Mittwoch, 31. Mai 2023

Der polnische Augenblick

Firstthings veröffentlicht einen Beitrag des polnischen Journalisten Filip Mazurczak über die jüngsten Versuche Kardinal Sapieha und Papst Johannes Paul I, zwei polnische Narionalhelden, zu verleumden und zu diskreditieren.  Hier geht´s zum Original: klicken

                         "DER POLNISCHE AUGENBLICK 

2019 war der inzwischen verstorbene Kardinal  George Pell wegen des Vorwurfs des sexuellen Mißbrauchs zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden, Vorwürfe, die später vom Obersten Australischen Gerichtshof einstimmig verworfen wurden. Während der 14 Monate, die Pell im Gefängnis verbrachte, waren für Pell und die Australischen Katholiken ein Kreuzweg, der auch die örtliche Polizei inspirierte und erneut  belebte. Eine gleiche Situation entfaltete sich vor kurzem auch in Polen. Die Medien haben versucht, die Namen zweier Polen, Giganten des Katholizismus des 20. Jahrhunderts, von Kardinal Adam Sapieha und des Hl. Papstes Johannes Paul II  zu beschmutzen. Diese Verleumdung hatte eine unbeabsichtigte Wirkung: sie führte  zu einer präzedenzlosen Mobilisierung der polnischen Katholiken zur Verteidigung der Wahrheit.

Anfang März sandte der in amerikanischen Besitz befindliche liberale Fernsehsender TVN 24 eine Dokumentation mit dem Titel  Franciszkańska 3. Dieser Film des Journalisten Marcin Gutowski beschuldigt Kardial Adam Sapieha ein Sexualstraftäter gewesen zu sein (Sapieha war von 1911 bis 1951 Erzbischof von Krakau, der wegen seiner Organisation humanitärer Hilfe während beider Weltkriege und der tapferen Verteidigung der polnischen Souveränität unter der deutschen Besatzung und der Stalinistischen Herrschaft zu einem Nationalhelden wurde).Die Dokumentation behauptet auch, daß Sapiehas Starschüler im Krakauer Seminar, Karol Wojtyla, während seiner Zeit als  Erzbischof von Krakau von 1964 bis 1978 drei Fälle sexuellen Mißbrauchs durch Priester vertuscht zu haben: Boleslaw Sadúz, Eugeniusz Surgent und Jouéf Loranc. 

Um die selbe Zeit als die Dokumentation ausgestrahlt wurde,  veröffentlichte der niderländische Journalist Ekke Overbeck das Buch Maxima Culpa: Was die Kirche über Johannes Paul II vertuscht".  Es wurde beim Verlag Agora Publishing veröffentlicht, der mit der antiklerikalen linken Zeitung Gazeta Wyborcza zusammen gehört. Frustrierenderweise  sprangen einige liberale Katholische Zeitungen (wie die von Sapieha gegründete Tygodnik Powszechhny ,uz deren MItarbeitern der junge Karol,Wojtyla gehörte)  auf diesen antipäpstlichen Zug auf. 

In den Tagen die der Veröffentlichung des Buches und des Films unmittelbar vorausgingen       haben Gazeta Wyborcza und liberale Medien wie Newsweek Polska und Onet.pl viele Artikel mit sensationellen Titeln veröffentlicht, die die Behauptungen Gutowskis und Oberbeeks als unbestreitbare Wahrheit behandelten. 

Ich habe hier eine umfassende Analyse der Anschuldigungen selbst veröffentlicht, und sie sind alles andere als unbestreitbar. Laut einer detaillierten Untersuchung der Archive der kommunistischen Geheimpolizei, die in der Tageszeitung Rzeczpospolita von den Journalisten Tomasz Krzyżak und Piotr Litka veröffentlicht wurde, ist es ungewiss, ob Bolesław Saduś ein Kinderschänder war. Was die beiden anderen mutmaßlichen Vertuschungen betrifft: als Kardinal Wojtyła von Lorancs Sexualstraftaten erfuhr, suspendierte er ihn und ließ ihn isoliert in einem Kloster leben (seine Sanktionen gingen der Verhaftung Lorancs durch die kommunistischen Behörden voraus); und er verwies den dritten Täter, Eugeniusz Surgent, der in der Diözese Lubaczów inkardiniert war, aus seiner Diözese.

Kürzlich haben Krzyżak und Litka eine weitere Analyse von Dokumenten veröffentlicht, die Gutowski und Overbeek nicht konsultiert hatten. Diese Dokumente deuten stark darauf hin, daß die Anschuldigungen gegen Kardinal Sapieha von der kommunistischen Geheimpolizei erfunden wurden. Darüber hinaus wurde die Behauptung, Kardinal Sapieha sei ein Sexualstraftäter gewesen, bereits von vielen Historikern bestritten; Sie betonen, daß es unglaubwürdig ist, daß Sapieha als sterbender und bettlägeriger 83-Jähriger Seminaristen missbraucht hat – und dass seine Ankläger unzuverlässige Zeugen waren. Sie stellen außerdem fest: daß die Tatsache, daß das kommunistische Regime diese Behauptungen in seiner antikatholischen Kampagne Anfang der 1950er Jahre nicht nutzte, impliziert, daß auch es sie für unwahrscheinlich hielt.

In den letzten Wochen haben viele polnische Historiker zu den Vorwürfen gegen Sapieha und Wojtyła Stellung genommen; Sie haben sie einstimmig als unzuverlässig bezeichnet. So sagte beispielsweise Dr. Łucja Marek vom Institut für Nationales Gedenken, das Nazi- und kommunistische Verbrechen untersucht und dessen Archive von den Anklägern der Kirchenmänner genutzt wurden, in einem Interview: "Gutowskis und Overbeeks Erzählung, ihre Interpretations- und Überinterpretationsmethoden und ihre …“ selektive Verwendung von Dokumenten erweckt den Eindruck, daß ihre Abfassung eine bestimmte These untermauern soll.“ Warum wurden dann solch schlampige Werke von großen Medienkonzernen mit einer ambitionierten Marketingkampagne veröffentlicht?

Ich vermute, daß weder Gutowski noch Overbeek oder ihre Medienmäzene an historischer Wahrheit interessiert sind. Ihr Ziel scheint vielmehr darin zu bestehen, die Kirche in den Augen der Polen zu diskreditieren, um eine soziale Revolution zu ermöglichen, ähnlich derjenigen, die vor Jahrzehnten in Overbeeks Heimat den Niederlanden stattgefunden hat. Seit 2015 ist die sozialkonservative Partei "Recht und Gerechtigkeit“ an der Macht; Im Oktober finden Parlamentswahlen statt. Ist es ein Zufall, daß seit 2018 am Vorabend von Kommunal-, Präsidentschafts-, Europa- und Parlamentswahlen polnische Filme und TV-Specials über sexuellen Missbrauch unter Geistlichen veröffentlicht werden? TVN 24 und Gazeta Wyborcza veröffentlichen regelmäßig Pro-Abtreibungs- und Pro-LGBT-Material (vor ein paar Jahren brachte Wyborczas feministische Wochenbeilage eine Schlagzeile mit der unverhohlenen Überschrift: „Abtreibung ist in Ordnung“). Vielleicht haben sie das Gefühl, daß sie den heiligen Johannes Paul II. angreifen müssen, der weithin als einer der größten Nationalhelden Polens gilt, um den gesellschaftlichen Einfluss der Kirche zu schwächen.

In seinem Gefängnistagebuch schreibt Kardinal Pell, daß er im Gefängnis Tausende von Briefen erhalten habe, von denen alle bis auf ein paar unterstützende Briefe gewesen seien. Er zitiert zahlreiche Briefe von Priestern, die behaupten, ihre Gemeinden seien gewachsen, nachdem er fälschlicherweise angeklagt worden sei, und von abgefallenen Laien, die empört über die Inhaftierung eines unschuldigen Mannes i seit Jahren ihre erste Beichte abgelegt hätten.

Eine ähnliche Dynamik können wir in Polen beobachten. In den letzten Wochen haben zahlreiche Meinungsumfragen gezeigt, daß der Rufmordversuch der Medien gescheitert ist. Eine Umfrage von Onet.pl, das eine entscheidende Rolle bei der Diffamierungskampagne gespielt hat, zeigt, daß fast zwei Drittel der Polen sagen, daß die jüngsten Verleumdungen gegen den heiligen Johannes Paul II. ihre Meinung über ihn nicht verschlechtert haben. Unterdessen ist der Anteil der Polen, die angeben, daß sie den verstorbenen Papst für eine moralische Autorität halten, nach der Veröffentlichung der Dokumentation und des Buches von 58 % im Dezember 2022 auf 72 gestiegen ist.

Der 2. April, der 18. Todestag Johannes Pauls II war ein kalter, regnerischer Tag in Polen. Dennocjh kamen mehr als 50.000 Polen in Warschau zu einem Marsch zur Verteidigung des Hl. Johannes Paul gegen die Verleumdung zusammen. Die Teilnahme übertraf in kleineren Städten die Erwartungen der Organisatoren: in der 300.000 Einwohner Statd Bialystock erschienen 4000 Menschen, um den guten Namen des Pontifex´zu verteidigen, 4000 auch in Rzeszow ( bei 200.000 Einwohnern) um nur ein paar zu nennen. 

Am Abend des 2. April stand ich vor der Franciszkańska-Straße 3, der Adresse der Krakauer Kurie, inmitten Tausender zitternder, Regenschirm tragender Polen, die den Rosenkranz beteten, Kerzen anzündeten und ein Konzert und eine Multimedia-Installation zu Johannes Pauls II Leben miterlebten.  Erfreulicherweise waren viele von ihnen Polen im College-Alter, die zu jung waren, um sich an Karol Wojtyła zu erinnern.

Inzwischen hat Fr. Przemysław Śliwiński, Pressesprecher der Erzdiözese Warschau getwittert,viele Priester hätten ihm berichtet, daß ihre Messen am 2. April – dem Todestag von Johannes Paul II. und Palmsonntag – besser besucht gewesen seien als in den letzten Jahren.

Wie überall im Westen hat auch in Polen der Säkularismus Fortschritte gemacht. Doch diejenigen, die davon träumten, daß Polen das nächste Irland oder Quebec werden würde, erlebten in den letzten Wochen eine große Überraschung. Ob Katholiken und Menschen guten Willens diese kürzlich freigesetzte Energie nutzen werden, hängt weitgehend von ihnen ab." 

Quelle: 


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