Donnerstag, 20. November 2014

Cui bono? Zufall oder Plan?

Riccardo Cascioli setzt sich bei La Nuova Bussola Quotidiana mit dem in deutschen Landen ( wo sonst? möchte man fragen) entfachten Mikrohype um die Textänderung in einem theologischen Text des damaligen Professors Ratzinger auseinander, der dieser Tage im Rahmen der Gesamtausgabe aller Ratzinger-Schriften veröffentlicht wurde.   klicken
Aber auch in Italien gibt es Interessierte, die dem Ganzen ihre ganz eigene Richtung geben wollen.


 "Die wiederverheirateten Geschiedenen, niemand sollte versuchen, Benedetto hineinzuziehen."

"Zufall oder gezielt gewollt? Schwer zu beantworten, aber die Veröffentlichung eines Bandes, der alle Schriften Kardinal Ratzingers-Papst Benedettos vereint-erscheint wie eine glasklare Antwort auf die Versuche ihn für die Kasper"Partei" zu rekrutieren, die die Zulassung der wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion anstrebt.
Passiert ist Folgendes: als "junger" Theologe hat Professor Ratzinger 1972 einen Artikel geschrieben, in dem er- auch wenn er bekräftigt die Unauflöslichkeit der Ehe nicht zur Diskussion zu stellen-, sich der Möglichkeit öffnet, sie dann zur Kommunion zuzulassen, wenn sie " in einer zweiten Ehe leben, die bewiesen hat, moralisch und ethisch "auf der Höhe" zu sein, die "in Glauben und Treue gelebt wird" mit "moralischen Verpflichtungen gegenüber Kindern und Ehepartner" .
Diese Passagen wurden auch von Kardinal Kasper bei der Vorbereitung zur Synode zur Unterstützung seiner Postion zitiert.
Aber nun die Überraschung: im gerade erschienenen Band der gesammelten Schriften Ratzingers ist dieser Artikel vom Autor dahingehend revidiert worden, daß er zu einer anderen Schlussfolgerung kommt- wie die deutsche Tageszeitung "Süddeutsche" berichtet- und nun vielmehr dazu einlädt, verstärkt über die Annullierungsprozesse nachzudenken.

Für die deutsche Zeitung handelt es sich dabei um eine Antwort Benedikts XVI an Kardinal Kasper, um sich nicht instrumentalisieren zu lassen aber auch eine Wortmeldung- wenn auch eine indirekte-zur Debatte, die die Kirche erhitzt, obwohl er bei seinem Rücktritt versprochen habe, zu schweigen.
Darüber hinaus habe er sich bereits kürzlich mit einer Botschaft an die Päpstliche Urbania-Universiät und die Teilnehmer der Pilgerfahrt "Summorum Pontificum" zu Wort gemeldet, mit sehr gewichtigen Worten, sei es zur Bedeutung der Mission sei es zur Teilnahme an der Messe nach dem Usus Antiquior. Es handele sich also um Äußerungen, deren Bedeutung sicher mit Aufmerksamkeit gewichtet würde.

Aber zurück zu den fraglichen Behauptungen. Die Revidierung des Artikels von 1972 hat mehr Beweiskraft für ein Manöver der Unterstützer einer Änderung der Ehedoktrin ( als pastoraler Weg maskiert), das zu zeigen versucht, daß auch Papst Benedikt die von Kasper & co beschworenen Öffnungen gewollt hätte.




Ein ausdrücklicher Beweis für diese Versuche und Manöver kommt heute vom Vaticanisten von Panorama, Ignazio Ingrao, der in diesen Tagen ein Buch (das nächste Woche in Rom vorgestellt werden wird) über die Synode und ihre Hintergründe geschrieben hat. In diesem Buch wird gesagt ( wie A.Tornielli in seiner Rezension des Buches für Vatican Insider schreibt), daß Papst Benedikt zu einer Öffnung gegenüber den wiederverheirateten Geschiedenen bereit gewesen sei, aber wegen der Opposition nicht näher genannter Theologen  und bischöflicher Vorkämpfer einer "stillen Mobilisierung  zur Verhinderung aller Veränderungen an dieser Front" gezwungen gewesen sei, davon abzurücken.

Um diese These zu belegen bezieht sich Ingrao auf zwei Aussagen Benedikts: die erste in einer Rede vor den Priestern in Valle d´Aosta in Introd im Juli 2005 und die zweite beim Internationalen Treffen der Familien in Mailand im Juni 2012.
In der Rede in Introd, als Antwort auf die Frage eines Priesters, sagte Benedikt XVI und zitierte das orthodoxe Modell-( behauptet Ingrao )- das er für nicht praktikabel hielt, es lasse einen Weg offen, der so aussehe: "Auf der einen Seite -ist also das Wohl der Gemeinde und das Wohl des Sakramentes, das wir beachten müssen, auf der anderen Seite müssen wir das Leiden der Menschen respektieren und ihnen helfen."
Ein Weg, der -immer nach Ingrao -wegen interner Opposition nicht weiter verfolgt worden sei.
Aber in Mailand habe er den Weg wiedereröffnet mit einer zweifelnden Antwort: "Vielleicht ist die Absolution in der Beichte nicht möglich, aber ein ständiger Kontakt zu einem Priester und seine Seelenführunr  sind sehr wichtig, weil sie so sehen können, daß sie begleitet werden."

Wir fügen beide Reden im Volltext an, aus denen Ingrao zitiert, damit jeder selbst urteilen kann, wie phantasievoll und einseitig seine Interpretation ist.
In Wirklichkeit jedoch war Benedetto gegenüber den Leiden derer, die in bestimmten Bedingungen leben, empfänglich und bot eine Meditation  über den heilsbringenden Wert des Leidens und die Bedeutung der spirituellen Kommunion an. Soviel ist also wahr, daß besonders auch Kardinal Kasper in seiner Rede beim Konsistorium im vergangenen Februar  praktisch den Gedanken Benedikts lächerlich machte.

Die Einladung diese Frage zu vertiefen geht eben nicht in Richtung Zulassung zur Kommunion, sondern in Richtung Nachdenken über die Gültigkeit bestimmter Ehen. In Introd zitierte er ausdrücklich die " besonders schmerzliche Situation vieler, die nur aus der Tradition heraus kirchlich heirateten, aber nicht wirklich glaubten- sich dann in einer ungültigen Ehe wiederfanden, sich bekehrten, den wahren Glauben fanden und sich vom Sakrament ausgeschlossen sahen. Das, was Benedikt anregte, war also das Nachdenken über sakramentale Ehen ohne Glauben, etwas das mit dem Urteil über die Gültigkeit des Sakramentes selbst zu tun hat, und das andererseits die Frage nach der Vorbereitung der Paare auf die Ehe durch die Priester aufwirft.
Und es ist das, was Kasper & co gut finden: sie ziehen die Abkürzung des Weges, die Kommunion für alle, vor. Und sie sagen nicht, daß es präzise Voraussetzungen für den "rigorosen Weg der Reue"  gibt und welche Bedingungen man stellen kann, wenn schon heute die Priester großer Teile der europäischen Kirchen es sich leicht machen und die wiederverheirateten Geschiedenen ( und nicht nur sie) ohne auch nur eine Beichte zur Kommunion zulassen?

Auf alle Fälle ergreift der Papa emeritus den Stier bei den Hörnern : wer die wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunuion zulassen will, kann sich weder auf den jungen Ratzinger noch auf den alten Benedikt XVI stützen.
Quelle: Riccardo Cascioli, La Nuova Bussola Quotidiana


Hier nun die von Kasper & co, und den ihm treuen Journalisten zitierten und manipulierten Originalaussagen
des Papa emeritus.

Benedikt XVI, Treffen mit dem Klerus der Diözese von Aosta, Introd 25. Juli 2005
hier die gesamte Rede (in deutscher Übersetzung)   klicken

hier der Teil der Rede, der sich mit der Frage der Kommunion für wiederverheiratete Geschiedene befaßt:

"Ein anderer Priester schnitt das Thema der Kommunion für die wiederverheirateten Geschiedenen an. Hier die Antwort des Heiligen Vaters:
Wir alle wissen, daß das ein besonders schmerzliches Problem für die Personen ist, die in Situationen leben, in denen sie vom Empfang der eucharistischen Kommunion ausgeschlossen sind, und ein ebenso schmerzliches Problem für die Priester, die diesen Personen helfen wollen, die Kirche zu lieben, Christus zu lieben. Hier ergibt sich eine Schwierigkeit.
Keiner von uns besitzt ein Patentrezept, auch weil sich die Situationen immer unterscheiden. Besonders schmerzlich würde ich die Situation derer nennen, die kirchlich verheiratet, aber nicht wirklich gläubig waren und es aus Tradition taten, sich aber dann in einer neuen nichtgültigen Ehe bekehren, zum Glauben finden und sich vom Sakrament ausgeschlossen fühlen. Das ist wirklich ein großes Leid, und als Präfekt der Kongregation für die Glaubenslehre lud ich verschiedene Bischofskonferenzen und Spezialisten ein, dieses Problem zu untersuchen: ein ohne Glauben gefeiertes Sakrament. Ich wage nicht zu sagen, ob man hier tatsächlich ein Moment der Ungültigkeit finden kann, weil dem Sakrament eine grundlegende Dimension gefehlt hat. Ich persönlich dachte es, aber aus den Debatten, die wir hatten, verstand ich, daß es ein sehr schwieriges Problem ist und daß es noch vertieft werden muß. Weil aber diese Personen in einer leidvollen Situation sind, muß es vertieft werden.
Ich wage jetzt nicht, eine Antwort zu geben, auf jeden Fall scheinen mir zwei Aspekte sehr wichtig. Der erste: Obwohl sie die sakramentale Kommunion nicht empfangen können, sind sie doch nicht von der Liebe der Kirche und der Liebe Christi ausgeschlossen. Eine Eucharistie ohne gleichzeitige sakramentale Kommunion ist zwar nicht vollständig, es fehlt etwas Wesentliches. Aber es stimmt auch, daß die Teilnahme an der Eucharistie ohne eucharistische Kommunion ihren Wert hat, sie bedeutet immer, in das Geheimnis des Kreuzes und der Auferstehung Christi einbezogen zu sein. Sie ist immer Teilhabe am heiligen Sakrament in der spirituellen und pneumatischen Dimension; auch in der ekklesialen Dimension, wenn auch nicht direkt sakramentalen.
Und weil es das Sakrament des Leidens Christi ist, umfängt der leidende Christus diese Personen in besonderer Weise und kommuniziert mit ihnen in anderer Weise, und sie dürfen sich also vom gekreuzigten Herrn umfangen fühlen, der zu Boden fällt und stirbt und für sie, mit ihnen leidet. Es ist deshalb notwendig, verständlich zu machen, daß sie, obwohl leider eine grundlegende Dimension fehlt, nicht vom tiefen Geheimnis der Eucharistie, von der Liebe des hier gegenwärtigen Christus ausgeschlossen sind. Das scheint mir wichtig, ebenso wichtig ist es, daß der Pfarrer und die Pfarrgemeinde diesen Personen zu verstehen geben, daß wir einerseits die Untrennbarkeit des Sakraments respektieren müssen und anderseits, daß wir diese Personen lieben, die auch für uns leiden. Und wir müssen auch mit ihnen leiden, weil sie ein wichtiges Zeugnis geben, weil wir wissen, daß man in dem Augenblick, wo man aus Liebe nachgibt, dem Sakrament Unrecht tut, und die Unauflöslichkeit erscheint immer weniger wahr.
Wir kennen das Problem nicht nur der protestantischen Gemeinschaften, sondern auch der orthodoxen Kirchen, die oft als Vorbild dargestellt werden, in dem man die Möglichkeit hat, wieder zu heiraten. Aber nur die erste Ehe ist sakramental; auch sie erkennen an, daß die weiteren Eheschließungen kein Sakrament sind, sondern verkürzte, eingeschränkte Ehen in einer Situation der Buße; die Personen dürfen zur Kommunion gehen, aber sie wissen, daß es »in economia« – wie sie sagen – aus Barmherzigkeit erlaubt ist, daß sich aber die Tatsache nicht ändert, daß ihre zweite Ehe kein Sakrament ist. Ein weiterer Punkt in den orientalischen Kirchen besteht darin, daß für diese Ehen mit großer Leichtigkeit die Möglichkeit der Ehescheidung gewährt wurde und daß damit das Prinzip der Unauflöslichkeit, der wahren Sakramentalität der Ehe schwer verletzt wird.
Auf der einen Seite gibt es das Wohl der Gemeinschaft und das Gut des Sakraments, das wir achten müssen, und auf der anderen Seite das Leiden der Personen, denen wir helfen sollen.
Der zweite Punkt, den wir lehren und durch unser Leben glaubwürdig machen müssen, ist, daß das Leiden in verschiedenen Formen zwangsläufig zu unserem Leben gehört. Es ist ein edles Leiden, würde ich sagen. Wiederum muß man verständlich machen, daß das Vergnügen nicht alles ist; daß das Christentum uns Freude schenkt, wie die Liebe Freude schenkt. Aber die Liebe ist auch immer Selbstverzicht. Der Herr selbst hat uns die Formel dafür gegeben, was die Liebe ist: Wer sich selbst verliert, findet sich; wer sich selbst gewinnt und bewahrt, verliert sich.
Es ist immer ein Exodus und deshalb auch ein Leiden. Die wahre Freude unterscheidet sich vom Vergnügen; die Freude wächst und reift immer im Leiden in Gemeinschaft mit dem Kreuz Christi. Nur hier entsteht die wahre Freude des Glaubens, von der auch diese Personen nicht ausgeschlossen sind, wenn sie lernen, ihr Leiden in Gemeinschaft mit dem Leiden Christi anzunehmen." 

Und hier, was Papst Benedikt XVI beim "Fest der Zeugnisse" während des Welttreffens der Familie am 2. Juni 2012  in Mailand zu diesem Thema sagte:
der Gesamttext:      klicken  (mit Video)

und hier die Frage und Antwort zum Thema

Frage: "Heiliger Vater, wir wissen, daß diese Situationen und diese Personen der Kirche sehr am Herzen liegen: was können wir ihnen sagen, welche Zeichen der Hoffnung können wir ihnen geben?"

HEILIGER VATERLiebe Freunde, danke für eure so kostbare Arbeit als Familientherapeuten. Danke für alles, was ihr tut, um diesen leidgeprüften Menschen zu helfen. In Wahrheit ist dieses Problem der wiederverheirateten Geschiedenen heute eines der großen Leiden der Kirche. Und wir haben keine Patentrezepte. Das Leiden ist groß, und wir können nur die Pfarreien, die einzelnen dabei unterstützen, diesen Personen zu helfen, das Leid ihrer Scheidung zu tragen. Ich würde sagen, daß es natürlich sehr wichtig wäre, vorzubeugen, also schon ab dem Beginn der Verliebtheit zuzusehen, daß diese zu einer gut überlegten, reifen Entscheidung wird. Wichtig ist auch die Betreuung während der Ehe, damit die Familien nie allein sind, sondern auf ihrem Weg wirklich begleitet werden. Und dann müssen wir, was diese Personen betrifft, sagen – wie Sie es bereits getan haben –, daß die Kirche sie liebt, daß sie diese Liebe aber sehen und fühlen müssen. Es scheint mir eine große Aufgabe einer Pfarrei, einer katholischen Gemeinde zu sein, wirklich alles nur Mögliche zu tun, damit sie sich geliebt und akzeptiert fühlen, damit sie spüren, daß sie keine »Außenstehenden« sind, auch wenn sie nicht die Absolution und die Eucharistie empfangen können: sie müssen sehen, daß sie auch so vollkommen in der Kirche leben. Vielleicht ist, wenn schon die Absolution bei der Beichte nicht möglich ist, ein ständiger Kontakt mit einem Priester, mit einem geistlichen Begleiter, wichtig, damit sie sehen können, daß sie begleitet, geführt werden. Sehr wichtig ist es auch, daß sie spüren, daß die Eucharistie wahr ist, daß sie an ihr Anteil haben, wenn sie wirklich in Gemeinschaft mit dem Leib Christi treten. Auch ohne den »leiblichen« Empfang des Sakraments können wir mit Christus in seinem Leib geistlich vereint sein. Das zu verstehen zu geben, ist wichtig. Daß sie tatsächlich einen Weg finden, ein Leben des Glaubens zu führen, mit dem Wort Gottes, mit der Gemeinschaft der Kirche, und daß sie sehen, daß ihr Leiden ein Geschenk an die Kirche ist, weil sie so allen dienen, auch um die Stabilität der Liebe, der Ehe zu verteidigen; und daß dieses Leiden nicht nur eine körperliche und psychische Qual ist, sondern auch ein Leiden in der Kirchengemeinschaft für die großen Werte unseres Glaubens. Ich denke, daß ihr Leiden, wenn es wirklich innerlich angenommen wird, ein Geschenk an die Kirche sein kann. Sie müssen wissen, daß sie gerade so der Kirche dienen, im Herzen der Kirche sind. Danke für euren Einsatz."

Quelle : La Santa Sede, Sommi Pontifici


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