Dienstag, 8. August 2023

Synodaler Aktivismus in der Sackgasse...

Martin Grichting kommentiert bei firstthings den Stand der Dinge bei den Synodalen Projekten der Deutschen und Schweizer Bischöfe, die er wegen übertriebenen Aktivismus in einer Sackgasse verortet. Hier geht´s zum Original:  klicken

    "DIE FATALE BOTSCHAFT DES AKTIVISMUS"

Die deutschen und schweizerischen Bischöfe sind mit ihrem synodalen Projekt in einer Sackgasse gelandet. Der Weg nach vorn ist durch die Wand der Glaubenslehre, wie die universale Kirche sie vertritt, blockiert, während hinter ihnen die Aktivisten substantielle Veränderungen der Kirchenlehre verlangen. In dieser Situation gibt es einen positiven Aspekt. Die aktuelle Krise offenbart ein überholtes Kirchenverständnis, das endlich das Ende seiner Dominanz erreicht hat. Dieses Verständnis von Kirche hat ihren Ursprung im Konzil von Trient. Angesichts der Reformation, glaubte Trient, daß die Kirche zuerst eine Institution sei-ebenso sichtbar wie die Republik Venedig- argumentierte Robert Bellarmin. Diese Betonung auf der Kirche als verkörperte Hierarchie war zu der Zeit wichtig und notwendig.  Die Kirche hat nicht nur die Reformation überlebt sondern blühte auf. Wir können mit Ehrfurcht auf die post-tridentinische Katholische Kultur der Heiligen, eine robuste populäre Frömmigkeit und wirkungsvolle soziale Präsenz bei den Werken christlicher Erziehung und Wohltätigkeit zurückblicken. 

Aber die Tridentinische Betonung der Kirche als eine Institution war einseitig. Sie neigte zu der Ansicht, daß das Wesen der Kirche durch die Hierarchie, die Bischöfe, die Priester und die religiösen Orden verkörpert wurde. Lokal manifestierte sich diese soziale Form der Kirche primär in den Gemeinden, um die sich eine Vielzahl von Vereinigungen, Kongregationen und Gruppen versammelten. Für die Getauften manifestierte an der Mission der Kirche teilzunehmen, sich primär darin, in kirchlichen Strukturen unter und mit dem Klerus aktiv zu sein. Die "lebende Gemeinde" war der Gold-Standard. Christ zu sein, wurde durch die Teilnahme in den von der Hierarchie geleiteten Institution definiert. Kleriker oder Mitglieder religiöser Orden repräsentierten "Perfektion", die nur durch eine Distanz von der Welt erreicht werden konnte. Das Alltagsleben des christlichen Laien in der Familie, im Beruf und in der politischen und weltlichen Realität wurde zu wenig erklärt. Wenige haben sich  vorgestellt,  daß man seine christliche und kirchliche Mission "in der Welt" leben könnte, oder daß jemand im Laien-Stand auch "Kirche" sein könnte.
Die Bischöfe des II. Vaticanischen Konzils erkannten die wichtigen Veränderungen, die die Moderne gebracht hatte. Die Aufklärung und die Französische Revolution markieren das Ende der Ständegesellschaft und die "separate Welt" des kirchlichen Lebens wurde geschwächt. Deshalb haben sie versucht, die hierarchische und institutionelle Sicht des Konzils von Trient zu ergänzen. 


Insgesamt wurde die hierarchisch gegliederte Kirche weniger "sichtbar" als die "perfekte Gesellschaft". Politische und kulturelle Veränderungen bedeuteten, daß sie nicht länger als Gegenspieler der Staates und der Zivilgesellschaft funktionierte. Eher trat das Individuum als Bürger und Christ in den Vordergrund. 
Das II.Varicanum hat diese neue Realität angesprochen, speziell die Idee des Primats des Individuums und hat versucht den Getauften eine Spiritualität zu vermitteln, die ihn zu einem aktiven kirchlichen Subjekt in der modernen Gesellschaft der Freien und Gleichen machen würde. Gestärkt durch die pastorale Arbeit des Klerus und geformt durch sein christliches Gewissen, sollte er selbst ein kirchlich Handelnder mitten in der Welt sein. Der Christ sollte seinen Glauben in seinem eigenen Namen leben und nicht als Bote einer Hierarchie: in seinem Beruf, in der Politik und den Medien, der Zivilgesellschaft. seiner Familie und zwischen seinen Freunden. In Kapitel IV von Lumen Gentium  hat das II.Vaticanum diese Synthese des Christlichen Glaubens mit den aus der Aufklärung hervorgegangen Gesellschaften erreicht. Und natürlich hat das Konzil getan, ohne die Substanz der Lehre oder des Glaubens zu opfern. 

Schaut man jedoch auf die Gespräche, die es heute in der Kirche gibt, würde man denken, daß dieses Kapitel von Lumen Gentium nie geschrieben worden ist. Zumindest wird es weiterhin in weiten Teilen der Kirche mißverstanden. Sogar nach der Klarstellung durch das II. Vaticanische Konzil wurde das tridentinische Verständnis von Kirche beibehalten und weiter entwickelt. Diejenigen, die zu "Reformen" drängten, erklärte zu Recht, daß die Laien eine unersetzliche kirchliche Aufgabe haben. die bis dann vernachlässigt wurde. Aber sie schlossen fälschlicherweise, daß die katholischen Laien diese Mission innerhalb der kirchlichen Strukturen erfüllt werden müsse. Die Synode und das Konzils-System hat sich als Konsequenz nach dem Konzil entwickelt. 

Was derzeit in Teilkirchen und in der Weltkirche unter dem Namen "Synodalität“ betrieben wird, stellt die Fortführung des tridentinischen Kirchenverständnisses auf andere Weise dar. Es ist ein anachronistischer Versuch, ein veraltetes, hierarchiezentriertes Bild der Kirche in unserem demokratischen Zeitalter aufrechtzuerhalten und zu erweitern, indem man die Laien in die Struktur der Kirche einbezieht und so Raum für innerkirchliche Beratung und Entscheidungsfindung schafft. Nur die institutionelle Kirche zählt: Das ist die fatale Botschaft des synodalen Aktivismus. Dabei wird davon ausgegangen, daß die Gläubigen den Ruf zur Nachfolge vor allem gemeinsam mit und unter der Führung der Hierarchie leben sollen. Die Folge ist die Klerikalisierung der Laien, die zu Konflikten mit den Priestern und Diakonen führt.

Das II.Vaticanum hat bestätigt, daß es eine essentiellen Unterschied zwischen dem allgemeinen Priestertum der Gläubigen und dem hierarchischen Priestertum gibt.
Deshalb ist es eine seltsame Art von Rückfall in die Theologie präkonziliarer Zeiten, als immer mehr Versuche gemacht wurden, Laien "per Dekret" kirchliche Aufgaben zu übertragen, Aufgaben die für jene reserviert sind, die die sakramentalen Heiligen Weihen empfangen haben.

Da gibt es eine weitverbreitete Blindheit. Bischöfe, Priester und Laien-Aktivisten, die glauben, daß sie progressiv sind, realisieren nicht, daß sie in einer vor-Vatican II-Mentalität gefangen sind. Sie verschärfen die tridentinische Klerikerfixierung-selbst eine Verzerrung von Trient- indem sie versuchen, die Laien de facto zu Geistlichen zu machen. Man muß kein Prophet sein, um zu erkennen, daß diese Strategie zur "Aktualisierung der Kirche, die auf fehlerhaften theologischen Voraussetzungen aufbaut, selbstzerstörerisch ist. In der Praxis erweist es sich als Selbständigkeitsprogramm für diejenigen, die bereits für die Kirche arbeiten. Das zementiert weiter eine selbstzufriedene kirchliche Institution, die für die postchristliche Gesellschaft keinerlei Anziehungskraft hat.

Es ist für die Bischöfe unbequem zwischen dem "no go" der Weltkirche und dem Druck der Aktivisten, die denken sie seien progressiv, aber in Wirklichkeit Traditionalisten sind, unfähig irgendeine voranbringende Perspektive anzubieten. Das beschleunigt den Niedergang der Kirche. Der einzige Weg nach vorn ist, die Lehre des II. Vaticanischen Konzils zur Mission der Laien zu verstehen und anzuwenden.
Die Laien sollten als Christen etwas zu sagen haben. Das II. Vaticanische Konzil sagt ihnen in Lumen Gentium: "Der Herr möchte sein Königreich auch mit Hilfe der Laien ausbreiten...Deshalb laßt sie durch ihre Kompetenz in säkularer Ausbildung und durch ihre Aktivitäten, von innen erhoben durch die Gnade Christi, ihre Bemühungen energisch beitragen, so daß geschaffene Güter durch menschlich Arbeit, technisches Können und bürgerliche Kultur perfektioniert werden können - zum Wohl aller Menschen gemäß dem Plan des Schöpfers und im Licht Seines Wortes. 

Laien sollten als Priester Gott ein Opfer darbringen wollen. Wie soll das gehen? Das Konzil sagt, daß alle Gläubigen am Priesteramt Christi teilhaben:

Denn all ihre Werke, Gebete und apostolischen Bemühungen, ihr gewöhnliches Ehe- und Familienleben, ihre täglichen Beschäftigungen, ihre körperliche und geistige Entspannung, wenn sie im Heiligen Geist ausgeführt werden, und sogar die Nöte des Lebens, wenn sie geduldig ertragen werden – all dieses werden "spirituelle“ Opfer, die Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus.“ Zusammen mit der Opferung des Leibes des Herrn werden sie am besten in der Feier der Eucharistie dargebracht. So weihen die Laien, wie überall, die in heiliger Tätigkeit anbeten, die Welt selbst Gott.

Laien sollten sich wünschen, den Glauben zu verkünden. Um das zu tun, sagt das Konzil ihnen: "

"Die Laien treten als kraftvolle Verkünder eines Glaubens an die Dinge auf, die erhofft werden können, wenn sie mutig mit ihrem Glaubensbekenntnis ein Leben verbinden, das aus dem Glauben entspringt. Diese Evangelisierung, das heißt die Verkündigung Christi sowohl durch ein lebendiges Zeugnis als auch durch das gesprochene Wort, erhält eine besondere Qualität und besondere Kraft, indem sie in der alltäglichen Umgebung der Welt verwirklicht werden.“

Nur wenn es uns gelingt, den Laien diese Spiritualität zu vermitteln, und wenn sie in der Lage sind, sie in ihrem täglichen Leben anzuwenden, wird das Christentum Relevanz im Staat und der Zivilgesellschaft wiedergewinnen.  

Die Klammer- die Mission der Laien-muß gelockert werden. Andernfalls wird die Fortsetzung der präkonziliaren Bewegungslosigkeit zur Bedeutungslosigkeit führen.

Man muß kein Prophet sein, um zu sehen, daß diese Strategie, die zum updating der Kirche auf falschen theologischen Voraussetzungen aufgebaut ist, zur Selbstzerstörung führt. Die Praxis zeigt, daß das ein Selbstbeschäftigungsprogramm für die ist, die bereits in der Kirche arbeiten. Es zementiert weiter eine mit sich selbst zufriedene kirchliche Institution, die keinerlei Reiz auf die post-christliche Gesellschaft ausübt."

Quelle: M. Grichting, firstthings

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