Dienstag, 1. Mai 2018

Der neue Frontverlauf zwischen Kirche, Staat und Gesellschaft

A. Gagliarducci beschäftig sich in seine Wochenkolumne in "Monday in the Vatican" mit dem diesjährigen Thema des Ratzinger-Schülerkreises und stellt es in einen Zusammenhang mit den jüngsten Ereignissen um den per Richterurteil angeordneten Tod des kleinen Alfie Evans.
Hier geht´s zum Original: klicken

"PAPST FRANZISKUS, HIER IST DIE ZUKÜNFTIGE HERAUSFORDERUNG DER KIRCHE"

"Beim nächsten Treffen des Ratzinger-Schülerkreises -Kreis der früheren Studenten Benedikts XVI - ist "Kirche und Staat, Kirche und Gesellschaft" Thema. Dieses Thema betrifft die Zukunft der Kirche- das hat Alfie Evans´ Fall gezeigt.

Auf den ersten Blick scheinen die beiden Themen nicht zusammen zu  hängen. Aber das tun sie.
Alfie Evans ist das kürzlich verstorbene 23-Monate alte britische Kleinkind mit einer undiagnostizierten zerebralen Krankheit, die als "Alfies Syndrom" bezeichnet wurde.
Alfies Beatmungsgerät, das ihn 15 Monate bei der Atmung unterstützte, wurde am 23. April abgeschaltet, weil ein Richter entschied, daß die assistierende Beatmung weiterzuführen unnützer therapeutischer Starrsinn wäre.

Vor und nach dieser Entscheidung haben Alfies Eltern mehrere Appelle formuliert, sogar an Papst Franziskus, der Thomas Evans, Alfies Vater vor der Generalaudienz am 18. April empfangen hat.

In der apostolischen Exhortation "Gaudete et Exsultate" hat Papst Franziskus betont, daß Lebensthemen sehr wichtig sind, soziale Themen aber nicht weniger. Diese Worte erweckten -und erwecken immer noch- den Eindruck , daß Lebensthemen in Papst Franziskus´ Pontifikat eine untergeordnetere Stellung einnehmen. Dieser Verdacht war immer gegenwärtig.

Alfie Evans´ Fall hat de facto gezeigt, wie sehr Papst Franziskus an Lebensthemen glaubt. Der Papst hat zweimal öffentlich appelliert, den Blick aber  weite rgerichtet und auch Eric Lamberts Fall erwähnt. Der untetscheidet sich von Alfies Fall.
Beide Fälle haben jedoch gemeinsam, daß sie Objekt juristischer Herausforderungen waren und haben Richtern die Macht gegeben, über den Tod Alfies und Erics zu entscheiden.

Ohne näher auf die Fakten einzugehen und ohne für die eine oder andere Seite Stellung zu beziehen, ist klar, daß es sich um ein juristisches Problem handelt. Bis zu welchem Grad kann der Staat für eine Person entscheiden. Und warum hat der Staat mehr zu sagen als die Familie.

Dieses Thema war nicht Teil der Intervention der Kirche. In einem Tweet zur causa Alfie bat Papst Franziskus darum, daß "das Leiden der Eltern und ihr Wunsch nach neuen Behandlungsmöglichkeiten erhört werden möge."
Erzbischof Vincenzo Paglia -Präsident der Päpstlichen Akademie für das Leben- hat zwei Statements formuliert und am Ende um "ein Bündnis der Liebe zwischen allen Parteien" gebeten und zu einem Dialog zwischen Ärzten, Richtern und der Familie aufgerufen.





Die Erzdiözese Liverpool versuchte, die Tonlage der Diskussion herunterzuregeln und verteidigte das Krankenhauspersonal, das am Anfang nicht Thema war.

Niemals beleuchtet -außer in einem Statement des  Van Thuan Observatory for the Social Teaching of the Church – wurde das natürliche Recht der Eltern, ihr Kind behandeln und versorgen zu lassen, wie sie wollen, sogar auf therapeutischen Übereifer. Das ist weder eine Frage von Mitleid noch eines Dialogs mit den Ärzten. Das ist einfach das Naturgesetz.


Dieser Standpunkt ist fast aus den Diskussionen verschwunden, obwohl er sehr wichtig ist. Benedikt XVI hat dieses Thema bei verschiedenen Gelegenheiten angesprochen. In der Rede, die er am 22. September 2011 vor dem Bundestag hielt, sagte der jetzt eremitierte Papste- und zitierte den Hl. Augustinus- "was ist der Staat ohne Recht anderes als eine große Räuberbande?"

Das Recht ist nicht daui gedacht, dem Staat zuzugestehen, Entscheidungen über das Leben von Menschen zu treffen, sondern den Menschen dabei zu helfen, in einer gerechten Gesellschaft zu leben. 

Das ist der Grund, aus dem die Diskussion beim nächsten Ratzinger-Schülerkreis-Treffen, dessen Hauptredner der frühere Deutsche Verfassungsrichter Udo Di Fabio sein wird, eine Art Sprung in die Zukunft sein wird.


Die große Verfolgung basierte auf Gesetzen und Verfolgung der Christen sind weithin bekannt. Aber es gibt auch eine stille Verfolgung die Christen als Experten der Menschlichkeit betrifft und deren eigentliches Ziel der Mensch selbst ist.

Diese Verfolgung geschieht durch Gesetze. Durch Gesetz sind LGBT-Kriterien eingeführt und in die Gesetzgebung aufgewzungen worden, und wie es beim Treffen in Istanbul geschahm haben viele Bischöfe die abgelehnt (z.B. in Lettland und Kroatien).

Durch Gesetze wird hate speech definiert, und so jede religiöse Rede und allgemein jede Äußerung, die dem mainstream nicht gefällt als hate speech denunziert. 
Ebenso sind in Deutschland per Gesetz Familienberatungsstellen gewungen worden, trotz Gewissensvorbehalten gegen Abtreibung, Bescheinigungen für Abtreibungen zu erteilen.
Via Gesetz werden religiöse Gemeinschaften jeder öffentlichen Würde beraubt und in einigen Fällen gezwungen, sich vom Staat registrieren und kontrollieren zu lassen (z.B. Bulgarien).

Es ist kein Zufall, daß Kardinal Dominique Mamberti, als er noch Erzbischof und Vaticanischer Außernminister war, im Januar 2013 beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein Dokument "Die Freiheit der Katholischen Kirche und ihre institionelle Autonomie" vorlegte, in dem betont wird, daß religiöse Gemeinschaften Freiräume und nicht gesetzlos sind.

Das Dokumente spricht zwei Fälle an, die vor dem Europäischen Gerichtshof diskutiert wurden und das Ziel hatte den Vorwürfen zu widersprechen, daß eine Autonomie relgiöser Gemenschaften rechtsfreie Zonen schaffen würden. Beginnend mit diesen Vorwürfen reduzieren die Institutionen die Autonomie religiöser Gemeinschaften und untergraben so Schritt für Schritt die Religionsfreiheit und schaffen am Ende jede Freiheit ab.

Wie man sehen kann sind alle diese Themen untereinander auf dramatische Weise verbunden. Benedikt XVI hat sich klar gegen die Diktatur des Relativismus Stellung bezogen. Aber diese Diktatur ist jetzt zu einer Diktatur des Einheitsdenkens geworden.

Über die "Beziehung Staat-Kirche" zu sprechen, bedeutet in die Zukunft zu schauen. Man kann nicht ausschließen, daß in Politik und Rechtsfragen engagierte Christen ihre Bemühungen zu einer großen internationalen diplomatischen Aktion vereinen: anzuerkennen, daß Sterben nie im besten Interesse irgendjemandes ist, besonders wenn dieser irgendjemand unfähig zu verstehen und ohne Willen ist.

Alle Nuntiaturen und örtlichen Mitarbeiter sollten zusammenarbeiten, um dieses Ziel zu erreichen.
Eine solche internationale Anerkennung würde Euthanasie verbieten. Vielleicht sollte der Hl. Stuhl daran, arbeiten, über die Appelle hinaus, die immer wichtig sind.

Auf seltsame Weise ist das alles mit einem anderen Hauptthema der Woche verbunden. Die Präsentation des Jahresberichts der Finanzkontrollinstanz - dem finanziellen Wachhund des Vaticans.

Die Finanzkontrollbehörde folgt der Philosophie der päpstlichen Diplomatie: sie baut ein Netzwerk von Beziehungen und ein Rahmenwerk internationaler Zusammenarbeit auf, die den Hl. Stuhl zu einem glaubwürdigen Subjekt macht, das in gefährdeten Gebieten eingreifen und den schwächsten Christen helfen kann, ohne in Verdacht zu geraten, andere Interessen zu verfolgen.

Die Diplomatie des Hl. Stuhls hat ein Netzwerk von Beziehungen geschaffen, das 183 Nationen und viele multilaterale Organisationen umfaßt. Die Finanz-Aufsichtsbehörde tut das selbe, indem sie Memoranden unterzeichnet und sich bei der Ziisammenarbeit engagiert, um der Kirche zu helfen, in den am meisten gefährdeten Gebieten, in denen Katholiken leben, zu operieren, 

Aus diesem Grund muß die Diskussion der Schüler Benedikts XVI über die Beziehung zwischen Kirche und Staat, Kirche und Gesellschaft, Grundlage der neuen diplomatischen Bemühungen sein.
Alfies Fall hat ein Licht auf dieses Problem geworfen, ist aber kein brandneues Thema.

Aus ihren Überlegungen heraus wird die Diplomatie des Hl. Stuhls in der Lage sein, einige Schlüsse zu ziehen und so diese Kette der Subsidiarität zu schmieden, die immer die Stärke der Katholischen Kirche war. Das ist der neue Frontverlauf. Wie immer hat sich Benedikt XVI als weitsichtig erwiesen.

Quelle: Monday in the Vatican, A. Gagliarducci 

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