"BRIEF AN DIE KATHOLISCHE AKADEMIE"
Meine lieben Professoren,
mit Interesse lese ich Ihren auf breiter Basis publizierten Brief von dieser Woche an meine Herausgeber, in dem Sie meinem Bericht über die Römisch Katholischen Kontroversen widerprechen, sich beschweren, daß ich unbegründete Häresievorwürfe (gleichzeitig "subtil" und "offen"!) erhebe und die Bereitschaft dieser Zeitung bedauern, jemandem dem theologische Titel fehlen, zu ermöglichen, seine Meinung in einer Debatte innerhalb unserer Kirche auszudrücken.
Ich war angemessen beeindruckt von den Dutzenden akademischer Namen, mit denen der Brief auf der website von "Daily Theology" unterschrieben ist und den distinguierten Instituten (Georgetown, Boston College, Villanova) auf der Liste.
Ich habe größten Respekt vor Ihrer Berufung. Lassen Sie mich versuchen, zu erklären und zu provozieren.
Das erstere verlangt, dem Leser bekannt zu machen, was in der aktuellen Kontroverse auf dem Spiel steht und warum es einen Augenblick ihrer kurzen Aufmerksamkeitsspanne verdienen könnte.
Das zweite erfordert, bei dieser Kontroverse klar Position zu beziehen, und besser die Gefühle (Solidarität, Erregung, blinde Wut) zu erzeugen, die Menschen dazu bringen, zu lesen, zurückzukommen und das Abonnement wieder zu unterschreiben.
Ich hoffe, wir können uns darauf einigen, daß die aktuellen Kontroversen im Römischen Katholizismus nach einer Erklärung schreien. Und nicht nur für Katholiken: die Welt ist fasziniert -wie sie es sein sollte - von den Bemühungen von Papst Franziskus unsere Kirche umzugestalten. Aber die Hauptparteien in den Kirchenkontroversen haben Motive, herunter zu spielen, was auf dem Spiel steht.
Konservative Katholiken wollen nicht zugeben, daß eine zerreißende Änderung überhaupt möglich ist.
Liberale Katholiken wollen nicht zugeben, daß der Papst die Kirche in eine Krise führen könnte.
Deshalb habe ich in meiner Kolumne versucht, diese Verfinsterung dessen, was eine Grundwahrheit zu sein scheint, zu durchbrechen. Es gibt wirklich Teilung in den hohen Kirchenrängen, auf der höchsten Ebene der Kirche, ob man die wiederverheirateten Geschiedenen zur Kommunion zuläßt oder nicht und was eine solche Änderung bedeuten würde.
Bei dieser Spaltung neigt der Papst eindeutig der liberalisierenden Sicht zu und hat folgerichtig immer daran gearbeitet, sie voran zu bringen.
Bei der vergangenen Synode mußte er einen gemäßigten aber ehrlichen Rückschlag durch die Knservativen hinnehmen,.
Dann habe ich dieser Beschreibung meine eigene, provokative Sicht hinzugefügt: innerhalb des Rahmenwerkes der Katholischen Tradition haben die Konservativen bei weitem die besseren Argumente.
Zuerst - weil - läßt die Kirche die wiederverheirateten Geschiedenen ohne Annullierungsurteil zur Kommunion zu - während sie gleichzeitig einen "Ohne-Schuld-vergeßt-die-Annullierung-Prozess" einrichtet - wie es der Papst gerade getan hat, die alte Lehre von der Unauflöslichkeit der Ehe ihren Inhalt verliert.
Dann, weil wenn man die Lehre der Kirche zur Ehe auf diese Weise ändert, man die größeren Katholischen Positionen zu Sexualität, Sünde, und den Sakramenten von einander lösen würde und so die Beziehung von Beichte und Kommunion trennen, und der Kohabitation, gleichgeschlechtlicher Ehe und Polygamie ganz und gar vernünftige Ansprüche gäbe, von der Kirche anerkannt zu werden.
Das ist - wie Sie anmerken - nur die Meinung eines Kolumnisten. Deshalb habe ich sorgfältig zugehört, wenn zertifizierte Theologen den Liberalisierungs-Fall vertreten.
Was ich da gehört habe sind drei Hauptforderungen.
Zuerst, daß die diskutierten Änderungen fast nur und eher pastorale Veränderungen als doktrinaler Art sein würden und so lange die Kirche fortfahre, zu sagen, daß die Ehe unauflöslich ist, nichts Revolutionäres passiert.
Aber das ist ungefähr so, als ob man sage, daß China nicht den Wechsel zur Marktwirtschaft vollzogen habe, weil es immer noch von den selbsternannten Marxisten regiert wird.
Nein: in Politik und Religion gleichermaßen ist eine Doktrin ohne Praxis leer, was auch immer die offizielle Rhetorik suggeriert.
Wenn dieser Punkt angesprochen wird, bringen die Reformer die Idee vor, daß die vorgeschlagenen Änderungen vielleicht auch wirklich doktrinaler Natur sind, aber nicht jedes Thema der Lehre gleich wichtig ist und überhaupt kann sich die Katholische Lehre mit der Zeit entwickeln.
Aber die Entwicklung der Lehre soll die Lehre der Kirche vertiefen, nicht umgekehrt oder ihr widersprechen.
Diese Unterscheidung läßt viele Grauzonen zu - zugegeben.
Aber das Auslöschen Jesu eigener Worte - zu den nicht wirklich unwichtigen Themen Ehe und Sexualität - sieht sicher eher nach einer großen Revision aus als nach einer organischen vertiefenden Bewegung der Doktrin.
An diesem Punkt kommen wir zum dritten Argument, das in Ihrem Brief auftritt: "Sie verstehen das nicht. Sie sind kein Theologe". Was ich in der Tat nicht bin.
Aber der Katholizismus soll keine esoterische Religion sein, deren Lehre nur akademischen Eingeweihten zugänglich ist. Und der Eindruck den dieses sich "bewegende Ziel" macht, ist daß da Reformer ihre wahre Position herunter spielen, in der Hoffnung die Konservativen dazu zu bringen, sie Schritt für Schritt zu akzeptieren.
Welches ist diese reale Position? Daß fast alles Katholische sich ändern kann, wenn die Zeit es verlangt und daß die Doktrin "zu entwickeln" nur bedeutet, sie auf der Höhe der Geschichte zu halten - egal wieviel man vom Neuen Testament zurück lassen muß.
Wie ich vorher bemerkte, die Aufgabe des Kolumnisten ist es, zu provozieren. Deshalb muß ich Ihnen sagen - offen und nicht subtil - daß diese Ansicht sich - nach jeder vernünftigen Definition des Wortes - wie Häresie anhört.
Nun kann es sein, daß die Häretiker von heute Propheten sind, die Kirche tatsächlich eine Revolution erlebt und meine Worte mit dem Rest des Konservativen Katholizismus untergegraben werden Aber wenn das passiert, wird es harten Schleifens bedürfen, nicht nur sanfter Worte und akademischer Ränkespiele.
Es wird einen bitteren Bürgerkrieg erfordern.
Und deshalb, meine liebe Professoren: Willkommen auf dem Schlachtfeld!"
Quelle: Ross Douthat, NYT
Wir sagen: Deus lo vult!
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Mit dem Posten eines Kommentars erteilen Sie die nach der DSGVO nötige Zustimmung, dass dieser, im Falle seiner Freischaltung, auf Dauer gespeichert und lesbar bleibt. Von der »Blogger« Software vorgegeben ist, dass Ihre E-Mail-Adresse, sofern Sie diese angeben, ebenfalls gespeichert wird. Daher stimmen Sie, sofern Sie Ihre email Adresse angeben, einer Speicherung zu. Gleiches gilt für eine Anmeldung als »Follower«. Sollten Sie nachträglich die Löschung eines Kommentars wünschen, können Sie dies, unter Angabe des Artikels und Inhalt des Kommentars, über die Kommentarfunktion erbitten. Ihr Kommentar wird dann so bald wie möglich gelöscht.