Donnerstag, 22. November 2018

Das Veto aus Rom- eine folgenschwere Entscheidung?

Emmanuele Barbieri kommentiert bei Corrispondenza Romana das vaticanische Veto gegen den Plan über Maßnahmen gegen den sexuellen Mißbrauch und seine- auch juristischen -Folgen.
Hier geht´s zum Original:  klicken

"VATICAN - VEREINIGTE STAATEN: EINE OFFENE PARTIE"

"Die USA drohen der größte Stolperstein im Pontifikat von Papst Franziskus zu werden. Das wird durch das jüngste Tauziehen zwischen dem Hl. Stuhl und den amerikanischen Bischöfen bestätigt.
Das Treffen der us-amerikanischen Bischofskonferenz fand am 12. November in Baltimore statt, um über die Richtlinien zur Verhinderung sexuellen Mißbrauchs durch Kleriker und über die Einrichtung einer unabhängigen Untersuchungskommission zu diskutieren und abzustimmen.
Jedoch am Vorabend des Beginns der Arbeiten hat Kardinal DiNardo die Aufforderung seitens des Hl. Stuhls bekommen, alle Entscheidungen in dieser Materie zu verschieben, um das von Papst Franziskus für Mitte Februar einberufene Treffen der Leiter der Bischofskonferenzen der Welt abzuwarten.

Als Kardinal DiNardo den  Mitbrüdern die Entscheidung mitteilte, konnte er sein Bedauern nicht verbergen und sprach über das Insistieren des Hl.Stuhls auf seiner unzulässigen Forderung.
Laut Andrea Tornielli, dem inoffiziellen Sprecher von Papst Franziskus, ist der Grund für die vaticanische Entscheidung die Tatsache, daß die Dokumente der Bischöfe  erst am Vorabend der Vollversammlung nach Rom geschickt wurden.

Diejenigen, die sich mit den Vaticanischen Texten befaßt haben, stellten innerhalb weniger Stunden zwei Arten von Problemen fest: die Nichteinhaltung der Bestimmungen des CIC und einer gewissen Allgemeingültigkeit festgelegter Standards zur Beurteilung der Verantwortung  einzelner Bischöfe bei der Handhabung der Mißbrauchsfälle. (…)




Außerdem hätte die Abstimmung des USA-Episkopates über diese neuen Richtlinien stattgefunden, als nur noch wenig mehr als zwei Monate bis zum von Papst Franziskus einberufenen Gipfeltreffen der Vorsitzenden der Bischofskonferenzen aus aller Welt über den Mißbrauch fehlten.
Kardinal Marc Ouellet, Präfekt der Bischofskongregation hat einen Brief an den Präsidenten der US-amerikanischen Bischofskonferenz, Kardinal DiNardo, geschickt, in dem er ihn auffordert, die Abstimmung zu verschieben (die Abstimmung, nicht die Diskussion) ."

Aber nach einer zuverlässigen Reportage von Ed Condon bei CNA ist es dann ganz anders gelaufen.
Zwei "liberale" Kardinäle, die Papst Franziskus nahe stehen, Cupich von Chicago und Wuerl, Ex- von Washington,  haben lange an einem Alternativplan zu den Projekten ihrer Mitbrüder gearbeitet.

"Der von der Konferenz vorgeschlagene Plan würde eine von Laien angeführte unabhängige Kommission einsetzen, um die Vorwürfe gegen die Bischöfe zu untersuchen. Der Cupich-Wuerl-Plan sah statt dessen vor, daß Beschuldigungen gegen Bischöfe von ihren Metropolitan-Erzbischöfen -gemeinsam mit einer Prüfkommission der Erzdiözese untersucht werden sollten. Vorwürfe gegen Metropolitan-Bischöfe selbst würden von deren Suffraganbischöfen untersucht.   
Quellen in Rom und Washington, DC, haben CNA mitgeteilt, daß Wuerl und Cupich wochenlang gemeinsam an einem alternativen Plan gearbeitet und ihn vor dem Treffen der us-amerikanischen Bischofskonferenz in Baltimore der Vaticanischen Bischofskongregation vorgestellt haben." 

Wie Marco Tosatti schreibt, der den Artikel ins Italienische übersetzt hat, "man versteht, daß Cupich und Wuerl und die Bischofskongregation seit Monaten hinter dem Rücken der US-amerikanischen Bischofskonferenz zusammengearbeitet haben,  um die beiden Vorschläge, an denen die Amerikaner arbeiteten, zu sabotieren. Und daß Rom kontinuierlich darüber informiert war.
So kam es, daß die peinliche Rechtfertigung -die auch den für offizielle Versionen anfälligen, großen internationalen Presseagenturen angeboten wurde- zu Fall kam, nach der Rom über die Vorschläge der Bischöfe überrascht gewesen sei.  Nein, es wurde einfach nur ein Plan von Mitgliedern einer Gruppe die McCarrick nahe standen, vorbereitet."

Die 80 Bischöfe, die in Baltimore gegen die Blockade der Entscheidungen der amerikanischen Bischofskonferenz gestimmt haben, haben vielleicht die Konsequenzen vorhergesehen.
Das schreibt, in einem Kommentar bei Breitbart, Ben Harnwell, der auf die Risiken internationalen Charakters der vaticanischen Intervention  bei den Bischöfen der USA hinweist.
Laut Harnwell könnte Papst Franziskus indem er die amerikanischen Bischöfe anwies, sich der Abstimmung über die Maßnahmen gegen sexuellen Mißbrauch durch Kleriker zu enthalten, den teuersten und schwerwiegendsten Schritt seines Pontifikates gemacht haben.

Auch Carlos Esteban -der sich bei Infovaticana auf den Artikel von Harnwell bezieht, stellt fest, daß das vaticanische Veto gegenüber dem us-amerikanischen Episkopat die amerikanische Kirche der Gnade der Zivilbehörden überantwortet.

Gemäß dem Foreign Sovereign Immunity Act von 1976 kann die Regierung eines souveränen Staates in den USA nicht vor Gericht gestellt werden-außer in Ausnahmefällen.
Und eine dieser Ausnahmen war "die Ausnahme der Belästigung", die der Rechtsanwalt William McMurray 2010 im Fall O´Bryan gegen den Hl. Stuhl vorbrachte, als er vor einem Bezirksgericht in Kentucky im Namen einer Gruppe von Opfern klerikalen Mißbrauchs eine gerichtliche Vernehmung des damaligen Papstes Benedikt XVI beantragte.
Nachdem der Fall verloren war, gab das Berufungsgericht bekannt, daß ein neues Verfahren nur eröffnet werden könne, wenn die Kläger beweisen könnten, daß die amerikanischen Bischöfe auf Anordnung des Vaticans gehandelt hätten.
Und das ist -laut Harnwell- genau das, was die Intervention, mit dem Veto des Vaticans gegen das Dokument der us-amerikanischen Bischofskonferenz so gefährlich macht.
Indem sie sich der gebieterischen Anordnung des Vaticans unterworfen haben, scheinen die Bischöfe zugegeben zu haben, daß sie bei operativen Fragen bzgl. des von Klerikern in den USA begangenen Mißbrauchs vom Hl. Stuhl abhängig sind.
Es ist sehr wohl vorstellbar, daß in Zukunft die Anwälte der Opfer davon Gebrauch machen werden, was zu einer dramatischen Zunahme rechtlicher Schritte führen würde, wodurch der Hl.Stuhl Forderungen in Millionenhöhe ausgesetzt werden könnte.

Aldo Maria Valli berichtet auf seinem blog von einer Sammelklage gegen die us-amerikanische Bischofskonferenz und den Hl.Stuhl in Amerika, eingereicht von vier Anwälten, die sechs Männer vertreten, die angeben, als Minderjährige von Priestern sexuell mißbraucht worden zu sein.

"Mit der Sammelklage fordern die Kläger von der Katholischen Kirche Enzschädigung für den erlittenen Schaden, eine öffentliche Erklärung und Maßnahmen unter dem Motto "Verantwortungsbewußtsein und Transparenz". 
Die 84-Seiten starke Anklage trägt das Datum vom 13. November und besagt, daß der Vatikan und die amerikanischen Bischöfe, obwohl sie wussten, was in einigen Diözesen und Pfarrgemeinden jahrelang andauernd passierte, daß sie leugneten, daß es Missbräuche gegeben habe, daß die Fälle begraben wurden und die Verantwortlichen von einer Pfarrei in eine andere versetzt wurden, wodurch andere Minderjährige gefährdet wurden. Durch "unerlaubte Handlungen, Untätigkeit, Unterlassung, Verschleierung und Täuschung", so lesen wir, wurde eine "Verschwörung des Schweigens" etabliert, die den Klägern schwere persönliche, psychische, psychologische und finanzielle Schäden zufügte ". Und von den Mitgliedern der Kirche war es kein episodisches Verhalten, sondern ein systematisch angenommenes. Das Spiel ist also offen."
(Emmanuele Barbieri)

Quelle: Corrispondenza Romana, E.Barbieri
  








    

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