So groß unsere Pflicht zur Ehrfurcht gegenüber dem ist, was auch immer der Papst sagen mag, so groß unsere Pflicht des Gehorsams gegenüber der Führung des Hirten ist, so halten wir doch nicht jedes Wort von ihm für unfehlbar oder glauben , daß er immer recht hat. Viel weniger träumen wir davon zu lehren, daß er unfehlbar oder in irgendeiner Weise anderen Menschen überlegen ist, wenn er über wissenschaftliche, historische oder politische Fragen spricht oder daß ihm im Umgang mit zeitgenössischen Ereignissen möglicherweise keine Fehleinschätzungen von Menschen und Dingen unterlaufen. (S. 19)
Heute könnte ein Bischof… einem Papst widersprechen, der vielleicht nach seiner Auffassung auf eine Weise handelt, die die unter seiner Verantwortung stehenden Menschen irreführen könnte… Diese These ist durchaus vorstellbar und zerstört oder verringert in keiner Weise die Vormachtstellung des Papstes. (S. 74)
Und wie der Theologe Karl Adam in seinem Buch von 1935 "Der Geist des Katholizismus" schrieb:
Die Menschen, durch die Gottes Offenbarung auf Erden vermittelt wird, unterliegen dem Gesetz, das durch die Grenzen ihres Alters bedingt sind.
Und sie sind auch durch die Grenzen ihrer Individualität bedingt- ihr besonderes Temperament, ihre besondere Mentalität und ihr besonderer Charakter sind an Farbe gebunden und sie färben die Art und Weise mit der sie die Wahrheit und Gnade Christi verbreiten.
So kann und muss es geschehen, daß Hirte und Herde, Bischof, Priester und Laien sind nicht immer würdige Vermittler und Empfänger der Gnade Gottes sind und das Unendliche manchmal verdreht und verzerrt wird, wenn es durch sie hindurchgeht. Überall dort, wo immer Sie Menschen haben, sind Sie an eine eingeschränkte Sichtweise und ein enges Urteilsvermögen gebunden.
Talent ist selten und ein Genie kommt nur, wenn Gott es ruft. Bedeutende Päpste, Bischöfe von großer geistiger Kraft, geniale Theologen, Priester von außerordentlicher Gnade und fromme Laien: sie sind nicht die Regel sondern die Ausnahme ... Die Kirche hat von Gott die Garantie, daß sie nicht in einen Irrtum in Bezug auf Glauben oder Glauben verfällt Moral; aber sie hat keinerlei Garantie dafür, daß jede Handlung und Entscheidung kirchlicher Autorität hervorragend und perfekt sein wird. Mittelmäßigkeit und sogar Mängel sind möglich. (S. 248-249)
Daß Päpste in dieser Art fehlbar sind, ist für Katholiken ebenso wichtig wie die Tatsache, daß Päpste unfehlbar sind, wenn sie ex-Kathedra sprechen. Viele wohlmeinende Katholiken haben diese Wahrheit vergessen oder scheinen sie unterdrücken zu wollen. Wenn die jüngsten Päpste seltsame oder sogar offensichtlich unkluge Dinge gesagt oder getan haben, haben sich diese Apologeten geweigert, dies zuzugeben. Sie haben sich selbst in logische Knoten verschlungen, um zu zeigen, daß die fragwürdige Aussage oder Handlung vollkommen unschuldig ist, oder sogar tiefe Einsichten vermittelt, wenn wir nur bereit wären, das zu sehen. Wären in früheren Zeiten katholische Blogger und Pop-Apologeten zugegen gewesen, hätten einige zweifellos ihren Lesern versichert, daß die Exkommunikation der Ostbischöfe durch Papst Victor kommen mußte und der Heilige Irenäus besser hätte schweigen sollen, oder daß Papst Stephen versucht habe, uns mit der Leichensynode eine tiefe spirituelle Wahrheit zu lehren, wenn wir nur zugehört hätten; oder daß Liberius, Honorius und Johannes XXII unser Verständnis der Lehre wirklich vertieft haben, anstatt die Gläubigen zu verwirren.
Diese Art von „Spin-Doktorei“ macht nur diejenigen lächerlich, die sich damit beschäftigen. Schlimmer noch, es fügt der Kirche und den Seelen großen Schaden zu. Es lässt den Katholizismus als Orwell-artig erscheinen, als ob ein Papst sogar nur durch ein "es soll geschehen" bloße Neuheiten und Umkehrungen vergangener Lehren in irgendeiner Weise und eine verschleierte Weitergabe des depositum fidei vornehmen kann. Katholiken, die eine solche kognitive Dissonanz nicht ertragen können, können in ihrem Glauben erschüttert werden. Nicht-Katholiken, die von einer solchen intellektuellen Unehrlichkeit abgestoßen werden, werden fälschlicherweise urteilen, daß ein Katholik zum Schwindler werden muss.
Die nüchterne Wahrheit ist, daß Christus seinen Stellvertreter manchmal irren lässt, nur in bestimmten Grenzen, aber manchmal ernsthaft. Warum? Zum Teil, weil Päpste - wie wir- alle einen freien Willen haben. Aber zum Teil, um genau zu zeigen, daß (wie Kardinal Ratzinger es ausdrückte) „das Ding nicht völlig ruiniert werden kann“ - auch nicht von einem Papst. Noch einmal, um die katholische Enzyklopädie in ihrem Urteil über das Ergebnis des Großen Westlichen Schismas zu zitieren:
Gregorovius, den niemand des übertriebenen Respekts vor dem Papsttum verdächtigen wird, schreibt: „Ein zeitliches Königreich wäre ihm erlegen; aber die Organisation des geistigen Reiches war so wunderbar, das Ideal des Papsttums so unzerstörbar, daß dieses, das schwerwiegendste Schisma nur dazu diente, seine Unteilbarkeit zu demonstrieren. “… Von einem ganz anderen Standpunkt aus vertritt de Maistre die gleiche Ansicht:„ Dies, die Geißel der Zeitgenossen ist für uns ein historischer Schatz. Es dient dazu zu beweisen, wie unbeweglich der Thron des heiligen Petrus ist. Welche menschliche Organisation hätte diesem Prozess standgehalten? “
Quelle: Dr. E.Feser, LifeSiteNews
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