Montag, 7. August 2023

Papst Franziskus´ Umbauarbeiten am Hl. Stuhl und an der Kurie

In seiner heutigen Kolumne befaßt sich A. Gagliarducci bei Monday at the Vatican mit den Umstrukturierungsplänen, die Papst Franziskus für die Kurie und den Hl. Stuhl hat und mit den Schritten, vor allem Ernennungen, die er schon unternommen hat. 
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"PAPST FRANZISKUS -DIE RESTRUKTURIERUNG DER KULTUR, DIE MIT SEINER FAMILIE BRGINNT"

Die Reise nach Portugal zum WJT und die Pressekonferenz im Flugzeug sind die in den Medien am meisten beachteten Nachrichten aus dem Vatican. Dennoch haben letzte Woche ein Gerücht, eine Ernennung und ein Datum gezeigt, wie Papst Franziskus einen endgültigen Tempowechsel dirigiert und noch einmal die Kontrolle bei sich selbst konzentriert.

Das erste ist die Ernennung des neuen Rector Magnificus der Lateran-Universität am 1. August. Wie im Fall der Ernennung des Präfekten des Glaubensdicasteriums, liegt die Nachricht nicht in der ausgewählten Person, Fr. Alfonso Amarante, sondern in dem Brief, mit dem der Papst die Ernennung begleitet hat. Darüber hinaus wird Fr. Amarante zum Erzbischof ernannt werden. Diese Entscheidung zeigt, wie Papst Franziskus den Episkopat als eine Art Regierung benutzt. In der Praxis müssen die Leiter der Dicasterien nicht Bischöfe sein, aber diejenigen, die der Papst als seine direkten Mitarbeiter betrachtet, und die ihm treu sein sollen, müssen es sein.

Der Brief an den Rektor enthalten mehrere ernüchternde Details.

Erstens die Ernennung eines Verwaltungsdirektors, der dem neuen Rektor beim administrativen und wirtschaftlichen  Management und der Ausarbeitung eines Entwicklungsplanes  hilft, der die Lateran-Universität zu einer Protagonistin für das kirchliche und weltliche Universitäts-System macht.

In der Praxis trennt der Papst die administrative Verwaltung der Universität vom Rektor, übernimmt die Kontrolle über sie und fordert den Rektor auf, die "kompetenten Universitäts-Organe daran zu beteiligen, so daß sie die Veränderungen der Ausbildung und der Verwaltung unterstützen, die sich als nötig erweisen werden."

Aber- und das ist das Thema- der Rektor wird auch durch den "Oberen Koordinations-Rat unterstützt werden, den ich durch das Reskript vom 21.August 2021 eingerichtet habe, der zusätzlich zu den bereits vorgesehenen Personen weitere qualifizierte Exponenten der Römischen Kurie und der universitären Welt einschließen werden, um auch institutionell den Bund zwischen der Lateran-Universität und dem Apostolischen Stuhl auszudrücken." Papst Franziskus implementiert mit diesem Brief das Reskript, fügt die Anwesenheit von  Repräsentanten der Kurie in den Beirat hinzu und unterstreicht die Notwendigkeit auf diese konkrete Weise auszudrücken, daß das die Universität des Papstes ist.

Das bedeutet kurz gesagt,daß alles der direkten Kontrolle  des Papstes unterliegt. Und in diesem Kontext- erklärt Papst Franziskus wieder- "des Prozesses, den ich wollte und durch das Dicasterim für Kultur und Erziehung koordiniert stattfinden lassen wollte" angesichts der Neuorganisation der Päpstlichen Akademischen Institutionen Roms."


Deshalb verkündet der Papst eine Art Revolution der Organisation der Päpstlichen Universitäten in Rom.  Man wird sehen müssen, ob das eine Änderung der Kurse und Themen, einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit  bedeutet, eine Anpassung an neue Herausforderungen der Kultur oder sogar eine Anpassung an die Kultur selbst, wie der Papst sie sieht. 

Schließlich hat Papst Franziskus 2018 eine Apostolische Konstitution promulgiert, Veritatis Gaudium, die bereits die Kriterien für eine Kultur-Revolution umreißt. Der Zugang dazu muß laut Papst Franziskus multidisziplinär sein. Die Idee ist, den Gedanken an einen "Kultur-Krieg" aufzugeben und statt dessen neu einen Dialog mit der Welt zu beginnen.

2018 wurde die Idee in den bereits durch den Reformprozess der Kurie etablierten neuen vaticanischen Dicasterien (die Dicasterien zur Förderung der ganzheitlichen menschlichen Entwicklung und für die Laien, Familie und das Leben) bedacht. Fünf Jahre später will Papst Franziskus das wirksam werden lassen, und zwar so, daß nicht zu verdammen sondern zu dialogisieren auch eine der Regeln ist, die dem neuen Präfekten des Glaubens-Dicasteriums gegeben wurden.

Was jetzt kommt, ist deshalb das Ende einer langen Reise, über das Papst Franziskus seit einiger Zeit nachdenkt. Die Ernennungen wurden früher nicht durch Briefe des Papstes begleitet, aber das tun sie jetzt und zeigen an, daß der Papst den Reformprozess persönlich in die Hand genommen hat. Alles muß dem Papst berichtet werden, der seine  zuverlässigen Vertrauenspersonen hat.

Auch das ist Teil seiner Art zu regieren. Für das Vikariat von Rom ist sein Referenzpunkt der aus Sizilien als Weihbischof berufene Vizeregent Baldassare Reina, den der Papst benutzt, um seinen Vikar, Kardinal Angelo de Donatis zu übergehen, den die neue apostolische Konstitution Ecclesia in Urbe einem Weihbischof gleichstellt.  Ein weiterer Bezugspunkt wird ein anderer Priester von außerhalb sein, Michele di Tolve, den Papst Franziskus zum Rektor des Römischen Seminars berufen und nach den selben Kriterien zum Bischof ernannt hat, nach denen der Rektor der Lateran-Universität Erzbischof wird. 

Kurz gesagt, alles unterliegt dem Papst, was nur eines bedeuten kann: der Papst vertraut Vermittlern nicht. Er will Personen, denen er vertraut, aber will auch alle Vorgänge kontrollieren. Für Papst Franziskus wird es Zeit, einen Kulturwechsel auszuführen und er kann das nur tun, indem er zerstört, was zuvor funktioniert hat. Wir können darüber diskutieren, ob das gut oder schlecht ist. In der Kirchengeschichte hat es nie einen Bruch mit der Vergangenheit gegeben, weil alles Teil eines Kontinuums ist. Wie es aussieht, hat Papst Franziskus jedoch einen entgegengesetzten Zugang. 

Und wenn das die konkrete Nachricht ist, zirkuliert seit einigen Tagen das Gerücht, daß-wenn es bestätigt wird- es einen weiteren Beweis für diesen Wendepunkt des Pontifikates gibt. Ich spreche von der Abwesenheit von Msgr. Sapienza, dem Regenten des Päpstlichen Hauses, bei den letzten päpstlichen Audienzen- über die Gerüchte zirkulieren, daß Sapienza selbst dazu bestimmt ist, den päpstlichen Haushalt zu verlassen, in dem er mehrere Jahrzehnte gedient hat,  um einer neuen Generation Platz zu machen.

Das päpstliche Haus ist zur Zeit ohne Präfekten. Es wird allerdings schon seit Jahren vom Regens geleitet, weil Papst Franziskus Erzbischof Georg Gänswein kaltgestellt hat, ohne ihn jedoch jemals aus seiner Stellung zu entlassen, nur um ihn dann durch eine rückwirkende Entscheidung vor zwei Monaten gehen zu lassen.

Zu Beginn des Pontifikates dachte man, daß der Papst den päpstlichen Haushalt abschaffen wollte, der von einigen als anachronistische Institution betrachtet wird. De facto organisiert der Päpstliche Haushalt offizielle und private Besuche beim Papst, gemäß einer alten Tradition nach der der Papst Staatsoberhäupter nicht nach dem Protokoll des Staatssekretariates sondern seines eigenen Hauses empfängt.Tatsächlich saß bei Staatsbesuchen der Almosenier des Päpstlichen Hauses zur Linken des Papstes, und bezeugte, daß der Papst alle jene, die in seinem Namen caritativ tätig waren, Teil seiner Familie sind.

Jetzt gibt es keine Almosen mehr, weil das mit dem Dicasterium der römischen Kurie verschmolzen ist und deshalb "säkularisiert", einem Amt gleichgestellt wurde. Es gibt vielleicht auch keine Präfektur mehr, wie wir sie heute verstehen. Es ist unwahrscheinlich, daß der Papst alles dem Protokoll des Staatssekretariat anvertrauen wird, das an anderen offiziellen Besuchen und an den Beziehungen mit den Botschaften arbeitet. Es ist wahrscheinlicher , daß der Papst seine eigenen leichten Strukturen schaffen und alles dem neu ausgewählten Sekretär aus Argentinien anvertrauen und  die Wahrnehmung offizieller Besuche beim Papst abschaffen wird. 

Papst Franziskus achtet sorgfältig darauf, nicht als Politiker zu erscheinen, obwohl viele seiner Äußerungen politisch sind. Und Papst Franziskus ist bemüht, zu zeigen,daß er mit der Vergangenheit des Hl. Stuhls brechen, alle "Superstrukturen" entfernen will, um sich über den päpstlichen Hof hinaus verfügbar zu machen.

Der päpstliche Hof war jedoch dazu da, den Papst zu schützen, nicht um Privilegien zu schaffen. Das nicht zu verstehen, heißt die Kirchengeschichte nicht zu kennen. Vor allem aber wird das ein Paradoxon kreieren: der Papst der die Institution zur Seite schieben will, ist der Papst, der einen Weg zeigen will, das im Dialog zu tun, und dann ist es auch der Papst, der mehr als jeder andere, jede Macht auf sich konzentriert hat. 

So würde die Restrukturierung  Hand in Hand mit der Reorganisation des Päpstlichen Haushalts einhergehen. Und vielleicht -in der Folge-auch des Amtes für die Litrugischen Feiern, wenn man bedenkt, daß der Meister der Zeremonien, Diego Ravelli, der  vom Papst  zum Bischof ernannt wurde und (bis jetzt) eine leichte administrative Aufgabe zugewiesen bekam.

Papst Franziskus baut den päpstlichen Hof ab. Aber indem er alles seiner Kontrolle unterstellt, schafft er einen Hof des Papstes. In der Tat einen Hof von Papst Franziskus. Sein Image könnte davon profitieren. Sicher wird die vaticanische Organisation sich neu aufbauen, in einem neuen Pontifikat, um nicht 2 Jahrtausende der Geschichte zu verlieren. 

 

 

 

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