Donnerstag, 7. Juli 2022

Vom Geist des I. Vaticanischen Konzils

Peter Kwasniewski  hat sich bei OnePeterFive mit dem Geist des I. Vaticanischen Konzils, einen Auswirkungen, seiner Interpretation des Papsttums und des Unfehlbarkeits-Dogmas auseinander gesetzt. Hier geht´s zum Original:  klicken

"DER "GEIST VON VATICAN I " ALS POSTREVOLUTINÄRES POLITISCHES PROBLEM"

In seinem faszinierenden Buch "Vatican I: das Konzils und die Schaffung der ultramontanen Kirche" stellt John W. O ´Malley die Details der Bewegungen, Ideen, Persönlichkeiten und Ereignisse heraus, die im Ersten Vaticanischen Konzil von 1869- 1870 zusammentrafen. Meine Absicht ist hier nicht einen kompletten Bericht zu geben, viel weniger noch eine ordentliche theologische "Lösung" , sondern eher die Punkte von O ´Malleys komplizierter Erzählung zu unterstreichen, die wir fruchtbringend im Gedächtnis behalten wollen, wenn wir das Problem des "Hyperpapalismus" respektvoll diskutieren.

                      Das alte Paradigma und der Einfluss von de Maistre

In der Erzählung O ´Malleys weist das, was weithin "Gallikanismus" genannt wird, nicht so sehr auf etwas spezifisch Französisches hin als vielmehr auf einen allgemeinen Glauben im Lateinischen Christentum. Niemand hat ein Papsttum mit völlig willkürlicher und total unkontrollierter Macht akzeptiert oder gelehrt. Eher als daß die Tradition ihren Ursprung im Papsttum fand und von da aus ausstrahlte, fand sie ihren konvergierenden zentralen Focus im Papsttum. Von daher konnte die Tradition ausgehen, aber nur nachdem sie schon empfangen wurde. Es ist eine Straße mit zwei Richtungen: die Tradition fließt nach Rom hinein, wie die Tradition aus Rom herausfließt.
Der revolutionäre Geist hat eine dramatische Änderung angestoßen weg von einem historischen Verständnis des Papsttums. Die neue Sorge war: wie können säkulare Kräfte und revolutionäre Mächte kontrolliert werden? Die Antwort: durch den Papst! Der Papst war eine nicht zu überwindende Kraft gegen das Aufkommen schädlicher säkularer Mächte, die die Zerstörung der Kirche anstrebten.

Auftritt Joseph de Maistre, der den wichtigen Text "Vom Papst" (1819) schrieb, der die ultramontane Bewegung beeinflußte. In anderen Dingen war er ein gläubiger katholischer Konter-Revolutionär und Führer gegen die Hybris des Liberalismus in Europa. Er war jedoch durch alle Machtkontrollen desillusioniert. Alle Mach, die weltliche und auch die religiöse- mußte auf einen Mann reduziert werden, der befugt sein sollte, alles zu tun und den niemand in Frage stellen konnte. Schließlich setzten sich de Maistres Ideen aus praktischen Gründen durch. Was de Maistre nicht berücksichtigte, war, was passiert, wenn seine unkontrollierte einzigartige Macht selbst zum Problem wird. Für ihn gibt es keinen Rückgriff.

                                      Die Parteien beim I. Vaticanum 

Mitte des 19. Jahrhunderts waren die Gegner einer isolierten päpstlichen Unfehlbarkeit in zwei Basislager zerfallen.

Es gab die sogenannten Gallikaner, die das alte Paradigma repräsentierten, daß - während man den Bischof von Rom mit größtmöglicher Achtung begegnen wollen, er nicht als göttliches Orakel betrachtet werden sollte. Sie sahen den Papst als Mittelpunkt der Einheit mit einem einzigartigen Primat und der Lehrautorität; aber sie sahen auch -mit lokalen Unterschieden- etwas von göttlichem Ursprung, etwas auch Konstitutives der Natur der Kirche. Die Kirche reduziert sich nicht auf den Bischof von Rom, so als ob der sagen könnte "L´ Église cést moi"

Dann waren da die sogenannten liberalen Katholiken, im Verbund mit der Aufklärung und den neuen Ideen eines Liberalismus,  dessen Grundsätze sich lesen wie eine Zusammenfassung der Amerikanischen Zivilrechte: religiöse Freiheit, Rede-und Pressfreiheit, Republikanismus gegen Monarchie, Trennung von Kirche und Staat. Ihre Agenda war es, das in der Katholischen Kirche voran zu bringen und sie sahen das Papsttum als Hindernis auf dem Weg.  



Beide Parteien waren -aus verschiedenen Gründen- gegen die Ultramontanen- entschlossene Anti-Liberale, die auf ein neues Konzept von der päpstlichen Unfehlbarkeit drängten.

Hier müssen wir ausdrücklich unterscheiden zwischen Gallikanismus, als einer Art allegemeinen Denkens, nachdem es Grenzen für die päpstliche Autorität gibt und Gallikanismus als eine definierte Theorie darüber, welches diese Grenzen sind, wie sie in den Gallikanischen Artikeln von 1682 ausgedrückt wurden. Ersteres hat viel zu Empfehlenswertes; letzteres wurde als ketzerisch ausgeschlossen. Wir könnten sagen, daß die Gallikaner im großen und ganzen Recht hatten, obwohl sie in einigen bestimmten Punkten falsch lagen, während die Mehrheit des Vatikans I in einigen bestimmten Punkten, die in Pastor Aeternus definiert wurden, richtig lag, aber im weiteren Sinne falsch lag, was die effektive Bekämpfung des Liberalismus betrifft. Die traditionelle katholische Position ist dann eine Kombination der bestimmten Artikel des Ultramontanismus (d.h. Primat und Unfehlbarkeit) innerhalb des allgemeinen Rahmens, den die ältere Ansicht darstellt, die auch von denen vertreten wurde, die definitiv nicht Gallikaner im strengen Sinne waren, wie John Henry Neuer Mann.

Auf alle Fälle entwickelten sich die Dinge auf überraschende Weise. Die Unfehlbarkeits-Partei hatte ihre Definition und glaubte, daß ihre Verteidigung gegen den Modernen Liberalismus sicher war. Es kam dazu, daß die moderne Liberale Partei das Papsttum kaperte und wandte diese Macht dazu an, der gesamten Kirche den Modernen Liberalismus aufzuzwingen. Die heutigen Traditionalisten sind mit der alten traditionalistischen Europäischen Partei verwandt: sie werten den Papst als einen Diener der Tradition, nicht als einen allmächtiges, göttliches Orakel mit willkürlichen persönlichen Launen und Phantasien. Sie sehen das Papsttum als etwas, das Elemente einer "konstitutionellen Monarchie" hat, in der die Mächte innerhalb eines Gewebes von Prinzipien, Präzedenzfällen, Protokollen und Macht eingebettet ist.

Paradoxerweise ist der Papst sowohl ein absoluter als auch konstitutioneller Monarch, der niemand anders sein kann. Er ist insofern absolut als er ein Monarch ist, der nur durch Naturrecht und Göttliches Recht begrenzt ist; dennoch umschließt dieses Göttliche Recht in sich selbst eine Konstitution für die Gesellschaft, die der Papst regiert, auf eine Weise, wie das selbe Göttliche Recht keine Verfassung für Gesellschaften hat, die von einem weltlichen absoluten Monarchen regiert werden.

                                 Die Diskussion über die Definition
Es hatte ein Vorbereitungsdokument zur Ekklesiologie gegeben, die sehr viel mehr Material abhandelte als zugelassen worden war. Kurz vor Ende des Schemas geht es um die Behandlung von Unfehlbarkeit und Primat des Papstes, gefolgt von der Verurteilung der Religionsfreiheit, Trennung von Kirche und Staat, Presse-und Redefreiheit usw.
Jetzt hatten die nicht-liberalen Bischöfe den gemeinsamen Wunsch jene Doktrinen zu betone, die der Liberalismus bedrohte und die kontroversen Irrtümer zu verdammen. Diese zahlenmäßige Mehrheit schien zu glauben, dass die beste „Silberkugel“-Verteidigung gegen dieses Hydra-ähnliche Übel einfach darin bestand, die päpstliche Unfehlbarkeit zu erklären, denn schließlich konnte man dem Papst vertrauen, daß er den Liberalismus verurteilte: Roma locuta, causa finita. 
Anscheinend kam ihnen nicht in den Sinn, daß jemand daherkommen und das Papsttum selbst als Fürsprecher des Liberalismus einsetzen könnte. Also machten sich die ultramontanen Enthusiasten dafür stark, den päpstlichen Primat und die Unfehlbarkeit aus dem langen Dokument herauszuheben und sie getrennt anzusprechen; Pius IX stimmte zu. O’Malley stellt fest, daß diese Bemühungen gegen die Regeln des Konzils verstießen, was Kritiker dazu veranlasste, es als „Putsch“ zu bezeichnen (ähnlich wie damals, als die „Europäische Allianz“ die Regeln des Zweiten Vatikanischen Konzils umging, um die Kontrolle über dieses Konzil zu übernehmen).Anders als das erste Dokument Dei Filius des I.Vaticanums über Vernunft, Glauben und die Erkennbarkeit Gottes, das entweder einstimmig oder fast einstimmig angenommen wurde, stieß das Dokument über Vorrang und Unfehlbarkeit, Pastor Aeternus, auf heftigen Widerstand. Die sogenannten "Minderheiten“-Bischöfe, die sich der Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit widersetzten, zählten damals zu den angesehensten und gelehrtesten Bischöfen. O´Malley zeigt auf, daß große Teile der Diskussion über die Definition- anders als die liberale Opposition und Sorgen über die "Opportunität" ihres Timings- konzentriert auf das Problem, daß diese Unfehlbarkeit als 1. persönlich, 2. absolut und 3. separat. Sogar unter den Bischöfen, die die Unfehlbarkeit unterstützten gab es große Bemühungen klarzustellen, daß die Definition nicht bedeutete, daß dieses Charisma einfach gesagt personal, absolut und separat sind. Bischof Karl Josef von Hefele (1809 - 1893) -ein Kirchenhistoriker- weist darauf hin, daß sogar der Foliant von Leo geprüft wurde und von den Konzilsvätern überdacht wurde, bevor sie ihn approbierten. Das heißt, daß die Konzilsväter nicht grundsätzlich der Meinung, dass die Angelegenheit erledigt sei, wenn sie von Leo hörten. Vielmehr hörten sie, was Leo zu sagen hatte, wogen es ab und begrüßten es dann als katholisches Dogma.

Beachten Sie, wie sehr sich dies vom grenzenlosen Enthusiasmus der „Apologeten“ des Hyperpapalismus der Zeitgenossen unterscheidet, die sich selbst als Kritiker der traditionalistischen Katholiken darstellen und sie als Protestanten oder vielleicht Orthodoxen abschreiben. Historisch gesehen können wir sie als Papalisten im Stil von de Maistre betrachten, die darauf bestehen, daß die Autorität des einzelnen Papstes persönlich, absolut und getrennt ist. Wenn dem Papst ein Fehler zugestanden wird, würde dies (für sie) eine Fälschung für den Katholizismus darstellen. Offensichtlich ist dies nicht wahr.

            STÜTZT DIE HORMISDAS-FORMEL DEN HYPERPAPALISMUS?

Die sogenannte Formel von Hormisdas ( die das erste west-östliche Schisma, das "Acacian-Schisma" beendete, als sie 519 von den Ost-Bischöfen akzeptiert wurde), die so weit davon entfernt ist, diese Apologeten zu unterstützen, wie sie manchmal annehmen, unterstützt de facto den Standpunkt von Bischof Hefele. Die Formel lautet folgendermaßen:

Die erste Bedingung für die Erlösung ist, die Norm des wahren Glaubens beizubehalten und auf keine Weise von der bestehenden Lehre der Väter abzuweichen. Weil es unmöglich ist, daß die Worte Unseres Herrn Jesus Christus, der sagte "Du bist Petrus und auf diesem Fels will ich meine Kirche bauen" (Mt. 16:18) nicht wahr sein sollten. Und ihre Wahrheit ist durch den Lauf der Geschichte bewiesen worden, weil im Apostolischen Sitz [Rom] die Katholische Religion immer makellos bewahrt worden ist.

Betrachten wir diese Sprache. Bedingung für die Erlösung ist die "Lehre der Väter". Warum nicht die Lehre "Petri", wenn es das ist, was gemeint ist? Der Standard sind die Väter, nicht Petrus persönlich, absolut und separat. Wenn irgendetwas, dann lehrt diese Formel. daß der Papst- als Vorbedingung für seine eigene Erlösung- die Lehre der Väter beibehalten muß. Das heißt, der Papst ist nicht verpflichtet seine eigene, persönliche Lehre als Bedingung für seine persönliche Erlösung beizubehalten- was das ist, was de Maistre uns glauben machen möchte. Wie seltsam, daß von dieser Formel geglaubt werden konnte, sie bedeute, daß der Papst für sich selbst die Bedingungen für seine Erlösung festlegt, viel weniger noch die Voraussetzung für die Erlösung der gesamten Menschheit. Die Formel legt als erstes Prinzip fest, daß es die "Lehre der Väter" ist, also "Väter" in der Mehrzahl und nicht der "Hl. Vater" als Person, absolut und separat- die die Bedingung für die Erlösung ist. Diese Formel bindet den Stuhl Petri an die Lehre der Väter."

Fortsetzung folgt...

Quelle: P.Kwasniewski, OnePeterFive

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