Freitag, 18. Juni 2021

Fr. Hunwicke spricht...

bei liturgicalnotes heute noch einmal über textgetreue Übersetzungen des hebräischen Alten Testaments -und vergleicht den Stellenwert der Septuaginta (LXX) der Vulgata (Vg) und der mittelalterlichen rabbinischen Texte (MT).  Fortsetzung von hier und hier   
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"PAPST BENEDIKT: DAS GRIECHISCHE ALTE TESTAMENT" (3) 

"Also ist die LXX nicht nur eine Übersetzung des hebräischen Alten Testaments; Sie ist in sich selbst ein göttlich gegebener Augenblick im Prozess der Göttlichen Offenbarung; in gewissem Sinn - etwas so, wie die Auswahl der Kirche zum Kanon der Schrift. Dafür und für sich selbst verdient sie Respekt und ist weder nur oder hauptsächlich ein Mittel für andere Zwecke (wie die Rekonstruktion eines hebräischen"Originaltextes").

Aber dieses Konzept eines "Original-Textes" ist- wie ich schon bemerkt habe- ein für die Aufklärung charakteristischer Gedanke, aber in sich selbst fragwürdig und jetzt in Frage gestellt. Ich denke, er kann am besten in Beziehung zu einem Brief des Hl. Paulus aufrecht erhalten werden (es muß wahrscheinlich einmal ein spezielles Dokument gegeben haben, das von Phoebe von Korinth nach Rom gebracht wurde.) Aber sogar hier, gibt es die überwältigende Wahrscheinlichkeit, daß alle unsere bestehenden Texte auf eine frühe Sammlung oder Ausgabe der Schriften der Apostel zurückgehen. Wenn man einmal über die Briefe hinausgeht, trifft man bei den Kulturen vor der Erfindung der Druck-Kunst auf die Beziehung zwischen mündlicher und schriftlicher Überlieferung- besonders in der Antike. Zu diesem Thema ist sowohl von säkularen Klassizisten (wie Rosalind Thomas vom Balliol-College) als auch von Neutestamentlern (wie Loveday Alexander inb Sheffield) gearbeitet worden. Um nur einen Teil davon zusammenzufassen: in einer grundsätzlich mündlichen Gesellschaft diente das geschriebene Wort oft als Stütze für Geschäfte, die hauptsächlich mündlich abgewickelt wurden. Wenn man jemandem das Kochen beibrachte, geschah dies im Grunde während der Arbeit, mündlich in der Küche. Kochbücher waren Stützen, setzten aber das Mündliche voraus und waren als Reaktion auf das Mündliche Texte, die fließend waren. (Sie haben vielleicht selbst ein Kochbuch in Ihrer Küche, das Sie im Laufe der Jahrzehnte aus eigener Praxis der Kochkunst modifiziert, korrigiert und ergänzt haben.) Schon in den Briefen des Paulus findet man Hinweise darauf, daß die Person, die den Brief (physisch) in Händen hatte, ihn ergänzen, ihn den Empfängern erklären wird. 

Also ist der Aufklärungs-Gedanke zweifelhaft, daß wenn man nur genügend Beweise und ausreichede Kunstfertigkeit besitzt, um sie einzuetzen, im Prinzip einen Original-Text rekonstruieren kann, (er legt auch unproportioniert große Macht in die Hände derer, die sich selbst Experten nennen und deren "wissenschaftliche Schlussfolgerungen wahrscheinlich von der Nachfolgeneration gekippt werden wird) Noch dubiöser ist der allgemeine protestantische Aberglaube (Aberglaube, weil er das, was eigentlich ein funktionierendes Element des Kirchenlebens ist, fälschlicherweise zu einem Idol macht) oder Fetisch (ein Fetisch, weil es eher eine Paraphilie ist- erotisch mehr auf die Ohren Ihres Ehemanns als auf seine Person fixiert) - daß es eine statische Bibel gibt, die wie ein Prüfstein für die Doktrin über das Leben der Kirche hinausgeht, der dieses Leben unterworfen und sogar forensisch nachgewiesen werden muß. "Bibel" ist einfach ein lebenswichtiges Element innerhalb eines Ganzen, innerhalb einer Tradition oder Paradosis. Und dies sollte meiner Meinung nach zu einer Bevorzugung jener Bibelausgaben führen, die die Kirche genährt haben und ernähren, die von den Vätern und Konzilen zitiert und durch anhaltenden liturgischen Gebrauch geheiligt und autorisiert wurden. Also: drei Hochs für die LXX.

Und ...mein finaler Punkt...drei Hurras auch für die Vulgata. Und ich würde in meine Hochrufe die Passage über die Ehebrecherin in Johannes 8 einschließen, sogar wenn es kein originaler Teil des Evangeliums ist und 1 Johannes 5:7b, sogar wenn der auch nicht das nicht Teil des Original -Textes des Briefes ist, was immer ihre Geschichte ist- sind sie immer noch kanonische Schriften. Zufällig meine ich mit Vulgata (Vg) nicht die Neo-Vulgata des Hl. Johannes Paul II, die ich als der "richtigen" Vulgata untergeordnet ansehe, wegen der Aufklärungs-Methodik bei ihrer Erstellung. Da ist sicher nichts Schlechtes darin: sie hat die formale Zustimmung der Kirche. Sie hat einfach nur nicht den Status -die auctoritas- der LXX oder der wahren Vulgata (ich vermute, daß tausend oder zweitausend Jahre intensiven Gebrauchs den Status der Neo-Vulgata verbessern könnten). Und glücklicherweise liefern die LXX und die Vg uns Texte, die sich sehr ähnlich sind. Das ist bei LXX versus Vg nicht annähernd so oft ein Problem wie bei LXX und Vg gegenüber dem Rest. (Der Tag übrigens, an dem die Orthodoxie den Textus Receptus aufgibt, wird der Tag sein, an dem-wie ich hoffe- meine Orthodoxen Freunde Altgläubige werden!)

Also werfen Sie ihre englischen Übersetzungen der Vulgata nicht weg, ob sie die von Dr. Challoner revidierte Douai-Reims-Bibel ist, oder Msgr. Knox ´ heute traurigerweise unterbewertete Übersetzung. Die RVS schadet sicher nicht (versichern Sie sich, daß sie entweder eine Katholische Ausgabe ist, oder aber die Deuterokanonischen Bücher enthält und benutzten Sie niemals die feministische "Neue revidierte Standard-Version") ....Es ist wahrscheinlich die beste englischsprachige Bibel und es ist sicher besser, die RVS zu lesen als gar nichts...aber-..nun ja, ich habe Ihnen meine eigenen Präferenzen genannt!" 

* Ich schließe die MT nicht in die drei Hurras mit ein, wie sie in der mittelalterlichen und modernen Synagoge benutzt werden, weil ihr Text -seit fast 2000 Jahren- unabhängig von und zu einem gewissen Grad wohl als Reaktion gegen die Kirche geschrieben wurde. Sie hat in ihrem eigenen Recht natürlich immensen Wert und Interesse als historisches Zeugnis für das post-Jamianische-rabbinische Judentum der Gegenwart, als Produkt dieser radikalen Rekonstruktion die das Diaspora-Judentum nach der Zerstörung des Tempels in Jerusalem brauchte und die soviele Teilde der jduschen Bibel obsolet gemacht hat.

Quelle: liturgicalnotes, Fr. J.Hunwicke


 

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