Silvia Kritzenberger veröffentlicht bei vaticannews ein Interview mit Erzbischof Georg Gänswein zu den jetzt bei Herder herausgegebenen Privatpredigten Papst Benedikts XVI: Hier geht´s zum Original: klicken
GÄNSWEIN: BENEDIKT XVI, EIN MEISTER DES WORTE
„Der Herr hält unsere Hand“: Unter diesem Titel erscheint erstmals : auf Deutsch eine Sammlung von Privatpredigten Benedikts XVI. DasBesondere daran: Die Texte waren bislang unveröffentlicht. Der deutsche Papst hat diese Predigten während seines Pontifikats und nach dem Amtsverzicht in einem kleinen, privaten Kreis auf Italienisch gehalten. .Zu diesem kleinen Kreis gehörte auch Erzbischof Georg Gänswein – Benedikts langjähriger Privatsekretär, heute Päpstlicher Nuntius für das Baltikum. Wir haben ihn gebeten, uns mehr über diese Predigten zu erzählen.
Herr Erzbischof, welche Predigten sind in dem Buch gesammelt, und warum sind sie bisher noch nie veröffentlicht worden?
Georg Gänswein: Die Predigten, die in diesem Buch mit dem Titel „Der Herr hält unsere Hand“ gesammelt sind, sind Predigten, die Papst Benedikt teils als regierender Papst, großteils aber als Papa emeritus gehalten hat, und zwar an drei Orten: zunächst in der Privatkapelle im Päpstlichen Palast im Vatikan, dann in der Privatkapelle des Päpstlichen Palastes in Castel Gandolfo – und schließlich in der Kapelle des Klosters „Mater Ecclesiae“ in den Vatikanischen Gärten, wo er als Emeritus gelebt hat. Sie sind bisher noch nicht veröffentlicht worden, weil die Predigten erst einmal gesammelt, gesichtet und auch dann zugänglich gemacht werden mussten. Das braucht Zeit. Und vor allem brauchte das auch eine Überlegung, wie diese Predigten dann veröffentlicht werden sollten.
„Das Predigtwort sollte uns helfen, das Wort Gottes besser zu verstehen, es in unser Leben hineinzunehmen und als geistliche Nahrung davon zu leben“
Die Predigten waren Teil seiner Sonntagsmessen, wie lief das ab, und wer nahm daran teil?
Gänswein: Es gab keinen Sonn- oder Feiertag, an dem Papst Benedikt nicht gepredigt hätte. Die Auslegung des Wortes Gottes, das uns die Kirche in der Liturgie schenkt, war für ihn sehr wichtig und lag ihm am Herzen. Auch wenn wir nur wenige waren – in der Regel die beiden Sekretäre, die vier Memores und ab und zu noch einige Gäste -: Benedikt hat immer gepredigt. Das Predigtwort sollte uns helfen, das Wort Gottes besser zu verstehen, es in unser Leben hineinzunehmen und als geistliche Nahrung davon zu leben. Das ist etwas Wesentliches, das ihm am Herzen lag und uns reich beschenkt hat.
Wann hat Benedikt XVI. mit diesen Predigten begonnen, und ging die Initiative von ihm selbst aus?
Gänswein: Die Initiative zu predigen, ging von Papst Benedikt selbst aus. Wir haben ihn nie darum gebeten. Die Vorbereitung lief so, dass er in der Regel eine Woche, bevor er die Predigt hielt, die entsprechenden liturgischen Texte las und die Woche über meditiert hat. Am Samstagvormittag hat er dann seine Gedanken verschriftlicht, und hat aber dann am Sonntag frei gepredigt.
„Das Nachdenken, die Kommentare der Kirchenväter und die konkrete Erfahrung in seinem eigenen Leben: das war sozusagen das Material, aus dem er dann die Predigt gemacht hat.“
Es lohnt sich, einmal auf die Art und Weise der Predigt-Vorbereitung einzugehen. Papst Benedikt hat stets den griechischen Urtext als Grundlage genommen. Den hat er gelesen. Den hat er betrachtet. Den hat er meditiert. In einem zweiten Schritt hat er dann immer wieder Kommentare der Kirchenväter zu Rate gezogen, um zu sehen, was diese über diese Stelle des Neuen Testaments geschrieben haben. Das Nachdenken, die Kommentare der Kirchenväter und die konkrete Erfahrung in seinem eigenen Leben: das war sozusagen das Material, aus dem er dann die Predigt gemacht hat.
Gibt es eine Predigt, die Sie besonders beeindruckt hat?
Gänswein: Im vorliegenden Buch sind die Predigten zur Fasten- und zur Osterzeit enthalten. Von diesen Predigten hat mich besonders beeindruckt die Predigt, die Papst Benedikt gehalten hat in der Osterzeit, unter dem Titel „Emmaus. Immer Karfreitag und immer Ostern“. Sie finden diese Predigt auf der Seite 147. Aber es ist nicht nur diese Predigt, die mich beeindruckt hat, sondern es ist eine Kette von Eindrücken, die geblieben sind bis zum heutigen Tag. Es lohnt sich, diese Predigten als geistlichen Vorrat immer wieder zu betrachten. Es hilft, das Leben und den Glauben besser zu verstehen
„Das gesamte Predigtwerk von Papst Benedikt ist wie ein Fenster, das uns einen Einblick in sein Herz erlaubt.“
Sind diese Predigten ein Schlüssel zum Verständnis seiner letzten Lebensjahre?
Gänswein: Das gesamte Predigtwerk von Papst Benedikt ist wie ein Fenster, das uns einen Einblick in sein Herz erlaubt. Das Wort Gottes war für ihn so wichtig wie das tägliche Brot. Das Wort Gottes hat er gelesen, betrachtet, verkündet. Und in der Verkündigung hat er zum Ausdruck gebracht, was er selbst glaubte, wovon er selbst überzeugt war. Davon hat er Zeugnis abgelegt. Denn das Wort Gottes war für ihn nicht etwas in der Vergangenheit Eingeschlossenes, sondern etwas, das in der Gegenwart wirkt und das Leben der Menschen bereichert. Je mehr wir das Wort Gottes in unser Leben hineinlassen, desto größer wird auch die Kraft, die davon ausgeht.
Welche Rolle spielten diese Predigten für sein geistliches Leben im Ruhestand - und für Sie persönlich?
Gänswein: Papst Benedikt war ein Meister des Wortes. Diese Aussage, dieses Kompliment war oft zu hören, und ist immer wieder auch heute noch zu hören. Und es trifft zu. Aber bereits der junge Priester Joseph Ratzinger, der Professor, der Bischof, der Kardinal war ein Meister des Wortes. Wer ihn hörte, wer ihn liest, kann das nur bestätigen. Und da spielt das Predigtwort eine wichtige Rolle. Das Predigen war Joseph Ratzinger/Papst Benedikt auf den Leib geschneidert, und er wusste diese Gabe nicht nur für sich selbst zu nutzen, sondern sie auch für das Glaubensleben anzuwenden. Und je mehr er in die Tiefe und Schönheit des Wortes Gottes eingedrungen ist, desto mehr hat er davon auch im Predigtwort Zeugnis abgegeben. Wenn wir in der Gesamtausgabe einmal den Band der Predigten herausnehmen – es sind drei große Bände mit 1.600 Seiten –, dann sehen wir, wie weit dieses Wort Gottes sein Leben geprägt hat und wie intensiv er sich dafür eingesetzt hat, dieses Wort anderen Menschen zugänglich zu machen. In der Tat: Papst Benedikt war ein Meister des Wortes.
„Joseph Ratzinger/Papst Benedikt war nicht nur ein bedeutender Theologe und akademischer Lehrer, sondern auch ein Mann, der das Wort über den akademischen Bereich hinaus den einfachen Menschen erschließen wollte“
Wie schätzen Sie die theologische Bedeutung dieser Predigten im Gesamtwerk Benedikts ein?
Gänswein: Wer sich mit dem theologischen Werk Joseph Ratzingers/Benedikts XVI. beschäftigt, merkt sehr schnell, dass er nicht nur ein bedeutender Theologe und akademischer Lehrer war, sondern auch ein Mann, der das Wort über den akademischen Bereich hinaus den einfachen Menschen erschließen wollte. In der Zeit des Pontifikats ging das Wort umher: Die Menschen kamen nach Rom, um Benedikt zu hören, weil sein Wort, seine Predigt, seine Katechesen die Herzen der Menschen erreichte und die Herzen der Menschen erfüllte. Wer das Wort des Papstes hörte, wer seine Predigten hörte und wer nun seine Predigten liest, wird diese Erfahrung selber machen, jetzt und auch für die Zukunft.
Die vom Herder-Verlag herausgegebene Sammlung umfasst etwa 135 sorgfältig vorbereitete Predigten, die nach dem liturgischen Jahr geordnet sind und mit einem kurzen Gebet enden. Band 1 enthält die Predigten zur Fastenzeit, zu Ostern, Pfingsten und zum Dreifaltigkeitssonntag.
Band 2 zu Advent und Weihnachten erscheint voraussichtlich im Herbst 2026.
Beide Bände zusammen sind eine Einladung, die geistige Welt Benedikts XVI. neu zu entdecken, der die Kirche und die Theologie des 21. Jahrhunderts entscheidend geprägt hat.
Mit einem Vorwort von Erzbischof Georg Gänswein, einer Einleitung von Federico Lombardi SJ sowie einem Nachwort von Christian Schaller."
Quelle: S, Kritzenberger, vaticannews
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