Donnerstag, 25. Januar 2024

Warum zu Fiducia Supplicans ´non licet´ gesagt werden muss.

Pater Serafino Lanzetta untersucht und kommentiert  für Rorate Caeli die theologischen Aspekte von Fiducia Supplicans, der Erklärung des Glaubens-Dicasteriums, die sich tatsächlich zu einer weiteren never ending story dieses Pontificates entwickelt. 
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"ZU FIDUCIA SUPPLICANS: ANONYME UND ANOMALE SEGNUNGEN"  VON PATER SERAFINO M. LANZETTA"

Mit der Erklärung Fiducia Supplicans (FS) vom 18. Dezember 2023 hat das Dicasgerium für die Glaubenslehre, verglichen mit dem kürzlichen Ende der Synode, mit einer gewissen Hast Papst Franziskus ex audientia gebeten, neue, ad hoc geschaffenen Segnungen "für Paare in irregulären Situtionen" und "gleichgeschlechtliche Paare" zuzustimmen. Die Betonung liegt in beiden Fällen auf "Paar". Um das auf eine prinzipielle Stufe zu stellen und so seinen moralischen Akt zu rechtfertigen, wird der Versuch unternommen, den liturgischen Aspekt des Segens von seinem vorherigen "theologischen" aber nicht rituellen Zustand zu trennen. Mit welchem Ergebnis?

Segnen ohne es zu sagen 

Es sollte zunächst über die Unterscheidung zwischen liturgischen und Andachtssegen bzw. pastoralen Segnungen nachgedacht werden. Indem man Letzteren ihren liturgischen Status entzieht, scheint es, daß man trotzdem eine Möglichkeit bieten kann, die genannten Paare zu segnen. Mit echter Sophistik. Dieser neue Segen muss kein „liturgischer oder halbliturgischer Akt, ähnlich einem Sakrament“ sein (FS 36). Aber ist das ein Sakramentale, ein Segen und nicht eine talismanische Anrufung? FS unterscheidet zwischen liturgischen Segnungen, die mit einem Sakrament verbunden sind, und sakramentalen Segnungen, die außerhalb der Sakramente als tatsächliche Gnaden gespendet werden. Alles das würde immer noch "eine streng liturgische Sichtweise“ betreffen, in der "ein Segen erfordert, dass das, was gesegnet wird, dem Willen Gottes entspricht, wie er in den Lehren der Kirche zum Ausdruck kommt“ (FS 9). Allerdings gäbe es neben diesem "streng liturgischen“ Kontext noch einen dritten "flexiblen liturgischen“ Bereich. Zu diesen Segnungen würden nun tatsächlich spontane, Andachts- oder pastorale Segnungen hinzukommen, die zwar einerseits vom Ritual der Kirche unabhängig sind, aber flexibler und in allen unterschiedlichen, auch widersprüchlichen Umständen anwendbar sind, die sogar Gottes Willen widersprechen und dennoch mit der liturgisch-theologischen Konnotation von Sakramentalien bekleidet sind. Tatsächlich heißt es in FS 31:

Diese Formen des Segens drücken das Flehen aus, daß Gott die Hilfen, die dem Impuls seines Geistes entspringen, den die klassische Theologie "Tat-Gnaden" nennt, damit menschliche Beziehungen reifen und in Treue zum Evangelium wachsen, von ihren Unvollkommenheiten und Schwächen befreiet werden können und daß sie sich selbst in der immer grösser werdenden Dimension der göttlichen Gnade ausdrücken können. 



Auf gleiche Weise werden diese neuen Segen de facto mit den Sakramentalen gleichgesetzt, aber ohne sie so zu definieren und die den Anschein zu erwecken, eine neutrale Unterkategorie geschaffen zu haben, allein zu dem Zweck einen Segen für etwas zu rechtfertigen, das nicht gesegnet werden kann, weil es objektiv Gott und seiner Schöpfung widerspricht. Wir sehen uns Segen gegenüber, die anonyme Sakramentale sind, so wie Rahners "anonyme Christen",d.h. diejenigen, die Christen sind, ohne es zu wissen, weil Christsein nicht zur Gnade gehört sondern zur Natur, die auf der Ebene des Wissens bereits eins ist mit Gnade. Der Übergang von der Segnung, wenn auch a-thematisch oder transzendental, zur thematischen oder kategorischen Segnung wird mit der Zeit kommen, wenn diese Segnungen dank der normalen Nutzung, die dann gemacht wird, in den Verstand und in die Herzen der Christen eingedrungen sein wird, daß man auch die Sünde segnen kann. Inzwischen zeichnet sich ein grundlegender Nominalismus ab, ein vorherrschendes Merkmal dieser Zeit: "Segen“ ist ein bloßer Flatus vocis, also ein Wort, das nicht sagt, was es bedeutet, aber mit der gleichen scheinbaren Bedeutung eine andere Realität ausdrückt, nämlich die Legitimierung von irreguläre und gleichgeschlechtlichen Paaren. Nominalismus ist die Unterwerfung von Konzepten unter die Macht.

Gnade als Recht aller

Wie können wir nicht auch die Gefahr der Naturalisierung der Gnade einerseits und ihrer Reduktion auf ein Recht aller andererseits erkennen? Zwei Seiten der selben Münze. Die Segnung irregulärer und homosexueller Paare, die eine Art tatsächlicher Gnade sui generis wäre, ist die Rechtfertigung der Sünde und ihre Vertuschung durch das Erfordernis der Gnade für alle und in allen Situationen. In Wahrheit ist die tatsächliche Gnade als vorübergehende Bewegung keine anonyme übernatürliche Hilfe, die Gott einem anbietet, um in der Sünde zu bleiben. Es wäre Blasphemie, das nur zu denken. Es ist immer ein Vorstoß zum Guten und zur heiligenden Gnade, damit sich der Mensch durch seine Bekehrung Gott öffnet und das Geschenk des neuen Lebens annimmt, das Gewand der Gnade, das übernatürlichen Glauben, Hoffnung und Nächstenliebe schenkt. Diese Segnungen sind jedoch nicht nur nicht segnungsfähig, weil die auf die Beziehung des Paares erhoffte Gnade im Widerspruch zur objektiven Situation der Sünde steht, sondern haben auch die unvermeidliche Wirkung, Paare in ihrem Status der Unordnung im Gegensatz zu Gott zu bestätigen.

Um dies zu umgehen, wurde versucht, das Prinzip dieser Segnungen dadurch zu rechtfertigen, daß zwischen den gesegneten Personen und dem Paar als solchen bzw. der Verbindung unterschieden wurde, was zwar im Widerspruch zu Gottes Gebot stand, aber nicht das eigentliche Ziel des Segens sein sollte. Es ist ein Wortspiel. Entweder manifestiert sich das Paar durch Vereinigung und Beziehung, oder es existiert nicht. Es handelt sich jedoch um die gleiche FS-Erklärung, die in Nr. 31 von Segnungen "menschlicher Beziehungen“ spricht, also Beziehungen gegen die Natur. Das sagt es nicht, genauso wenig wie es von Sünde oder Sodomie spricht, aber darum geht es, und anonym versucht es, die zu segnen. Es gibt keine Erwähnung von Bekehrung oder Beichte, um, wenn überhaupt, mehr als gesegnet und von der Sünde freigesprochen zu werden. Der Inhalt des Dokuments ist mehr als klar. Wir sind mit Segnungen konfrontiert, die solche sein wollen, ohne den Anschein zu erwecken, daß sie es sind. Dies macht jedoch selbst die homosexuellen Förder- und Integrationsbewegungen nicht glücklich, von denen eine, die chilenische, FS als "eine neue und unerträgliche Form der Ausgrenzung“ mit dem" Ausmaß von Apartheid“ bezeichnete.

Intrinsisch Böses existiert nicht mehr

Was ist das eigentliche Problem, das auf dem Spiel steht? Als eine angenehme Überraschung erklären mehrere Episkopate, insbesondere die Peripherie, ihre klare Ablehnung von FS. Der Schwerpunkt liegt meist auf der Unmöglichkeit, homosexuelle Paare zu segnen, und vergisst dann am häufigsten irreguläre Paare, also wiederverheiratete Geschiedene, die in einer heterosexuellen Beziehung gegen Gottes Willen leben, der im Sakrament der Ehe zum Ausdruck kommt. Es ist schließlich dasselbe moralische Problem, das die beiden Kategorien von Paaren vereint, die man jetzt segnen möchte, mit einer Schwere, die in der Sünde der Sodomie noch verstärkt wird. Die Offenheit für diese Segnungen bzw. die endgültige Akzeptanz der objektiven und intrinsischen Sünde bei irregulären und gleichgeschlechtlichen Paaren hat ihren Anfang in Amoris Laetitia (19. März 2016). Mit diesem Apostolischen Schreiben von Papst Franziskus wurde der Anstoß gegeben. Damit wurde das Wort "Ende“ unter das intrinsische "malum“ geschrieben, das heißt auf intrinsisch ungeordnete Sünden, wie eben Ehebruch und Sodomie. Wir alle erinnern uns an die sterile hermeneutische Kontroverse um diese berühmte Fußnote Nr. 356, die auf subtile Weise die Tür zum Empfang der Sakramente für irreguläre Paare öffnete ("irregulär“ damals immer in Anführungszeichen, um seine Überwindung zu kennzeichnen, jetzt aber ohne). Der Empfang der Sakramente für diese Paare, wenn auch nach einer wundersamen Unterscheidung, wurde seitdem durch ein offizielles Reskript des Papstes bestätigt, das in den Acta Apostolicae Sedis 108 (2016) 1071-1074 enthalten ist. Mit FS werden auch gleichgeschlechtliche Paare in den Diskurs einbezogen. Diese neue Fußnote wird morgen in ein ausführlicheres und begründeteres Dokument einfließen.

Die Bischöfe haben zum Ausbruch von Amoris laetitia geschwiegen, und mit ihnen sogar einige Kardinäle, die jetzt zu Recht als Löwen auftreten, aber es ist dieses Dokument, das respektvoll kritisiert und im Einklang mit Veritatis splendor (79-83) dringend korrigiert werden muss. Darin liegt der Paradigmenwechsel. Seltsamerweise präsentiert sich FS als "theologische Reflexion, die auf der pastoralen Vision von Papst Franziskus basiert“, die "eine echte Weiterentwicklung dessen impliziert, was im Lehramt und in den offiziellen Texten der Kirche über Segnungen gesagt wurde“ (Präsentation). Es gibt sicherlich eine Entwicklung in der Art eines selbstreferenziellen Kreises: von Amoris laetitia bis heute, von irregulären Paaren zu homosexuellen Paaren, nach viel Arbeit in verschiedenen Synoden, die dieser letzten großen und endlosen Synode vorausgingen. Das heißt, von Fernández zu Fernández.

Die allersynodalste Synode und die Indoktrinierung der Pastoral


Zwei abschließende Überlegungen zur angewandten Methode. Mit FS wird die instrumentelle Nutzung der Synode auf der Synode mehr denn je bestätigt. Die Synode ist eine Methode, die darauf abzielt, die hierarchische Verfassung der Kirche und ihre Lehre auf pastorale Weise zu ändern. Zu den Lehren, die den Organisatoren am Herzen lagen, gehörte die Änderung des Themas Homosexualität. Daran wurde jahrelang gearbeitet. Mit verschiedenen Synoden, der über die Familie, der Amazonas-Synode, dann über die Jugend, aber immer ohne Erfolg. Daher wurde eine Synode konzipiert, die den Wandel als solchen in das Konzept der Synodalität einbeziehen würde. Es war sicherlich überraschend, in der Zusammenfassung der ersten Sitzung, die am 28. Oktober 2023 veröffentlicht wurde, nicht einmal das Akronym LGBTQ+ zu finden. Es hätte wie eine Niederlage für die Organisationsmaschinerie wirken können. Aber nein. Es war FS in Planung, mit einem starken Eröffnungssignal vom Papst selbst vor Beginn der Synode als Antwort an die fünf Kardinäle, die fünf neue Dubia eingereicht hatten. Der Papst war offen für die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare unter der Bedingung, daß diese nicht mit der Ehe oder einem Sakramental verwechselt wird. Ohne also bis zum nächsten Jahr auf die zweite römische Phase der laufenden Synode zu warten, hat das Dicasterium von Kardinal Fernández nun in einer sehr nicht-synodalen Weise FS veröffentlicht.


Wenn es einerseits und auf sehr synodale Weise die ganze doktrinäre Mehrdeutigkeit und pastorale Vereinfachung des Glaubens zeigt, die an Paroxysmus grenzt, eine Art „Do-it-yourself“-Segen, so offenbart FS andererseits auch ein nicht unerhebliches Problem, das typisch für die letzten sechzig Jahre war. Eine zweite methodische Reflexion ist erforderlich. FS ist das erfolgreichste Beispiel einer pastoralen Anstrengung, die nicht nur die Lehre beeinflusst und verändert, sondern sich auch als Lehre durchsetzt. Dies ist die Lehre der Praxis, oder auch eine Praxis, die zur Lehre wird und den Gläubigen und Geistlichen die Akzeptanz einer im Namen einer von der Wahrheit getrennten, selbst auferlegten Autorität. So wie Lehre und pastorale Praxis immer zusammengehören und letztere ontologisch von ersterer abhängt, so sind es auch Wahrheit und Autorität. Die einzige Autorität ist die der Wahrheit und die ununterbrochene Weitergabe des Glaubens und der Moral: von Christus über die Apostel an uns. Mit FS ist die pastorale Methode nicht nur zur eigentlichen Lehre geworden, sondern ist auch viel weiter gegangen und hat eine neue Lehre vorgeschlagen. Zu all dem sagen wir einfach: non licet!


Eine „Klarstellung“ des Dikasteriums für die Glaubenslehre 


Einige Tage nach der Veröffentlichung von FS erschien plötzlich eine weitere Notiz. Am 4. Januar 2024 gab das DDF eine Pressemitteilung heraus, um auf die zunehmende und unerwartete Reaktion zahlreicher Bischofskonferenzen sowie einzelner Bischöfe und Kardinäle auf FS zu reagieren. Das Hauptanliegen von Card. Fernández ist, daß die bischöfliche Ablehnung von FS als doktrinärer Widerstand gegen sein Dikasterium und letztendlich gegen den Heiligen Vater erscheinen soll, dessen einzige und absolute Autorität von Anfang bis Ende in Anspruch genommen wird. Auch der Verdacht eines indirekten Häresievorwurfs aus Rom ist spürbar. 

Warum? Man könnte das Lateinische zitieren: "excusatio non petita, accusation manifesta“ (die unaufgeforderte Entschuldigung ist eine offensichtliche Anschuldigung), wenn die Pressemitteilung zu Recht darauf kommt: Offensichtlich gibt es keinen Raum, uns doktrinär von dieser Erklärung zu distanzieren oder sie für ketzerisch, im Widerspruch zur Tradition der Kirche oder blasphemisch zu halten. Wenn es keinen Platz gibt, warum sollte man es da  erklären? War von Anfang an mehr Klarheit nötig? Was noch erstaunlicher ist, ist, daß sich dieses neueste Dokument trotz des Versprechens, keine weiteren Eingriffe in die Einzelheiten neuer Segnungen vorzunehmen – der Schwerpunkt auf Spontaneität liegt– genau darauf konzentriert und sogar ein Beispiel für Segnungen und deren Zeitpunkt liefert. Diese "10 oder 15 Sekunden“ eines Segens mögen ungefähr das Spektrum der neuen doktrinären Funktion widerspiegeln, die der Pastoralität zugewiesen wird. Leider bleibt das Hauptproblem bei FS bestehen: Der Elefant ist immer noch im Raum. Noch einmal und auf mitfühlendere Weise versuchen sie, den Lehrgrundsatz zu bekräftigen: irreguläre Paare und gleichgeschlechtliche Paare können gesegnet werden, auch wenn sie dies nach der katholischen Moraldoktrin einfach nicht können."


Quelle: Pater S. Lanzetta,  Rorate Caeli

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