In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican kommentiert A. Gagliarducci den Fortgang der programmatischen Reformen von Papst Franziskus.
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"PAPST FRANZISKUS, DIE STÜCKWEISEN REFORMEN"
Ein weiteres Reskript von Papst Franziskus. Am 24. Mai hat der Papst das Amt des Generalauditors reformiert und seine Funktionen in die Zeit der Sedisvakanz verlängert. In der Praxis erlöschen damit alle Ämter außer denen des päpstlichen Vikars für die Diözese Rom, des Camerlengos und des Generalauditors.
Es war vorhersehbar, daß einige Veränderungen für die Sedivakanz nötig wurden, weil in der Kurienreform die Apostolische Kammer abgeschafft wurde, die das Vermögen des Hl. Stuhls in Zeiten der Sedisvakanz verwaltete. Deshalb mußten eine Reihe von Funktionen neu arrangiert oder neu definiert werden.
Aber daß das - wieder- durch ein Reskript geschah, ist ein Hinweis auf den modus operandi von Papst Franziskus. Zwei Eigenschaften müssen beleuchtet werden: die erste ist die plötzliche Hast, mit der Reformen ausgeführt werden - eine Dringlichkeit, die die Notwendigkeit weiterer Veränderungen mit sich bringt; die zweite ist die Tatsache, daß es keinen klaren Plan dafür zu geben scheint, wie diese Reformen promulgiert und ausgeführt werden sollen, außer daß der Plan einfacher ist, als man denkt- und das ist der Plan, die Römische Kurie abzubauen.
Diese beiden Hypothesen schließen sich nicht gegenseitig aus. Sie ergänzen einander und lassen viele Fragen dazu offen, wie Papst Franziskus beschlossen hat, die Kirche zu reformieren.
Was besagt das neue Reskript? Erstens-angesichts dessen, daß die normale Verwaltungstätigkeit während der Sedisvakanz nicht unterbrochen wird und daß das Amt des Generalauditors keinen Posten eines Sekretärs vorsieht, ist es das selbe Amt, das während der Sedisvakanz unter der Leitung des Camerlengo seine Funktion der Kontrolle der normalen Verwaltung beibehält.
Nicht nur. Die Statuten des Generalauditors sehen vor, daß der Auditor "die Informationen analysiert und sie mit einem Bericht einer speziellen Kommission vorlegt, die aus dem Berater für die allgemeinen Aufgaben des Staatssekretariates, dem Prälaten, der Sekretär des Wirtschaftsrates ist und dem Sekretär des Wirtschaftssekretariates zusammengesetzt ist.
Die Kommission ist das Finanzsicherheits-Komitee, das mit dem Anti-Geldwäschegesetz während der Vaticanreform vom August 2013 gegründet wurde. Ein Finanzsicherheits-Komitee wurde von interntionalen Organisationen verlangt, die vom Papst die Art Transparenz forderten, die nur durch ein Komitee erlangt werden konnte, das sogar auf globaler Ebene eine Regierungskontrolle der Anti-Geldwäscheprobleme sicherstellen konnte.
Jetzt hat sich jedoch alles geändert. Der General-Auditor prüft die Berichte und "präsentiert sie mit einem Bericht dem Präfekten des Wirtschaftsrates und, wenn es nötig erscheint, auch dem Kardinal, der den Wirtschaftsrat koordiniert."
Noch einmal ist das Staatssekretariat- wie schon vorher beim Grundgesetz des Vatican-Staates- völlig ausgeschlossen. Nur die vom Papst gegründeten Körperschaften, die eine neue Zentralität inne haben und die am Ende die einzigen Körperschaften bleiben, die die Kontrolle ausüben.
Kurz gesagt, es gibt nicht nur die Zentralisierung in den Händen des Papstes. Es gibt eine Zentralisierung der neuen Körperschaften der Kurienreform. Diese Auswahl scheint zu bedeuten, daß Papst Franziskus ein klares Zeichen von Diskontinuität geben will.
Diese Interpretation erscheint ziemlich technisch. Aber am Ende ist es das nicht, weil es einiges über den Papst und das Pontifikat erzählt.
Das erste ist, daß Papst Franziskus keine umfassenden Reformen macht. Er hat oft von einer "Reform im Gehen" gesprochen. Als er die Apostolische Konstitution Praedicate Evangelium veröffentlichte- ein bißchen aus dem Blauen heraus- tat er das im Bewußtsein, daß die neue Konstitution noch nicht für die Veröffentlichung fertig war- Es war ein Staatsstreich, der jedoch weitere Anpassungen erforderte. Die Reskripte und motu proprio des Papstes beweisen, daß das Gesetz nicht allgemein war sondern lediglich dazu diente, einen Punkt beleuchtete. Immerhin erkannten sich die Vatican-Dikasterien nicht wieder.
Das zweite ist , daß die Entscheidungen des Papstes von der Logik diktiert zu werden scheinen, eher ein fortwährendes Engagement zu demonstrieren als Kontinuität zu garantieren. Bereits die Kurienreform hat einen starken Bruch mit dem vorherigen Management gezeigt. Trotzdem haben die Kurienämter nicht immer klare Regeln für ihr Engagement bekommen. Viele Mitarbeiter sind gegangen, weil sie sich nicht mehr wohlfühlten. Viele, die geblieben sind, wissen oft nicht, wie weit sie ihre Grenzen verschieben können.
Das ist eine Situation die im Gegensatz dazu steht, was Papst Franziskus gern hätte, weil sie sehr klerikal ist. Keiner will Verantwortung übernehmen oder Risiken auf sich nehmen. Aber der Klerikalismus weitet sich aus, je länger der Papst abwesend ist, weil er nicht die Rolle eines Garanten für die Einheit der Kirche spielt. Mit seiner zunehmenden Abwesenheit konfrontiert, versuchen die Vatican-Mitarbeiter die Leere auszufüllen, so gut sie können. Sie tun das, indem sie sorgfältig vermeiden, vielleicht über neue Ziele nachzudenken - oder einfacher nicht zu riskieren, dem Papst zu mißfallen.
Das Dritte ist ein gewisser Ansturm auf Reformen. Papst Franziskus hat keine Zeit, Kommissionen zu schaffen, wie er es zu Beginn seines Pontifikats getan hat. Wenn es also um bestimmte Situationen geht, geht er diese direkt an, ohne jemanden zu konsultieren. Nicht, daß der Papst unbedingt irgendjemanden vorwarnen müsste. Aber es stimmt auch, daß es Probleme bei der Verwaltung von Macht und Aufgaben geben wird, wenn er nicht vorwarnt.
Schließlich ist jetzt klar, daß die Reformen von Papst Franziskus Stückwerk sind. Es gibt keine globale und umfassende Reform, sondern viele kleine Reformen, die, so hofft er, zu einer neuen kirchlichen Mentalität führen werden. Die Wahrheit ist jedoch, daß es schwierig ist, schrittweise Reformen in die Zukunft umzusetzen; Sie haben ein Eigenleben, und an das, was gestern passiert ist, muss man sich heute vielleicht nicht unbedingt erinnern.
Die kürzliche massive Reformarbeit von Papst Franziskus scheint in diesen vier Richtlinien zusammengefaßt zu sein. Die wirkliche Frage ist, ob diese Reformen überdauern werden oder lediglich dramatisch mit der Person von Papst Franziskus verbunden bleiben. "
Quelle: A. Gagliarducci, Monday at the Vatican
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