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"UND VERLASSE UNS NICHT IN DER VERSUCHUNG. EIN KRITISCHER KOMMENTAR."
"Roma locuta, causa finita. Wie man leicht vorhersehen konnte haben die italienischen Bischöfe den von Papst Franziskus geäußerten Wunsch erfüllt, eine bei der Messe verwendete Anrufung im Vater-unser zu ersetzen- das "und führe uns nicht in Versuchung" durch ein "und lasse uns nicht in der Versuchung zurück"
Über alte Fassung ist nicht einmal abgestimmt worden, so daß es nicht möglich war, sie zu verteidigen . Weil -nach Franziskus- nur der Teufel in Versuchung führt und man nicht zugeben kann, daß Gott uns auch in Versuchung führen könnte- wörtlich übersetzt -im Lateinischen - (hinein) bringen inducas und im Originalgriechisch des Evangeliums -eisenenkes.
Die in den USA gebräuchliche englische Version ist dem Originaltext des Evangeliums treu geblieben: "und führe uns nicht in Versuchung".
Während in Zustimmung zu den Wünschen von Papst Franziskus die beiden neuen Übersetzungen in Frankreich und frankophonen Ländern in Gebrauch sind: "laß uns nicht in Versuchung geraten" und die andere, die in den verschiedenen spanisch-sprachigen Ländern, einschließlich Argentinien, eingeführt worden ist: "lass´uns nicht in Versuchung fallen".
Um aber streng logisch zu sein- wenn Gott uns nicht in Versuchung führen kann, ist nicht klar, warum man ihm zugesteht, uns ihr zu überlassen. Während 2000 Jahren hat die Kirche nie davon geträumt, diesen schwierigen Satz des Evangeliums zu verändern, sondern hat ihn statt dessen interpretiert und seine authentische Bedeutung erklärt.
Das ist der Ausgangspunkt der folgenden Überlegung:
Silvio Brachetta, der Autor, ist Diplomat am Institut für Religiöse Wissenschaften in Triest und hat sich besonders dem Studium der Theologie des Hl.Bonaventura von Bagnoregio gewidmet. Er schreibt für die Wochenzeitung der Diözese "Vita Nuova".
"Eine kurze Überlegung zum neuen Vater-unser"
von Silvio Brachetta
"Es ist nicht klar, warum ein Gott, der uns in Versuchung führen, in sie hineinbringen kann, schlechter sein sollte, als ein Gott, der uns ihr überläßt. Es ist ein Geheimnis moderner Exegese, aber auch menschlicher Vermutung- jedenfalls nach dem Hl.Wüstenvater Antonius.
Als die Ältesten eines Tages Pater Antonius besuchten, war unter ihnen auch Pater Joseph.
Antonius legte ihnen, um sie auf die Probe zu stellen, einen Text aus der Schrift vor und begann sie vom Jüngsten an nach dessen Bedeutung zu fragen. Jeder sprach gemäß seinen Fähigkeiten.
Aber er sagte zu jedem von ihnen "du hast es nicht getroffen", Zuletzt fragte er Pater Joseph "Und du, was sagst du zu diesem Wort?" Der antwortete "Ich weiß es nicht."
Da sagte Pater Antonius "Pater Joseph hat den Weg gefunden,weil er gesagt hat "Ich weiß es nicht"
(Apophlegmata Patrum, 80d; PJ XV,4)
In der Hl. Schrift gibt es Dinge, die leicht zu verstehen sind, Dinge, die schwierig sind und Dinge, die man nicht verstehen kann: erinnert sich irgendwer daran? Nein, alles vergessen.
Die wörtliche Bedeutung herrscht vor und führt die anderen Bedeutungen der Schrift an: erinnert sih irgendjemand daran? Nein alles vergessen.
Die Exegese der Texte kann nicht die Exegese der Väter und der Kirchenlehrer preisgeben: erinnert sich irgendwer daran? Nein, alles vergessen.
Was nun das angeht, was Gott tut, sollte klar sein, daß der selbe Gott, der uns im Vater-unser in Versuchung führt der selbe Gott ist, zu dem Jesus sagt "mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" (Mk 15:34).
Es gibt keinen Zweifel- und es hat im Lehramt der Kirche nie einen Zweifel gegeben- daß das griechische "eisenenkes" des Vater-unser die Bewegung zu einem Ort hin ausdrückt und das aramäische “sabactàni” aus Mk 15, 34 "verlassen" bedeutet.
Es ist auch wahr, daß die Interpretation dieser Passagen aus dem Evangelium seitens des Hl. Thomas oder des Hl. Augustinus der Leser unbefriedigt lassen könnte, weil die Kirchenlehrer wissen, daß Glaube und Vernunft in Harmonie zueinander stehen-aber keineswegs zusammenfallend.
Der Heilige Thomas und der Hl. Augustinus untersuchen das Geheimnis, aber sie tun das demütig: manchmal sind sie in der Lage bestimmte Fragen voll und sicher zu befriedigen, manchmal können sie jenen, die eine Erklärung suchen, nur teilweise zufriedenstellend antworten.
Die zeitgenössischen theologischen Aktivitäten sind oft schamlos, weil sie versuchen, jene unantastbaren Türen aufzuzwingen, die nicht zu verletzen, die Hl. Hildegard von Bingen dringend rät. Woher so viel Arroganz? Wie in aller Welt sind moderne Theologen unfähig geworden, vor den Fragen, die -wie Gott angeordnet hat-ein Geheimnis bleiben sollen zu sagen "ich weiß es nicht" ?
Sogar die Heiden waren oft bescheidener als viele unserer Zeitgenossen. "Ich bin alles war, was ist und was sein wird, und kein Sterblicher oder Gott wird jemals mein Gewand anheben" sagt die Sibylle von Plutarch ("Über das Schicksal")
Sie ist so alt wie die Welt, die Kunst einem Text Gewalt anzutun oder ihn zu fälschen, wenn die Worte unverständlich sind oder nicht unseren Erwartungen oder Launen entspricht.
Aber fast ebenso alt ist die Kunst der Demut, die Kunst des treuen Schreibers, der die Stimme Gottes weitergibt, indem er die Schrift kopiert und versucht, bei dem was von den Vätern empfangen wurde, Silbe für Silbe sorgfältig zu sein.
Die Wahrheit wurde von den Heiligen immer wieder bezeugt: der Gott, der uns in Versuchung führt, ist gut, genau so wie der Gott, der uns in ihr zurückläßt. Und er ist gut, weil er das Gebet des Bereuenden hört, der inständig bittet: Gott, "führe uns nicht in..." oder "lasse uns nicht in...", und der deshalb diese Kinder, die umkehren und zu ihm beten, nicht verläßt, aber er verläßt die Unfrommen, die Blasphemien über ihn verbreiten.
Das Geheimnis bleibt bestehen und die Wirklichkeit der ewigen Verdammnis, des hebräischen "abaddon" der Apokalypse (9,11), kann durch die Feder eines Fälschers nicht aufgehoben werden. Es gibt also den "Engel des Abgrunds", weil Gott zuläßt, daß es ihn gibt, so wie die Hölle existiert und die Möglichkeit verdammt zu werden. Hinter der Leugnung des "und führe uns nicht" der Evangelien steht die Verweigerung eines Skandals: des Skandals der ewigen Verdammnis z.B. und dieTatsache selbst, daß Christus "Stein des Anstosses" sein könnte, de facto ein Skandal."
Quelle: Settimo Cielo, S.Magister, S.Brachetta,
Auf die Gefahr hin, dass ihr mich jetzt für eine Klugscheißerin haltet (aber ich kann halt recht gut Altgriechisch): Das Problem ist nicht sosehr der Ausdruck "eisenenkes". Die Grundform dieses (schon fast widerlich) unregelmäßigen Verbs ist "eisphero", und das heißt eindeutig "hineintragen, hineinbringen, hineinführen". Daran ist nicht zu rütteln.
AntwortenLöschenDas Problem ist meiner Meinung nach das Wort "peirasmos", das üblicherweise mit "Versuchung" übersetzt wird. Es bedeutet aber nicht nur "Versuchung", sondern auch "Prüfung" oder "Probe". Der ganze Satz wäre dann in etwa "Und führe uns nicht in eine Prüfung/Probe" = "stell uns nicht auf eine Probe". Und dass Gott Menschen auf die Probe stellt, ist biblisch gründlich belegt. Lustig ist es aber nicht, wenn einem das passiert, deshalb die Bitte an Gott, das zu unterlassen.
Wenn jemand hier eine bessere Idee haben sollte: Bitte einen Kommentar schreiben, es würde mich echt interessieren.
Wenn du altgriechisch gut kannst dann kannst du mir helfen. Ich laboriere schon lange an einem Versuch was zum Vaterunser zu schrieben, wo wirklich was verkehrt ist, nämlich das tägliche Brot, da steht im griechischen ein Wort das sonst nirgendwo vorkommt und bestimmt nicht "täglich" heißt. Hier ist es auf altgriechisch https://www.graecum.org/vater-unser-auf-altgriechisch/ aber ich schreib mal einen kurzen Artikel dazu, vlt kannst du mir darunter mit einem Kommentar helfen?
Löschen@Dorothea2:
LöschenIhr gut und logisch begründeter Übersetzungsvorschlag hört sich gut und einleuchtend an. Danke!