Dr. Alexandros K. Kyrou ruft in einem Artikel für die website The Order of St. Andrew the Apostel die große Katastrophe - den Völkermord an den Griechen Kleinasiens in Erinnerung.
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"100 JAHRE SPÄTER - ERINNERUNG AN SMYRNA UND DIE GROSSE KATASTROPHE"
Der folgende Artikel ist eine düstere und traurige Reflexion des Völkermords an den Christen, der vor 100 Jahren in der Republik Türkei stattfand. Ewig sei die Erinnerung an die Opfer, die bei der großen Katastrophe in Kleinasien ums Leben kamen.
Einer der letzten Diplomaten, der Smyrna verließ ,nachdem die Türken die große anatolische Hafenstadt im Sepember 1922 in Brand gesetzt hatten, war der us-amerikanische Generalkonsul in Smyrna, George Horton.Als er über das Gemetzel und Verderben nachdachte, das von den türkischen Streitkräften - im Auftrag von Mustafa Kemal, dem Führer der nationalistischen türkischen Bewegung und Gründer der türkischen Republik begangen wurde: - Smyrnas Griechen und jede physische Erinnerung an ihre mehr als dreitausendjährige Präsenz in Kleinasien zu vernichten- schrieb Horton "einer der stärksten Eindrücke, die ich aus Smyrna mitnahm, war ein Gefühl der Scham, daß ich der menschlichen Rasse angehörte". Das Massaker und der buchstäbliche Holocaust, den Horton beobachtete, sind als "Große Katastrophe" (megali katastrophi) ins historische griechische Gedächtnis eingebrannt, ein Begriff, der den Völkernord, die Vertreibung und Auslöschung der griechischen Bevölkerung aus ihrer Heimat in Kleinasien und Ost-Thrakien seit altersher beschreibt. Dieses traumatische Ereignis wir als die größte Tragödie und das größte humanitäre Desaster erinnert, das die moderne griechische Welt betroffen hat.
Vor dem Eintritt in den 1.Weltkrieg auf Seiten Deutschlands 1914 hatte das Osmanische Reich eine griechisch-orthodoxe Bevölkerung von 2,23 Millionen. Die Griechen bildeten in der Tat die größte christliche Gemeinschaft in einem Reich, in dem Araber, Armenier, Assyrer, Griechen und andere christliche Gemeinschaften immer noch mehr als ein Viertel der Gesamtbevölkerung ausmachten. Sogar nach Jahrhunderten der Islamisierung und türkischen Assimilation der ursptünglich ganzheitlich christlichen Region, lebten ungefähr 1,5 Millionen Griechen in Kleinasien und 730.000 Griechen in den europäischen Ländern des Reiches, von denen ungefähr 350.000 in Konstantinopel wohnten (als größte ethnische Gruppe der 900.000 Einwohner der Reichshauptstadt). Bei den cirka 500.000 Einwohnern von Smyrna beherrschten die 320000 Griechen das kulturelle und wirtschaftliche Leben der Stadt und bauten durch globalen Handel für sich und ihre Stadt sowohl dynamische internationale Verbindungen als auch lebhafte inländische Netzwerke auf, die die weit verbreiteten griechischen Gemeinden in ganz Kleinasien miteinander verbanden. Vor seiner Zerstörung durch die Türken war Smyrna das größte städtische Zentrum Kleinasiens und eine der kosmopolitischsten und wohlhabendsten Städte der Welt, die im Westen als "Juwel des Mittelmeers“ bekannt war.
Dieses bemerkenswerte kosmopolitische Smyrna kam zu einem abrupten und gewaltsamen Ende mit dem Sieg der nationalistischen türkischen Truppen Kemals über die griechische Armee in Kleinasien im späten August 1922. Einem dreijährigen militärischen Kampf - ursprünglich im Interesse der Verbündeten Griechenlands im 1. Weltkrieg (Großbritannien, Frankreich und USA) gekämpft- ebenso wie für die eigenen nationalen Bestrebens Griechenlands in Anatolien- um den widerstrebenden türkischen Nationalisten den Friedensvertrag aufzuzwingen, der den 1. Weltkrieg mit dem Sieg über das Osmanische Reich beendete, wurde die griechische Armee in die Flucht geschlagen und gezwungen, sich aus Kleinasien zurückzuziehen. Auf den Fersen der sich zurückziehenden griechischen Armee drangen Kemals Truppen am 9. September 1922 in Smyrna ein und die Große Katastrophe nahm ihren Lauf.
Während der nächsten paar Tage besetzten türkische Truppen zunehmend die gesamte Stadt und schnitten alle Wege nach und aus Smyrna ab- und schloss so die einheimische griechische Bevölkerung der Stadt und die mehr als 100.000 christlichen Flüchtlinge ein, die aus ihren Häusern im Inneren Kleinasiens nach Smyrna geflohen waren, um die vorrückende türkische Armee zu überleben. Tatsächlich flohen in ganz Westkleinasien Hunderttausende griechische Zivilisten aus ihren Dörfern und Städten in die Küstenstädte der Ägäis, um den Türken zu entkommen.
Anfang September fingen die Türken an, das armenische Viertel der Stadt zu besetzen und begannen ein Massaker an den 25.000 Einwohnern der Gemeinde, indem sie das gesamte armenische Viertel in Brand steckten und verbrannten. Am selben Tag setzten die Türken ihre Pläne zur Vernichtung der Griechen der Stadt um. Während die Türken die Armenier in wenigen Tagen vernichtet hatten, erforderte die viel größere griechische Bevölkerung mehr Vorbereitung und Anstrengung, um sie auszurotten. Nach fast zwei Wochen Gemetzel, Raub, Plünderung und Terror hatten Kemals Truppen, unterstützt von jubelnden türkischen Zivilisten, Smyrna akribisch und gründlich niedergebrannt. Das gesamte griechische Viertel wurde zerstört. Kein einziges griechisches Gebäude – kein Haus, keine Kirche, keine Schule, kein Laden, kein Büro, keine Fabrik, kein Geschäft, kein Krankenhaus, keine Halle – überlebte den massiven Brand. Im Gegensatz dazu blieben das türkische Viertel und die Bevölkerung von Smyrna von den sorgfältig ausgerichteten und mit Öl betriebenen Flammen der Türken völlig unberührt.
Während die Stadt tagelang brannte, drängten sich mehr als 400.000 Griechen an Smyrnas Uferpromenade zusammen, um dem Inferno, buchstäblich einem Holocaust, zu entkommen. Eine internationale Armada amerikanischer, britischer, französischer und italienischer Kriegsschiffe und ihre Streitkräfte blieben im Hafen von Smyrna vor Anker, unter dem Befehl ihrer Regierungen, nichts zu unternehmen. Diese westlichen Beobachter beobachteten die Große Katastrophe der Verbrennung und des Massakers an den griechischen und armenischen Christen von Smyrna.
Die gequälten, verlassenen Griechen wurden letztendlich nur durch eine massive private humanitäre Anstrengung gerettet, die von einem amerikanischen protestantischen Pastor initiiert und geleitet wurde, der am Ort der Katastrophe war. Pastor Asa Jennings führte griechische Handelsboote und japanische Schiffe in der Ägäis zusammen, um Überlebende nach Griechenland in Sicherheit zu bringen. Dank seiner Bemühungen wurden bis Ende September etwa 300.000 Griechen gerettet. Nicht gerettet werden konnte jedoch das Leben der mehr als 100.000 Griechen, die von den Türken massakriert, eingeäschert oder gefangen genommen und auf Todesmärsche gezwungen wurden oder bald werden sollten.
Die Zerstörung von Smyrna durch die Türken, ihr Massenmord an den Christen der Stadt und der tragische Exodus der gequälten und terrorisierten Überlebenden wurden damals von den schockierten internationalen Medien als ein beispielloses humanitäres Desaster, eine kolossale Gräueltat, eine große Katastrophe von biblischen Proportionen gemeldet.
Obwohl die Vernichtung von Smyrna und die Dezimierung und Auslöschung der griechischen Bevölkerung der Stadt das Ereignis der Großen Katastrophe ist, an das man sich am besten erinnert, war es nur eines von vielen Verbrechen, die die Türkei während des fast jahrzehntelangen Völkermords dieses Landes an seinen eigenen christlichen Völkern begangen hat . Tatsächlich markierte die Vernichtung ihrer Christen durch die Türkei – Armenier, Assyrer, Griechen und andere gleichermaßen – den ersten groß angelegten, systematischen, staatlich geplanten und durchgeführten Völkermord des 20 Jahrhunderts. Ab 1914 bot der Erste Weltkrieg den regierenden türkischen Nationalisten – die zuvor die Kontrolle über das Osmanische Reich an sich gerissen hatten und deren Engagement für die "Türkisierung“ des Reiches schließlich vom kemalistischen Regime nach dem Ersten Weltkrieg fortgesetzt und vervollständigt wurde – die Gelegenheit dazu, alle nicht-türkischen, nicht-muslimischen Völker auszurotten. Einer der ersten hochrangigen Diplomaten, der die völkermörderischen Ziele und Aktionen der Türken verstand und dokumentierte, war der hoch angesehene US-Botschafter im Osmanischen Reich von 1913 bis 1916 und Augenzeuge des Völkermords an den Armeniern und Griechen, Henry Morgenthau. Er berichtete nach Washington, daß "die Leidenschaft der türkischen Regierung, die Nation zu türkisieren, logischerweise die Vernichtung aller Christen zu erfordern scheint.“.
Die Große Katastrophe von Smyrna sollte nach diesen 100 Jahren sowohl als eine einzigartige, beispiellose humanitäre Katastrophe als auch als Teil eines größeren Verbrechens gegen die Menschlichkeit – eines Völkermords an Christen – in Erinnerung gerufen werden. Zwischen 1914 und 1923 ermordeten zwei türkisch-nationalistische Regime, die das Osmanische Reich bzw. die Türkische Republik führten, 750.000 bis 900.000 Griechen und zerstörten in einer eethnischen Säuberung erzwungene Vertreibungen von fast 1.200.000 weiterer Griechen vollständig ihre Präsenz in ihren eigenen angestammten Ländern Kleinasiens und Ostthrakien. Nach 1923 war die überlebende griechische Bevölkerung der Türkei, deren Sicherheit und Rechte offiziell durch den internationalen Vertrag von Lausanne garantiert worden waren, auf 120.000 Menschen in Istanbul und 15.000 auf den Inseln Imbros und Tenedos reduziert worden. Heute, nach einem Jahrhundert anhaltender und ungeheuerlicher Verletzungen der Verpflichtungen des türkischen Staates gegenüber Lausanne, zählt die griechisch-orthodoxe Gemeinde der Türkei weniger als 2.000 Menschen. Damit wir uns nicht mitschuldig machen an der Auslöschung des Hellenismus und des Christentums aus den alten Ländern, in denen beide vor Tausenden von Jahren Wurzeln geschlagen haben, ist es unsere Pflicht, die Geschichte des griechischen Volkes und des orthodoxen Christentums kennen zu lernen und die Große Katastrophe niemals zu vergessen. Schließlich war die Große Katastrophe der griechisch-orthodoxen Christen in der Türkei tatsächlich, wie die Vernichtung der armenischen und assyrischen Christen in der Türkei, eine Katastrophe für die gesamte Menschheit. Das Ereignis schuf die Vorlage für Völkermord und ethnische und religiöse Säuberungen, wie sie das ganze 20. Jahrhundert hindurch und bis in die Gegenwart andauern."
Quelle: Dr. A. Kyrou, The Order of St. Andrew the Apostel
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