Donnerstag, 13. Dezember 2018

Sandro Magister über den Kampf der Orthodoxen Kirchen

Sandro Magister kommentiert bei Settimo  Cielo den Stand der Dinge im Streit der Orthodoxen Patriarchate und Kirchen.
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"KRIEG DER RELIGION. WEIL IN DER UKRAINE DIE GRIECHISCHEN KATHOLIKEN AM ÖKUMENISCHSTEN SIND" 

Im Kieg, der in der Orthodoxen Welt zwischen den Patriarchaten  von Konstantinopel und Moskau  stattfindet, ersteres für und letzteren gegen die Schaffung einer unabhägnige und vereinten Ukrainisch-Orthodoxen Kirche- gibt es ein drittes Rad, das der Grieschisch Katholischen Kirche der Ukraine mit ihren 4 Millionen Gläubigen.

Auf welche Seite diese sich im Konflikt stellt, ist kein Geheimnis. Die Konstantinopels. Wie ihr oberster Erzbischof, Svjatoslav Shevchuk wiederholt erklärt hat, zuletzt im Oktober in einem ausführlichen Interview mit John Allen und Inés San Martin für die amerikanische Website "Crux".
"Ukrainischer Prälat sagt:  Orthodoxe Unabhängigkeit  ist “Bestätigung ihrer Rechte"   

Aber indem sie diesen Standpunkt einnimmt, wird die Ukrainisch-Griechisch Katholische Kirche von Moskau verdächtigt, ein ehrgeizigeres Ziel anzustreben: die werdende Ukrainisch-Orthodoxe Kirche sowohl in die Einheit mit den Griechischen Katholiken und so zum Gehorsam gegenüber der Kirche von Rom zu führen.
Der Außenminister des Moskauer Patriarchates, Metropolit Hilarion von Volokolamsk, hat gegenüber Franziskus diesen Verdacht wiederholt ausgesprochen. Und der Papst hat ihm Verständnis und Solidarität gezeigt. Am vergangenen 30. Mai hat er- nachdem er Hilarion im Vatican empfangen hatte, den Griechischen Katholiken befohlen, sich nicht in die inneren Angelegenheiten der Russisch Orthodoxen Kirche einzumischen und das "Banner des Uniatismus, das nicht länger funktioniert, als vorbei" beschimpft.

Uniatismus ist für die Orthodoxen das Unerträglichste, das es gibt. Es steht für die Nachahmung derer, die für sie in allem - in der Byzantinischen Liturgie, in Gebräuchen, im Kalender, dem verheirateten Klerus Ähnlichkeit zeigen aber auch dem Papst in Rom gehorchen und wollen, daß auch andere das tun- mit der Vortäuschung einer falschen Wiederherstellung der Einheit zwischen den Kirchen.
Und das ist genau der sehr abfällige Vorwurf, den das Moskauer Patriarchat systematisch der Griechisch-Katholischen Kirche der Ukraine macht. So systematisch, daß er in die gemeinsame Erklärung einging, die Papst Franziskus und der Russische Patriarch Kyrill am Tag ihrer Umarmung, am 12. Februar 2016 in Havanna unterschrieben haben.





Es ist ein Vorwurf, den Erzbischof Shevchuk  in seinem Interview in Buchform "sag mir die Wahrheit", das in diesem Herbst in Italien von Cantagalli veröffentlicht wurde, zum zigsten mal als "`falsch" und "beleidigend" zurückweist:  "Wir sind eine "sui iuris" Kirche in voller apostolischer Sukzession. Die Erneuerung unserer Kommunion mit Rom war keine Anwendung der Methode des  Uniatismus."
Die "Erneuerung", auf die sich Shevchuk bezieht, trägt das Datum von 1595 und fand in Brest statt, einer Stadt, die heute an der Weißrussischen Grenze zu Polen liegt. In der Zusammenfassung, die das Moskauer Patriarchat heute vorlegt, war die Synode von Brest ein Akt des Verrats, durch den die Ukrainisch-Griechische Katholische Kirche sich bei ihrem Entstehen von der Orthodoxie getrennt und sich  Rom unterworfen hat.
Aber welche historische Interpretation legen die Ukrainisch-Griechischen Katholiken dafür vor?
In seinem Buch befaßt sich Shevchuk ganz klar damit. Und es ist wichtig, es zu besprechen, weil nur wenige es kennen.

                                                               *    *     *

Das wirkliche Geburtsjahr der Ukrainischen Kirche- sagt Shevchuk- ist das Jahr 988, das Taufjahr von Prinz Vladimir von Kiew. Zu der Zeit "gab es Moskau noch nicht" und es gab kein Schisma zwischen Rom und Konstantinopel
"Die Kirche von Kiew hat Konstantinopel immer als ihr Modell betrachtet und ihr erster Metropolit kam von dort," fährt Shevchuk fort.
Nachdem es im 15. Jahrhundert zum Schisma gekommen war, haben Konstantinopel und Kiew weiter darauf gedrängt, die Einheit mit der römischen Kirche wieder herzustellen, teilweise weil es im vitalen Interesse des Byzantinischen Reiches lag, bei seiner Verteidigung gegen die Muslimische Umzingelung Verbündete im Westen zu finden.
Metropolit in Kiew war Isidore "ein aus Konstantinopel geschickter Grieche mit der Aufgabe, das Großherzogtum von Rußland zu überreden, sich auch beim Konzil für die Einheit vertreten zu lassen" das Papst Eugen IV 1438 in Ferrara und im darauf folgenden Jahr in Florenz zusammengerufen hatte.
"Metropolit Isidore" fährt Shevchuk fort, "hat das Dekret der Einheit in Florenz unterschrieben und ist nach Kiew zurückgekehrt, wo die Nachricht vom ende des Schismas mit großer Begeisterung begrüßt wurde. Andererseits traf er in Moskau auf große Feindseligkeit - bis zu dem Punkt, daß der Großherzog ihn verhaftete und als Apostaten verurteilen ließ.
Soweit es uns betrifft, was das die erste Spaltung zwischen der Kirche von Kiew und der Moskauer Kirche. Eine neue Metropolie wurde in Moskau gegründet, die 1539 Patriarchat wurde.
1453 fiel Konstantinopel .
Aber dann wurde die Ukraine auch von einer protestantischen Welle und der vom Konzil von Trient ausgehenden folgenden Katholischen Gegenreformation erreicht. "Auch hier fühlte Kiew das Bedürfnis nach einer Reform"- soll heißen- deiner Umkehr zu jener Tradition, die ihre Wurzeln in Konstantinopel hatte und hatte das Dekret der Einheit unterschrieben.
In diesem Zusammenhang entstand der Gedanke, daß die Wiederherstellung der Kommunion mit Rom in der Lage wäre, das Herz der Katholisch-Orthodoxen Tradition zu retten und gleichzeitig zu erneuern."

In diesen Zusammenhang stellt Shevchuk die Synode von Brest. "Alle Bischöfe der Ukrainischen Kirche trafen sich 1595 in Brest und unterzeichneten ein neuer Einheitsdekret, das danach Rom durch Clement VIII promulgiert wurde.
Dieser Akt stellte weder einen Bruch mit der vorangegangenen Geschichte dar, noch dachten die Bischöfe daran, eine neue Kirche zu gründen, als vielmehr an eine Reform, die durch den Bund mit der Universalen Kirche unter der Leitung des Bischofs von Rom geschützt wurde.
Sie waren sich bewußt, daß sie weder von Konstantinopel Hilfe erwarten konnten, das in die Hände der Türken gefallen war, noch von Moskau, das noch nicht als traditionelles spirituell-religiöses Zentrum anerkannt wurde. Aus allen diesen Bewertungen- spirituell, reformerisch, kirchlich und geopolitisch- entstand die Idee der Einheit von Brest, den wir nicht als Akt des "Uniatismus" betrachten können.
In Brest hat eine ganze Kirche- zusammen mit ihrem Metropoliten- die Kommunion mit Rom erneuert,in der Form, wie man sie in Kiew das gesamte erste Jahrtausende hindurch erinnert hatte. Hier war die Erinnerung an die ungeteilte Kirche vor dem Schisma von 1054 erhalten."

Shevchuk weist darauf hin, daß in der Ukraine "erst 1620- durch einen Patriarchen in Jerusalem-der von einer  Reise nach Rom zurück kehrte, eine parallele orthodoxe Hierarchie gegründet wurde, der eine Gruppe von Mönchen zu Bischöfen weihte, die die Entscheidungen der Synode von Brest nicht akzeptierten."
Auf alle Fälle "konnte die Synode von Brest und die Kontroversen, die sie provozierte, auf der einen und der anderen Seite massive Gärungsprozesse - theologische, biblische und pastorale-heraufbeschwören, bei denen im 18. Jahrhundert zwei große Persönlicheiten herausragten:
im orthodoxen Lager Metropolit Peter Mohyla und im Katholischen Lager Metropolit Josyf Veliamyn Rutsky, " Unter diesen gelehrten und offenen - und was wichtiger ist- heiligen Personen entstanden nicht nur Dialog und Freundschaft sondern auch ein Projekt der Versöhnung, das auf die "Bildung des geeinten Patriarchats von Kiew " abzielte.
Ein Projekt, das im 20. Jahrhundert mit dem Metropoliten Andrej Sheptyckyi wiedergenore werden sollte."

In der Zwischenzeit jedoch war die Ukraine lange zwischen Rußland und Österreich aufgeteilt worden. Und auf dem Gebiet um Kiew war die In Kommunion mit Rom befindliche Kirche mit Gewalt ausradiert und ihr Metropolitan-Bischof nach Lviv, im Westen des Österreichischen Territoriums exiliert worden. Bis 1946, nachdem die Sowjetunion auch diesen Teil der Ukraine annektiert hatte, " auch die Pseudo-Synode von Lemberg (Lviv) der Zerstörung unserer Kirche zustimmte"- deren Metropolit Joseph Slipyj bereits in Sibirien im Gefängnis war.
1963 freigelassen, hat Slipyj beim II Vaticanischen Konzil einen von Herzen kommenden Appell zur Anerkennung des patriarchalischen Status seiner Kirche formuliert, der die Gedanken und Sichtweisen seines Vorgängers Sheptyckyj weitergab, die der seinerseits von den großen Metropoliten des 17. Jahrunderts genommen hatte, die Einheit mit der Russischen Orthodoxie einschlossen.
Das gemeinsame Martyrium sowohl der Orthodoxen als auch der Katholischen Seite war für Slipyj die Tatsache, die die historische Teilung beendete.

Hier endet die von Shevchuk in seinem Interview-Buch unternommene historische Neuinterpretation.
Man kann hinzufügen, daß es im Licht dieser Rekonstruktion nicht überrascht, daß die Erhebung der Ukrainisch-Griechisch-Katholischen Kirche zum Patriarchat -nachdem sie sich nach dem Zusammenbruch des Sowjetreiches einmal aus den Katakomben erhoben hatte-kurz davor war Realität zu werden. 4
2003 hat der damalige Präsident des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen, Walter Kasper, einen Brief an den Orthodoxen Patriarchen von Moskau geschickt, um ihn über diesen bevorstehenden Wende punkt zu informieren. Die wurde jedoch vom Vatican wegen der sehr negativen Reaktionen nicht nur der Russischen Orthodoxen sondern auch des Ökumenischen Patriachates von Konstantinopel sofort zurückgenommmen.

Der Fast-Patriarch wurde wieder "Großerzbischof" und seitdem ist seitens des Hl. Stuhls die Erhebung der Ukrainisch-Griechisch.-Katholischen Kirche zum Patriarchat nie wieder thematisiert worden. Aber auf akademischer Ebene wird diese Erhebung weiterhin von vielen Gelehrten als historisch und theologisch wohlbegründet aufrecht erhalten.
Einer der sich als einer ihrer überzeugtesten und maßgebendsten Unterstützer war z.B. der amerikanische Jesuit Robert Taft, ein großer Spezialist für die Östlichen Kirchen, der drei Jahrzehnte der herausragende Professor am Päpstlichen Orientinstitut war, der am vergangenen 1. November im Alter von 86 Jahren verstarb.

Tatsache ist jedoch, daß die Verwirklichung dieses Zieles jetzt weiter entfernt scheint denn je, trotz des Tauwetters zwischen Rom und dem Moskauer Patriarchat, bezeugt von der Umarmung zwischen Franziskus und Kyrill in Havanna. Oder eher- genauer auf Grund dieser Umarmung.
Das Moskauer Patriarchat ist tatsächlich massiv gegen die Errichtung einer autokephalen Orthodoxen Kirche in der Ukraine, außerhalb seiner Kontrolle und statt dessen mit dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel verbunden. Es ist so sehr dagegen, daß es sogar die Eucharistische Kommunion mit Konstantinopel abgebrochen hat.
Zwischen den beiden, stellt Franziskus sich auf die Seite Moskaus. Und die Ukrainisch-Griechisch-Katholische Kirche bezahlt den Preis."

Quelle: Settimo Cielo, S. Magister




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