Montag, 11. Juli 2022

Papst Franziskus- Interviews und Kommunikation

In seiner heutigen Kolumne in Monday in the Vatican analysiert und kommentiert A. Gagliarducci anläßlich der jüngsten Interviews die Kommunikations-Strategie von Papst Franziskus.
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"HAT PAPST FRANZISKUS EINE KOMMUNIKATIONS-STRATEGIE?"

Papst Franziskus hat drei Interviews gegeben, die letzte Woche veröffentlicht wurden. Eines bei Reuters, in Abschnitten veröffentlicht; eines bei der Telam-Agentur; und eines für den Podcast von Guillermo Marcò, seinem legendären Sprecher in Buenos Aires, der daraus einen Podcast mit den Worten des Papstes gemacht hat.

Über den Inhalt der Interviews hinaus ist die Strategie von Papst Franziskus ziemlich interessant. Je mehr sich der Gesundheitszustand von Papst Franziskus verschlechterte, desto mehr war er in den Medien präsent. Je mehr vom Ende des Pontifikats die Rede war, desto mehr wollte der Papst auch mit Bild und Wort zeigen, daß er die Kirche fest im Griff hat.

Vielleicht können wir den Worten von Papst Franziskus nicht völlig trauen, wenn es wahr ist -und das ist es- daß er bei der Rückreise aus Georgien am 3. Oktober 2016 sagte, daß er das Datum für einen Besuch im von Erdbeben erschütterten Mittelitalien auswählen werde. Diese Frage wurde durch eine italienische Veröffentlichung, daß der Papst plane dort am 4. Oktober hinzufahren, veranlaßt, so daß die Antwort des Papstes die Möglichkeit, er würde am 4. Oktober dorthin gehen, auszuschließen schien. Dann - am 4. Oktober- war er pünktlich dort, als ob er nie etwas anderes gesagt hätte (der Papst hatte sogar eine Liste alternativer Daten für einen Besuch gemacht und gesagt, er habe sich gerade an den 1. Sonntag der Advents-Zeit erinner. Offensichtlich war als der Papst das sagte, der Besuch bereits geplant und festgelegt.)

Diese drei Interviews sind jedoch Teil eines komplexeren Planes, den man verstehen und entziffern muß, um das Pontifikat zu verstehen und zu interpretieren. Was sind dann also die Themen, die dieser Kommunikations-Strategie unterliegt? 

Erstes Thema ist das der Reaktion. Papst Franziskus mag nicht über seine Nachfolge sprechen, auch weil das Reden über seine Nachfolge de facto bedeutet, die Entscheidungsfähigkeit des Pontifikats zu unterminieren. Beim Treffen mit den slowakischen Jesuiten im September 2021 beklagte er sich, daß die Kardinäle -nach seiner Divertikulitis-Operation am 4. Juli 2021 -"bereits seine Beerdigung planten". 

Der Papst reagiert, wann immer er Zeichen dafür sieht, daß die Leute sich wie am Ende einer Regierungszeit benehmen. Als die französische Zeitung Le Figaro den investigativen Artikel "Ende der Regierung von Papst Franziskus" veröffentlichte,  antwortete der Papst, indem er während der Kanonisierungen am 15. Mai aufstand, um jeden persönlich zu begrüßen. 


Während die Gerüchte über einen angenommenen Tumor und seinen möglichen Rücktritt zirkulieren, vervielfacht Papst Franziskus also seine Auftritte, gibt Interviews, nimmt die Gelegenheit wahr, seine Meinung zu allem kund zu tun und beginnt sein Testament zu machen.

Das zweite Thema betrifft die Diskussion um den Papst. Die Reform der Kurie nimmt Gestalt an, abder Papst Franziskus will einen weiteren Schritt unternehmen: eine Diskussion mit den Kardinälen. Was gibt es da Besseres als ein Konsistorium? 

Zum ersten mal seit 2015, werden sich die Kardinäle treffen, um zu diskutieren und sich kennen zu lernen. Thema wird dann eben diese Kurienreform sein, Aber es wird kein Treffen sein, um Reformen vorzuschlagen sondern eines um die Reform zu zertifizieren.

Papst Franziskus hat es für August einberufen und so die Diskussion eingefroren. Inzwischen benutzt er die öffentliche Kommunikation dazu, die Botschaften auszubreiten, die er für am wichtigsten hält, im Vertrauen darauf , daß dann niemand in der Lage sein kann, seinen Reform-Ideen zu widersprechen.  

Das dritte Thema betrifft Papst Franziskus´ Wunsch beliebt zu sein. Als er in Buenos Aires war, war Papst Franziskus medienscheu und gab sehr selten Interviews. Aber als Papst, gibt es drei pro Woche, plus die unzähligen Unterhaltungen und informellen, bedeutungsvollen Scherze 

Wenn es darum geht, seine Meinung bekannt zu geben, macht Franziskus nie einen Rückzieher. Bei diesen persönlichen Äußerungen in den Medien gibt es keine Filter des Staatssekretariates.

Ein Pop-Papst also. Aber nicht nur. Er ist ein Papst, der die Kommunikation kontrolliert und will, daß alles nach seinen Plänen funktioniert. Er ist ein Papst, der einen schlauen und populistischen Gebrauch der Kommunikations-Medien macht. 

Papst Franziskus benutzt bei nicht-spaltenden Themen starke Botschaften und für die Themen mit mehr Spaltungspotential manchmal unklare Botschaften. Er ist darauf bedacht, sich selbst als den biblischen Kategorien der Armen, Waisen und Witwen nahe zu stehen. 

Das vierte Thea betrifft die Kommunikation des Hl. Stuhls. Papst Franziskus neigt nicht dazu, zu vereinen, sondern Risse zu schaffen. Diese Interviews sind häufig persönliche Initiativen des Papstes, ungefiltert und manchmal ohne, daß  das Dicasterium für Kommunikation vorher von ihnen weiß. 

Kurz gesagt, niemand managt die Kommunikation des Papstes. Es ist der Papst, der entscheidet, wann er sich zeigt. Die Aufgabe des Dicasteriums ist es, dem Lehramt zu folgen und den Hl. Vater zu unterstützen. Sie kann nicht die Planung der Kommunikation sein, weil der Papst die Entscheidungen trifft. 

Insgesamt hat alles im Vatican zwei Geschwindigkeiten: das Tempo des Papstes und das der Dicasterien, die mit einem speziellen Thema umgehen müssen. So gibt es  ein gedachtes  Narrativ der Hl. Stuhle und  ein gedachtes Narrativ des Papstes. Das ist eine Situation, die irgendwie Spaltung kommuniziert. 

Immerhin sind alle Päpste Könige gewesen. Papst Franziskus handelt eher wie einer, er allein das Kommando hat- ohne jede regierende Körperschaft. Er will nicht, daß sein Gesundheitszustand bekannt wird, will nicht hören, daß seine Nachfolge vorbereitet wird, deshalb will er Risiken auf sich nehmen. Er hat sogar kurz doppelt so viel Medizin eingenommen, um in der Öffentlichkeit gesund zu erscheinen. 

Die Interviews hatten  am Ende die Aufgabe, die Botschaft zu vermitteln, daß der Papst lebt, präsent ist und nicht aufhört, Entscheidungen zu treffen. "

Quelle: A. Gagliarducci, Monday in the Vatican

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