Donnerstag, 17. Juni 2021

Sandro Magister kommentiert das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx und den Antwortbrief des Papstes....

Sandro Magister analysiert und kommentiert bei Settimo Cielo  den Rücktrittsbrief von Kardinal Marx, den Antwortbrief von Papst Franziskus und den Kommentar dazu von Kardinal Julian Herrandez. Hier geht´s zum Original-  klicken

"HEILIGER VATER" "QUERRIDO HERMANO". DAS DUELL MIT SPITZER FEDER ZWISCHEN ROM UND DER DEUTSCHEN KIRCHE"

Die Tage gehen vorüber, aber wo der Briefwechsel zwischen Kardinal Reinhard Marx und dem Papst enden wird, bleibt ein Rätsel.

Eine Chronik der Affäre kann helfen, sie zu verstehen, aber was man als Erstes bedenken muß, ist der Kontext, dieser Synodale Weg, den die Kirche in Deutschland vor 3 Jahren begonnen hat und dessen Ziele bereits niedergeschrieben wurden, gefordert von einer überwältigenden Mehrheit von Bischöfen und Laien: Wahlgremien, Ende des priesterlichen Zölibats, Weiheämter für Frauen, Revolutionierung der Sexual Moral. Ein Albtraum sogar für Papst Franziskus, der vergeblich mit einem Brief vom 29. Juni 2019 "an das Volk Gottes, das in Deutschland unterwegs ist", versuchte, diese Drift zu stoppen. Und jetzt kann er es wieder versuchen - genau mit seiner Antwort auf den Brief von Marx.

Der erste Akt dieser Korrespondenz ist tatsächlich der Brief, den Kardinal Marx am 21. Mai an den Papst geschrieben hat. 
In dem Brief übertreibt Marx den Einfluss des sexuellen Mißbrauchs auf das Schicksal der Kirche. Er behauptet, daß es zu einem "institutionellen und System-Versagen" gekommen ist, für das alle "mitverantwortlich sind". Aber einen Wendepunkt, um aus dieser Krise zu kommen" existiert,- schreibt er- "und das ist nur der "Synodale Weg". Und zu diesem Zweck bietet er seinen Rücktritt als Bischof von München und Freising an, als "persönliches Zeichen für einen Neustart der Kirche und das nicht nur in Deutschland." 

Zuerst weiß niemand etwas über diesen Brief, aber am 4. Juni machte Marx ihn öffentlich und erklärte, daß der Papst ihn autorisiert habe, dies zu tun. Am nächsten Tag, dem 5. Juni, unterstützt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz  Georg Bätzing, Bischof von Limburg, in einem Interview mit dem Fernsehkanal ARD die von Marx vorgebrachte These voll und ganz.  "Es ist ein solches Systemversagen in der Kirche wahrgenommen worden, daß es nur systemische Antworten geben kann und diese Antworten müssen fundamental sein. Das ist die Botschaft, die Kardinal Marx formuliert und uns darin bestärkt, den "Synodalen Weg" weiterzugehen."



Aber dann, am 8. Juni, erscheint etwas Ungewöhnliches auf der Titelseite des Osservatore Romano, ein Brief an den Herausgeber der Vatican-Zeitung, unterschrieben von einem wertgeschätzten älteren Kardinal, Julian Herranz, einem großen Kirchenrechtler und in seiner Kapazität Co-Autor der Rechtsreformen der vergangenen beiden Pontifikate zum Thema sexueller Mißbrauch. 

Herranz erwähnt den Brief von Kardinal Marx mit keiner Silbe, bestreitet aber seine Hauptthese, den "systemischen" Charakter der Krise. Die Verantwortlichkeit für die Missetaten liegt nicht bei allen, sie liegt nicht bei der Gesamtkirche, sondern persönlich bei denen, die sie begehen. Die Kirche mag durch die Sünden ihrer Mitglieder befleckt werden und durch "starke Kräfte" dieser Welt diskreditiert werden, aber sie bleibt dennoch heilig und rettend und muß aus diesem Grund sogar noch mehr verteidigt werden.

"Man verläßt die Mutter nicht, wenn sie verwundet ist." schließt Herranz, und zitiert Franziskus. Es ist schwer, sich vorzustellen, daß er diesen Brief an so prominenter Stelle im Osservatore Romano ohne Zustimmung des Papstes veröffentlicht hat.

Am 8. Juni betritt ein weiterer Kardinal das Feld, Walter Kasper, 88, Deutscher, der als begabter Theologe angesehen wird, als progressiv klassifiziert und von Papst Franziskus seit Beginn seines Pontifikates als sein erster renommierter Theologe identifiziert wird, dennoch steht auch er dem Synodalen Weg, der in Deutschland unterwegs ist, sehr kritisch gegenüber.

Nicht einmal Kasper bezieht sich ausdrücklich auf Marx´ Brief, aber er demoliert die These, daß der "Synodale Weg" -wie er aufgebaut und geführt wird - die deutsche Kirche erneuern kann. Stattdessen sollte die größte Aufmerksamkeit auf die Warnungen von Papst Franziskus in seinem Brief von Juni 2019 gerichtet werden.

Kasper drückt seine Standpunkte in einem Interview mit dem "Passauer Bistumsblatt", der Wochenzeitung der Diözese Passau aus. Und merkwürdigerweise wurde der Bischof dieser bayrischen Diözese, Stefan Oster, einer der wenigen Opponenten des Synodalen Weges, am 4. Juni von Papst Franziskus im Vatican empfangen, am Tag der Veröffentlichung von Kardinal Marx´ Brief.

Am 10. Juni kommt endlich die Antwort des Papstes, die noch am selben Tag veröffentlicht wird.

Franziskus weist das Rücktrittsangebot zurück, befaßt sich lange mit der "Katastrophe" des sexuellen Mißbrauchs und er erkennt auch an, daß "von uns eine Reform verlangt wird". Aber er erwähnt den deutschen "Synodalen Weg" nicht. Eine wahre Reform- schreibt er - "beginnt bei uns selbst". Wir werden weder durch Überwachung noch durch die Macht von Institutionen gerettet, wir werden nicht durch die Macht des Geldes und die Meinung der Medien gerettet."

Das bringt uns zum Marx von heute, Oberboss des deutschen Synodalen Weges, das war derjenige, der sagte "Wir sind keine Filiale von Rom". Aber jetzt - mit dem verweigerten Rücktritt - bleibt er Erzbischof von München, unter enger Überwachung durch Franziskus. Der damit darauf abzielen könnte, eine Art Bremse für den Synodalen Weg behalten zu können, der in der Tat von Marx in dem Statement, mit dem er von der Antwort des Papstes Kenntnis nahm, nicht noch einmal erwähnt wurde.

Außerdem plant Franziskus vielleicht die deutsche Synode in das "mare magnum" der Weltsynode zur Synodalität einfließen zu lassen, die er für 2023 einberufen hat, die enge globale Agenda, für die die Start-Kanone schon heute vorbereitet wird.

Aber ob diese Eingrenzungs-Operation erfolgreich sein kann, muß man sehen. Weil in der Zwischenzeit die offene - in erster Linie deutschsprachige - Rebellion gegen das "Responsum" der Glaubenskongregation, die die Segnung homosexueller Paare verbietet - eine der Kriegsfahnen der deutschen Synode - zeigt, daß jetzt, wo der Konvoi unterwegs ist - ein Stop nicht länger eine Option ist. In diesem speziellen Fall teilweise dem rätselhaften Flip-Flop von Papst Franziskus geschuldet, der an einem Tag zeigt, daß er dem "Responsum" zustimmt und an einem anderen Tag nicht."

Fortsetzung folgt....

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo 

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