Samstag, 29. Juni 2024

Findet man unter den heutigen Seminaristen eher ein Einhorn als einen Fan von Papst Franziskus?

Rorate Caeli veröffentlicht einen Gastbeitrag vom Kevin Tierney über den Kampf des Papstes und seiner Gefolgsleute gegen die TLM und über das Grillo-Interview.
Hier geht ´s zum Original: klicken

"DAS SPIEL: WAS PASSIERT UNTER FRANZISKUS JETZT MIT DER TRADITIONELLEN MESSE?"
"Während dieses Pontifikates von Papst Franziskus haben wir gesehen, wie ein vorsichtiges Spiel vom Vatican gespielt wird, wenn es um Katholiken geht, die sich der Traditionellen Lateinischen Messe verbunden wissen. Wenn sie versuchen die Traditionalisten herunterzuspielen, sind sie eine irrelevante Sekte, mit Zahlen, die so unbedeutend sind, daß niemand sie ernst nehmen sollte. Danach wechseln sie die Richtung und behandeln die Traditionalisten als Bedrohung der Einheit der Kirche, eine Bedrohung die so ernst ist, daß Klerikern ihre üblichen Rechte genommen und die Gläubigen in die Schranken gewiesen werden müssen.
 
Diese Mentalität wurde in einem Interview, das der Liturgist Andrea Grillo (selbst ein Mann mit großem Einfluss in den Kreisen von Papst Franziskus) Messa-in-Latino gegeben hat, klar zur Schau gestellt. In dem Interview spricht Grillo mit einer Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit, die den meisten Reden,  wie die Kirche mit Traditionalisten umgehen sollte, fehlt. Die oben erwähnte Spannung begleitet diese Ehrlichkeit. 

Während viele sagen würden, daß das das Ergebnis eines dreidimensionalen Schachspiels ist, denke ich, daß es eher der Widerhall der Realität ist, in der ihren Warnungen in der Kirche weithin kein warmer Empfang bereitet wird, und die zunehmende Verzweiflung, die dieses Versagen in ihren Stimmen hervorruft.

Grillo beginnt das Interview mit einer ziemlich verblüffenden Neudefinierung dessen, was Kommunion mit dem Papst und der Katholischen Kirche bedeutet. Es ist ein Fehler, Traditionalisten "treu zu Rom" zu nennen, weil allein die Feier der Lateinischen Messe bedeutet, dass man Rom nicht treu sein kann. 

 

Was ist die Wurzel dieser Untreue? Natürlich ein päpstliches Dokument! Seiner Einschätzung nach lag Benedikt zwar in gutem Glauben, aber falsch, als er verfügte,, es sei akzeptabel, daß es im römischen Ritus eine Vielzahl liturgischer Gebräuche gebe. Weil Franziskus das revidiert hat, ist jeder, der das noch immer vertritt, nicht "Rom treu“. Wir müssen Professor Grillo daran erinnern, daß gemäß dem Kirchenrecht und der päpstlichen Lehre (Pius IX., Quartus Supra) der Bischof von Rom über die Grundlagen der Kommunion entscheidet und nicht italienische Akademiker.




Was auch immer man von Papst Franziskus halten mag, er hat keine derart fadenscheinigen Grundlagen für die Kommunion aufgestellt (und hätte es wohl auch nicht können). Darüber hinaus hat, wie Grillo klarstellt, ein Papst (Benedikt XVI) die Grundlagen für die Kommunion falsch ausgelegt. Das lässt uns mit einer wichtigen Frage zurück, die, wenn sie überhaupt etwas beweist, zu viel beweist. Wenn wir dem von Papst Benedikt aufgestellten Kriterium für die Kommunion nicht vertrauen können, warum können wir ihnen dann bei Franziskus vertrauen?


Dem können wir nur hinzufügen, daß, obwohl er glaubt, daß Traditionis Custodes "die eine ‚lex orandi‘ wiederherstellt, die für die gesamte katholische Kirche gilt“, dies in Wirklichkeit nicht der Fall ist. Wie immer ist da noch die Frage der östlichen Riten, die sich wesentlich stärker von der einen ‚lex orandi‘ des Novus Ordo unterscheiden als die TLM. In demselben Interview weicht Professor Grillo der Frage aus, wie sie in seiner Theologie die gleiche Würde haben können.


Es ist klar, daß er nicht glaubt, daß sie das gleiche Erbe und Patrimonium haben und daß ein Papst sie genauso leicht unterdrücken könnte, wenn er entscheiden würde, daß sie ein Problem darstellen. Angesichts der dramatischen Auswirkungen, die das nicht nur auf die katholische Ekklesiologie, sondern auch auf die Ökumene hat, ist es nicht überraschend, daß Professor Grillo der Frage ausweicht. Innerhalb des römischen Ritus gibt es neben der TLM noch andere Variationen, wie den Zaire-Usus und den anglikanischen Usus des Ordinariats.


In vielen Diözesen im Westen haben Bischöfe auf Traditionis Custodes reagiert, indem sie dessen Auswirkungen begrenzten und das Überleben der TLM in ihren Diözesen, wenn möglich, sicherten.Sein Benutzung einer aufgeladenen und polemischen Sprache ändert nichts an dieser Realität. Die Schuld liegt nicht bei den Traditionalisten, sondern beim Welt-Klerus.


Er ist beinahe bereit, das zuzugeben, wenn er nach dem Zustand der Priesterseminare im Westen gefragt wird. Was dort geschieht, ist unstrittig. Wie Franziskus‘ Verbündeter Thomas Reese sagte, ist es wahrscheinlicher, daß man in den heutigen Priesterseminaren ein Einhorn findet als einen Fan von Papst Franziskus. Tim Sullivan von Associated Press dokumentierte die Abkehr "zu den alten Wegen“ in der amerikanischen Kirche, einschließlich der Priesterseminare. Diese Rechtswende erfolgte nach dem Zusammenbruch der Priesterseminare in den 1970er- bis 2000er-Jahren.


Auf die Frage nach diesem Zusammenbruch und den Folgen, die er nach sich gezogen hat, erkennt Professor Grillo den Zusammenbruch nicht nur an, sondern feiert ihn sogar. Der Mangel an Seminaristen ist kein Grund zur Beunruhigung, sondern ein Zeichen für den notwendigen Weg, den die Kirche zu ihrer Wiedergeburt gehen muss, etwas, das keine "negative Tatsache“ ist, sondern ein "Zeichen für eine notwendige Mühsal für die gesamte Kirche“. Er kritisiert die Bischöfe dafür, dass sie Traditionalisten/Konservative in die Seminare lassen, und wirft ihnen eine Nostalgie vor, die frühere Päpste (Johannes Paul II. und Benedikt XVI.) fälschlicherweise als Vorteil betrachteten. Jahrzehntelang sprachen Progressive von einer kommenden Zukunft für die Kirche, in der die Berufungskrise gelöst sein würde, wenn sie das Konzil annähme. Angesichts der Rechtsverschiebung in den Seminaren war die Berufungskrise jetzt nicht nur eine gute Sache, sondern auch beabsichtigt.


Hierzu kann man zwei Dinge sagen.


Erstens wird diese Ansicht in den Priesterseminaren auf der ganzen Welt, nicht nur in Amerika, weitgehend abgelehnt. (Weitere Beispiele sind Afrika, Frankreich, Osteuropa usw.) Der Rechtsruck bei den Seminaristen wird in der gesamten Kirche als Vorteil gesehen. Professor Grillo beschwert sich in der akademischen Welt, weil die Bischöfe der Welt ihn nicht um Rat gefragt haben, wie sie mit den Priesterseminaren umgehen sollen. Wenn die kirchlichen Autoritäten sie kritisieren (wie etwa Papst Franziskus’ Tirade gegen Priester, die traditionelle Gewänder tragen), wird nur ihre relative Ohnmacht offengelegt.


Zweitens gerät Grillo nicht nur mit Traditionalisten, sondern mit einem Großteil der Kirche in Konflikt. Sie betrachtet den Mangel an Seminaristen nicht als einen notwendigen Weg. Sie schätzt es nicht, daß das Durchschnittsalter in ihrer Gemeinde jedes Jahr steigt, weil sie nicht mehr Konvertiten als Todesfälle/Aussteiger hervorbringen kann. Revolutionen scheitern selten aus ideologischen Gründen.


Sie scheitern, weil die Revolutionäre die Bedürfnisse der Bevölkerung nicht erfüllen können. Die Armut ist eine weitaus größere Gefahr für die Revolution als der größte Philosoph. Inmitten all dieser Gespräche über notwendige Bemühungen und Seminare, die die falsche Art von Priestern hervorbringen, fragt der durchschnittliche Gemeindeangehörige im Westen: "Sir, wann schicken Sie uns einen Priester für unsere Kirche?“


Viele haben gefragt, was man von diesem Interview halten soll, wenn man bedenkt, daß der Heilige Vater sich anlässlich des 20. Jahrestages seiner Priesterweihe mit dem Oberhaupt der ICKSP getroffen hat und Gerüchte über bevorstehende Einschränkungen der traditionellen lateinischen Messe aufgekommen sind. Während der Audienz ermutigte der Heilige Vater die ICKSP, ihrem Amt und ihrer Gemeinschaft mit dem Papst weiterhin treu zu bleiben. Was Ersteres betrifft, wäre ich vorsichtig, irgendetwas über die Fakten hinaus hineinzuinterpretieren: Das Oberhaupt eines religiösen Ordens hatte ein bedeutendes Jubiläum und hatte an diesem Tag eine Privataudienz beim Papst. Wir wissen nicht, was genau gesagt wurde. Wir wissen nicht, was die angeblichen Einschränkungen sein könnten oder nicht. Ich möchte lieber auf Spekulationen und das Lesen aus den Kaffeesätzen verzichten und mich stattdessen auf Dinge konzentrieren, die wir wissen. Wir wissen, was Professor Grillo denkt, und daß er ein wichtiger Akteur im liturgischen Denken in der Ära von Franziskus ist. Professor Grillos Interview ist eine interessante Lektüre, aber all die Polemik und möglichen Einschränkungen ändern nichts an der Tatsache, daß er zu einer aussterbenden Klasse von Menschen gehört, und daß seine allabendliche Konfrontation mit dieser Realität zweifellos eine Quelle dieser Angst und Polemik ist. Der Kampf geht nicht gegen Traditionalisten. Ihr Kampf richtet sich gegen sie selbst und ihr eigenes Bedauern, weil sie zunehmend Geiseln von Trends und Ereignissen werden, die sie nicht mehr kontrollieren können."


Quelle: K.Tierney, Rorate Caeli

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