Sonntag, 26. März 2023

Vermächtnis eines sterbenden Priesters, Fortsetzung

Fortsetzung von hier und hier

Priester Jesu Christi

Das Priestertum war mein ganzes Leben. Ich habe keinen einzigen Moment bereut, Ja zum Herrn gesagt zu haben, der mich durch meinen Dienst mit seinen Gnaden überschüttet hat. Was für ein unbezahlbares Geschenk ist es, ein Priester Jesu Christi zu sein! Was für eine unaussprechliche Gnade! Jeden Tag war es eine große Freude, die Heilige Messe zu feiern. Ich kann die Gabe, die der Herr mir gegeben hat, seinen göttlichen Leib in meinen armen Händen halten zu können, kaum ermessen und ihm meine Stimme und meine verletzte Menschlichkeit zu leihen, damit er sich sakramental gegenwärtig machen kann. Ich gehe zur Heiligen Messe, während ich Golgatha erklimme, im Bewusstsein, daß sich auf diesem Hügel das Drama der Erlösung abgespielt hat. Ich sammle in meinem Kelch das kostbare Blut, das aus dem durchbohrten Herzen fließt, das rettende Blut, das bereits in Gethsemane geflossen ist. Blutstropfen schwitzend sprach unser Herr Jesus das große Ja zum Willen seines Vaters und nahm an, sein Leben als Opfer für das Heil aller Menschen darzubringen. [...]

Als ich im September 2019 als Gemeindepriester ankam, hatte ich das Gefühl, daß viele wunderbare Dinge gelebt wurden, aber meisten eine einer horizontale Art. Sogar auch wenn es ein wirkliches Gebetsleben gab, nahm ich wahr, daß eine vertikale, transzendente Dimension fehlte, eine Dimension, die es ermöglichen würde, alles mit dem Ziel zu unterstützen, das gesamte Gemeindeleben für Gott zu nutzen. Deshalb war ich überzeugt, daß wir mit der Ewigen Anbetung des Allerheiligsten beginnen mußten. Ohne die unermüdliche Unterstützung zweier treuer Gemeindemitglieder, deren Glaube ein Fels ist und deren Engagement unerschütterlich ist, hätte ich das nie geschafft. [...]

Der Pfarrer von Ars ist für mich Vorbild und Wegweiser in meinem Priestertum. Als ich Student war und über meine Berufung nachdachte, las ich mit Leidenschaft seine von Bischof Trochu verfasste Biografie. Dieses ganz hingegebene Leben in völliger Selbstvergessenheit für das Heil der Seelen überwältigte mich. Er war ein unermüdlicher Apostel der Barmherzigkeit Gottes.

Neben der Messe ist die Beichte das Herzstück des priesterlichen Lebens. Gottes Vergebung durch das Sakrament weiterzugeben, ist eine außergewöhnliche Gnade. Wer bin ich, ein armer Mann, zu jemandem zu sagen: "Ich vergebe dir alle deine Sünden …“ Was für eine große Freude ist es, Zeuge der Barmherzigkeit des Herrn zu sein! Das Sakrament der Vergebung erfreut den Büßer: Er oder sie kommt mit einem traurigen Gesicht, trägt die Last seiner oder ihrer Sünden und geht mit einem leichten und gereinigten Herzen und einem Blick der Freude über die Liebe Gottes. Das Sakrament bereitet auch dem Priester Freude: Welch eine Freude, einen Menschen von seinen Sünden befreien zu lassen und ihn mit einem ruhigen Herzen zu verlassen! Auch dieses Sakrament bereitet dem Herrn Freude, es erfreut Gottes Herz! "Es gibt mehr Freude im Himmel für einen Sünder, der sich bekehrt …" [...]

Zu meinen großen Freuden als Priester gehört die Freude am Apostolat mit der Jugend. Ich hatte das Glück, in meinen verschiedenen Apostolaten viele junge Menschen begleitet zu haben: durch Pfadfinder, insbesondere als nationaler religiöser Berater der Guides and Scouts of Europe; als Kaplan von weiterführenden schulen; als Pfarrer durch die Gründung einer Even-Gruppe; durch die Organisation und Begleitung vieler Wallfahrten, zum WJT, ins Heilige Land, nach Frankreich..." [...]


 

Die schwere Prüfung der Krankheit  


Als ich im März 2022 erfuhr, daß ich Krebs habe, hat mich das nicht wirklich überrascht. Ich hatte die Ahnung, daß etwas Ernstes passieren würde und daß ich jung sterben würde.


Das Mysterium des Leidens... mir wurde bestätigt, daß es keine Heilung für meinen Krebs gibt. Die Medizin kann die Entwicklung dieses Krebses im Stadium 4 nur relativ eindämmen. Wie lange noch? Wie viele Monate habe ich noch zu leben? Ich, der ich schon oft über den Tod nachgedacht, Sterbende begleitet, Beerdigungen gefeiert, Menschen zur Hoffnung auf das ewige Leben ermahnt habe – bin jetzt mit 48 Jahren mit meinem eigenen Tod konfrontiert.


Ich möchte mich vertrauensvoll auf diesen entscheidenden Moment vorbereiten. Ich habe keine Angst vor dem Tod, denn ich glaube mit meinem ganzen Wesen an das ewige Leben; aber ich fürchte meinen Herrn mit einer Furcht voller Respekt und Liebe. "Ich weiß, daß mein Erlöser lebt“, wie Hiob bekennt. Ich weiß, daß mein Herr auf mich wartet. Ich weiß auch, daß ich vor Christus erscheinen werde, und ich muss mich darauf vorbereiten, demütig vor ihm zu erscheinen. Ich bekenne meine Sünden, meine vielen Sünden. Und ich erflehe für mich die große Barmherzigkeit Gottes. Wie unwürdig bin ich, zum Priester auserwählt worden zu sein.


Ich bete für das, was ich leide, nicht genug. Niemand kann sich vorstellen, was ich seit März 2022 leide, als sich alles änderte. Wie schwer ist es, jeden Tag sein Kreuz zu tragen ... Ich trage diskret diese täglichen Leiden, diese verborgenen Demütigungen, diese Wunden des Körpers, die auch bei den Aufgaben des Alltags schmerzen. Ich versuche, ein gutes Gesicht aufzusetzen, nichts zu zeigen. Meinen Auftrag als Pfarrer möchte ich so weit wie möglich erfüllen, durch die tria munera [drei Pflichten], besonders in der täglichen Feier des Messopfers. Ich vereinige mich mit meinem ganzen Wesen mit Christus, der sein Leben hingibt auf dem Kreuz. Wenn ich die heiligen Worte ausspreche: "Dies ist mein für euch hingegebener Leib“, denke ich auch an meinen armen leidenden Leib, den ich für die Errettung der Seelen aufgeben möchte.


Reinigung durch Leiden


Ich lebe einen täglichen Kreuzweg. Uns Herr möchte mich reinigen, mich mit seinem Leiden zu vereinen. Ich verstehe immer noch nicht, warum ich das alles durchmachen muß. Ich schreie oft zum Herrn und manchmal weine ich auch. Die Prüfung ist schwer. Ich rebelliere nicht gegen Gott, aber ich wage es, wie der Psalmist  heraus zu schreien. Unser Herr schrie im Augenblick des Todes zu seinem Vater: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" [...] 


Wölfe sind in die Kirche eingedrungen. Es sind Priester und manchmal sogar Bischöfe, die nicht das Gute und die Erlösung der Seelen suchen, sondern vor allem zuerst der Verwirklichung ihrer eigenen Interessen, wie dem Erfolg einer "Pseudo-Karriere". Also sind sie bereit, alles zu tun: der vorherrschenden Denkmode nachzugeben, einen Pakt mir gewissen Lobbys zu schließen, wie LGBT, auf die Lehre des wahren Glaubens zu verzichten, um sich der Zeit anzupassen, zu lügen, um ihre Ziele zu erreichen. Ich habe solche als gute Hirten verkleideten Wölfe getroffen und habe durch die Kirche gelitten. In den verschiedenen Krisen, die ich erlebt habe, habe ich realisiert, daß die Autoritäten sich nicht um die Priester kümmern und sie selten verteidigen, sich auf die Seite Beschuldigungen vorbringender, fortschrittlicher machtbedürftiger Laien stellen, die eine flache Liturgie bei einer Selbstfeier der Gemeinde wollen.


Wenn du sich als Priester, Hirte und Führer der dir anvertrauten Schafe entscheidest, dich um die Liturgie zu kümmern, um den Herrn zu ehren und ihm wahre Verehrung zu geben, ist es unwahrscheinlich, daß du höheren Orts angesichts sich beklagender Laien unterstützt werden wirst.


Heute möchte ich mein Leiden für die Kirche, für meine Gemeinde, für Berufungen aufopfern. Alle Berufungen: priesterliche, religiöse, eheliche. Ich bitte den Herrn um die Stärke, jenen zu vergeben, die mich verfolgt haben und um den Mut, voranzugehen und diese Kreuze jeden Tag zu tragen, Wie Zascchäus- um Christus zu sehen, müssen wir auf einen Baum klettern, den Baum des Kreuzes. "Stat crux dum volvitur orbis" "Das  Kreuz steht während die Erde sich dreht,"  das ist das Motto der Karthäuser. Mitten in den Veränderungen und Wirren dieser Welt, bleibt das Kreuz unsere Herrn auf stabile Weise in unsere Erde gepflanzt, als Zeichen unseres Glaubens.  [...]


Die Heilige Jungfrau Maria


"Wie kann ich so gesegnet sein, daß die Mutter meines Herrn zu mir kommt" fragt Elisabeth (Lk 1:43) Und auch ich wundere mich über die Gegenwart in meinem Leben. 


Die Jungfrau Maria ist immer in meinem Leben gegenwärtig gewesen, von meiner Kindheit bis heute. Sie war es, die mich zum Priestertum führte, mich mit Vertrauen ermutigte, trotz des Gefühls meiner Unwürdigkeit und Unfähigkeit. Ich erinnere mit mit Emotion an den Augenblick der Gnade, als Maria mich in einer kleinen Kapelle auf dem Hügel von Vezelay an die Hand nahm, um mich zu beruhigen und mich auf den Weg zum Priestertum zu führen. Die heilige Jungfrau hat mich immer beschützt und getröstet. In all den Momenten der Prüfung, die ich erlebt habe, in all den menschlichen Situationen, die verloren schienen, habe ich mich immer Maria anvertraut, indem ich mich unter ihren makellosen weißen Mantel geflüchtet und unter ihren Schutz gestellt habe. In diesen Momenten der Verlassenheit habe ich immer eine Anmut des Trostes gespürt, mit der Gewissheit, dass Maria zuschaut, dass sie da ist, wachsam und beschützend. Ich wurde noch nie von ihr enttäuscht oder verlassen. Ich möchte bezeugen, wie sehr das Gebet zu Maria eine Quelle der Gnade ist. Die Gottesmutter behält uns nicht für sich, sie führt uns zu ihrem göttlichen Sohn – sie lehrt uns wie eine Mutter, ihn zu kennen und zu lieben. [...]


In der Grotte von Massabielle, wo ich sooft gewesen bin, habe ich Unsere Liebe Frau von Lourdes  gebeten, mir zu helfen, zu wollen, was Gott von mit will. Diese Grotte ist für mich eine Zuflucht, ein heiliger Ort, ein Felsen, an den man sich lehnt, um Kraft zu gewinnen. Die Quelle lebendigen Wassers, das  am Grund der Grotto fließt, ist die Quelle der Gnade, die die Selige Jungfrau uns schenkt. [...]


Der gute Kampf

Der gute Kampf ist der des Glaubens: um den Glauben zu bewahren und den Glauben zu übermitteln - in Treue zur Tradition der Kirche. Mein Glaube heute ist der der Patriarchen, der Propheten, der Apostel, der heiligen Männer und Frauen, die uns vorangegangen sind und die uns diesen Schatz des Glaubens an den wahren Gott übermittelt haben. Wieviel Blut ist durch die Jahrhunderte der Kirchengeschichte vergossen worden, wieviel Leiden wurde ertragen, wieviel grausame Verfolgung wurde asugelöst, um den Katholischen Glauben zu schützen und weiterzugeben!


Der gute Kampf ist der, dem Taufversprechen treu zu bleiben, darum zu kämpfen, mit dem Herrn Jesus  vereint zu bleiben, als Christ zu leben, seine Überzeugungen zu bewahren. Es ist ein täglicher Kampf, weil der Teufel nie aufhört, zu versuchen, uns von Gott abzuwenden. Der gute Kampf ist der der Treue zu Christus, eine Treue, die jeden Tag durch die Pflichten des Christlichen Lebens gewonnen wird: das tägliche Gebet, die Sonntags-Messe, reglemäßige Beichte, den Kampf gegen diese oder jene Sünde, die immer zurück kommt. Es sind heroische Christen, die jeden Tag kämpfen, um die Sünde zu überwinden, die unser Leben vergiften. Die schattenhaften Kämpfe in den Geheimnissen des Lebens sind so viele kleine Siege, die gegen den Fürst der Finsternis gewonnen werden. [...]


"Der Moment meines Abschieds ist gekommen"


"Ich bin wirklich bereits als Opfer ausgewählt worden, der Augenblick meines Abschieds ist gekommen. Ich habe den guten Kampf gekämpft, ich habe meinen Lauf beendet, ich habe den Glauben bewahrt." (2 Tim 4:6/ 7)


Ich habe fast ein Jahr gegen diesen Krebs gekämpft. Ein Jahr des unermüdlichen Kampfes, täglichen Leidens, verschiedener Krankenhausaufenthalte. Ein Jahr - alle zwei Wochen Chemotherapie ertragen. Ich kann fühlen, daß mein Körper schwächer wird und der Krebs Grund gewinnt. "Aber man kämpft nicht in der Hoffnung auf Erfolg, nein, nein, es ist viel schöner, wenn es sinnlos ist" [...]


Ich bereite mich darauf vor, vor meinem Herrn zu erscheinen. Ich bin zuversichtlich,weil - wie Benedikt XVI schrieb- der Herr sowohl mein Richter  als auch mein Anwalt ist: "Bald werde ich dem endgültigen Richter meines Lebens gegenüber stehen. Obwohl ich- wenn ich auf mein langes Leben zurück schaue, viele Gründe habe, ängstlich und furchtsam zu sein, habe ich dennoch eine frohe Seele, weil ich der festen Überzeugung bin, daß der Herr nicht nur ein gerechter Richter ist, sondern gleichzeitig auch der Freund und Bruder, der selbst wegen meine Fehler gelitten hat und der deshalb als Richter auch mein Anwalt ist."


Quelle:  Rorate Caeli,  Pater Cyril Gordien

  

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