In seiner heutigen Kolumne für Monday at the Vatican setzt sich A. Gagliarducci mit den Umbauarbeiten an der Kurie, den einzelnen Dicasterien und der Glaubenslehre auseinander.
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"PAPST FRANZISKUS UND DIE NEUE GLAUBENSLEHRE"
Seit Kardinal Victor Manuel Fernandez Präfekt der Glaubenskongregation ist, hat die website des Dicasteriums mehrere Antworten auf Fragen gegeben, die Papst Franziskus aus aller Welt gestellt wurden, von den Dubia der fünf Kardinäle bis hin zur Frage eines Philippinischen Bischofs, was er angesichts der zunehmenden Verbindung mit der Freimaurerei bei den Gläubigen tun solle.
Die Neuigkeit liegt nicht so sehr in der Tatsache, dass diese Fragen den Papst erreichen, sondern die Häufigkeit mit der die Antworten auf sie veröffentlicht werden. Bis jetzt - war es Standard-Praxis privat zu antworten, außer in Fällen, in denen Themen von allgemeinem Interesse diskutiert wurden.
Jetzt aber erscheint diese Praxis fast umgekehrt zu sein. Zumindest werden die Antworten häufiger veröffentlicht. Das mag eine Änderung in der Arbeitsweise des Dicasteriums anzeigen, die letztlich die Art des Papstes zu regieren widerspiegelt.
Nachdem versucht wurde, die Wahrnehmung des Papsttums zu ändern, arbeitet Papst Franziskus in gleicher Weise am Dicasterium für die Glaubenslehre. Letztendlich ist das nicht überraschend. Er hatte zur Zeit seiner Ernennung an Kardinal Fernandez geschrieben, daß "die Kongregation in der Vergangenheit zu rigide und sogar unmoralisch gearbeitet habe) Der päpstliche Brief, der Fernandez Ernennung begleitete, war bereits ein Neuheit in der Geschichte-kein Präfekt vor Fernandez bekam je einen solchen- und die Verwendung des Briefes ist ebenfalls einzigartig.
Papst Franziskus wollte dem Papsttum schon immer den Anstrich der Geheimhaltung entziehen und die Zwischenorgane Schritt für Schritt abschaffen Dies ist einer der Gründe, warum er sich entschieden hat, so viele Interviews zu geben. Er hat sich auch während Pressekonferenzen an Bord Fragen von Journalisten gestellt. Es ist fast so, als ob Papst Franziskus sich selbst als Hauptantreiber seines eigenen Narrativs sieht.
Wir dürfen nicht missverstanden werden. Franziskus trifft seine Entscheidungen allein. Er gibt nicht immer Gründe für seine Entscheidungen an. Im Gegenteil. Aber die Tatsache, daß er in seinen öffentlichen Äußerungen Transparenz, Offenheit und sogar Naivität – wenn wir es so nennen wollen – an den Tag legte, war Teil des echten Wunsches, das Papsttum volksnäher zu machen. Das Volk muss sich dem Papst nahe fühlen können, und der Papst muss dem Volk nahe sein.
Das Dikasterium für die Glaubenslehre ist aufgerufen, dasselbe zu tun. Das von Papst Franziskus bereits reformierte und in zwei Abteilungen mit spezifischen Zuständigkeiten unterteilte Dikasterium ist nun dazu aufgerufen, in seinen Antworten offen und transparent zu sein. Vor allem pastoral sein. Die Reaktion auf die Dubia der fünf Kardinäle ist ein klassisches Beispiel. Das Dikasterium antwortet nicht mit Ja oder Nein; Stattdessen wird die Situation ausführlicher untersucht, bis zu dem Punkt, die Interpretation offen zu lassen. .
Das bedeutet nicht, dass Papst Franziskus die Lehre ändern will. Es bedeutet vielmehr, daß er ändern möchte, wie die Kirchenlehre gelebt wird. Das ist eine pragmatische Verschiebung, die dann paradigmatisch wird. Am Ende reflektiert die Praxis häufig das Leben, das chaotisch ist,. Ein Beispiel dafür, wie manche doktrinalen Grundsätze fest bleiben, ist in den Antworten auf die Frage nach der Verbindung von Katholiken mit der Freimaurerei. Sie is verboten, das wird klar gesagt, mit Beztug auf das Dokument der selben Kongregation von 1983, die klar erklärte, dass Katholiken, sich nicht den Freimaurern anschliessen können. Was jedoch verlangt wird, ist pastorales Handeln und mindestens eine öffentliche Erklärung. Außerdem wird eine Katechese gefordert, damit die Menschen verstehen.
Das Thema der Ausbildnng ist ausschlaggebend und ist auch für Papst Franziskus essentiell, der das globale Erziehungspaket auf den Weg gebracht hat. Der Punkt jedoch ist, zu definieren, welche Art der Ausbildng das ist. Papst Franziskus hat das klar in seiner Reform der Päpstlichen Akademie für Theologie und sogar nochvorher in Veritatis gaudium erklärt. Die Katholische Welt,sagt er, muß in der Lage sein, aus anderen Disziplinen die Kategorien zu leihen, die den Glauben anders erklären als die Theologie, Das ist ein dorniges Thema. Man sollte einwerfen, da die theologische Welt statt dessen ihre eigene Sprache finden sollte, eine dem Glauben eigene Sprache, um die Welt zu erklären. Papst Franziskus jedoch denkt, daß dieses der Weg ist, zusammen mit dem Thema der Interdisziplinarität (oder Transdisziplinarität)-dem zentralen Thema. Das ist ein pragmatischerer Zugang - aber der Franziskus´.eigene Zugang.
Wieder einmal hat Papst Franziskus eine gewisse Unzufriedenheit mit institutionellen Entscheidungen gezeigt. Er hat oft Motu proprio und „leichte“ lehramtliche Dokumente verwendet, um Entscheidungen zu treffen und sich dabei den Maschen theologischer Kontrolle zu entziehen, mit der Überzeugung, daß "Realitäten größer sind als Ideen“ und daß „Zeit dem Raum überlegen ist“. Der Papst initiiert Prozesse und schaut dann, wie diese ausgeführt werden.
Das Dikasterium für die Glaubenslehre scheint ähnlich zu handeln. Das Fehlen von Protokollnummern in den Antworten sowie das Fehlen des Datums am Rand wurden festgestellt. Es herrscht eine gewisse Unzufriedenheit mit den generischen Regeln, nach denen im Vatikan seit Jahren Dokumente zusammengestellt werden. Bisher half allein schon die Protokollnummer dabei, die Authentizität eines Dokuments zu bestimmen. Authentizität ergibt sich nun aus der Veröffentlichung auf der offiziellen Website, die ohne Genehmigung des Vorgesetzten nicht möglich ist, nicht jedoch aus ihrer Form.
Dieses Detail führt zu einem weiteren Problem, nämlich daß es ohne konkrete Regeln der Vorgesetzte ist, der alles entscheidet. So wie Papst Franziskus allein regiert, trifft Kardinal Fernandez Entscheidungen und spricht direkt mit dem Papst. Vielleicht wird es eine Sitzung der Feria IV – das ist die reguläre Mittwochssitzung des DDF – zur allgemeinen Diskussion mit allen Beamten des Dikasteriums geben, aber man hat den Eindruck, daß diese Sitzung nicht so entscheidend sein wird.
Damit sind wir beim letzten Punkt. Die Reform des Dikasteriums für die Glaubenslehre teilte das Dikasterium in zwei Abschnitte. Zuvor trafen vier Büros zum Thema Glauben zusammen, und die Mittwochstreffen brachten alle kritischsten Themen unter einem Dach zusammen.
Stattdessen zerteilte die Reform das Dikasterium in zwei verschiedene Abteilungen mit jeweils eigenen Zuständigkeiten: eine Lehrabteilung und eine Disziplinarabteilung. Die klare Aufgabenteilung soll im Sinne von Papst Franziskus für mehr Effizienz sorgen. Das Risiko besteht darin, die allgemeine und ideale Vision zugunsten einer besseren Organisation zu verlieren. Es ist schwierig, ein Gleichgewicht zu erreichen. Aber das ist es, was Papst Franziskus im Auge hat. So sehr, daß sogar das letzte Konsistorium, das eine Diskussion beinhaltete (es war 2022), die Kardinäle in Gruppen einteilte und die Synode die Teilnehmer sofort in kleinere Kreise aufteilte, von denen jeder sein Unterthema zur Diskussion hatte
Mit Fernandez an der Spitze ist das Dikasterium für die Glaubenslehre irgendwie zum Spiegel des Pontifikats von Franziskus geworden. Er ersetzte das Staatssekretariat als wichtigste Abteilung, wenn auch nicht in funktionaler Hinsicht, sondern eher aufgrund der persönlichen Nähe seines Präfekten zum Papst, was paradox ist.
Als Benedikt XVI. Papst wurde, bestand ein Teil des Narrativs darin, daß er der diplomatische Seite der Dinge zu wenig Raum schenkte - zugunsten eines doktrinäre Überwachungsamtes. Es wurde manchmal als eine Art "Rache“ des frühere Heilige Offiziums dargestellt, das seine Rolle als La Suprema zum Nachteil der Diplomaten im Staatssekretariat wieder aufnahm – eine Lesart, die durch die Ernennung von Kardinal Tarcisio Bertone, des früheren Sekretärs der Kongregation für die Glaubenslehre zum Staatssekretariats, veranschaulicht wurde. Francis lobt Diplomaten auf Schritt und Tritt, aber ein Blinder kann erkennen, daß Fernandez im Dicasterium für die Glaubenslehre Franziskus´ rechte Hand ist. Auch das ist paradox."
Quelle: A.Gagliarducci, Monday at the Vatican
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