Mittwoch, 28. Januar 2015

Sandro Magister über die Ermahnungen Pater Charentays an die philippinischen Bischöfe, sich zügig den Erfordernissen des Zeitgeistes anzupassen.


Sandro Magister :    "Die Bischöfe der Philippinen unter Druck, geprüft und verworfen."
Hier geht´s zur englischen Version des Originals:    klicken 

"Der Jesuit Pierre de Charentay tadelt in Civilta Cattolica die Bischöfe wegen ihrer hartnäckigen Opposition gegen Gesetze zur Empfängnisverhütung, Scheidung, und HS-Ehe. Und der Papst verteidigt sie nicht.
Die Wirkung der Philippinen-Reise von Papst Franziskus auf die öffentliche Weltmeinung wurde von seiner unglücklichen Bemerkung über die "guten Katholiken", die es "nicht wie die Kaninchen machen" überschattet.

                            "Franziskus, Kinder und Kaninchen. Ein Postscriptum"

In allen päpstlichen Reden während dieser Reise, sowohl den geschriebenen als auch den aus dem Stegreif gehaltenen, kann man nur wenig über die Besonderheiten dieses einzigartigen asiatischen Landes mit einer soliden katholischen Mehrheit finden.

Apostolische Reise vom 12.-19. Januar 2015
Die Katholische Kirche brachte es wegen ihrer führenden Rolle in der friedlichen Revolution des Volkes, die dem Marcos-Regime 1986 ein Ende bereitete, weltweit bis in die Nachrichten. Aber es gibt wenig Wissen darüber, was vor und nach diesem Ereignis geschah.

Ein bekannter Jesuit hat nun diese Lücken gefüllt: der Franzose Pierre de Charentay, der frühere Präsident des Centre Sevres, dem Pariser Institut für Höhere Bildung der SJ, von 2004 bis 2012 Direktor der Zeitschrift der französischen Jesuiten "Etudes" und seit letztem Jahr Mitglied des Redaktionsteams von Civiltà Cattolica, dem Magazin der römischen Jesuiten, das unter der Leitung des Papstintimus Kardinal Spadaro mit vaticanischem Imprimatur erscheint.

In Verbindung zur Reise des Papstes veröffentlichte Pater Charentay ein Buch über die Philippinen, das Pater Lombardi, Mitbruder des Autors und Direktor der vaticanischen Pressebüros den Journalisten vor der Reise zur Lektüre empfahl und von dem man glaubt, dass der Papst es gelesen hat:
"P. de Charentay: "Die Philippinen, asiatischer und katholischer Archipel", Lessius Éditions,Namur,

Das Buch profitiert von Pater Charentays persönlicher Kenntnis der Philippinen, die er seit 1982 mehrmals besuchte und auf denen er 2013 ein ganzes Jahr verbrachte.
Und wirklich, es ist spannend zu lesen wegen seines Reichtums an präzisen historischen Rekonstruktionen, der Schärfe seiner Analysen, der Flüssigkeit des Stils und der vielen Überraschungen, die es für den Leser bereit hält.
So prangert es die Art und Weise an, in der auf den Philippinen sogar jene öffentlich entschuldigt und juristisch voll rehabilitiert werden, die schwerwiegender Verfehlungen für schuldig befunden wurden ( unten einige Beispiele)
Ebenfalls erstaunlich ist Pater Charentays Beschreibung des größten Gefängnisses, das einem großen geschlossenen Dorf ähnelt, in dem die Insassen sich relativ frei bewegen und sich selbst verwalten.

In dieser Hinsicht könnte es von Interesse sein, zu erfahren, wie Papst Franziskus diese typisch philippinische Gnadenpraxis mit der Barmherzigkeit, die das Hauptmerkmal seines Pontifikates ist, in Verbindung bringt.
In einem weiteren sehr interessanten Kapitel beschreibt Pater Charentay den kürzlichen Konflikt zwischen den Bischöfen und der Regierung über das Gesetz zur Empfängnisverhütung.



Der Autor ist nicht neutral. er ergreift ganz klar die Partei des katholischen Präsidenten Noynoy Aquino, der das Gesetz unterstützte und approbierte, und seiner Regierung,
Er präsentiert analoge Überlegungen zu anderen Kontroversen, die im Land zu explodieren drohen, von Scheidung über Abtreibung bis zur HS-Ehe,
Er beschuldigt die Bischöfe -nicht nur im Hinblick auf die Erfordernisse der Moderne sondern auch bezüglich der Wünsche des Papstes-engstirnig und rückständig zu sein.

Er schreibt:
"Die Bemerkung von Papst Franziskus : "Wir können nicht nur auf Fragen zur Abtreibung, Empfängnisverhütung und HS-Ehen bestehen. Das ist nicht möglich. Diese Dinge sollten nicht außerhalb des Zusammenhanges und der Entwicklung diskutiert werden", hat auf die Bischöfe und die öffentliche Meinung wirklich Eindruck gemacht. Aber die Philippinische Bischofskonferenz hat aus Prinzip an ihrer klaren Opposition festgehalten."

Hier wäre es interessant zu erfahren, wie Papst Bergoglio seine behauptete Wertschätzung der Bischofskonferenzen mit der tönenden Verurteilung des Standpunktes der Philippinischen Bischöfe durch einen autorisierten Schreiber der autorisierten Civiltà Cattolica versöhnen will.


Ein Auszug aus dem Buch:
(oder wie ein Jesuit die christliche Sexualmoral versteht )

"Ein Gesetz zur Empfängnisverhütung"
War die Kirche stark in den Sturz der Diktatur verwickelt gewesen, so änderte sie ihre Ziele nach 2010, als Präsident Noynoy Aquino beschloss, erneut einen Gesetzesentwurf über Empfängnisverhütung und Sexualerziehung einzubringen. Dieses Gesetz zur Fortpflanzungserziehung wurde im Kongress 14 Jahre lang aufgehalten, bevor schließlich im Dezember 2012 darüber abgestimmt wurde.
Das Gesetz wurde dann im Juni 2013 vor dem Obersten Gerichtshof angefochten, der lange zögerte. Er war unter Druck der katholischen Kirche, die gegen das Gesetz war. Aber die Richter wußten auch, daß sie das neuen soziale Klima, das moderner und pluralistischer geworden war,berücksichtigen mußten.

Das erste Thema der Diskussion war die Trennung zwischen religiösen und politischen Entscheidungen. Es ist klar, daß die Kirche- wenn sie zu Christen und zur Öffentlichkeit spricht, bei wichtigen Fragen wie dem Wert des Lebens, der Menschenwürde, einer bestimmten Sicht des Menschen, das hauptsächlich mit religiösen Argumenten tut. Aber in der aktuellen Gesellschaft der Philippinen, kann nicht länger davon ausgegangen werden, daß alle Christen sind. Es existiert eine Diversifikation der Meinungen, die die Applizierung des Christlichen Rechtes ebenso verhindert wie die Einführung der Scharia in Malaysia, Indonesien oder dem Süden Mindanaos.

Diese Argumentation wird von der Katholischen Kirche nicht verstanden, die erstaunt ist, daß ein katholischer Präsident so ein Gesetz erlassen will.

Das zweite Diskussionsthema betrifft die politischen Konsequenzen eines solchen Gesetzes. Es wurde konzipiert, um der armen Bevölkerung zu helfen und ihr Zugang zu Kontrazeptiva zu ermöglichen, die die Mittelschicht und die Reichen bereits hatten . Die unterschiedlichen sozialen Gruppen haben in diesem Punkt nicht die gleichen Möglichkeiten. Deshalb antwortet das Gesetz auf eine Frage der Gerechtigkeit, die die Regierung zugunsten der armen Bevölkerung motiviert.

Es antwortet auch auf den Wunsch, Abtreibungen als Mittel der Empfängnisverhütung zu nutzen (...) in der Diskussion hat die Katholische Kirche nie die Förderung der Abtreibung erwähnt, eine entschieden ernstere Realität ist als die Empfängnisverhütung, die sie bekämpft.

Diese beiden Dinge sind miteinander verbunden, weil die Abtreibung als Mittel zur Vermeidung von Geburten benutzt wird, wenn keine Empfängnisverhütung betrieben wird. Das größere Übel folgt dem kleineren.

Ein anderes Element der Kontroverse zwischen Kirche und Regierung besteht in der Langzeitperspektive von Bevölkerung, Umwelt und Entwicklung. Mit einer Einwohnerzahl von 100 Millionen ist die Bevölkerungsdichte mit mehr als 300 Menschen pro Quadratkilometer bereits sehr hoch, hat schon viele der natürlichen Ressourcen zerstört und ist von vielen Katastrophen heimgesucht worden. Es müssen Anstrengungen unternommen werden, das Bevölkerungswachstum zu kontrollieren. Mit dem Gesetz beabsichtigen die politischen Führer, das Bevölkerungswachstum zu begrenzen und wirkliche Lebensqualität in einer geschützteren Umwelt zu fördern.
In diesem Sinn scheint das Gesetz ein Stück pro-life-Gesetzgebung zu sein, sowohl im Sinne von Lebensqualität als auch von Anti-abtreibungspolitik.
Die Kirche hat auf diese Argumente mit medialer oder pastoraler Hyperaktivität geantwortet und das Projekt verdammt. Tatsache ist, dass hinter dieser Schlacht noch ein anderes sensibles Thema lauert: die Scheidung, die auf den Philippinen immer noch verboten ist,was eine Vielzahl von Menschen in eine sehr schwierige Lage bringt, weil die Ehe in diesem Land in keinem guten Zustand ist.
Junge Mensche hören nicht länger auf die Kirche und leben illegal getrennt und in in de-facto-Verbindungen.
Es gibt eine Unlust zu heiraten, weil Scheidungen nicht möglich sind. Die Kirche hat schon gesagt, daß sie das nicht akzeptieren wird. Hier verwechselt sie wieder religiöses mit zivilem Recht,.

Natürlich werden auch andere Themen in die öffentliche Debatte eingeführt werden. Abtreibung, HS-Ehe, Wie man sehen kann, hält die Kirche der Philippinen an der Idee fest, daß alle Gesetze mit dem Katholischen Recht übereinstimmen müssen. Sie will nicht verstehen, daß Nicht-Christen eine andere Moral haben können. Sie hat diese Herrschaft über die Legislative nicht aufgegeben, die sie seit den Zeiten des Spanischen Kolonialismus hatte.
Zuletzt stimmte der Oberste Gerichtshof dem Gesetz am 8. April 2014 zu, nachdem mehrere Paragraphen daraus entfernt worden waren.
Quelle: www.chiesa, S.Magister, Civiltà Cattolica, P. de Charentay


Die Argumentation Pater Charentays macht einigermaßen fassungslos- die Pille als Mittel zur Verhütung von Abtreibung, (er scheint die europäischen Zahlen nicht zu kennen oder geflissentlich zu ignorieren, die ganz klar einen massiven Anstieg von Abtreibungen beweisen, trotz oder wegen (?) der weithin akzeptierten Kontrazeption-die zudem, wie ja jeder weiß- nicht fehlerfrei funktioniert) Scheidung als Mittel zur Förderung der Ehe.....


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