Der ein oder andere Purpurträger scheint diese Worte leider vergessen zu haben. So könnte sich beispielsweise Kardinal W. Kasper daran erinnern, daß er zuallererst ein Diener Gottes ist und nicht durchsetzungswilliger Verkünder eigener Lehren oder Oberzensor über göttliche Gebote.
ein Ausschnitt:
: "Zunächst »rief Jesus sie zu sich«: Durch die Geste der ursprünglichen Berufung lädt er sie ein, zu dieser zurückzukehren. Diese Bezugnahme auf das grundlegende Moment der Berufung der Zwölf, darauf, daß Jesus sie »bei sich haben« will, um sie dann auszusenden, ist sehr bedeutsam. Es ruft ganz klar in Erinnerung, daß jeder kirchliche Dienst stets eine Antwort auf den Ruf Gottes ist und niemals die Frucht eigener Pläne und Ambitionen. Vielmehr geht es darum, den eigenen Willen dem des Vaters im Himmel anzupassen, wie Christus im Garten Getsemani (vgl. Lk22,42). In der Kirche ist niemand ein Herrscher, sondern alle sind berufen, alle sind gesandt, alle werden von der göttlichen Gnade erreicht und geleitet. Und das ist auch unsere Sicherheit! Nur wenn wir wieder auf das Wort Jesu hören, der uns bittet: »Komm her, folge mir nach«, nur wenn wir zur ursprünglichen Berufung zurückkehren, können wir unsere Gegenwart und unsere Sendung in der Kirche als echte Jünger verstehen.
Die Bitte von Jakobus und Johannes und die Empörung der »zehn anderen« Apostel werfen eine zentrale Frage auf, auf die Jesus antworten will: Wer ist groß, wer ist der »Erste« für Gott? Der Blick richtet sich zunächst auf das Verhalten, das »die, die als Herrscher gelten« Gefahr laufen anzunehmen: daß sie »ihre Völker unterdrücken« und »ihre Macht über die Menschen mißbrauchen«. Jesus zeigt den Jüngern eine ganz andere Lebensweise auf: »Bei euch aber soll es nicht so sein«. Seine Gemeinschaft folgt einer anderen Regel, einer anderen Logik, einem anderen Modell: »Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein, und wer bei euch der Erste sein will, soll der Sklave aller sein«. Das Kriterium für Größe und Vorrangstellung, das Gott entspricht, ist nicht die Herrschaft, sondern der Dienst; die Diakonie ist das grundlegende Gesetz des Jüngers und der christlichen Gemeinschaft; es läßt uns etwas von der »Herrschaft Gottes« erahnen.
Und Jesus nennt auch den Bezugspunkt: Es ist der Menschensohn, der gekommen ist, um zu dienen. Er faßt seine Sendung also unter der Kategorie des Dienstes zusammen – nicht im allgemeinen Sinn verstanden, sondern im konkreten Sinn des Kreuzes, der völligen Hingabe des Lebens als »Lösegeld«, als Erlösung für viele, und er verweist darauf als Bedingung für die Nachfolge. Diese Botschaft gilt für die Apostel, sie gilt für die ganze Kirche, und sie gilt vor allem für jene, die im Gottesvolk Leitungsaufgaben erfüllen. Nicht die Logik der Herrschaft, der Macht nach menschlichen Maßstäben, sondern die Logik des Sich-Hinabbeugens zur Fußwaschung, die Logik des Dienstes, die Logik des Kreuzes ist die Grundlage jeder Ausübung von Autorität. Zu jeder Zeit ist die Kirche darum bemüht, sich dieser Logik anzupassen und sie zu bezeugen, um die wahre »Herrschaft Gottes«, die Herrschaft der Liebe, aufscheinen zu lassen.
Verehrte zur Kardinalswürde erhobene Brüder, die Sendung, in die Gott euch heute beruft und die euch zu einem noch verantwortungsvolleren kirchlichen Dienst befähigt, erfordert einen immer größeren Willen, den Stil des Sohnes Gottes anzunehmen, der unter uns ist wie der, der dient (vgl.Lk 22,25–27). Es geht darum, ihm nachzufolgen in seiner demütigen und völligen Hingabe aus Liebe an die Kirche, seine Braut, am Kreuz: An diesem Holz stirbt das Weizenkorn, das der Vater auf das Feld der Welt fallenließ, um zur reifen Frucht zu werden. Daher bedarf es einer noch tieferen und festeren Verwurzelung in Christus. Die innige Beziehung zu ihm, der das Leben immer mehr verwandelt, um mit dem hl. Paulus sagen zu können: »Nicht mehr ich lebe, sondern Christus lebt in mir« (Gal 2,20), ist das erste Erfordernis, damit wir unseren Dienst mit Frieden und Freude ausüben und er die Frucht tragen kann, die der Herr sich von uns erwartet.
Liebe Brüder und Schwestern, die ihr heute die neuen Kardinäle begleitet: Betet für sie! Morgen werde ich ihnen in dieser Basilika im Rahmen der gemeinsamen Eucharistiefeier am Christkönigssonntag den Ring übergeben. Dies wird eine weitere Gelegenheit sein, den Herrn zu loben, denn »er hält ewig die Treue« (Ps 146), wie wir im Antwortpsalm gesungen haben. Sein Geist stütze die neuen Purpurträger in ihrem Bemühen im Dienst an der Kirche, während sie dem gekreuzigten Christus nachfolgen, wenn nötig auch »usque ad effusionem sanguinis« und stets bereit – wie der hl. Petrus in der verkündeten Lesung gesagt hat –, jedem Rede und Antwort zu stehen, der nach der Hoffnung fragt, die uns erfüllt (vgl. 1 Petr 3,15). Maria, Mutter der Kirche, vertraue ich die neuen Kardinäle an, auf daß sie mit apostolischem Eifer allen Völkern die barmherzige Liebe Gottes verkündigen mögen. Amen. "
Quelle: Libreria Editrice Vaticana
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