Sonntag, 20. Februar 2022

Kardinal Barbarin zu den Hintergründen der falschen Beschuldigungen gegen ihn

Wie man mit dem Mißbrauch des Mißbrauchs einen verdienten Kirchenmann mit großer Ausstrahlung und segensreichem Wirken auf einen Schlag per Rufmord seines Ansehens und aller Möglichkeiten berauben kann. Daß das gezielt passierte und passiert- beweisen u.a. nicht nur die causa Pell und vor kurzem die Jagdszenen aus Oberbayern gegen den Papa emeritus sowie die Dauerhatz gegen Kardinal Woelki, Dazu hat jetzt der frühere Erzbischof von Lyon Kardinal Barabarin Stellung bezogen. Nico Spuntoni kommentiert bei La Nuova Bussola Quotidiana. 

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"BARBARIN: DIE FALSCHEN BESCHULDIGUNGEN GEGEN MICH SIND EIN ANGRIFF AUF DIE KIRCHE"

"Auch wenn ich in den Fällen, die lange bevor ich nach Lyon gekommen  bin, passiert sind, freigesprochen wurde, bleibt mein Name mit dem priesterlichen Pädophilie-Skandal verbunden. " Vielleicht haben sie mich so für den Sieg der Manif pour Tous bezahlen lassen, aber ein Parlament hat nicht das Recht die Naturordnung zu ändern" "Es ist mir danke der vielen Gebete der vielen Freunde gelungen, wieder aufzustehen." " Der Brand von Notre Dame hat die Verbindung der Franzosen mit der Kirche verändert." Das sagt der frühere Erzbischof von Lyon, heute Kaplan bei den Kleinen Schwestern der Armen in einer kleinen Diözese. 

Im vergangenen April hat- zu allgemeinem Schweigen- das französische Kassationsgericht die Berufung von acht Zivilparteien gegen das Urteil des Berufungsgerichts zurückgewiesen, das Kardinal Philippe Barbarin im Januar 2020 von der Anschuldigung frei, den Priester Bernard Preynat zwischen 1971 und 1991 begangenen sexuellen Missbrauch an Minderjährigen vertuscht zu haben. Der ehemalige Erzbischof, der erst 2002 nach Lyon gekommen war, kam erhobenen Hauptes aus einem Rechtsstreit heraus, der ihn nicht wenig auf die Probe gestellt hat und dessen Ursprung eine in der transalpinen Republik beispiellose Medienkampagne war. Nach seinem Rücktritt von der Leitung der Diözese von Lyon ist Barbarin heute einfacher Kaplan in einem Mutterhaus der Nonnen in Saint-Pern. Sein Leiden als zu Unrecht Angeklagter und seine Nähe zum Leiden der Opfer von Preynat hat er in einem Buch "En mon âme et conscience“ beschrieben, das vor zwei Jahren in Frankreich veröffentlicht wurde. 

Danach kehrte er in aller Stille zurück und widmete sich nur seiner priesterlichen Mission bei den Schwestern von Saint-Pern, bei den Alten, den Armen und den Seminaristen. Letzte Woche hörten wir in Italien erneut von ihm und der Preynat-Affäre, nachdem eine überregionale Zeitung den Brief veröffentlicht hat, den ihm der damalige Sekretär der Kongregation für die Glaubenslehre, der derzeitige Kardinalpräfekt Luis Ladaria Ferrer, zusandte. Die französische Justiz hat jedoch mit zwei Sätzen endgültig anerkannt, daß Barbarin in keiner Weise versucht hat, die Verbrechen des pädophilen Priesters zu vertuschen. Der Kardinal erklärte sich bereit, mit La Nuova Bussola Quotidiana zu sprechen, um seine mediengerichtliche Tortur nachzuzeichnen.


Wie sehr hat Ihre aktive Teilnahme an den Demonstrationen "Manif pour tous“ das Lynchen in den Medien beeinflusst, dem Sie zum Opfer gefallen sind? Haben sie Sie für diesen Sieg bezahlen lassen?

"Es wurde viel gesagt, aber wer kann das beweisen? Einige "unterstützende" Artikel haben die Verbindung hergestellt. Zunächst möchte ich klarstellen, daß ich mit vielen homosexuellen Menschen befreundet bin; viele von ihnen würden zustimmend auszusagen. Wie alle seine Jünger bittet mich der Herr, all jene zu lieben und ihnen zu dienen, die er mir in den Weg stellt, ohne jemanden zu verurteilen. Aber wenn uns das erste Buch der Bibel sagt, daß "der Mann seinen Vater und seine Mutter verlassen und sich seiner Frau anschließen wird, und sie werden ein Fleisch sein“, dann sehe ich nicht ein, warum ein Parlament plötzlich das Recht hat, die Bedeutung des Wortes "Ehe“ zu ändern. Ich hatte wie andere gesagt, daß die gesamte Gesellschaft aufgebracht sein würde, wenn wir diese Bastion der Ehe berühren würden. Jemand lachte über diese Aussage, die damals als „alarmistisch“ galt. Weniger als zehn Jahre später stellen wir fest, daß Gerichtsentscheidungen „Mehreltern“-Situationen normalisieren und dass die Leihmutterschaft vor unserer Haustür steht. Außerdem halte ich fest, daß wir uns in einer Demokratie befinden und daß wir in diesem Zusammenhang das Recht haben, unsere Zustimmung oder Ablehnung zu einem Gesetzesentwurf und auch zu einem geltenden Gesetz zum Ausdruck zu bringen. Manchmal kommt es vor, daß dieselben Abgeordneten ein erst kürzlich von ihnen beschlossenes Gesetz verändern wollen. Das ist der aktuelle Fall in der Nationalversammlung beim Euthanasie-Gesetz, das erst vor fünfzehn Jahren einstimmig vom französischen Parlament verabschiedet wurde und das viele Abgeordnete nun ändern wollen."

Hatten Sie jemals den Eindruck, daß auf der Anklagebank mehr die Kirche als Barbarin saß?

"Von Anfang an war die Kirche auf der Anklagebank. Als AD 64 der große Brand von Rom stattfand, waren die Christen gerade erst angekommen und Nero beschloss, daß es ihre Schuld war, die bezahlen mußten. Aber nicht alle Anschuldigungen sind gefälscht oder ungerecht. Das zeigt -leider- die in letzter Zeit durchgeführte Bearbeitung der von Priestern und Laien in der Kirche und im Rest der Gesellschaft begangenen Verbrechen der Pädophilie. Meine Zeit auf der Anklagebank ist nur eine Nebensache, die nichts am Weg der Kirche auf ihrem Weg zur Säuberung und Reform, der noch im Werden ist, ändert. Die Hauptsache muß erst noch kommen. Das bekräftigen wir im Credo,: nach den vielen "credo" endet es mit einem wunderbaren "aspetto" . Ja, "die Auferstehung der Toten und das Leben in der kommenden Welt- ist unsere ganze Hoffnung!"

Im Buch berichten Sie, daß man Ihnen auf der Straße manchmal "Pädophiler" nachruft. Wie ist es Ihnen gelungen, das alles zu ertragen? Passiert das noch heute, trotz des Freispruchs? 

"Im Februar 2016, zu Beginn dieses Mediensturms, hat sich die letzte Seligpreisung in meinem Gebet verfestigt. "Selig seid Ihr, wenn sie euch um meinetwillen schmähen und verfolgen und euch alles lügnerische nachsagen. Freut euch und jubelt , denn euer Lohn ist groß im Himmel. (Mt5,11-12) Was auch der Hl. Paulus schreibt: " Freut euch alle Zeit. Betet ohne Unterlass! Dankt für alles" ( 1. Th. 5, 17-18) 
Sicher, es ist nicht immer leicht gewesen. Im Grunde glaube ich, daß es mir Dank der Gebete so vieler Freunde gelungen ist, wieder aufzustehen und meine Aufgaben zu erfüllen. Das heißt auch, daß ich auf der Straße sowohl in Lyon als auch in  Paris oft von Menschen angesprochen worden bin, die mich erkannt und mir gesagt haben "wir beten jeden Tag für dich,,,Zähle auf uns!" Heute haben sich die Dinge beruhigt, aber viele erinnern sich mehr an meine Verurteilung in erster Instanz als an de Freispruch am Ende. Auch wenn das Kassationsgericht die Entscheidung im Revisionsprozess bestätigt hat, über das die Medien kaum berichtet haben, bleibt mein Name mit dem priesterlichen Pädophilie-Skandal verbunden, was wirklich infam ist! Fälschlicherweise glauben die Leute, daß ich während meines Episkopates pädophile Taten vertuscht habe. Wenige wissen, daß es sich um Taten handelte, die 20 Jahre von meiner Ankunft verübt wurden und von dem behandelt wurden, der 3 Amtsperioden vor mir die Diözese geleitet hat!" 

Ist es wahr, wie Sie im Buch schreiben, daß sich nach dem Brand der Kathedrale Notre Dame die Stimmung gegenüber der Kirche in der französischen Gesellschaft geändert hat? Nach den Beleidigungen, die Sie am eigenen Leib wegen des Pädophilie-Skandals  erlebt haben, ist man zu mitfühlenden Worten übergegangen? 

"Mehrere Priester, besonders aus Paris, haben mir gesagt, daß sie - während dieser Fälle von Pädophilie und lange Zeit danach auf der Straße öffentlich beleidigt und verhöhnt wurden. Aber der Ton hat sich nach dem Schock des Feuers in  Notre Dame geändert. So daß jetzt- im Gegenteil- jene, die einen Priester auf der Straße erkannten, anhielten, um ihr Mitgefühl für dieses innere Wunde auszudrücken, die dieses beeindruckende Ereignis für sie darstellte: die Flammen, der Fall der Turmspitze, die Bedrohung des Nordturms, das enorme Risiko, das die Feuerwehrleute eingegangen sind ...! Die ganze Welt zitterte und vibrierte vor diesem Spektakel, und niemand hat diesen Abend des Karmontags 2019 vergessen. Und ich dachte, es manifestiert die erstaunliche Wahrheit des Marienwortes, das wir abends zur Vesper im Magnificat singen: "Alle Geschlechter werden mich selig preisen“! Im Herzen berührt, erinnerten sich die Franzosen plötzlich an ihre christlichen Wurzeln und ihre Hoffnung."

Sie haben beschlossen, die Einkünfte durch das Buch den Opfern pädophiler Priester zu spenden und haben zugegeben, daß sie die Ersten sind, für die Sie jeden Tag beten, Hatten Sie die Möglichkeit einige der Opfer von Preynat persönlich kennen zu lernen?

"Seit langer Zeit, jedesmal. wenn ich einen Vertrag mit einem Verleger unterschreiben mußte, sind die Autorenrechte direkt an die Diözese Lyon gegangen. So daß. als die Bitte der Opferverbände um mein Buch "En mon âme et conscience" kam- nicht ich es war, der entscheiden mußte. Es war die Diözese Lyon, für die ich nicht mehr verantwortlich war, die entschieden hat, daß dieses Geld an die Opfer gehen soll, das schien mir eine gute Antwort zu sein.
Was das Morgengebet betrifft, ja, ich habe auf die Rückseite einer Karte, die Christus am Kreuz darstellt, die Namen der Opfer geschrieben, die mich vor Gericht brachten, und vieler anderer, die sich meldeten oder die ich später kennen gelernt habe. Im Laufe der Jahre haben wir immer besser verstanden, daß diese kriminellen Handlungen eine unvergleichliche Wunde verursachen, von der einige sagen, daß sie nicht heilen kann. Ich freue mich, daß die Kirche in vielen Ländern einen Weg der Wiedergutmachung einschlägt; das ist Gerechtigkeit. Wir müssen auf jeden Fall zum Herrn beten, daß er in jedem der Opfer alles heilt, was er kann und was geheilt werden muss." 

Vor einigen Monaten hat Papst Franziskus in Assisi Ihnen öffentlich dafür gedankt, da Sie die "Erfahrung von Verlassenheit und Misstrauen mit Würde ertragen zu haben". Sie waren auffallend bewegt. Haben Sie sich jemals von der Kirche im Stich gelassen gefühlt?

"Die Zeit, die ich erlebt habe, hat viele Beziehungen deutlich gemacht: Einige Freundschaften haben sich gefestigt, andere sind verschwunden. Diese Art von Prüfung fungiert als Detektor. Aber die Kirche ist meine Mutter und meine Familie, und ich hätte nie gedacht, daß sie mich verlassen hätte. Mehrere Bischöfe kamen extra nach Lyon, um ihre brüderliche Unterstützung zu zeigen. Was Papst Franziskus betrifft, von dem ich meine Mission erhalten habe, so bin ich ihm sehr dankbar für sein anhaltendes Vertrauen  trotz des Schrecklichen, das über mich gesagt wurde. An diesem von der Vereinigung "Fratello“ organisierten Treffen in Assisi haben 500-600 arme Menschen aus ganz Europa teilgenommen, und wir standen auch in Kontakt mit mehr als 20.000 anderen, an die der Papst eine besondere Botschaft gerichtet hat. Wir haben diesen Wunsch schon vor langer Zeit ausgesprochen. Ein Treffen mit Franziskus in der Stadt des Hl. Franziskus mit den Armen vieler Länder war wirklich ein schönes Zeugnis! Und es musste ganz nah zum  "Welttag der Armen“ (WPD) sein. Der Papst bittet jeden Bischof, an diesem Tag in seiner Diözese zu sein, die Armen willkommen zu heißen, zu beten und mit ihnen zu essen. Da er also am Sonntag in Rom sein wollte, stimmte er zu, am Freitagmorgen in Assisi bei ihnen zu sein. Er hatte geplant, Etienne Villemain öffentlich zu danken, weil er der Organisator des JMP war, den Franziskus am Ende des "Jahres der Barmherzigkeit“ angekündigt hatte. Dann sagte er ein Wort über mich, weil er mich gesehen hatte, bevor er Ste Marie des Anges betrat, aber wir haben verstanden, daß es unerwartet war! Offensichtlich hat mich das bewegt ... und mich sogar in Verlegenheit gebracht; Trotzdem ging ich am Ende des Treffens zu ihm, um ihm zu danken. "

Mit nur 71 Jahren sind Sie, obwohl Kardinal, heute ein einfacher Seelsorger. Wie hat sich Ihr Leben im Vergleich zu Ihrer Zeit als Erzbischof von Lyon verändert?

"Heute bin ich Kaplan im Mutterhaus der Kleinen Schwestern der Armen in Saint Pern, zwischen Rennes und Saint-Malo. Diese Schwestern haben die Berufung, sich den ärmsten älteren Menschen zu widmen, und jede ihrer Strukturen heißt "Ma Maison". Für mich war das Wichtigste, einen echten priesterlichen Dienst zu finden, einfach und von dem ich wusste, wie man ihn ausübt. Ich hatte Zeit, darüber nachzudenken, und ich habe eine Wahl getroffen, als mir verschiedene Vorschläge unterbreitet wurden. Ich halte auch einige Kurse am Séminaire Saint-Yves in Rennes ab und werde oft gebeten, Exerzitien für verschiedene Gruppen von Seminaristen, Nonnen, Laien und Priestern zu predigen ... Offensichtlich ist es ein ganz anderes Leben und eine ganz andere Sendung als die, die ich  in Lyon hatte. Aber was mir gefällt, ist, daß es wirklich ein priesterlicher Dienst ist, mit seinen Freuden und Nöten. Ich bin in dieser Diözese als Bruder willkommen und bin Bischof d'Ornellas sehr dankbar, der dies ermöglicht hat. Wie der heilige Ignatius sagt, müssen wir Gott lieben, in Gesundheit wie in Krankheit, in Reichtum wie in Armut; das Wichtigste ist, jeden Tag seinen Willen zu "wählen“. Gestern war ich Erzbischof von Lyon, heute bin ich Nonnenseelsorger ... ein Priester, ein Christ, der, wenn er gefragt wird, auf dem Weg zum Königreich, voranschreitet."

Quelle: N.Spunoni, LNBQ, Kard. Barbarin

 

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