Dan Kubler bei bringt uns bei FirstThings das Geistliche Testament von Papst Benedikt XVI näher. Hier geht´s zum Original: klicken
"PAPST BENEDIKTS LETZTES TESTAMENT"
Kurz nachdem Papst emeritus Benedikt XVI aus dieser Welt zu seiner himmlischen Belohnung hinübergegangen war, gab der Vatikan sein Geistliches Testament heraus, eine Erklärung, die jeder Papst zur Veröffentlichung nach seinem Tod schreibt. Das Testament enthält persönliche Überlegungen zu Benedikts Erziehung, aber es hebet auch ein Schlüsselthema hervor, die der verstorbenen Papst während seiner Priesterschaft, seines Professor-Seins und seines Pontifikates angesprochen hat: die Beziehung zwischen Glaube und Wissenschaft. Am Ende seines Testamentes stellt er fest:
Ich habe über lange Zeit die Wandlungen der Naturwissenschaft miterlebt und gesehen, wie scheinbare Gewissheiten gegen den Glauben verschwanden und sich nicht als Wissenschaft, sondern nur scheinbar zur Wissenschaft gehörende philosophische Deutungen erwiesen – wie sie übrigens im Dialog mit der Natur Wissenschaft steht, -dass der Glaube die Grenzen des Geltungsbereichs seiner Bejahungen und damit seine Eigenart verstehen gelernt hat.
Hier warnt Papst Benedikt vor der falschen Dichotomie, die oft zwischen den Fortschritten der Naturwissenschaften und dem Katholischen Glauben errichtet wird. Wie er zeigt, erweisen sich diese offensichtlichen Widersprüche zwischen Wissenschaft und Glaube in Wirklichkeit als Widersprüche zwischen materialistischen Philosophien und dem Glauben.
In seiner Inaugurationspredigt z.B. wies Benedikt auf den Konflikt zwischen materialistischen Philosophien hin, die einigen Interpretationen der Evolution zugrunde liegen. Er stellte fest: "Wir sind keine zufälligen und sinnlosen Produkte der Evolution. Jeder von uns ist das Ergebnis eines Gedanken Gottes." Benedikt setzt die Evolutions-Wissenschaft nicht in einen Konflikt mit dem Glauben- eher indentifiziert er zu Recht die Quelle der Konflikts: eine Art von Materialismus oder Szientismus, den Glauben, daß die Evolution den Menschen als Ganzes erklären kann. Er bekäftigt, daß wir mehr sind als ein bloß physisches Produkt eines evolutionären Prozesses- wir sind eine Einheit von Körper und Geist - geschaffen nach dem Bilde und der Ähnlichkeit Gottes. Jene, die glauben, daß die Evolutions-Wissenschaft die Gesamtheit des Menschen erklären kann. müssen sowohl ein verarmtes Menschenbild entwickeln als auch einen inhärenten Konflikt zwischen einem materialistischen Menschenverständnis und einem katholischen Menschenverständnis aufbauen.
Für Benedikt bedeutet das nicht, daß man die Wissenschaft aufgeben sollte. Eher- so argumentiert er- sollten wir die Wissenschaft in den richtigen Kontext stellen. Das Wissen, das wir aus den Naturwissenschaften gewinnen, sollte unseren Katholischen Glauben ergänzen. Z.B kann die Evolution helfen, die physischen Entwicklungen zu erklären, die zum Erscheinen des Menschen führten und dieses Wissen kann das ergänzen, was wir von der Katholischen Theologie über den Sinn der Natur des Menschen lernen. Joseph Ratzinger machte das in einer Reihe von Predigten klar, die er in den 1980-er Jahren gehalten hat:
"Wir können nicht sagen: Schöpfung oder Evolution, weil diese Dinge sich auf zwei verschiedene Realitäten beziehen. [ Der Bericht der Genesis] -erklärt tatsächlich nicht, wie menschliche Personen ins Dasein kommen, sondern eher, was sie sind... Und umgekehrt versucht die Evolutions-Theorie die biologischen Entwicklungen zu verstehen und zu beschreiben. Bis dahin stehen wir eher vor zwei sich ergänzenden - als sich gegenseitig ausschließenden- Realitäten gegenüber.
Begründet auf dem Katholischen Verständnis, daß Wahrheit Wahrheit nicht widersprechen kann, weil Gott die ultimative Quelle der Wahrheit ist, behauptet Benedikt, daß wir keine Angst davor haben sollten, uns mit moderner Wissenschaft zu befassen. Die Schönheit und Größe des Universums, die die Wissenschaft entdeckt- von der mikroskopischen Welt der Zelle bis zur makroskopischen Welr der Sterne und Exoplaneten- die während sie aus eigenem Recht interessant sind- weisen auf etwas Tieferes hin. Die sublimen Entdeckungen der modernen Wissenschaft führen nicht notwendigerweise von Gott weg. Eher enthüllen sie schrittweis eine Welt, die letztendlich ihre wahre Bedeutung im Schöpfer findet. Wie Benedikt erklärt: "An die Schöpfung zu glauben, bedeutet im Glauben zu verstehen, daß die Welt, die von der Wissenschaft als eine sinnvolle Welt gezeigt wird, von einem schöpferischen Geist stammt."
Diese Betonung von Gott als schöpferischer Ursache und Quelle nicht nur der Ordnung des Universums sondern auch der menschlichen Vernunft, ist ein Thema das immer wieder in den Werken Benedikts erscheint. Sicher kann die moderne Wissenschaft mit all ihren fortgeschrittenen Methoden und Techniken diese Ordnung erforschen und beschreiben- aber sie kann nicht erklären, warum in seiner Grundlage das Universum hochgradig geordnet ist.
Diese Ordnung ist ein Geschenk an uns, das nicht nur unsere Existenz im Universum ermöglicht, sondern jeden Akt einer wissenschaftlichen Entdeckung möglich macht. Die Tatsache, daß das Universum vernünftig und rational ist, macht es für die moderne Wissenschaft zugänglich. Jede wisscnschaftliche Entdeckung beruht auf dieser Ordnung und unserer einzigartigen Fähigkeit dieser Ordnung zu begegnen.
Die Evolutionswissenschaft ist nur ein Beispiel dafür. Die evolutionären Prozesse, die die Wissenschaftler beschreiben, hängen um funktionieren zu können, vollkommen von dieser Ordnung ab. Ohne die innewohnende Ordnung auf der Grundebene, gäbe es keine Periodentafel der Elemente,keine komplexen Moleküle und hätten sich sicher keine Lebensformen, über die Zeit gemäß der natürlichen Prozesse entwickeln können. Die zugrunde liegende Ordnung wurde nicht von der Evolution geschaffen. Eher ist sie ein Geschenk, das der Evolution erlaubt, zu arbeiten.
Aber das Universum mußte nicht so strukturiert sein. Ist diese Anordnung rein zufällig, ein ungewöhnlicher Unfall, oder ist sie das Ergebnis von Gottes schöpferischer Vernunft? Papst Benedikt fasst die Alternativen zusammen:
Hier stehen wir vor der letzten Alternative, um die es im Streit zwischen Glauben und Unglauben geht: Sind Irrationalität, Unfreiheit und purer Zufall der Ursprung von allem, oder sind Vernunft, Freiheit und Liebe der Ursprung des Seins? Gehört der Primat der Unvernunft oder der Vernunft? Darauf kommt es letztlich an.
Das ist die ultimative Frage, und deshalb steht Benedikt fest in seiner Überzeugung, daß der Glaube nicht irrational oder unvernünftig ist. Er erkennt zu Recht, daß die Ablehnung des Glaubens und das Streben nach Szientismus – der Glaube, daß die Wissenschaft alle unsere Fragen beantworten kann – Irrationalität und Unvernunft als "Erklärung“ für alles hinterlässt. Ein solcher Schritt hinterlässt uns keine vernünftige Grundlage, auf der wir unsere Wissenschaft aufbauen können, geschweige denn unsere Gesellschaften. Gerade weil die schöpferische Vernunft am Ursprung von allem steht – am Anfang war das Wort“ – können wir für Benedikt darauf vertrauen, dass unsere menschliche Vernunft uns zu wahrem Wissen und Verstehen führt, nicht nur im Bereich der Wissenschaft, sondern auch in den Bereichen Philosophie und Theologie.
Wie Benedikt uns in seinem Spirituellen Testament ermutigt: "Bleibt standhaft im Glauben! Laßt euch nicht verwirren."
Quelle: D. Kubler, FirstThings
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