Mittwoch, 22. Juni 2022

Fr. Hunwicke spricht...

bei liturgicalnotes anläßlich der bevorstehenden jährlichen akademischen Auszeichnungen über die seiner Meinung nach drei witzigsten Bücher der Literaturgeschichte, die Metamorphosen von Ovid, "The Loved One" von Evelyn Waugh und "Zuleika Dobson" von Sir Maximilian Beerbohm. 
Hier geht´s zum Original:  klicken

                        ENCAENIA ... UND ANDERES...

Während wir in unserer mottenzerfressenen roten Seide aufbrechen, um die Encaenia zu feiern, kommen uns Witze in Lateinischer Sprache in den Sinn.

Ich habe keinen Zweifel, daß das witzigste Buch, das je geschrieben wurde Ovids Metamorphosen ist. Aber ich gehe nie herum, um es anderen als Lektüre zu empfehlen. Wenn Sie nicht Lateinisch sprechen und die Lateinische Literatur sehr gut kennen, können Sie Ovid nicht lesen. Sein Humor hängt zutiefst von Kleinigkeiten von Grammatik, Vokabular, Wortfolge des Lateinischen ab, vom Spiel mit den Genres und dem Gebrauch von boshaft schelmischer Intertextualität und Persiflagen, so daß Sie, wenn Sie eine Übersetzung kaufen und lesen, nicht Ovid lesen.  Ja...Sie werden eine nett in englischer Sprache (oder jeder anderen) geschriebene Sammlung Griechischer Mythen in der Hand halten, wirklich sehr lesbar, viel lesbarer als der größte Teil des Zeugs in den Buchläden...aber Sie haben keinen Ovid. 

Nach den Metamorphosen würde ich als die nächsten beiden als je in irgendeiner Sprache geschriebenen Bücher betrachten (ich nehme an, daß ich auf meine hochtrabende Art wirklich meine "die ich je gelesen habe) - "The Loved One" von Evely Waugh; und "Zuleika Dobson" von Sir Maximilian  Beerbohm. Dazu habe ich eine Terminologie-Frage, zu der ich Spezialisten für englische Literatur um Hilfe bitte möchte. 

The Loved One beginnt mit dem Treffen zweier Engländer in einem weit entfernten und barabrischen Land zum Whisky Soda bei Sonnenuntergang.; vor einem Hintergrund trockener Sommergeräusche, den Stimmen der Frösche, der kratzenden Zikaden und dem immer anwesenden Puls der Musik aus den benachbarten Hütten der Eingeborenen fühlen sie sich wohl. Zu Zeiten des Empires sind sie das Gegenstück zu unzähligen ausgewanderten Landsleuten.

Außer...daß das nicht das ganze Bild ist.

Zurück nach Oxford im Sommer...In Zuleika Dobson, bringt die wunderschöne Zuleika die gesamte leidenschaftlich-männliche Schar der Studenten der Universität Oxford zum Massenselbstmord durch Ertrinken in der Themse. Was wäre angemessener (und literarischer) als diese Große Reue, die sie dann dazu veranlassen könnte, sich ihnen in ihrem Wässrigen Schicksal anzuschließen?
Also: "Und Zuleika? Sie hatte etwas Weises getan und war da, wo zu sein, für sie am besten war. Ihr Gesicht lag nach oben gerichtet an der Wasseroberfläche, rundherum Massen ihres dunklen Haares, halb schwimmend, halb versunken. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Lippen geöffnet...was war ihr jetzt die Liebe, zu der sie inspiriert hatte..."

Außer... daß das nicht das ganze Bild ist. 

Ich sage nicht mehr. Meine Lippen sind versiegelt. Ich weigere mich, diese Werke von exquisitem komischen Genius (in Kombination  mit dem Tod) für die literarisch Jungfräulichen unter Ihnen zu verderben, die - glückliche Seelen-,  noch das Privileg haben, sich ihnen frisch und unbefleckt zu nähern. 

Ich nehme an, daß dieser Kunstgriff eine ziemlich barocke Weiterentwicklung des Topos ist, den wir Klassizisten auf unsere düstere Art "para-prosdokian" nennen. Aber ich bin sicher, daß Sie, die Spezialisten für Englische Literatur, wie immer angeheizt von der Lektüre von Frank Kermode, einen treffenderen Fachbegriff dafür haben.

Ja? "

Quelle:liturgicalnotes, Fr. J. Hunwicke

*para prosdokian = "unvorhergesehen"  Redewendung deren Schluss unerwartet oder überraschend ist und zum Überdenken des Textes führt, häufig von Komikern und Satirikern verwendet.

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