisierung des Papsttums nennen könnte. Mit diesem Ausdruck meine ich das Vorherrschen in der Wahrnehmung der Gläubigen, aber auch im Stil der Ausübung der päpstlichen Autorität, von Elementen, die sich auf die Persönlichkeit des Inhabers von "pro tempore" beziehen, in Bezug auf sein institutionelles Gewicht, das dagegen unabhängig ist von der Person, die es eine zeitlang auf seinen Schultern trägt.
Einfach ausgedrückt bedeutet dies, daß für fast alle von uns Franziskus oder Benedikt oder Johannes Paul oder wer immer Sie wollen, mittlerweile viel mehr zählt als die Funktion des Papstes als solche. Es wäre sehr interessant, die Phasen dieses Prozesses historisch zu studieren, die - wie ich hoffe, klar iat- von der historiographisch bereits ausgereiften Analyse der institutionellen Entwicklung des Papsttums zu unterscheiden sind.
Ich bin kein Spezialist für die Geschichte der zeitgenössischen Kirche und kann nicht sagen, ob es spezifische Studien mit speziellem Fokus auf diesem Thema gibt, aber ich wage die Hypothese, daß eine erste Stufe dieser personalistischen Entwicklung des "wahrgenommenen" Papstes immer mehr den realen in den Scahtten stellt, wie es mit der Figur von Pius IX geschah. Nicht umsonst ermahnte schon Don Bosco (der sehr weitsehend war) seine Jungen, niemals "Lang lebe Pius IX." zu rufen. sondern "Es lebe der Papst!"
Einen entscheidenden Knotenpunkt in der personalistischen Entwicklung des Papsttums bildete dann wahrscheinlich das Pontifikat von Pius XII., dem "Pastor angelicus", dem nicht umsonst 1942 ein berühmter Dokumentarfilm gewidmet wurde, dessen Vision unter dem Profil, das uns hier interessiert, sehr informativ ist. Die Zentralisierung der Kirche in der Gestalt des Papstes war ein charakteristisches Merkmal dieses Pontifikats, und der Einwand, daß es in diesem Fall die Person Eugenio Pacellis war, sich in die institutionelle Rolle zurückzuziehen und nicht umgekehrt, gilt nur bis zu einem gewissen Grad, auf jeden Fall auch in dieser Form, sie scheinbar zu leugnen und sie zu transzendieren und zu heiligen, so war es doch immer noch die Persönlichkeit, die an erster Stelle kam.
Sogar die Wahrnehmung des Pontifikats von Johannes XXIII. wurde im allgemeinen Volksgefühl wesentlich von der Persönlichkeit des "guten Papstes" bestimmt (wie damals gesagt wurde, mit einer beispiellosen Formel, über deren Schicksal es viel zu reflektieren gäbe), die seitdem jeden anderen Aspekt seiner Regierung überlagert hat.
Im Pontifikat von Johannes Paul II. hat dann der Prozess der Personalisierung - diesmal ohne Vorwand und ohne Komplexe auf die gigantische menschliche Persönlichkeit von Karol Wojtyla gegründet - riesige Schritte gemacht, mit wahrscheinlich irreversibler oder sehr schwer rückgängig zu machender Wirkung.
Bei all dem spielte natürlich das mehr allgemeinere Phänomen der Mediatisierung von Erfahrung eine entscheidende Rolle, das uns alle innerhalb und außerhalb der Kirche gleichermaßen betrifft, von dem ich aber nicht weiß, ob es schon ausreichend studiert und in seinem Einfluss auf die kirchlichen Ereignisse des 20. und 21. Jahrhunderts genau verstanden wurde.
Die seit jeher bestehende physiologische Spannung zwischen der institutionellen Dimension der Autorität und der Persönlichkeit des Subjekts, das sie "pro tempore" ausübt, wird in der heutigen Gesellschaft des Spektakels durch das mediale Kommunikationssystem gereizt (und teilweise auch deformiert), preist, vergrößert und verformt die Persönlichkeit des Führers und macht ihn dem Volk illusorisch vertraut, indem er seine Silhouette auf die Leinwand der öffentlichen Repräsentation projiziert, um seine institutionelle Funktion zu verdecken. Jeder glaubt, ihn zu kennen, nit ihn irgendwie familiär zu sein, weil er ihn unzählige Male auf den Bildschirmen gesehen hat, aber noch mehr, weil er ihn in einem kommunikativen Stil sprechen und handeln hört, der speziell zum Geben geschaffen wurde - aus der Entfernung! - den Eindruck zu erwecken, daß er jeden von uns wie in einer engen Beziehung anspricht.
Wer konnte früher behaupten,"den Papst zu kennen" außer die Einwohner Roms ? Für alle anderen war der amtierende Papst in der katholischen Ökumene kaum mehr als ein Name. Seine Regierungs- und Amtshandlungen gingen fast ausschließlich durch die peripheren Institutionen der Kirche, in streng hierarchischer Weise: vom Papst zu den Bischöfen, von den Bischöfen zu den Pfarrern und von diesen zu den Gläubigen.
Heute sind es im Gegenteil immer mehr Christen, die vielleicht nicht einmal wissen, wer ihr Pfarrer ist, aber den Papst sehr genau kennen (oder zu kennen glauben). So greift die Idee vom Papst als "Pfarrer der Welt" immer mehr um sich,. Man denke in diesem Sinne an die Wirkung der täglichen Messen von Papst Franziskus in Santa Marta-während der langen Monate der Suspendierung der Liturgie durch die Pandemie.
Warum stelle ich dann die These auf, daß hier neben einer unbestreitbar pastoralen Chance auch ein Problem für die Kirche besteht? Denn, wie gesagt, die Persönlichkeit – jede Persönlichkeit! -, in ihrer Funktion als Instrument zur Übermittlung der christlichen Verkündigung (also ein Tongefäß, das einen Schatz enthält, nach der unentbehrlichen Metapher des Heiligen Paulus), kann für manche hilfreich und für andere ein Hindernis (oder zumindest nicht hilfreich) sein.
Diese Tatsache wird nun in Bezug auf die oben erwähnten charismatischen Persönlichkeiten durch die Grundfreiheit kompensiert, die jeder Getaufte ihnen gegenüber hat, gegenüber der Art des Appells, den jeder von ihnen aussendet und die "vielen Wohnstätten“ der verschiedenen Charismen, die der Geist in der Kirche ständig erweckt, ermöglichen es jedem, den für seine Persönlichkeit am besten geeigneten zu finden.
Bei der Institution Kirche hingegen ist die Sache komplizierter, weil einerseits ihre hierarchischen Strukturen alle betreffen und alle regieren und sich niemand ungestraft als außerhalb bezeichnen kann, während sie andererseits auch nicht anders kann, als sich in Menschen zu verkörpern. jeder mit seiner eigenen Persönöiochkeit.
Wenn die Beziehung zwischen institutionaler Persönlichkeit und der Institution nicht mit maximaler christlicher Authentizität und durch rigorose Methodik geführt wird, ist es unvermeidlich, daß Probleme entstehen- auch schwere.
Solange wir auf der unteren und mittleren Ebene bleiben, können die Unannehmlichkeiten einer Persönlichkeit, die ihre institutionelle Funktion in einer für den Glauben anderer nicht positiven Weise ausübt, aufgrund der den Gläubigen zuerkannten Freiheit relativ leicht gelöst werden. Wenn zum Beispiel die überbordende Persönlichkeit meines Pfarrers keine Hilfe, sondern ein Hindernis für meinen Glaubensweg ist, hindert mich nichts daran, in eine andere Pfarrei zu gehen.
Beim Papst funktioniert das alles natürlich nicht, denn es gibt nur einen Papst (auch jetzt, egal was manche Falschinformierte sagen!) Und das gilt für alle. Daß er, wie jeder andere auch, eine Persönlichkeit hat, ist natürlich. In der konkreten Ausübung der petrinischen Funktion ist jedoch in den letzten hundertfünfzig Jahren aus einer Reihe von Gründen, die hier nicht ergründet werden können, das Gewicht der päpstlichen Persönlichkeit immer mehr gewachsen, bis sie wie heute vorherrschend wurde, und ich glaube nicht, daß das gut ist.
Das Übermaß an Persönlichkeit, wenn ich mich so ausdrücken darf, kann beim Papst sogar direkt spaltend werden und damit paradoxerweise damit enden, einer der Grundforderungen des Petrusamtes, der Wahrung der Einheit, zu widersprechen.Ich werde hier aufhören, denn ich behaupte sicherlich nicht, ein so heikles und komplexes Problem angehen zu können. Es reicht mir, es dargestellt zu haben und die These zu vertreten, daß es notwendig ist, das petrinische "Munus" vor dem Risiko der Personalisierung zu schützen und einen jahrzehntealten Trend so weit wie möglich zu korrigieren, den vielleicht in der Vergangenheit viele von uns als Vorsehung betrachtet und nur ihre positiven Aspekte gesehen haben, deren negative Aspekte, jetzt aber sogar von ihnen besser gesehen werden können."
Quelle: S. Magister, Settimo Cielo
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