Rod Dreher analysiert bei The European Conservative Werk und Wirkung von Michel Houellebecq und seine Ansichten über Religion und speziell des Katholischen Christentums in Frankreich.
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"HOUELLEBECQ, PROPHET DES NACHCHRISTLICHEN EUROPAS"
Vor kurzem machte ein Videoclip die Runde- begleitet von dem alarmierenden Ruf "Erobert: die französischen Christen kapitulieren". Das Video zeigt einen arabischen Moslem, der das adhaan ruft, den islamischen Aufruf zum Gebet - in einer Pariser Kirche.
Also nicht wirklich. Der Ruf zum Gebet war in diesem Fall Teil einer Aufführung von "der bewaffnete Mann: Eine Messe für den Frieden", ein klassisches Musik-Werk von 1999 des Walisischen Komponisten Karl Jenkins, der es am Vorabend des Kosovo-Krieges komponierte. Es kombiniert Elemente der Katholischen Messe mit dem Islamischen Ruf zum Gebet, einem säkularen Gedicht und einem Hindu-Text.
Man kann darüber diskutieren, ob es richtig ist oder nicht, Gebete nichtchristlicher Religionen in einer Christlichen Kirche zu erlauben, unabhängig von diesem Kontext. Ich persönlich bin in diesen Dingen Purist und würde eine Moschee oder Synagoge, die das rezitieren Christlicher Gebete innerhalb ihrer Mauern unter allen Umständen verbietet voll unterstützen. Aber fairerweise muss man anerkennen, daß im gefeierten Fall in Paris das adhaan nicht als Gebet erscheint, sondern als Teil eines künstlerischen Vorstellung.
Hier die (englische) Übersetzung des adhaan:
Gott ist gross (4x)
Ich bezeuge, daß keiner es wert ist, angebetet zu werden außer Gott (Allah) (2x)
Kommt zum Gebet (2x)
Es ist leicht zu erkennen, warum einige Christen, besonders in Frankreich, das alarmierend finden.
Man müsste dumm sein, das zu ignorieren oder die steigenden Spannungen zwischen der islamischen und der nicht-islamischen Bevölkerung Frankreichs herunterzuspielen - um nicht zu sagen "Christen", weil Frankreich das atheistischste Land Europas ist. Es scheint, daß diese nichtgläubigen Franzosen vorziehen, daß es gar keine Religion gibt und sich selbst gestatten, an den Mythos zu glauben, daß Fortschritt unausweichlich zu einer Entsakralisierung des öffentlichen Raums führt.
Man kann nicht etwas mit nichts bekämpfen. Wenn die Franzosen die Islamisierung des öffentlichen Lebens Frankreichs nicht mögen, dann können sie das nicht durch die Verdoppelung des Laizismus bekämpfen. In Michel Houellebecqs Roman von 2015 "Sousmission" wendet sich die demoralisierte und entchristlichte französische Öffentlichkeit freiwillig einer islamistischen Regierung zu, was zu einer breiten öffentlichen Zustimmung zur Unfähigkeit des gottlosen Materialismus führt ...für eine eine solide Lebensgrundlage zu sorgen.
Houellebecq mag in seinem persönlichen Leben dekadent sein- seine Eskapaden mögen bisweilen schmutzig sein und er sieht aus, als ob er unter einer Brücke wohnt, - aber kein Schriftsteller sieht die religiöse Krise Europas mit klareren Augen.
Louis Bettyist ein amerikanischer Kenner der französischen Literatur, der vor kurzem diese Seiten für seine Arbeit über das Übersetzen und Veröffentlichen von Renaud Camus Essays in einer 2016 veröffentlichten, durchdringenden Analyse von Houellebecqs religiöser Vision, mit dem Titel "Ohne Gott. Michel Houellebecq und der Materialistische Horror" übersetzt hat.. Obwohl Houellebecq persönlich nicht religiös ist, behauptet Betty, daß er ein zutiefst und unausweichlich religiöser Autor ist."
Warum? Weil Houellebecqs Romane -wie Betty sagt- Versuche über den Tod Gottes sind. "Der Romanautor ist mit dem Zusammenstoß zwischen Materialismus beschäftigt - wie er sich durch Wissenschaft, Sex und der Sehnsucht nach Transzendenz und Überleben ausdrückt, die sich am besten in der und durch die Religion ausdrückt."
Houellebecq ist durch Auguste Comte, den Philosophen des 19.Jahrhunderts beeinflusst, der Atheist war, aber so von der Notwendigkeit der Religion für das soziale Leben überzeugt, daß er eine Religion ohne Gott erfand- eine säkulare Pseudoreligion, die immer noch in Schlupfwinkeln in Brasilien praktiziert wird. Der Romanautor glaubt, daß Frankreich sich in einer tiefen Krise befindet, weil es seinen von den Vorfahren überkommenen Katholizismus abgeworfen hat und die Nation befindet, daß sie vom Materialismus allein nicht leben kann.
Ohne Religion, die die tiefen Fragen des Lebens beantwortet- und speziell die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tode anbietet- wenden die Menschen sich materialistischen Ablenkungen zu. Wenn es keinen Gott gibt und keine transzendente Bedeutung wird es für die meisten Menschen schwierig, sich über die Grundbedürfnisse zu erheben. Die Menschheit hat ihre Freiheit durch religiöse Glaubensbekenntnisse erworben, aus den Traditionen äußerer Autoritätsquellen und praktisch von allem, was dem individuellen Tun entgegensteht und das zu sein, was immer man wünscht. Im Sieg sieht sich der Rebell der katastrophalen Wahrheit gegenüber, daß er alles zerstört hat, was dem Leben Sinn gab.
Das ist keine abstrakte Krise. 2018 saß ich in einem Café in Paris und sprach mit einem der berühmtesten Intellektuellen des Landes. Er ist ein robuster Säkularist, ein Mann mit festen republikanischen Werten. Aber an dem Tag, war er völlig außer sich über den Aufstieg des Islamismus und den Verlust des normalen Menschenverstandes bei seinen Landsleuten. Das war es nicht, wofür er und seine Generation 1968 gekämpft hatten. Als ich die Möglichkeit einer Wiederkehr der Religion erwähnte, schloss er sie höflich aber kategorisch aus. Ich hätte genau so gut vorschlagen können, daß die Franzosen ihre Linke-Seine-Ufer-Häuser für Höhlen in den Pyrenäen verlassen sollten.
Houellebecqs Romane können grob sein. Er schreibt über Sex mit grimmiger Klarheit, die oberflächlich gesehen pornographisch ist, aber eine Pornographie die zumindest danach strebt, einen Anreiz zu bieten.Für Houellebecq ist Sex ein trauriges Abbild menschlicher Intimität. Er ahnte die elende Einsamkeit des „Incel“, bevor wir qauch nur ein Wort für diese Art von Seele hatten. Der Autor bringt es auf den Punkt, dass wir zu immer perverseren Formen sexueller Verzauberung getrieben werden, um uns von der Sinnlosigkeit unseres materialistischen Lebens abzulenken. Houellebecq ist ein Autor der späten Breschnew-Zeit der Sexuellen Revolution: einer Zeit, in der niemand mehr wirklich an die Versprechen der Revolution glaubt, sondern nur so tut, als ob es nichts Besseres gäbe.
Betty nennt Houellebecqs Romane "eindringliche Untersuchungen des Lebens von Menschen und Gesellschaften, die nicht mehr unter einem heiligen Baldachin stehen“. Das sind die Menschen, die der Harvard-Anthropologe Joe Henrich denkwürdigerweise "WEIRD“ nennt: westlich, (educated) gebildet, industrialisiert, reich und demokratisch. Das heiß talso wir. In seinem Buch über das Phänomen weist Henrich darauf hin, dass moderne Westler (sogar diejenigen, die sich immer noch zu religiösen Überzeugungen bekennen) in vielerlei Hinsicht kulturelle und psychologische Ausreißer der universellen menschlichen Erfahrung sind. Houellebecqs Gabe, oder vielleicht auch Fluch, besteht darin, der Logik des westlichen Rationalismus bis zu ihrem soziologischen Schluss zu folgen.
Betty zitiert einen der Charaktere aus Houellebecqs Roman von 200. "Die Möglichkeit einer Insel"
"In Ländern wie Spanien, Polen und Irland waren das gesellschaftliche Leben und alle Verhaltensweisen jahrhundertelang von einem tief verwurzelten, einstimmigen und immensen katholischen Glauben geprägt, der die Moral ebenso wie die familiären Beziehungen bestimmte, alle kulturellen und künstlerischen Produktionen sowie soziale Hierarchien bedingte, Konventionen und Lebensregeln. Innerhalb weniger Jahre, in weniger als einer Generation, in einer unglaublich kurzen Zeitspanne war all dies verschwunden, hatte sich in Luft aufgelöst. In diesen Ländern glaubte heute niemand mehr an Gott, nahm keine Rücksicht auf ihn und erinnerte sich nicht einmal mehr daran, dass sie einst geglaubt hatten. und dies wurde ohne Schwierigkeiten, ohne Konflikt, ohne jegliche Gewalt oder Protest, ohne auch nur eine echte Diskussion erreicht, so leicht wie ein schwerer Gegenstand, der eine Zeit lang durch ein äußeres Hindernis zurückgehalten wird, wieder in seine Gleichgewichtslage zurückkehrt, sobald man ihn loslässt."
Wenn Gott tot ist, zählt nur der Körper. Aber was passiert, wenn der Körper zusammenbricht und nicht mehr in der Lage ist, einem Freude zu bereiten – oder, schlimmer noch, zu einer Quelle von nichts anderem als Schmerz wird? Es gibt nur eine Antwort: Selbstmord. Das oder Unterwerfung unter einen starken Gott. Es gibt keinen Mittelweg – und das ist, so vermutet man, der Grund, warum Houellebecq bei den bien-pensants der Literatur so verhasst ist, die den liederlichen Baby Boomer als konterrevolutionären Verräter ihrer Generation betrachten.
Louis Betty:
Transgressivität als literarisches Motiv wird üblicherweise Autoren und Texten zugeschrieben, die die Grenzen der Freiheit in Richtung noch größerer Befreiung verschieben und verzerren. Im Fall von Houellebecq bewegt sich die Übertretung in die entgegengesetzte Richtung und fordert uns auf skandalöse Weise dazu heraus, uns zu fragen, ob der Diskurs über Menschenwürde und -rechte, den der Westen nach Gottes Tod entwickelt hat, der Garant für menschliches Glück bleiben kann, oder ob, wie Comtean es versteht, der Garant für menschliches Glück bleiben kann Nach Ansicht der Geschichte ist das nicht mehr als ein wackeliger metaphysischer Platzhalter, der auf den erschütternden Tag der Wiederkunft Gottes wartet.
Aber wessen Gott? Der in "Sousmission“ angebotene Islam ist nicht die brutale Version mit dem Kopfabhacken, sondern eine zahmere Variante – denken Sie an die Türkei, nicht an den Iran und schon gar nicht an den IS. Wie Betty es ausdrückt:
"Es ist, als ob der Roman fragt: "Lesen Sie es mir vor und sagen Sie es mir, wenn Sie sich nicht irgendwo in Ihrem Herzen von dieser Vision eines Europas, in dem das Familienleben wiederhergestellt wurde, in dem Männer und Frauen ihre zugewiesenen Rollen haben, in Versuchung geführt fühlen.“ wurde stabilisiert und das ewige Leben wird bekräftigt.“
Tatsächlich jubelten nicht wenige konservative amerikanische Christen letzten Sommer, als der mehrheitlich muslimische Stadtrat von Hamtramck, Michigan, dafür stimmte, Pride-Flaggen vom Stadtgrundstück zu verbannen. Diese Christen fragten sich untereinander, warum ihnen das kulturelle Selbstvertrauen fehlte, um solche Dinge zu erreichen. Das hätten sie auch tun sollen: An den meisten Orten im Westen – zeitweise auch im Vatikan – sind Christen bestrebt, sich den Kräften zu ergeben, die die Zivilisation in Stücke reißen.
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