Samstag, 5. September 2015

"Zu gut und zu vage. Das Jubiläumsjahr unter der Lupe des Kanonikers"

Nicht nur Antonio Socci auch Sandro Magister - immer noch Vaticanist ohne Akkreditierung - befaßt sich in Settimo Cielo / L´Espresso mit dem von Papst Franziskus ausgerufenen außerordentlichen Jubiläumsjahr .
Hier geht´s zum Original :  klicken

"ZU GUT, ZU VAGE. DAS JUBILÄUM UNTER DER LUPE DES KANONIKERS"



"Der päpstliche Brief, in dem Franziskus anläßlich des kommenden Jubiläumsjahres Akte der Barmherzigkeit für zwei neuralgische Punkte - wie die Abtreibung und das Lefêbvrianische Schisma angekündigt hat, hat im ersten Moment ein Gefühl der Bewunderung für die Großzügigkeit dieser doppelten Geste ausgelöst, aber auch sehr schnell wegen der Formlosigkeit mit der der Papst seinen Willen ausgedrückt hat besorgte Reaktionen, eine Formlosigkeit, die nach Meinung von Experten des Kanonischen Rechtes zu einer gefährlichen Konfusion führen kann.Am 3. September, 2 Tage nach Veröffentlichung des Briefes hat im National Catholic Register, einem gewichtigen Organ der Multimediengruppe EWTN, Professor Benedict Nguyen , Spezialist für Kanonisches Recht und Zivilrecht, Berater der Diözese Corpus Christi in Texas und Dozent im Avila-Institut für Spirituelle Erziehung, diesen Bedenken seine Stimme verliehen.

"Papst Franziskus´ Jahr der Barmherzigkeit wirft kanonische Fragen auf"  klicken
Seine Analyse der kanonischen Zweideutigkeit des päpstlichen Briefes ist um die Welt gegangen, zusammen mit der Forderung, daß diese Zweideutigkeiten sofort geklärt werden, insbesondere, um die Entscheidungen des Papstes auf angemessene Weise in die Tat umsetzen zu können.
Hier der Gesamttext der Analyse Benedict Nguyens :

"Papst Franziskus´Jahr der Barmherzigkeit wirft kanonischer Fragen auf"

KommentarEs gibt einige kanonische Zweideutigkeiten im Brief des Hl. Vaters, die der Klärung bedürfen, damit seine Wünsche angemessen umgesetzt werden können.
Der Brief des Hl. Vaters vom 1. September an Erzbischof Rino Fisichella, den Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung, ruft die Gläubigen noch einmal dazu auf, über Gottes Göttliche Gnade - manifest geworden in seiner Kirche - nachzudenken, insbesondere während des kommenden Außerordentlichen Jubiläumsjahres der Barmherzigkeit.
Da ist viel Schönheit und Großmut in dem Brief, der zeigt, dass es Papst Franziskus - wie seinen Vorgängern ernst ist, zu helfen die Gnade Gottes für alle, besonders die an den Rändern, zu vergegenwärtigen.Alle täten gut daran, die Ablässe, die gewährt werden, sorgfältig zu lesen und eifrig daran zu arbeiten, sie den Gläubigen in den Diözesen, denen die die Schreine besuchen und denen, die krank oder gefangen sind bekannt zu machen.Nicht ausgelassen werden dürfen auch jene Zusagen, die denen, die spirituelle und körperliche Werke der Barmherzigkeit tun, gemacht wurden. In der Tat ist es ein Aufruf an alle, an diesen Werken mitzuwirken und zu helfen, die Gnade des Herrn auf so viele wie möglich auszudehnen.


Wegen der Wichtigkeit der Wünsche des Hl. Vaters, die Gnade in diesem kommenden Jubliäumsjahr bekannt zu machen und mit dem gebotenen Respekt und der gebotenen Liebe unserem Hl. Vater gegenüber, ist es nötig, einige kanonische Zweideutigkeiten zu klären, damit die Wünsche des Papstes angemessen umgesetzt werden können.

1. Welches kanonische Gewicht hat dieser Brief?
Er ist kein Gesetz. Er ist kein generelles Dekret, er ist keine kanonische Instruktion, er wird nicht als Motu Proprio angezeigt.
Er ist schlicht ein Brief. Ein Brief, der an den Präsidenten des Päpstlichen Rates zur Förderung der Neu-evangelisierung geschrieben wurde, aber dennoch einer, der einige recht kühne Zugeständnisse, was den Ablass für das Jahr der Barmherzigkeit betrifft, gewährt.
Für ein Heiliges Jahr werden diese Dinge üblicherweise in einer Bulle niedergelegt, also als Päpstliches Dokument, das das Jahr der Barmherzigkeit ankündigt, oder zumindest in einem Dekret oder Motu Proprio, sodaß es keine Verwirrung über ihr offizielles kanonisches Gewicht gibt.
Die Form, bzw. ihr Fehlen und die Zweideutigkeiten lösen einige kanonische Rechtszweifel aus, die-wie ich befürchte-möglicherweise einige ihrer Anwendungen aufheben oder ungültig machen können.

2. In dem Brief scheint der Papst allen Priestern die Möglichkeit zuzugestehen, die Sünde der Abtreibung zu vergeben. Während in den Ostkirchen die Vergebung einer solchen Sünde den Bischöfen vorbehalten ist, können in der Lateinischen Kirche alle Priester, die befugt sind Sünden in der Beichte zu vergeben, das auch jetzt schon tun.
Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, daß es einen Unterschied zwischen der Sünde der Abtreibung (Kan 1398) und der Exkommunikation gibt, die aus ihr resultieren kann.
Diese beiden Dinge sind nicht identisch.
Sünde ist ein moralischer Zustand, Exkommunikation ein juristischer, der den Katholiken von bestimmten Rechten und Vorteilen, in voller Kommunion mit der katholischen Kirche zu stehen, ausschließt.
Es scheint viel Verwirrung über den Unterschied zwischen der Sünde der Abtreibung und der Strafe der Exkommunizierung zu bestehen,

Es ist wichtig, daran zu erinnern, daß die sogenannte automatische Exkommunikation (latae sententiae) nicht immer automatisch eintritt, weil es eine Reihe mildernder Umstände geben kann, die in Kanon 1323 und 1324 aufgelistet sind.

Im Lateinischen Ritus  ist bezgl. der Abtreibung, - vorausgesetzt jemand hat nicht nur die Sünde der Abtreibung begangen, sondern auch die juristische Strafe der aus ihr resultierenden Exkommunikation zu tragen, die Fähigkeit die Strafe der Exkommunikation aufzuheben, dem Bischof vorbalten.
In vielen Diözesen der USA haben die Bischöfe dieses Recht an die Beichtväter delegiert.

Deshalb liegt hier das Problem: im Päpstlichen Brief wird die Gewährung der Möglichkeit für die Priester, die Exkommunizierung, die der Sünde der Abtreibung folgen kann, nicht erwähnt, sondern  er scheint nur die Möglichkeit zuzugestehen, diese Sünde zu vergeben.

In der Lateinischen Kirche gewährt also dieses Zugeständnis den Priestern, die die Beichte gültig abnehmen können, nichts Neues. und sie sind immer noch nicht befugt, die Strafe der Exkommunikation aufzuheben, wenn ihnen das nicht vom eigenen Bischof erlaubt wurde.

Eine andere Zweideutigkeit entsteht in dem Brief, der diese Erlaubnis allen Priestern zu erteilen scheint.
Es wird  nicht spezifiziert, ob sie nur für Priester gilt, die als Beichtväter zugelassen sind.
Mit anderen Worten: erstreckt sich diese Erlaubnis, die Sünde der Abtreibung zu vergeben auch auf exkommunizierte Priester, Priester unter Interdikt, aus dem Klerikerstand entlassene Priester, Priester in schismatischen und irregulären Gruppen, Priester denen die Bischöfe die Erlaubnis, die Beichte zu hören beschränkt oder zurückgenommen haben?
Und wenn, können diese Priester dann nur diese Sünde vergeben -oder auch andere, die gebeichtet werden?


3. Was die Priester der FSSPX angeht - denen zugestanden wird, die Absolution gültig und legitim zu erteilen, gibt es keinen Zweifel, daß das eine wirklich großzügige Geste von Papst Franziskus ist, eine die sein väterliches Herz eines Hirten zeigt.
Er zeigt ganz klar, daß er hofft , daß bald die vollen Gemeinschaft mit den Priestern und Oberen der FSSPX wieder hergestellt werden kann.
Das scheint jedoch in der Zwischenzeit einige Dinge zu implizieren,
a) daß die Priester der FSSPX nicht in voller Kommunion mit der Kirche sind und

b). daß die Priester der FSSPX bisher das Recht die Beichte zu hören und Sünden gültig und legitim zu    vergeben, nicht hatten und nicht haben- bis zum Beginn der Jahres der Barmherzigkeit am 8. Dezember.


4. Es ergibt sich auch die Frage, warum es keine direkte Kommunikation mit der FSSPX gab. Das Comuniqué der Bruderschaft zeigt, daß sie alles erst durch die Presse erfuhren. Generell wird die Gewährung von Möglichkeiten, dem Kleriker, dem sie zugestanden werden oder seinem Vorgesetzten direkt mitgeteilt.

5. Es ist rätsedlhaft, warum im Brief ausdrücklich nicht das Wort "Möglichkeit" benutzt wird, wenn er von dieser Gewährung für die Priester, Sünden gültig und legitim zu vergeben, spricht,. Während es so aussieht, daß die Absicht (mens) tatsächlich die Gewährung dieser Möglichkeit für die Priester der FSSPX ist, ist es ungewöhnlich, daß man ihnen das nicht ausdrücklich mitteilt. Eher scheint der Brief die Betonung auf das Wohl der Gläubigen und ihre Möglichkeit, einen Priester der FSSPX auszuwählen, zu legen,

Während es einige Ähnlichkeiten zur Lage eines Menschen in Todesgefahr geben mag, der sich jedem Priester zur Absolution anvertrauen kann- wie sein Status auch sein mag (Kan. 976)  ist diese Situation doch nicht analog. Die Todes-Gefahr-Situation beinhaltet nicht eine generelle Wahlmöglichkeit sondern nur die Gewährung unter bestimmten Umständen. Die Sprache des aktuellen Briefes scheint eine eher allegemeine Situation zu meinen.

Jedoch - während also das Ziel zu sein scheint, den Priestern der FSSPX die generelle Möglichkeit, die Beichte gültig und legitim zu hören, zu gewähren, wird das nie klar ausgesprochen.
Deshalb bleibt die Frage ob es sich um die generelle Erlaubnis die Beichte abzunehmen handelt - d.h. für jede Situation, in der jemand einen FSSPX-Prister aufsucht - oder ob es irgendeine Begrenzung gibt, die der Hl. Vater dadurch ausdrückt, daß er die Betonung nicht auf die FSSPX-Priester sondern auf die Gläubigen legt, die sich ihnen nähern. Wenn es sich um eine generelle Wahlmöglichkeit handelt, warum wurde das Wort Möglichkeit nie verwendet, wenn es aber Begrenzungen gibt, warum werden sie nicht aufgeführt?

Und zum Schluss: betrachtet man all diese "Gewährungen" für das Jahr der Barmherzigkeit, muß geklärt werden, ob sie über der Jurisdiktion der Diözesanbischöfe oder religiösen Vorgesetzten stehen, die Fähigkeit eines dieser Dinge zu tun, zu begrenzen.
Mit anderen Worten: kann jeder Priester noch gültig und legitim die Absolution erteilen, gleichgültig ob sein zuständiger Bischof, ihm diese Möglichekt durch Widerruf oder Strafe beschränkt hat?

Ich hoffe, daß es einige Klarstellungen zu diesen kanonischen Fragen geben wird, die ich resektvoll gestellt habe.
Ich hoffe auch, daß sie helfen können, unser Verstehen der Ziele des Hl. Vaters zu verbessern und ihre gültige und legitime Umsetzung zu ermöglichen.
Stehen wir also zu unserem Hl. Vater und helfen, Gottes Gnade so vielen wie möglich in diesem kommenden Jubiläumsjahr zuteil werden zu lassen.
Benedict Nguyen

Quelle: Settinom Cielo, Sandro Magister,Benedict Nguyen

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