Donnerstag, 7. Juli 2022

Ein schwerer Fehler in der Perspektive...

so nennt Stefano Fontana in einem Beitrag für La Nuova Bussola Quotidiana die Sichtweise des Papstes auf die Chinesische Volksrepublik und das Geheimabkommen zur Ernennung der Bischöfe- nach Art der alten "Ostpolitik" des Vaticans.
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"DER PAPST UND CHINA: EIN SCHWERER FEHLER IN DER PERSPEKTIVE"

In seinem Interview mit Reuters segnet Papst Franziskus das Abkommen mit China zur Ernennung von Bischöfen und lobt die Ostpolitik nach dem Vorbild von Kardinal Casaroli in den 60er und 70er Jahren. Aber diese diplomatische Erfahrung war ein Misserfolg für die Kirche, und das Gleiche geschieht jetzt mit China.

Die "stückweise" Veröffentlichung des Interviews, das Papst Franziskus Reuters gegeben hat, wird fortgesetzt und beantwortet Fragen des Korrespondenten Philiph Pullella. In der "Episode" vom 5. Juli ging es um China. Franziskus hofft, daß das geheime Abkommen zwischen dem Vatikan und der chinesischen kommunistischen Regierung, das 2018 unterzeichnet wurde und im kommenden Oktober ausläuft, erneuert wird, da es seiner Meinung nach bisher gut gelaufen ist (eine ähnliche Einschätzung vertritt der Sprecher des Außenministeriums, Zhao Lijian).

Franziskus hat sich somit einer historischen Bewertung der diplomatischen Politik der Offenheit gegenüber kommunistischen Regierungen hingegeben, die der Heilige Stuhl seit den sechziger Jahren des letzten Jahrhunderts betrieben hat, der sogenannten Ostpolitik, lobt sie und würdigt ihre Ergebnisse. Dies sind seine Worte der Genugtuung: "Viele haben so viele Dinge gegen Johannes XXIII., gegen Paul VI., gegen Casaroli gesagt ... Aber Diplomatie ist so. Angesichts einer geschlossenen Situation müssen wir nach dem Möglichen suchen, nicht nach dem Ideal, Diplomatie ist die Kunst des Möglichen und das Mögliche Wirklichkeit werden zu lassen. Der Heilige Stuhl hatte immer diese großen Männer. Aber Parolin macht das mit China."


Diese Aussagen kollidieren weitgehend sowohl mit den Nachrichten aus China als auch mit der Bewertung der Ergebnisse der Ostpolitik. Über den ersten Bereich können wir ein sehr aktuelles Beispiel geben. Wie die Agentur AsiaNews in den letzten Tagen berichtete, wurde am 29. Juni der Jahrestag der Gründung der Kommunistischen Partei Chinas in der Kathedrale von Leshan (in Sichuan) gefeiert. An der Feier nahm Bischof Lei Shiyin teil, der in seiner Predigt die Gläubigen einlud, "auf das Wort der Partei zu hören, die Gnade der Partei zu spüren und der Partei zu folgen".

Die Agentur informiert darüber, daß Monsignore Lei, nachdem er 2011 ohne päpstliches Mandat zum Priester geweiht worden war, beschuldigt wurde, eine Geliebte und Kinder zu haben, und exkommuniziert wurde; 2018 hob Papst Franziskus die Exkommunikation auf. La Bussola hat wiederholt über die großen Schwierigkeiten der chinesischen Katholiken angesichts des Projekts informiert, das darauf abzielt, Religionen zu Staatsorganen zu machen (siehe hier). Es ist nicht möglich zu verstehen, worin der Erfolg der Ostpolitik von Kardinal Parolin in China bestehen könnte.

Noch weniger ist es möglich zu verstehen, worin der Erfolg von Casarolis Ospolitik bestand. 1974 besuchte Casaroli, seit 1967 Außenminister des Vatikans, Kuba. Bei dieser Gelegenheit hatte er folgende Erklärungen abgegeben: "Die in Kuba lebenden Katholiken sind glücklich unter dem sozialistischen Regime": "Katholiken und im Allgemeinen das kubanische Volk haben nicht einmal die geringsten Schwierigkeiten mit der sozialistischen Regierung"; "die Katholiken der Insel werden in ihrem Glauben respektiert wie alle anderen Bürger""Die kubanisch-katholische Kirche und ihr spiritueller Führer versuchen immer, dem sozialistischen Regime, das die Insel regiert, keinerlei Probleme zu bereiten."

Bei näherer Betrachtung ist auch die aktuelle Sprache des Vatikans gegenüber dem chinesischen kommunistischen Regime von gleichem Tenor. Es ist nicht bekannt, ob im Geheimabkommen eine Klausel den Vatikan verpflichtet, Peking nicht zu kritisieren – das ist sehr wahrscheinlich –, aber es ist mit Sicherheit bekannt, daß der Vatikan dies nicht tut. Seit das geheime Abkommen in Kraft war, sind keine Worte der Verurteilung oder zumindest Kritik an der menschenrechtsschädlichen Politik in China zu hören gewesen, jene Menschenrechte, vor denen Johannes Paul II. feierlich erklärt hatte: "Wir werden aufstehen!".

Der Vatikan verzichtet nicht nur auf Kritik, er überhäuft sich auch mit Lob, genau wie Casaroli in Kuba. Wir alle erinnern uns, daß Erzbischof Sánchez Sorondo aus dem Vatikan genau im Jahr 2018, dem Jahr des geheimen Abkommens, bekräftigte, daß "diejenigen, die die Soziallehre der Kirche am besten verwirklichen, die Chinesen sind".

Als Casaroli diese diplomatischen Unwahrheiten über die Situation der Katholiken in Kuba äußerte, konnte man meinen, daß der kubanische Kommunismus mit der katholischen Religion vereinbar sei. Dasselbe könnte man heute über den chinesischen Kommunismus denken. Die Ostpolitik von gestern und heute fördert den Kommunismus und präsentiert ihn ohne Makel.

Als Kardinal Willebrands 1971 in die Ukraine, dann in die Sowjetunion, reiste, um den orthodoxen Primas Pimen zu treffen, musste er seine Erklärung über die Nichtigkeit der Handlung akzeptieren, mit der die Ukrainer 1595 aus dem Schisma in die katholische Kirche zurückgekehrt waren. Hat es sich gelohnt? Und hat es sich gelohnt, Kardinal Slipyjs Gründe für den Dissens auf der Bischofssynode 1971 nicht zu hören? Oder Kardinal Mindszenty 1974 aus der Erzdiözese Esztergom zu entlassen, um die Annäherung an die ungarische kommunistische Regierung zu erleichtern? Hat es sich gelohnt, während des Konzils kein Wort über den Kommunismus zu verlieren, ohne auch nur verhindern zu können, daß die sowjetischen Geheimdienste ihren Sitz in Rom haben, sogar die Diskussionen der Väter beeinflussen und die Verleumdungskampagne gegen Kardinal Wyszynski gestalten konnten (woran George Weigel in seinen Biographien über Johannes Paul II. erinnert)?

Johannes Paul II. behielt Casaroli bis 1990 im Staatssekretariat, verfolgte aber seine eigene, ganzn andere Ostpolitik. Für die frühere würde das sowjetische System immer Bestand haben und wir mussten damit leben. Für die zweite war es die Verkörperung des Bösen und es war notwendig, sich ihm zu widersetzen. Der Zusammenbruch von 1989 und 1991 gab dem polnischen Papst Recht. Selbst vom chinesischen kommunistischen Regime dürfen wir nicht denken, daß es für immer von Dauer sein wird, wie es die neue vatikanische Ostpolitik zu sehen scheint."

Quelle: S. Fontana, LNBQ

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