Donnerstag, 24. November 2022

Wenn ein Bischof und ein Theologe Abtreibung bis zum vierten oder fünften Monat für zulässig halten

Sandro Magister kommentiert bei Settimo Cielo die doch schockierenden Äußerungen eines Bischofs und eines Theologieprofessors zur Entwicklung des Menschens als Person und über das, was sich daraus als Folgerung für die Zulässigkeit von Abtreibungen ergibt.
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"ABTREIBUNG BIS ZUM FÜNFTEN MONAT FREI. EIN BISCHOF UND EIN THEOLOGE ERKLÄREN WARUM" 

Er war der erste, der anerkannte, daß die These, die er unterstützt, so weit geht, die "Wahrheit der Wahrnehmung der Kirche von Abtreibung zu unterminieren." Das heißt, die These, daß es erst nach dem vierten, fünften Schwangerschaftsmonat eine menschliche Person gibt und also vor diesem Stadium eine Abtreibung nicht länger Mord, nicht einmal Sünde ist, wenn sie aus guten Gründen vorgenommen wird. 

Diese These wird von einem wohlbekannten und geschätzten Bischof unterstützt, Luigi Bettazzi, 99, dem letzten lebenden italienischen Bischof, der am II. Vaticanischen Konzil teilgenommen hat, als er Weihbischof von Kardinal Erzbischof Giacomo Lecaro in Bologna war, der eine führende Rolle in diesem Konzil gespielt hat. 

Das hat er am 15. August in einem zweiseitigen Artikel in "Rocca", der Zeitschrift der Vereinigung "Pro Civitate Christiana" in Assisi getan, einer historischen Stimme des progressiven und pazifistischen Katholizismus. Ein Artikel, der als "Überlegung über die Abtreibung" präsentiert wurde und den Titel  "Posterius" trägt, das lateinische Adverb für "später". 

Die Reaktion auf seinen Standpunkt fiel zunächst dürftig aus. Aber Mitte November - wieder in Rocca, griff einer der meistgelesenen- und studierten Moraltheologen, Giannino Piana, ein früherer Ethik-Professotr an den Universitäten von Turin und Urbino, ihn auf und entwickelte Bettazzis Argumente weiter - nachdem er zuvor sagte, daß er sie teile. Auch er erkannte an, daß ihre These "im Gegensatz zur traditionellen Lehre der Kirche steht", fügte aber sofort hinzu. daß "die authentische christliche Tradition immer wächst und "der Mut zur Weiterentwicklung, in vollem Respekt vor der Substanz der Evangelien, der Weg ist, den man gehen muß, um sie glaubwürdig und "universalisierbar"  zu machen." 

Das genügt, um die zerstörerische Kraft der These von Bettazzi und Piana zu erfassen. Aber nicht weniger enthüllend sind die Argumente, mit denen sie sie stützen. 


Bettazzi beginnt damit zwischen "Vernunft" und "Intuition" zu unterscheiden, d.h. zwischen einer Form von Kenntnis der Realität einer intellektualistischen und berechnenden Cartesianischen Machart einerseits, die völlig auf das "Ich" fokussiert ist und andererseits einer anderen- der größerer Wert beigemessen wird- die Pascals "Geist der Feinheit" (esprit de finesse) gegenüber aufmerksamer ist und mehr auf das "wir" ausgerichtet ist. 

Dann zitiert er Genesis , wo gesagt wird, daß "Gott den Menschen aus Staub von der Erde formte und ihm den Atem des Lebens in die Nase blies und der Mensch ein lebendes Wesen wurde" um daraus zu schließen, daß in dieser biblische Erzählung das, was aus dem Staub der Erde geformt wird, etwas Vorläufiges ist, noch kein  "individuelles menschliches Wesen, " das erst später -mit dem Atem des Lebens - eines wird. 

Und er fragt "Was wäre also der Augenblick des Lebensatems, der aus dem Vorläufigen eine menschliche Person  macht?"

"Die Vernunft" antwortet Bettazzi "sagt uns, daß das der Augenblick sein müßte, in dem das männliche Spermium die weibliche Eizelle befruchtet."  Aber die "Intuition" ist unsicherer und offen für das Mysterium. Er zögert zu sagen, daß diese neue Realität schon eine Person ist. Ist es vielleicht eine, nachdem die befruchtete Eizelle sich in der Gebärmutter eingenistet hat? Ist es das nach 3 Monaten Schwangerschaft, wenn die verschiedenen Körperteile bereits gebildet wurden? 

Nein, antwortet der Bischof. Viel überzeugender - schreibt er- ist, was "ein moderner Wissenschaftler, dessen Namen er verschweigt, behauptet hat, daß das "menschliche Wesen nur ein autonomes Individuum, eine Person wird, wenn es fähig wird- noch im Mutterleib- wie ein menschliches Wesen zu leben und selbständig zu atmen: also nicht vor dem vierten, fünften Monat, wie Johannes der Täufer, der im sechsten Monat in Elizabeths Schoß beim Gruß Mariens hüpfte."

Seinerseits dann, nimmt der Theologe Piana, ein Spezialist für Bioethik und früherer Präsident der Italienischen Vereinigung der Moraltheologen, Bettazzis These auf und besteht vor allem auf dem unverwechselbaren Gefühl der Frau auf "das durch eine einzigartige, existentielle Beteiligung" im Wissen "um den menschlichen Prozess, durch den man eine Person wird" gekennzeichnet ist, "das keinesfalls auf vordefinierte Modelle reduziert werden kann" und "sich selbst als für immer offen" darstellt."

Was sicher ist, schreibt Piana, ist, daß "der Augenblick des persönlichen Lebens ein gutes Stück vom Akt der Befruchtung verschoben werden muß und man im strengen Sinn nicht von Abtreibung sprechen kann, außer in einem beträchtlichen Abstand von diesem Geschehen," Daraus folgt, daß "das Nehmen des Lebens in den ersten Monaten der Schwangerschaft- so schwerwiegend das sein mag- nicht als Mord qualifiziert werden kann."

Rom hat bisher auf diese verstörende These mit Schweigen geantwortet. Dennoch ist Franziskus sehr drastisch bei diesem Thema. Er hat mehrmals gesagt und geschrieben, daß eine Abtreibung vorzunehmen, bedeutet; " ein menschliches Leben zu beenden", "einen Berufskiller anzuheuern, um ein Problem zu lösen." Und er hat immer klargemacht, daß für ihn und für die Kirche jedes menschliche Leben "Person" ist, von der Empfängnis an, nicht erst vier, fünf Monate später. 

Aber vielleicht weiß der Papst nicht- oder gibt vor, nicht zu wissen- was einer seiner Bischöfe öffentlich erklärt hat, und sicher nicht als isolierte Stimme."

Quelle: S. Magister, Settimo Cielo

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