Sandro Magister prüft anhand zweier Bücher die Aussichten verschiedener Kardinäle, Nachfolger von Papst Franziskus zu werden und stellt in seinem Artikel in Settimo Cielo fest, daß das aktuelle Pontifikat auf sein Ende zugeht.
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"KONKLAVE IN SICHT, ALLE ZIEHEN SICH VON FRANZISKUS ZURÜCK"
Man wird keine einzige Zeile über das kommende Konklave finden. Und dennoch sind gerade zwei Bücher (Zwillingsbücher) in Italien erschienen, die erbarmungslos in diese Richtung weisen.
Das erste heißt "Die Kirche brennt" und das zweite "Die verlorene Herde". Beide diagnostizieren den schlechten Gesundheitszustand der Kirche -mit einer deutlichen Verschlechterung im laufenden Pontifikat.
Aber ihre Autoren sind keinesfalls Widersacher von Papst Franziskus. Das erste Buch wurde von Andrea Riccardi, Kirchenhistoriker und Gründer der Gemeinschaft von Sant´ Egidio geschrieben, der großen Einfluß auf den Papst hat, der ihn oft in Privataudienz empfängt und ihm -u.a. die Leitung des malerischen interreligiösen Gipfeltreffens auf der Piazza del Campidoglio am vergangenen 20. Oktober übertragen hat. Während das zweite Buch von einer neu gegründeten Vereinigung namens "Essere qui" geschrieben wurde, dessen Nr. 1 Giuseppe de Rita , Gründer von CENSIS ist, Dekan der italienischen Soziologen, wie auch Protagonist einer Periode des postkonziliaren Katholizismus, der sein Schlüsselerlebnis 1976 bei einem größeren Kirchentreffen für "Evangelisierung und menschliche Förderung" hatte.
In seinem Buch schlägt De Rita genau den groben Rahmen dieser lange vergangenen Konferenz als Modell für die heutige Kirche vor - als-seiner Meinung nach- das Gegenteil von dem, wie er es sieht, was Johannes Paul II und Benedikt XVI mit ihrem sterilen Bestehen auf Evangelisation allein getan haben sollen, während die Förderung der Menschen und das Netzwerk sozialer Beziehungen vernachlässigt wurden.
In der Zwischenzeit aber- hat nicht nur die Säkularisierung einen großen Teil des Katholizismus verdorren lassen-besonders im Westen- sondern auch jene anthropologische Revolution verbreitet, die das Denken über Geburt, Procreation, Tod, freien Willen- mit einem Wort die wahre Idee vom Menschen- radikal verändert hat, weit entfernt von dem der Bibel, meisterlich vom schönsten Dokument ans Licht gebracht, das vielleicht in den letzten Jahren vom Hl. Stuhl produziert wurde, und unter dem Titel "Was ist der Mensch?" von der päpstlichen Bibel-Kommission unterzeichnet wurde.
Zur Herausforderung, die diese anthropologische Revolution und die Antwort der Kirche darstellen, steht wenig bis gar nichts in beiden Büchern. Ihr analytischer Horizont ist eng, während das, was auf dem Spiel steht, epochal ist, analog zu "Das Christentum der ersten Jahrhunderte" , das auch ohne Assimilierung oder eine Trennung von einer weitgehend fremden und feindlichen Umwelt in der Lage war, in eine sehr kritische Beziehung zu treten und zur gleichen Zeit einen außerordentlichen kulturellen Einfluß auf die Gesellschaft im christlichen Sinne auszuüben.
Man sollte festhalten, daß der Autor des ersten Buches, Riccardi, auch führendes Mitglied der "Essere qui"-Vereinigung ist, die für das zweite Buch verantwortlich ist- zusammen mit anderen Persönlichkeiten wie Romano Prodi, früherer Präsidenten der Europäischen Kommission, Chef der italienischen Regierung, Gennaro Acquaviva, Mitarbeiter am Konkordat zwischen dem Hl. Stuhl und Italien von 1984, und Ferrucio De Bortoli, früherer Herausgeber der führenden italienischen Tageszeitung "Corriere della Sera".
Alle präsentieren sich selbst als "think tank", der der Kirche auf ihrem Weg angeboten wird. Ohne irgendeinen Teil des aktuellen Pontifikates zu kritisieren, aber auch ohne es zu loben. Sie sprechen wenig und ausweichend darüber, als ob sie sich von einem Weg distanzierten, der jetzt sein Ende gefunden hat. Was genau ihre Voraussetzung dafür ist, über den zukünftigen Papst zu argumentieren.
Franziskus ist eine bekannte Größe. Er hat seine Favoriten für die Nachfolge. Der erste ist der philippinische Kardinal, -von mütterlicher Seite ein bißchen chinesisch, Luis Antonio Tagle, Präfekt von "Propaganda Fide" und aus diesem Grund einer der bekanntesten Kardinäle der Welt.
Für Tagle- wird eingewandt- gibt es das Hindernis des Alters, er ist 64 Jahre alt und könnte deshalb den wählenden Kardinälen zu lange regieren können, um auf ihn zu setzen. Aber vor allem wird er als Jorge Mario Bergoglio zu nahe stehend betrachtet wird, um nicht durch die vielen Klagen über das aktuelle Pontifikat überwältigt zu enden, die unausweichlich bei einem zukünftigen Konklave ans Licht kommen werden.
Aus diesem Grund hat Tagle sich seit einiger Zeit bedeckt gehalten, er der in den frühen Jahren dieses Pontifikates so aktiv und gesprächig war. Er bewahrt vorsichtig seinen Abstand, umso mehr, als das Pontifikat am Ende ist und seine Fehler zunehmend offensichtlich werden.
Tagle hat besonders schlau- der Interpretation des II. Vaticanischen Konzils als Bruch und Neuanfang einen Dämpfer aufgesetzt- so wie er es während seines Theologie-Studiums in New York in der Schule von Joseph Komonchak in der gelernt, und sich dann hingesetzt hat, um unter seiner Unterschrift- ein Schlüssel-Kapitel der Geschichte des Konzils zu schreiben, von der Fr. Giuseppe Dossetti und Giuseppe Alberigo gegründeten"Schule von Bologna"produziert.
Ein anderer Kardinal, der Franzikus lieb ist, ist der Deutsche Reinhard Marx, 68, der 2013 vom Papst in eine kleine Gruppe von Kardinälen eingebunden wurde, berufen um ihm bei der Regierung der Universalen Kirche zu helfen und in die Kurie in die Leitung des Wirtschaftsrate gerufen.
Es ist wahr, daß der in Deutschland in Gang gesetzte "Synodale Weg" -zu dessen Förderern Marx gehört- Franziskus wegen seiner spalterischen Ziele ernsthaft beunruhigt. Aber der Papst behält den Kardinal weiter in seiner Nähe und plant vielleicht, ihn mit dem Bremsen des Abdriftens zu beauftragen.
Aber allem Anschein nach plant Marx, sein eigenes Spiel zu spielen und sich aus der Nähe zu Bergoglio zu distanzieren, die ihm bei einem Konklave schaden könnte. Er hat den Vorsitz der deutschen Bischofskonferenz niedergelegt und vor allem- indem er eine kollektive Verantwortung der Bischöfe für den Skandal des sexuellen Mißbrauchs feststellte - hat er seinen Rücktritt als Erzbischof von München und Freising angeboten.
Der Papst hat den abgelehnt, aber einige Beobachter haben den Schritt des Kardinals als auf die Selbsternennung für die Nachfolge ausgelegt interpretiert- natürlich für ein Pontifikat, das eine drastische Überschreibung des "Römischen Katholizismus" darstellen würde- in Folge seines säkularen antirömischen Komplexes der Katholischen Kirche in Deutschland - die immer durch die Anpassung an den Protestantismus versucht ist.
Dann sind da die Kardinäle, die Franziskus am verhaßtesten sind. Angelo Becciu ist ihm so unerträglich, daß er ihn vor 10 Monaten -ohne jede Erklärung und ohne gebotenen Prozess brutal seines Amtes enthoben hat, einschließlich des Zugangs zum Konklave.
Eigentlich war Becciu nie papabile, aber wohl ein Großwähler, dank seiner Mitgliedschaft im internationalen Netzwerk von Kardinälen und Bischöfen, die Freunde der Focolare-Bewegung sind, einer der kirchlichen Lobbies, die sehr nützlich sind, um einen Konsens zu erreichen. Franziskus hat auch das Netzwerk entwaffnet, das zu ihm aufsah.
Pietro Parolin ist ein anderer Kardinal, bei dem Bergoglio beigetragen hat, ihn von der Liste der Papabili zu entfernen. Aber eigentlich hat Parolin schon viel eigene Mühe darauf verwendet, diejenigen zu enttäuschen, die ihn zuerst als wünschenswerten Nachfolger gesehen haben, fähig das Kirchenschiff auf den richtigen Kurs in dem von Papst Franziskus ausgelösten Sturm und sein Abdriften zurück zu bringen, ohne den Geist zu verraten.
Tatsächlich - weil jeder das Chaos im Staatssekretariat unter seinem Management sehen kann,-ist es schwer sich vorzustellen, daß er fähig ist, die Kirche zu regieren, die eine unvergleichlich größere und komplexe Realität ist. Gar nicht zu reden von der Kette des Versagens seiner diplomatischen Initiativen- "in primis" mit China.
Statt dessen - sind unter den moderaten jene, die einen Kardinal wie den Ungarn Péter Erdö, 69, gern auf dem Stuhl Petri sehen würden, den Erzbischof von Esztergom und Budapest und seit 10 Jahren Präsident des Rates der Europäischen Bischofskonferenz, bei vielen hoch angesehen, weil er die zweifache Familien-Synode mit Weisheit und Festigkeit geleitet hat- bei der er General-Relator war, gegen die Befürworter von Scheidung und der neuen homosexuellen Moral.
In zwei Monaten wird Erdö dem 52. eucharistischen Kongress in Budapest vorsitzen und Papst Franziskus wird dorthin fahren, um am 12. September die Abschlussmesse zu zelebrieren. Das wäre eine großartige Gelegenheit, ein Licht auf ihn als eine hochqualifizierte Persönlichkeit im Kardinalskollegium zu werfen- mit vielen Talenten, um als Papst gewählt zu werden.
Tatsache ist aber, daß Bergoglio jeden Trick in seinem Buch ausprobiert hat, um seine Reise nach Budapest herunter zu spielen und einen Schatten auf diesen seinen möglichen- vor allem aber gefürchteten- Nachfolger zu werfen. Er hat zuerst einen -dann auf 4 Tage erweiterten- Besuch der benachbarten Slowakei hinzugefügt und auf diese Weise seine Anwesenheit beim Eucharistischen Kongress auf einen hastigen Zwischenstopp reduziert (...).
Ein Nachfolger wie Erdö würde das Papsttum sicher in die Bahn von Johannes Paul II und Benedikt XVI zurückbringen, was bedeutet, daß sie -laut der beiden Bücher, als diejenigen gesehen werden, die die glückliche Verflechtung zwischen Kirche und Gesellschaft, zwischen Evangelisierung und menschlicher Förderung der ersten postkonziliaren Zeit unterbrochen haben.
Weil es dagegen Riccardi & Co sind, die den richtigen Kandidaten hätten. Das ist Kardinal Matteo Zuppi, 66, Erzbischof von Bologna und Großneffe eines anderen Kardinals, Carlo Confalonieri (1893 -1986) der sowohl Sekretär von Papst Pius XI war, als auch mit Riccardi zusammen Mitbegründer der Gemeinschaft von Sant´ Egidio, zweifellos der mächtigste, einflußreichste und allgegenwärtige katholische Lobbyist der vergangenen Jahrzehnte auf weltweiter Ebene.
Als allgemeiner kirchlicher Assistent der Gemeinschaft von Sant´Egidio und bis 2010 Gemeindepfarrer in der Römischen Basilika in Santa Maria in Trastevere- wie auch als Weihbischof von Rom- in dem Jahr als Zuppi sich selbst im Zentrum eines unvergleichlichen Netzwerkes von Personen und Events auf globaler Ebene -sowohl religiös und geopolitisch-von den Friedensabkommen in Mozambique in den Jahren 1990-1992 bis zur heutigen Unterstützung des Geheimabkommens zwischen dem Hl. Stuhl und China, von den interreligiösen Treffen in Assisi bis zu den humanitären Korridoren für Immigranten aus Asien und Afrika in Europa.
Nachdem sie sich wie ein Chamäleon an die beiden Pontifikate von Karol Wojtyla und Joseph Ratzinger angepaßt hatte, hat mit Franziskus die Gemeinschaft von Sant´ Egidio mit Vincenzo Paglia als Leiter des Vaticanischen Institutes für Leben und Familie, mit Matteo Bruni an der Spitze des Presse-Büros und vor allem mit Zuppi -an die Spitze er Erzdiözese Bologna befördert-, zum Kardinal gemacht und jetzt auch im Rennen um den Vorsitz der Italienischen Bischofskonferenz ihren Höhepunkt erreicht.
Der Weg von diesem Punkt zu seiner Wahl zum Papst ist keineswegs sicher, steht aber ernsthaft auf der Tagesordnung. Umso mehr mit einem in Unordnung befindlichen Kollegium der Kardinalwähler -unsicher in ihren Ansichten und leicht zu lenken von einer Lobby - nicht von Kardinälen - wie die legendäre St.Gallen-Mafia, die die Wahl Bergoglios erleichtert haben soll - aber sicher eine einflußreichere und entschiedenere- weil sie als Namen "Gemeinschaft von Sant´Egidio" hat.
Zuppi läßt sich gern "Straßenkardinal" nennen- wie in der Dokumentation, die er schon in Umlauf gebracht hat und er war so schlau, das Vorwort zu einer italienischen Ausgabe des pro-LGBT-Buches des Jesuiten James Martin zu schreiben, der Papst Franziskus so lieb ist.
Aber das ist auch alles. Wie die beiden zuvor zitierten Bücher beweisen, ist die Zeit gekommen, sich vom regierenden Papst zurückzuziehen- wenn man darauf abzielt, ihm zu folgen. Nachdem man alle Vergünstigungen ausgenutzt hat, könnte die Sant´Egidio-Lobby beschlossen haben, Franziskus wegzuräumen. Die Kirche brennt, die Herde ist verloren, es ist Zeit für einen neuen Papst. Die beiden Büchern zeichnen sein Profil auf ihre Weise. Zu dumm, daß ihm die Abwesenheit jeglichen Programms für die Herausforderungen, denen die Kirche heute begegnen muß, in beiden Büchern, ihm nicht helfen wird. "
Quelle: S. Magister, Settimo Cielo
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