Dienstag, 19. Januar 2021

Sandro Magister über die Bedeutung eines katholischen Präsidenten der USA

Sandro Magister äußert sich bei Settimo Cielo über die Bedeutung, die die Amtsübernahme des zweiten katholischen Präsidenten für Amerika, die Katholische Kirche und die massive Spaltung der Gesellschaft haben könnte. 
Hier geht´s zum Original:  klicken 

"BIDEN IM WEISSEN HAUS. IST DAS DER AUGENBLICK DER WAHRHEIT FÜR DIE AMERIKANISCHEN KATHOLIKEN?" 

Religiöse Zusammensetzung des 117. Kongresses  

CapitolHill 

Wenn Joe Biden ab dem 20. Januar der zweite katholische Präsident der USA ist, dann aber in einer politischen und religiösen Landschaft, die sich von der seines Vorgängers John F. Kennedy stark unterscheidet.
Kennedys Problem war, allen Bürgern zu versichern, daß sein katholischer Glaube nie seine Loyalität gegenüber Amerika beeinflussen werde. Biden muß dagegen eine tief gespaltene Nation, in der auch die Katholische Kirche auf allen Ebenen gespalten ist, in der Hierarchie,  unter den Gläubigen, den Wählern und den in den Kongress Gewählten wieder zusammenbringen. 
Im oben wiedergegebenen Diagramm des Pew Research Centers kann man sehen, daß unter den Protestanten auf Capitol Hill die Republikaner die Demokraten bei weitem übertreffen, daß unter den Juden die Demokraten auf überwältigende Weise überwiegen, daß alle Mormonen Republikaner sind, und daß die, die nicht zu den Jüdisch-Christlichen Religionen gehören, alle Demokraten sind, Entweder auf der einen Seite oder der anderen.
Die Katholiken dagegen sind die am meisten zwischen den beiden Lagern Gespaltenen, mit einem leichten Überwiegen der Demokraten gegenüber den Republikanern. Und wir wissen, daß das Land weit von einer friedlichen Spaltung entfernt ist, besonders nach den 4-jährigren Präsidentschaft von Donald Trump. 

Eine andere Tatsache, die das Diagramm beleuchtet, ist daß die aktuellen Mitglieder des Kongresses viel religiöser zu sein scheinen als die Bürger der Vereinigten Staaten als Ganzes.
Besonders die Katholiken machen mit 30% derer, die gewählt haben, deutlich mehr aus als die durchschnittlich nationalen 20% . Auch die Christen als Ganzes, Katholiken und Protestanen, sind in Capitol Hill mehr repräsentiert als der Rest des Landes. 88% gegen 65%.
Das Gegenteil passiert mit den "Keine Religion" - soll heißen Atheisten, Agnostiker und jene ohne religiöse Bindung. Während das unter den Erwachsenen der USA 26% sind, zunehmend, ist im Kongress nur einer, der sich so erklärt, was 0,2 % der Kongressmitglieder ausmacht. Das ist die Senatorin von Arizona Kyrsten Sinema. 
In seiner Untersuchung hat das Pew Research Center nicht die Ebenen des religiösen Glaubens und der religiösen Praxis bei den Gewählten untersucht, sondern beschränkt sich darauf, ihre Bindung zu ermitteln. Und es ist kein Geheimnis, daß das Fortschreiten der Säkularisierung insgesamt die Intensität des Glaubens dämpft und deshalb auch die Überschneidung mit der Politik.
Auch hier sticht der Katholische Faktor heraus. Beginnend mit der Person des neuen Präsidenten! Biden ist unzweifelhaft ein ernsthafter Katholik. Es glaubt und praktiziert, ist jeden Sonntag in der Messe. In den schmerzvollen Augenblicken seines Lebens als Ehemann und Vater  hatte der Glaube eine starke und sichtbare Bedeutung, Und auch beim politischen Wettbewerb hat er nie ein Geheimnis daraus gemacht, Inspirationen aus dem Glauben zu ziehen, Jene, die ihn kritisieren, können ihn-wenn überhaupt- nur beschuldigen, nicht in allem seinem Glauben zu folgen, besonders in seiner Unterstützung von Abtreibung als Verfassungsrecht,.
In den USA -viel mehr als in Europa, Italien und Rom, ist das eine "vexata quaestio". Die bei Kennedy nie aufkam, sondern erst nach dem Urteil des Obersten Amerikanischen Gerichtshofes von 1973, durch das Abtreibung legalisiert wurde.
Zum größten Zusammenstoß kam es 2004, als der demokratische Präsidentschaftskandidat- der am Ende gegen George W.Busch verlor- John Kerry war, auch ein Katholik und "pro choice" war. Für einige Bischöfe war das damals ein Grund, ihm die Kommunion zu verweigern.  Aber der damalige Vorsitzende der us-amerikanischen Bischofskonferenz Wilton Gregory und dann Erzbischof von Washington war gegenteiliger Meinung wie auch Theodore McCarrick, der auch Präsident der Bischofs-Kommission für "Häusliche Angelegenheiten" war. 
Aus Rom schickte der damalige Kardinal-Präfekt der Glaubenskongregation, Joseph Ratzinger,  diesen beiden ein Memo über die "allgemeinen Prinzipien"  die zur Verweigerung der Kommunion für Katholische Politiker führen, die systematisch für Abtreibung kämpften, 
Gregory und McCarrick hielten das Memo Ratzingers unter Verschluss, der dann aber in einem späteren Brief anerkannte, daß die  Prinzipien, an die er erinnert hatte, "Raum für ein vorsichtiges Urteil" lassen- ob die Konnunion gespendet werden könne oder nicht. -so wie es auch von einflußreichen "Neokonservativen" Kardinälen wie Avery Dulles und Francis George zugegeben wurde. 
Und heute? Mit Biden kommt die Frage geradewegs genaus so wieder zurück. Ihm ist bereits die Kommunion verweigert worden und diesesmal scheinen die amerikanischen Bischöfe gespalten zu sein.
McCarrick hat bekanntermaßen die Bühne verlassen und ist sogar in den Laienstand zurückversetzt worden. Aber Gregory selbst ist Erzbsichof von Washington und Kardinal geworden und hat sich auf die Seite gestellt, die für die Kommunion für Biden ist. Während der emeritierte Erzbischof von Philadelphia, Charles Chaput sich in einem Kommentar bei First Things vom 4. Dezember für die andere Seit ausgesprochen hat.
Aber es ist wahrscheinlich, daß wieder für "vorsichtige Urteile" Raum gemacht werden wird. Die Bischofskonferenz der USA, der zur Zeit der Erzbischof von Los Angeles José Horacio Gómez vorsteht, hat eine besondere "Arbeitsgruppe" für die Politik des neuen Präsidenten gebildet, die mit der Katholischen Lehre und den Prioritäten der Bischöfe kollidiert, besonders was Abtreibung, sexuelle Identität, Gesundheit und Erziehung betrifft.
Dieser Gruppe steht der Erzbischof von Detroit, Allen H. Vigneron vor, der auch Vizepräsident der Bischofskonferenz und Kandidat für deren zukünftigen Vorsitz ist, ein gemäßigter Vertreter dieses "neokonservativen" Flügels, der im amerikanischen Episkopat immer noch vorherrscht und bei zahlreichen Gelegenheiten während der 4 Jahre seiner Präsidentschaft Trump zuneigte, 
Auf der entgegengesetzten Seite dieses Flügels und mit offensichtlicher Unterstützung von Papst Franziskus, denen, die Joe Biden als politischen Leuchtturm ansehen, gewinnen die Kardinäle und Bischöfe wie Gregory an Einfluss. Mit ihnen scheint - bei der Behandlung der Abtreibungsfrage als untrennbarer Teil einer "organischen" Verteidigung des Lebens und damit der Armen, Alten, Migranten, Homosexuellen, der Natur - durch dieses "Nahtlose Gewand" wie die Tunika, die Jesus trug, die untrennbare symbolische Formulierung der progressiven Amerikanischen Kirche der 1980-er -angeführt vom Chicagoer Kardinal Joseph L. Bernardin (1928-1996)- zurück zu kehren. 
Man sollte die Tatsache nicht unterschätzen, daß nicht nur zwischen den Bürgern sondern auch bei den amerikanischen Katholiken der Kontrast zwischen den beiden Lagern - Trump und Biden-von präzedenzlosen Radikalität ist, die zur barbarischen Invasion des Capitol Hill am 6. Januar, Epiphanias, zum Extrem, führte. Einige Beobachter greifen auf 1861 zurück, Abraham Lincolns Aufstieg ins Präsidentenamt und Ausbruch des Bürgerkrieges, um die Nation so gespalten zu finden. 
Das Pew Research CEnter fand im Vorfeld dieser Präsidentenwahl heraus, daß 9 von 10 Wählern - sowohl Republikaner als auch Demokraten den gefürchteten Sieg des Gegners der Nation dauerhaften Schaden zufügen sahen. Und die Katholiken sind- wie man sehen kann- nur eine große religiöse Gruppe in Amerika, in dem beide Seiten nichts weniger als gegenseitigen Frieden repräsentieren. 
John L. Allen,  Prinz der amerikanischen Vaticanisten, hat jedoch darauf verwiesen, daß die Katholiken ein Fünftel der Bevölkerung der USA darstellen und daß deshalb Handlungen für die Einheit in der Verschiedenheit von ihrer Seite aus, die gesamte kulturelle Landschaft verändern könnte- wenn sie sie nur in Richtung "katholischer", inklusiver und offener bewegen würden. 
Ein erstes Signal in diese Richtung könnte man an der Art sehen, wie "pro-life" Repräsentanten sich  von Trump distanziert haben, während sie seine Anti-Abtreibungspolitik weiterhin unterstützten- so wie sie den entgegengesetzten Standpunkt bekämpfen, der von Biden personifiziert wird. 
Mit einem katholischen Präsidenten ist für Amerika vielleicht die Zeit für einen "Katholischen Moment" gekommen. Der Moment der Wahrheit für die Katholische Kirche in den USA:" 
Quelle: S. Magister, Settimo Cielo

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