Fortsetzung von hier und hier
"Benedikt besteht darauf, daß wir diese Texte des Alten Testaments gegenwärtig halten müssen, wenn wir nach der Wahrheit über Jesus suchen, nicht weil wir ohne sie auf andere Weise nicht zu den selben Ereignissen kämen, sondern zu einem insgesamt falschen Zugang zum Geschehen. Das ist keine hypothetische Versuchung, Viele moderne Gelehrte unterstellen, daß wie die Sprache der jüdischen Propheten aus unserer Beschreibung von Jesus entfernen müssen, wenn wir rigoros historisch sein wollen. Andere behaupten, daß wir auf jeden Versuch die Schrift der Juden zu interpretieren verzichten sollten, um uns nicht des illegitimen Eindringens in die Rechte einer anderen religiösen Gemeinschaft schuldig zu machen.
Solche Sorgen versagen darin, zu erkennen wie das Neue Testament uns Jesus präsentiert. "Die Fakten sind sozusagen von der Bedeutung des Wortes durchdrungen" schreibt Benedikt "und das Gegenteil ist auch wahr: was vorher nur Wort war- oftmals jenseits unserer Möglichkeit es zu verstehen- wird jetzt Wirklichkeit, seine Bedeutung wird erschlossen." Diese Beobachtung - die auch auf Benedikts Dienst einer wiederherstellenden Katechese zutrifft - mündet in eine Wiederholung des II. Vaticanischen Konzils, das die Katholiken lehrte, die Schrift auf diese Weise zu sehen.
Wie wir in Dei Verbum lesen wird die "Offenbarung durch Taten und Worte verwirklicht, die innerlich miteinander verbunden sind."
Und Benedikt weist darauf hin, daß der Versuch in dieser gegenseitige Durchdringung von Tat und Wort einzutreten nicht nur eine Sache der Befolgung der Kirchenlehre ist. "Die Methoden der modernen kritischen Textanalyse " zeigen auch, daß die erste Generation der Christen dadurch zum Glauben an die Passion und die Auferstehung Jesu kamen, indem sie lernten, Wort und Geschehen in gegenseitigem Licht zu verstehen.
Mit dieser "Harmonie zwischen Wort und Geschehen" im Blick. kehrt Benedikts Überlegung zu Jesus am Kreuz zurück. Er erkennt die Unterschiede an, wie die Evangelien den Gekreuzigten beschreiben und sieht keine Notwendigkeit die zu harmonisieren: die Unterschiede selbst sind für ein angemessenes Verständnis Jesu wichtig. Noch weniger sieht Benedikt eine Notwendigkeit zwischen den Evangelien zu wählen, eines als das dem Ereignis am nächsten kommende zu wählen (eine zweifelhafte Ehre, die meistens Markus zuteil wird) und die anderen als fragwürdige theologische Erzählungen abzuwerten.
Er folgt zum Teil einer traditionellen Form und präsentiert eine Meditation über die letzten 7 Worte Jesu, die sieben Äußerungen, die die vier Evangelien gemeinsam mit dem Gekreuzigten schreien.
Eingebettet in prägnante Überlegungen zu diesen Äußerungen ist die Aufmerksamkeit auf die Handlungen und Ereignisse gerichtet, die sich auf den leidenden Jesus auswirken: den Spott der Vorübergehenden und des Sanhedrin, das Werfen von Losen über sein nahtloses Gewand, das gequälte Mitgefühl der treuen Frauen (vor allem der Mutter Jesu) am Fuße des Kreuzes und schließlich das Geständnis des Zenturios und das Ausströmen von Blut und Wasser aus der durchbohrten Seite des ermoderten Erlösers.
Taten und Worte fließen hier mit Anspielungen an die Schrift über und eine große Aufmerksamkeit für den alttestamentarischen Inhalt der Erzählungen der Evangelien wird unentbehrlich.nimmt Benedikt klar an, wenn wir uns den Mysterien des Kreuzes, wie sie wirklich sind, annähern wollen.
Wenn die Henker die Kleider Jesu unter sich aufteilen. kommt einem z.B. Psalm 22:18 in den Sinn, eine Bezugnahme die Johannes ausdrücklich macht. Indem sie die Lose über seine nahtlose Tunica werfen "können wir" schreibt Benedikt " eine Anspielung auf die hohepriesterliche Würde Jesu erkennen" weil das Alte Testament von Josephus berichtet, daß der Hohe Priester Israels ein solches nahtloses Gewand trug.
Aber Erleuchtung fließt nicht nur vom Wort auf das Geschehen. Jesus stirbt um 3 Uhr am Nachmittag. Benedikt stellt mehrfach fest, daß das die Zeit ist, in der die Lämmer für das Pessach-Fest geschlachtet werden. Hier finden wir ein Ereignis, das die Bedeutung eines zuvor mysteriösen Wortes erschließt, in diesem Fall die Prophezeiung von Johannes dem Täufer "Das Lamm Gottes, das hinweg nimmt die Sünde der Welt!"
Die Worte, mit denen Johannes der Täufer Jesus identifiziert sind natürlich jene, mit denen die Katholiken ihn täglich identifizieren - sakramental gegenwärtig in jeder Eucharistie, als derjenige, der unsere Sünden hinweg nimmt. Tatsächlich versteht Benedikt sie so, daß die Evangelien den Tod Jesu am Kreuz "ausdrücklich als ein kosmisches und liturgisches Ereignis darstellen."
Das Mysterium des Kreuzes - genau so wie es in den Evangelien dargestellt wird- gehört nicht nur in die Vergangenheit, weswegen eine historische und textuelle Analyse allein- gleich wie sympathisch oder lehrmäßig traditionell - uns dieses Mysterium nicht erhellen kann. Wir müssen zulassen vom Geheimnis des Paschafestes als gegenwärtiges Geschehen geleitet zu werden.
Das Gleiche gilt für alle Mysterien des Lebens Jesu, die mit so bedeutungsvoller Einfachheit in den Evangelien beschrieben werden, Jedes Ereignis, vom Einzug in Jerusalem bis Golgotha, die Straße nach Emmaus, der Raum im Obergeschoss trägt seine eigene Zukunft in sich- mit dem Leben, das es in der Kirche haben wird.
Das letzte Abendmahl ist bereits durch Jesus selbst mit der Eucharistie der Kirche verbunden, Jesu Agonie in Gethsemane nimmt den Glauben der Kirche an die Wirklichkeit seines Willens in zweierlei Gestalten- des göttlichen und des menschlichen- voraus usw.
Die Untertitel des Buches geben dem Ganzen eine dezidiert liturgische Rolle. "Heilige Woche" beschreibt nicht nur einfach eine Serie von Ereignissen im 1. Jahrhundert in Jerusalem sondern auch - und vorrangig- ihre uralte jährliche Feier durch die Kirche. Alle menschlichen Dinge drehen sich um das, was vor langer Zeit in Jerusalem passierte. Diese Ereignisse können deshalb nicht nur einer entschwundenen Vergangenheit angehören. Die Heilige Woche ist nicht nur einfach eine Zusammenfassung dessen, was passiert ist. Es ist die Gegenwart des Geschehens, an das sie erinnert, Ereignisse, an denen jeder von uns jetzt sowohl durch die Liturgie und die Sakramente als auch durch das Hören der Worte und das Berichten darüber teilnehmen kann.
Es ist kein frommer Nachgedanke sondern für das Verstehen der Ereignisse essentiell, daß Benedikt sein Kapitel über die Kreuzigung und die Grablegung Jesu mit einem Abschnitt über die Bedeutung des Todes Jesu für jeden Menschen beschließt: "Der Tod Jesu als Versöhnung und Erlösung". Hier finden wir eine relativ ausgedehnte Diskussion darüber, wie die eher technische Frage der dogmatischen Theologie-in diesem Fall- in diesem Fall der Doktrin der Versöhnung- die aus den Imperativen der biblischen Interpretation entsteht.
In Römer 3:25 bezieht sich der Hl. Paulus offensichtlich auf eine Tradition der frühesten jüdisch-christlichen Gemeinde in Jerusalem" wenn er über den gekreuzigten Jesus "hilasterion" spricht, den Gott als Akt seiner höchsten Gerechtigkeit schickt, um vom Glauben umfangen zu werden. Dieses griechische Wort wird meistens mit dem allgemeinen Begriff "Sühne", Ort der Sühne etc. übersetzt.
Aber wie Benedikt mehrfach betont, glauben die meisten historisch-kritischen Exegeten heute daß es sich besonders auf die Bedeckung der Bundeslade, den Platz im Herzen des Tempels bezieht, an dem einmal im Jahr "an großen Tag der Sühne das sühnende Blut verspritzt wird" gemäß den Vorschriften von Leviticus 16. Indem er über das Mysterium des Kreuzes im Licht der Propheten und Apostel meditiert, argumentiert Benedikt, daß die ersten Christen schnell zu dem Glauben kamen, daß der gekreuzigte Jesus den höchsten Akt der Sühne und der Versöhnung für die Sünde
vollbracht hat. Mit diesen Begriffen begann das Geheimnis des Kreuzes unter der Führung des Heiligen Geistes in der Kirche zu leben, und mit diesen Begriffen, so nimmt Benedikt eindeutig an, sollten wir das Geheimnis des Kreuzes heute annehmen.
Quelle: FirstThings, B. Marshall
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