Dienstag, 13. November 2018

Machtblase, Ordre de Mufti oder Synodalität?

Marco Tosatti kommentiert bei Stilum Curiae die vom Vatican verhängte Blockade der geplanten Abstimmung der US-amerikanischen Bischöfe über zwei von ihnen ausgearbeiteten Initiativen zum Umgang mit dem Mißbrauchsskandal.
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"EIN UKAS DES PAPSTES BLOCKIERT DIE BEIDEN ANTI-MISSBRAUCHSINITIATIVEN DER BISCHÖFE DER USA. VERHALTENSKODEX UND LAIENKOMMISSION."

"
Die Bischöfe der USA haben in Baltimore mit den Arbeiten ihrer Herbstversammlung begonnen. Und sie haben durch ihren Präsidenten, Kardinal Daniel DiNardo eine unglaubliche Ankündigung bekommen: der Pontifex möchte nicht, daß sie über die beiden Themen, die angesichts des sexuellen Mißbrauchsskandals in der amerikanischen Kirche dringend und drängend sind, abstimmen.
Und das ist die Schaffung eines neuen "Verhaltenskodex" für die Bischöfe und die Schaffung eines von Laien geführten Organismus, um Untersuchungen über Bischöfe durchzuführen, die unkorrekten Verhaltens beschuldigt werden.

Die Bischöfe der 196 katholischen Diözesen und Erzdiözesen, haben sich in Baltimore zum erstenmal nachdem die Mißbrauchsskandale im Sommer die Kirche erschütterten, getroffen.
Aber als sie ihre Arbeit beginnen wollten, kam die Nachricht- wie die Washington-Post schreibt- daß "der Papst nicht will, daß die US-amerikanischen Bischöfe die Verantwortung der Bischöfe für den sexuellen Mißbrauch übernehmen, bis er im Februar ein Welttreffen der Kirchenführer leiten wird."

Auf  Beharren des Hl.Stuhls werden wir über diese beiden Aktionen nicht abstimmen" sagte DiNardo. Er sagte, er sei von der Direktive des Papstes enttäuscht.

Anne Barrett Doyle - Mitdirektorin von Bishop-Accountability-org. hat die Anordnung des Vaticans  in letzter Minute als "wirklich unglaublich" definiert. "Was wir hier sehen, ist der Vatican, der versucht, auch die bescheidensten Fortschritte der US-amerikanischen Bischöfe zu unterdrücken" hat Doyle gesagt, deren Gruppe Daten über den Mißbrauch durch Kleriker in der Kirche sammelt "Wir sehen, wo das Problem ist, das Problem ist der Vatican."





Das Ergebnis dieser Begegnung hätte im besten Fall lau und ineffektiv sein können, aber jetzt wird sie ganz substanzlos bleiben."
Kaum, daß die Bischöfe die Ankündigung DiNardos gehört hatten, hat Erzbischof Christophe Pierre- der Botschafter des Vaticans in den USA - eine lange Rede gehalten, in der er das verteidigt, was die Bischöfe bisher schon getan haben, um den Mißbrauch einzuschränken und hat Zweifel daran geäußert, daß Personen außerhalb des Klerus- wie Laienführer oder zivile Autoritäten- priesterlichen Mißbrauch bestrafen können.

"Es gibt viele Forderungen nach Reformen in der Kirche- besonders in der aktuellen Krise. Sie selbst haben einen starken Wunsch nach Verantwortung und Transparenz  geäußert" hat er festgestellt.
Aber dann hat Pierre, ein französischer Bischof, der 2016 von Franziskus nach Washington geschickt wurde gesagt "Einige mögen versucht sein, anderen die Verantwortung, uns selbst zu reformieren, zuzuschieben, als ob wir nicht in der Lage wären, uns selbst zu reformieren oder uns selbst zu vertrauen," damit scheint er sich auf den Vorschlag zu beziehen, eine Laienkommission einzurichten, die im Stande ist, das Fehlverhalten der Bischöfe sowie die Dutzende strafrechtlicher und zivilrechtlicher Ermittlungen, die in den USA von Priestern begangenen Verbrechen zu untersuchen. "Hilfe ist willkommen und notwendig und sicher ist die Zusammenarbeit mit den Laien unerläßlich.
Allerdings liegt die Verantwortung als Bischöfe dieser Katholischen Kirche bei uns."

DiNardo hat einen ganz anderen Ton angeschlagen. Er hat gesagt, daß er persönlich zusammen mit anderen Bischöfen mit den Vorschlägen und der Agenda einer Abstimmung am Mittwoch befaßt war, -also einem neuen Verhaltenskodex für die Bischöfe, denen sich ein Laien-Kommission- mit der Befugnis Untersuchungen gegen Bischöfe vorzunehmen, anschließen sollte und sagte:  
"Brüder im Bischofsamt, uns dieses hohe Maß an Verantwortung zu nehmen ist inakzeptabel und kann keinen Bestand haben!"

Wir werden sehen, wie sich die Situation in den nächsten Tagen entwickelt. Aber einige Überlegungen sind unausweichlich.
Die erste bezieht sich auf die Synodalität, von der der Pontifex spricht und mit der sich der Kreis um den Papst den Mund füllt und auf die Dezentralisierung bei dieser schwerwiegenden Einmischung des Hl. Stuhls in die innere Arbeit einer Bischofskonferenz.
Wer versucht, sich einer äußerst ernsten Krise zu stellen, für die der Vatican die Verantwortung trägt, und auf die gerechten Forderungen der Gläubigen zu antworten?

Zweitens: ist es möglich, in dem Augenblick, in dem eine Bischofskonferenz schließlich beschließt, den Laien eine delikate und schwierige Aufgabe zu übertragen, diese Laienkommission zu blockieren und in der offensichtlich von Rom inspirierte Rede des beobachtenden Nuntius Christophe Pierre als- mit dem vom Papst verabscheuten Wort- ein hervorragendes Beispiel für Klerikalismus zu definieren?

Drittens: das Verhalten des Pontifex. Das einmal mehr, wie auch die internationalen Medien enthüllen- die selben, sie ihn bis vor einigen Monaten gepriesen haben, eine alles andere als klare Haltung in der  sexuellen Mißbrauchskrise zeigt. Das Schweigen angesichts der Zeugnisse von Erzbischof Viganò - unerklärlich und unentschuldbar- ist da die erste Episode
Die Verweigerung der Bitte der amerikanischen Bischöfe nach einer apostolischen Untersuchung zur causa McCarrick und der Mißbrauchskrise ist die zweite.
Erinnern wir uns, daß eine apostolische Untersuchung alle Türen, alle Schränke hätte öffnen können, auch im Vatican. Was eine Befragung durch die Kirche der USA nicht kann.
Und dieser dritte Schritt, der eine sofortige Reaktion der Bischöfe der am stärksten betroffenen Kirche verhindert, -alles wird auf das Treffen der Bischofskonferenzen im Februar verschoben- d.h. vier Monate- kann als Obstruktion bezeichnet werden und als Versuch,  auf lange Sicht Antworten und Verantwortung abzuschwächen.
Der Eindruck entsteht, daß man sich in der Machtblase, in die sich Santa Marta eingeschlossen hat, dem Mißtrauen gegenüber der Kirche und dem Glaubwürdigkeitsverlust ihrer Vertreter nicht Rechenschaft ablegen will- die angesichts der Fakten leider nicht ungerechtfertigt sind."

Quelle: Stilum Curiae, M. Tosatti 

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