Dienstag, 9. Januar 2018

Pater Lorenzo Milani wird wohl nicht selig geprochen werden. Schuld ist der "pädagogische Eros" , dem er sich mehr verpflichtet fühlte, als gut ist.

Immer wieder enden mit großen Worten und Ideen ins Leben gerufene "progressive Projekte einer Reformpädagogik" mit einem Desaster, nicht nur in der Odenwaldschule in Deutschland sondern jetzt auch in Forteto in Italien. (Besonders wenn der "pädagogische Eros" betont wird....)
Wenn man den Bericht liest - ist da ein deja vue unvermeidlich.
Ein Unterschied besteht allerdings : für Lorenzo Milani- den Gründer des Projektes ist beim Erzbischof Bertori von Florenz die Eröffenung eines Seligsprechungsprozesses beantragt worden, den dieser jetzt schon kategorisch ausgeschlossen hat.
Sandro Magister hat die Entwicklung seit Jahren verfolgt und kommentiert jetzt bei Settimo Cielo.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"ALLE IN DER SCHULE BEI PATER MILANI. ABER WENN DAS SEINE SCHÜLER SIND...."

Ein bitteres Weihnachtsfest für Forteto, die Landwirtschaftsgemeinschafts in der Toskana, denen der Jugendgerichtshof von Florenz "schwierige" Jugendliche anvertraute, um zu einem normalen Leben rehabilitiert zu werden.
Rodolfo Fiesoli,76, Gründer und "Prophet" dieser Gemeinschaft wurde am Morgen des 23. Dezembers verhaftet, kurz nachdem das Revisionsgericht sein Urteil zu 14 Jahren Gefängnis bestätigt hatte.
Die erschreckende Chronik wurde seit Beginn 2013 von Settimo Cielo vorhergeahnt, als der Ruf der Gemeinschaft bei der progressiven Intelligentsia- katholisch und säkular- noch himmelstürmend war. die Fiesolis Beteuerungen, er wolle das Erziehungsexperiment von Pater Lorenzo Milani (1923-1967) . dessen Grab in Barbiana,  Papst Franziskus persönlich besuchte, wieder aufnehmen wollte

Fiesoli war Mitglied der Don Lorenzo Milani-Stiftung und die Verbindung zwischen den beiden Realitäten ist auch von den Soziologen Giuseppe Fornari und Nicola Casanova im Essay "Der tugendhafte Widerspruch. Das Erziehungsproblem. Pater Milani und Forteto"´ 2008 vom renommierten Verlag "Il Mulino" veröffentlicht, bestätigt und gepriesen worden, auch wegen der ständigen Nähe des Präsidenten des Jugendgerichtshofes von Florenz, Gian Paolo Meucci (1919-1986), enger Freund von Father Milani und prominente Persönlichkeit des progressiven Katholizismus in Florenz zu Fiesoli.
Aber was im Inneren von Forteto passierte war haarsträubend. Und das mehr als 1000 Seiten starke Urteil vom 17. Juni 2015, das jetzt durch das Revisionsgericht bestätigt wurde- dokumentiert das detailliert in den Aussagen der Angeklagten, Zeugen und Opfer.
In Forteto gab es tatsächlich ein strenges Regime erzwungener Trennung zwischen Männern und Frauen, sogar wenn sie verlobt oder verheiratet waren, einen Bann heterosexueller Beziehungen, während homosexuelle Praktiken angeregt und oftmals angeraten wurden, einen Bruch mit den Herkunftsfamilien, öffentliche Prozesse und demütigende Strafen für Ungehorsame, einen Persönlichkeitskult um den Gründer und sexuellen Mißbrauch, der von Fiesoli systematisch an seinen Untergebenen begangen wurde.

Aber die Anziehungskraft von Forteto erstreckte sich weit über die Grenzen der Landwirtschaftsindustrie der Toskana. Unter den von den Richtern vernommenen Zeugen war auch ein Priester der Erzdiözese von Bologna, Pater Stefano Benuzzi, dessen Aussage 6 Seiten des Urteils einnimmt und auf schlagende Weise die ideologische Abweichung dokumentiert, von der auch er mitgerissen wurde.



Pater Benuzzi, 47, der einen Studienabschluss als Ingenieur besitzt, unterrichtete zur Zeit des Prozesses Religion an einer Hochschule in Bologna und feierte in einer Vorstadtgemeinde die Messe.
Er hatte 2001 Fiesoli bei einem Marsch zur Erinnerung an Pater Milani  in Barbiana kennengelernt und bis 2008 seine Beziehung zu ihm aufrecht gehalten- immer mehr "fasziniert". Auch er gründete um sich herum eine kleine Gemeinschaft junger Leute um die Gäste von Forteto zu imitieren und zu vermehren. Und in der Zwischenzeit hatte er eine intime Beziehung zu einer Frau, eine Beziehung von der Fiesoli und seine Jünger wußten und über die sie sich öffentlich lustig machten.

Als er von den Richtern befragt wurde, hat Pater Benuzzi nicht erklärt, warum er ab einem bestimmten Punkt aufhörte, zu Fiesoli zu gehen. Er gab das letzte Treffen mit dem Gründer der Gemeinschaft wieder und sagte:
"Ich war eine Weile in seinem Raum und es kam zu Überschwänglichkeiten, Rodolfo umarmte und küßte mich. Auf die Hände, ja, und auch auf den Mund, aber es gab nichts Gewaltsames oder Wollüstiges von seiner Seite. Dieser Kuss war von unglaublicher Reinheit, von Seiten einer Person, die sich selbst den Beziehungen mit anderen weihen wollte, die ernsthaft und transparent war."

In Forteto folgte man dem "Griechischen Modell", erzählte Parer Benuzzi den Richtern. Was die Beherrschung anging, gab es eine "tiefe, anwachsende Freundschaft" weil "in der Beziehung zwischen einem Mann und einem Mann, einer Frau und einer Frau, Gipfel des Verstehens und des Engagements erreicht werden, die denen heterosexueller Beziehungen überlegen sind."

Über die absolute Macht, die Fiesoli über die Gemeinschaft ausübte, sagte Pater Benuzzi:
"Wenn es jemanden gab, der seine Entscheidungen in Frage stellte, warf er ihn raus. Rodolfo hat keinen Gesprächspartner über sich. Nach ihm kommt Gott."
Er hat zugegeben, daß er sich von Fiesoli immer noch fasziniert fühlte, trotz-wie die Richter schreiben-indem sie sich auf den Leiter von Forteto beziehen- seiner skurrilen Sprache, der Blasphemien gegen die Hl. Mutter, der Sexualisierung jeder Situation."

Und weiter schreiben die Richter am Ende ihrer Vernehmung des Priesters:
"Es handelt sich um eine Aussage, zu der sich jeder Kommentar erübrigt. Obwohl er sich in den sensibelsten Teilen durch offensichtliche Zurückhaltung auszeichnet, bestätigt er dennoch, was Forteto wirklich war und wie es Rodolfo Fiesoli möglich war, Menschen mit bestimmten psychologischen Profilen, inneren Schwierigkeiten, Konflikten und Ängsten, ohne jede solide Fähigkeit zu Kritik und Unterscheidung, in die Hand bekommen konnte."

Heute ist Pater Benuzzi Gemeindepriester in Badi, im oberen Reno-Tal im Appenin nahe Bolognas.

Lange vergangen sind die glorreichen Zeiten, in denen sein Name als "Professor der Wissenschaftlichen Kopernikus-Hochschule von Bologna" erschien und als Sprecher bei der anspruchsvollen Konferenz an der Universität von Florenz mit dem Titel: "Krise der Erziehung oder Erziehung der Krise?"

Im Jahr 2005 war es Luigi Goffredi, der diese Konferenz förderte und koordinierte, der zweite Mann in Foreteto und Ideologe, der das Gefängnis vermeiden konnte, als die Vorwürfe gegen ihn fallen gelassen wurde.
Unter den Sprechern war Massimo Toschi, Berater für internationale Zusammenarbeit und Frieden in der Region Toscana, auch er ein Fan von Forteto und Mitglied der Johannes XXIII-Stiftung für Religiöse Studien in Bologna, das von Alberto Melloni geleitet wird.

Nicht nur das. Der Hauptsprecher bei der Konferenz war kein Geringerer als René Girard (1923-2015) von der Stanford Universität, der weltberühmte Anthropologe den Fiesoli unf Goffredi gemeinsam mit Pater Milanesi zum obersten Meister ihres Erzeihungssystems ernannten.
"Indem sie seine Lehrmethode völlig verdrehten" schreiben die Richter in ihrem Urteil-nachdem sie die Aussagen von Pater Benuzzi- auch er ein Enthusiast  von Girard- wiedergegeben haben- den er in Paris anläßlich eines gemeinsamen Besuchs mit einigen Mitgliedern Fortetos- zusammen mit den unausweichlichen Fiesoli und Goffredi- getroffen hatte.

Offensichtlich- schreiben die Richter weiter- "hat Benuzzi in Forteto in seinem Leiter Fiesoli, der kraftvollen Persönlichkeit, die er brauchte um angesichts innerer Probleme, Konflikte, Unsicherheiten, Ängste und schwerwiegender Verwirrung die ihn  betrafen, während dieser Jahre auch angesichts seiner Wahl eines priesterlichen Lebens erlebt, auf eine ziemlich originelle Weise unterstützt und ermutigt zu werden."

Im vergangenen April-vor dem Besuch von Papst Franziskus in Barbiana-gab es Aufregung wegen einer Passage in einem Brief von Pater Lorenzo Milani an seinen Freund, den Journalisten Giorgio Pecorini -aus der Sammlung des bei Mondadori von Alberto Melloni veröffentlichen Gesamtwerkes. 

"Diese beiden Priester haben mich gefragt, ob mein oberstes Ziel bei der Einrichtung der Schule war, sie in die Kirche zu bringen und was anderes in der Welt mich daran interessieren könnte, eine Schule zu gründen, wenn nicht das. Und wie konnte ich ihnen, diesen so frommen und reinen Männern, erklären, daß ich meine Kinder liebe, daß ich ihretwegen den Kopf verloren habe, daß ich für nichts anderes lebe, als ihnen zu helfen, aufzuwachsen, sich zu öffnen, zu blühen, Frucht zu bringen.
Wie könnte ich ihnen erklären, daß ich meine Gemeindemitglieder mehr liebe als die Kirche und den Papst? Und ich weiß, daß wenn ich ein Risiko für meine Seele eingehe, dann sicher nicht zu wenig geliebt zu haben, sondern zuviel (sie sogar mit ins Bett genommen zu haben).
Und etwas weiter: 
"Und wer könnte die kleinen Burschen bis ins Innnere lieben, ohne "......." hier folgt eine drastische Formulierung aus dem Bereich homosexueller Praktiken, die wir lieber weglassen, wenn nicht ein Lehrer, der mit ihnen zusammen auch Gott liebt und sich vor der Hölle fürchtet?" 

Don Milani sah sich auch zu Lebzeiten mit Beschuldigungen wg. Homosexualität konfrontiert. Was sie aber wieder in Umlauf gebracht hat, war die Widmung des jüngsten Romanes, dessen Hauptcharakter ein pädophiler Priester ist und die folgende Rechtfertigung, die der renommierte italienische Schriftsteller Walter Siti für diese Widmung gab, für keinen anderen als Don Milani.
Pater Milanis Anhänger reagierten empört.

Aber was eine mögliche Seligsprechung des Priesters angeht, so hat der Erzbischof von Florenz Kardinal Giuseppe Betori, von dem die Eröffnung des kanonischen Prozesses abhängt, diese entschieden ausgeschlossen: "Absolut nicht, jedenfalls nicht solange ich hier bin. Ich glaube nicht an die Heiligkeit von Pater Lorenzo." 

Quelle: Settimo Cielo, Sandro Magister

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