Sonntag, 11. Juli 2021

Fr. Hunwicke spricht...

bzw. sprach gestern bei liturgicalnotes über auctoritas im Gegensatz zum Legalismus bei Entscheidungen von Päpsten, Konzilen, Komitées zu Glaubenfragen. 
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          "AUCTORITAS VERSUS REINER LEGALISMUS" 

Bevor der Vatican wg. der Sommerferien geschlossen wurde, gab es Gerüchte, daß PF plane, die antike und authentische Form des Römischen Ritus per Gesetz abschaffen zu wollen. 

Wie meine Leser, bete ich weiterhin für die völlige Erholung unseres Heiligen Varers; für seine körperliche und intellektuelle Gesundheit.

Aber er war es, der durch seine eigene freiwillige Handlung diese Gerüchte in Gang gesetzt hat; und ich sehe nicht, daß seine Genesung in  irgendeiner Weise dadurch behindert würde, wenn wir den Ball, den der ins Rollen gebracht hat, aufnehmen. 

Ich frage mich, wie weit PFs Macht reicht, um die Gesetzgebung seines Vorgängers zu blockieren. Und wo er die Grenze ultra vires (darüber hinaus) überschreiten würde. 

Die Verteidigung der Möglichkeit eines Papstes, das zu tun, würde ihre stärkste Unterstützung im Legalismus finden; in kanonischen Verfügungen über seine Autorität. Aber merkwürdigerweise haben die Rigiditäten des Legalismus dem Mund des Hl. Vaters manchmal kritische Bemerkungen entlockt! 

Dennoch ist das Befürworten eines chaotischen "jeder-wie-er will" nicht die Antwort. Ich denke, daß es für uns wichtig ist, das Konzept von AUCTORITAS besser zu verstehen. Das nicht immer die gleichen Parameter hat wie kanonische Gesetzlichkeit. 

Was ist also diese auctoritas? 

Eine liturgische Form kann vollen kanonischen Status besitzen; und wenn sie den hat, ist klar, daß ein Kleriker seine Verpflichtung gegenüber dem Göttlichen Offizium erfüllt, indem er sie benutzt.

Aber der lateinische Begriff auctoritas hat eine subtilere Bedeutung als nur kanonische Legitimität. Er könnte einen persönlichen Einfluß suggerieren, den ein Mitspieler in der römischen Politik hatte, ganz unabhängig von irgendeinem Imperium, das er durch das Amt, das er innehatte. genießen konnte. Oder die Bedeutung von Autorität und Eindrucksvollem, von persönlichem Prestige oder Reputation; wir alle kennen die Sorte Leute,-vielleicht in einem Komitée oder in einer Versammlung-, denen man von dem  Augenblick an zuhört, in dem sie den Mund aufmachen und deren Äußerungen Respekt einflößen, der in keinem Verhältnis zu ihrem rein rechtlichen Status steht. (Es ist ein Merkmal der Tüchtigen Frau in Sprüche 31, daß ihr Mann unter den Ältesten am Tor groß ist; wenn solche Leute zum Sprechen bewegt werden, halten andere die Hände vor den Mund!) In unserer modernen säkularen Politik hat die Politik, die im Manifest einer Regierung verkörpert wird, die mit überwältigender Mehrheit an die Macht gekommen ist, eine auctoritas, die größer ist als die Ideen, die sich gestern Abend ein Premierminister ausgedacht hat, der mit seinen Fingerspitzen an der Macht festhält ... obwohl die verfassungsmäßige Macht formal in beiden Fällen die gleiche sein kann.

O´CONNELL

Auctoritas hat im Gegesatz zu einer reinen kanonischen Legititmität immer einen Platz in der Liturgie gehabt. Wenn die Verfasser von Handbüchern, wie der bewundernswerte O´Connell  über einen Brauch schreiben, der sogar contra legem ist, aber auf Grund seiner Langlebigkeit nicht nur Legititmität genießt, sondern darüber hinaus sogar Vorschrift durch den Buchstaben der Rubrik ist, ist das auf gewisse Weise auctoritas, über die sie sprechen.


Aber ich behaupte, daß die radikalen Veränderungen, die dem II. Vaticanum folgten, die Frage der auctoritas in einer neuen, schwierigen und akuten Form aufwerfen. Ein Grund dafür ist, daß die auffälligste Neuerung in den nachkonziliaren liturgischen Texten dem Zelebranten oder einer Gottesdienst-Gemeinschaft mehrere Wahlmöglichkeiten bei der Vorbereitung eines Ritus läßt. 

Was früher jeder Zelebrant über Jahrhunderte hinweg täglich an jedem Altar des römischen Ritus auf der ganzen Welt gesagt hatte, hatte offensichtlich enorme auctoritas. Eine neue Formel, die gerade in ein Menü aufgenommen wurde, aus dem eine Auswahl getroffen werden soll, hat offensichtlich sehr viel weniger. Während vor dem Konzil etwas, wozu die auctoritas drängte, weitgehend dem kanonisch Erlaubten entsprach, konnten nach den konziliaren "Reformen“ auctoritas und Rechtmäßigkeit, immer weiter voneinander entfernt gefunden werden. 

RATZINGER

Ich stimme der nachdrücklich geäußerten Ansicht von Joseph Ratzinger voll und ganz zu, daß die Vorstellung, daß ein römischer Papst "alles tun kann, insbesondere wenn er von einem ökumenischen Konzil unterstützt wird“, höchst fragwürdig ist. Ich würde behaupten, daß an dieser Idee unter anderem das Vergessen der liturgischen auctoritas falsch ist. Und ich neige dazu, zu glauben, daß die "Reformen“ in vielerlei Hinsicht über den konziliaren Auftrag des Sacrosanctum Concilium (praeter concilium) hinausgegangen sind und ihm, noch problematischer, in einigen Fällen direkt widersprachen (contra concilium). Meines Erachtens haben Veränderungen praeter Concilium weniger auctoritas als solche, die auf einem konziliaren Mandat beruhen.

Das II. Vaticanum war ein  Ökumenisches Konzil ( wenn auch ein pastorales Konzil)-ebenso wie alle anderen ökumenischen Konzile. Was es beschloss, hatte auctoritas. Was es nicht anordnete, was aber spätere Komitées einsetzten, hat viel weniger Anspruch an unser Gewissen. Und wo nur zwei oder drei Jahre später einer klaren Anordnung des Konzils durch ein Komitée grundlegend widersprochen wurde,  haben wir -so denke ich- die Aufgabe, zu diffenzieren. 

Also bringen Veränderungen contra Concilium -wie Benedikt XVI erkannte- extrem große Schwierigkeiten im Hinblick auf ihre auctoritas mit sich. 

Ich erwarte, daß einige katholische Leser sich wegen des Weges, den ich einschlage, unwohl fühlen. Das kommt daher, daß die Katholische Kirche -mehr als viele kirchliche Körperschaften- ein tiefverwurzeltes Gefühl für das Gesetz hat. Das macht es Römischen Katholiken leicht, die Kraft der auctoritas zu unterschätzen. Aber Benedikt XVI hat direkt an die auctoritas appelliert, als er schrieb: "Was frühere Generationen heilig gehalten haben, bleibt auch für uns groß und heilig. und es kann nicht plötzlich völlig verboten oder sogar nur als schädlich betrachtet werden." 

Indem er das lehrte und den Ausdruck "kann nicht" benutzte, hat er nicht in kanonischen Begriffen oder über legislative Details gesprochen; er hat theologisch und kirchlich argumentiert. 

Und Benedikt hatte Recht. 

Und wenn wir traurigerweise gezwungen werden, einem neuen liturgischen Krieg entgegen zu sehen...hat das praktische Folgen.

Quelle: liturgicalnotes, Fr.J.Hunwicke

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