Sonntag, 8. Januar 2023

Vaclav Klaus über die Totenmesse für Papst Benedikt XVI: "Kann es sein, daß der heutige Vatican ihn nicht mochte...? "

Rorate Caeli veröffentlicht die Übersetzung eines Textes des früheren tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus über die Beerdigungsfeierlichkeiten für Papst Benedikt XVI in Rom.

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"DAS ETWAS TRAURIGE BEGRÄBNIS BENEDIKTS XVI: VACLAV KLAUS REFLEKTIERT" 

Václav Klaus, Atheist und respektierter europäischer Denker, ehemaliger Präsident der Tschechischen Republik denkt über das die Beerdigung nach, (source in Czech)

Für mich und sicher viele andere war das wichtigste Ereignis dieser Woche die Beerdigung von Papst Benedikt XVI am Donnerstag in Rom.

Sofort nachdem sein Tod verkündet wurde, habe ich sein Sterben als einen großen Verlust beschrieben. Ich fügte hinzu, daß er "der letzte der großen Menschen des 20. Jahrhunderts war, der für die guten alten Werte kämpfte" und daß er für mich das "Hauptsymbol des Kampfes zwischen der normalen Welt und dem modernen Progressivismus" war.  Ich sage auch, daß das "das Ende einer Phase der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft darstellt."

Ich hatte die Ehre, an seiner Beerdigung in Rom teilzunehmen. Die Beerdigung von Papst Benedikt XVI., einem großen Papst, einem großen Theologen, einem großen Kirchen-Administrator, die am 5. Januar 2023 auf dem Petersplatz stattfand, war etwas Besonderes. Ich bin kein Experte für die Besonderheiten von Beerdigungen von Päpsten, auch nicht für das, was man bei einer solchen Beerdigung tun oder nicht tun soll, tun oder nicht tun muß, tun darf oder nicht darf, aber ich hatte das Gefühl dabei - in der unerwartete Kälte des Januars Rom - daß es bei dem ganzen Glanz nicht um Benedikt XVI ging.

Außer Allgemeinheiten fiel kein Wort über ihn. Es gab nirgendwo ein Porträt oder Foto von ihm (zumindest von meinem VIP-Sitz aus, aber es gab auch nichts im Petersdom oder in Rom). Es entstand eine seltsame, ich wage nicht heilige Stille zu sagen. Ich kann mich überhaupt nicht erinnern, daß die Glocken von St. Peter geläutet hätten. Da war – ohne Bezug zum Geschehen – der schüchterne Applaus einer Handvoll Pilger. Es gab höflichen Applaus von der Ehrentribüne der Politiker, als der Sarg an ihnen vorbeigetragen wurde. Ich würde sagen, es war eine "normale" Messe. Aber ich muss sagen, dafür bin ich sicher nicht nach Rom gefahren.

Könnte es sein, daß der heutige Vatikan ihn nicht mochte? Oder nicht nur der Vatikan, sondern die katholische Kirche von heute, die sich – im Gegensatz zu Papst Benedikt – heute nicht gegen die Welt wehren will, obwohl die so gegen die jahrtausendealte Lehre der Kirche steht? War Papst Benedikt (und Post-Papst Benedikt) nicht das schlechte Gewissen der heutigen Kirche? Leute schreiben mir, daß es in ihrer Kirche kein Kondolenzbuch gibt, nirgendwo Fürbitten. War die Kirche unglücklich darüber, daß Benedikt vielleicht – mit Ausnahme der Königin von England – auch in der außerkirchlichen Welt zum Symbol einer vergehenden Ära wurde? Und daß er heftig gegen dessen Ende protestiert hat? Warum hören wir nicht dieselbe warnende Stimme von anderen Führern der Kirche? Ich bin nicht berufen zu urteilen, aber es ist traurig

Ich wurde auf dieser Reise daran erinnert, daß ich im April 2005 zur Beerdigung von Papst Johannes Paul II. am selben Ort war, aber diese Beerdigung war anders. Auch er war ein Symbol für das Ende einer Ära, ein Symbol für das Ende des Kommunismus, zu dessen Sturz der polnische Papst maßgeblich beigetragen hat

Diese gehörten zu meinen Reisen zu den Beerdigungen großer Persönlichkeiten der Weltgeschichte. Ich war in London bei der Beerdigung von Margaret Thatcher und in Washington bei der Beerdigung von Ronald Reagan. Ich war in Jerusalem bei der äußerst beeindruckenden Beerdigung des israelischen Premierministers Yitzhak Rabin, der von einem radikalen Zionisten (d. h. keinem terroristischen Palästinenser) ermordet wurde. Ich war bei der Beerdigung des saudischen Königs Faisal Saud in Riad. Diese Beerdigung hatte für mich die unerwartete Besonderheit, dass die Ungläubigen (gemeint ist der Islam), obwohl zur Beerdigung eingeladen, nicht an der Beerdigung teilnehmen durften, sondern nur dem neuen König gratulieren durften.

Ich habe an der äußerst traurigen Beerdigung des mir sehr nahestehenden polnischen Präsidenten Kaczyński in Krakau teilgenommen. Diese Beerdigung war etwas Besonderes, da wegen des aktiven isländischen Vulkans keine Flugzeuge über Europa flogen. Es waren daher nur sehr wenige Gäste aus der ganzen Welt da, und unsere Delegation kam mit dem Zug an. Ich nahm an der Beerdigung des mazedonischen Präsidenten Trajkovski teil, dessen Flugzeug kurz nach dem Start in der Nähe von Skopje in einen Berg stürzte. Ich war bei der Beerdigung von Ungarns erstem Ministerpräsidenten nach dem Kalten Krieg, József Antall, und saß Mitte Dezember drei Stunden lang neben Premierministerin Thatcher (und wir hätten frieren können) auf dem Parlamentsplatz in Budapest. Ich nahm auch an den Beerdigungen des slowakischen Präsidenten Kovacs, des österreichischen Präsidenten Klestil und der deutschen Präsidenten Weizsäcker und Rau teil. Ich hoffe, ich habe niemanden vergessen. Jeder von ihnen hat seine Spuren in der Geschichte hinterlassen, jeder von ihnen hat seine Spuren hinterlassen. Die von Papst Benedikt XVI hinterlassene sollte nicht vergessen werden. Allerdings scheint sie im Moment die am stärksten gefährdete zu sein."

Quelle: Rorate Caeli, Vaclav Klaus
 

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