Montag, 20. Oktober 2014

Weil er groß und glaubwürdig war

Sandro Magister schreibt heute auf seinem blog "Il settimo cielo" zur gestrigen Seligsprechung Papst Pauls VI in Anwesenheit des emeritierten Papstes Benedikt XVI-   hier geht´s zum Original:  klicken


Paul VI nach Ratzinger. Weil er "groß und glaubwürdig war"
Sandro Magister



"Am Abend vor der Seligsprechung Pauls VI hat der Osservatore Romano erstmals die Predigt vollständig abgedruckt, die der damalige Kardinal Ratzinger, Erzbischof von München und Freising, anläßlich  der Totenmesse für Papst Giovanni Battista Montini am 10. August 1978 gehalten hatte.
In den folgenden Passagen erinnert Ratzinger auf bewegende Weise an die Momente, in denen Paul VI  "intensiv mit seinem Wunsch, sich zurückzuziehen kämpfte"
Damals wußte der zukünftige Benedikt XVI noch nicht, daß dieser Kampf auch der seine sein würde.Wenn man diese seine Worte heute noch einmal wieder liest, bekommen sie eine prophetische Bedeutung und helfen dabei, den Sinn seiner Demission zu verstehen.
Darüber hinaus lobt Ratzinger die unbeugsame Festigkeit Pauls VI, der Telekratie und der Demoskopie, den beiden diktatorischen Mächten der Gegenwart, zu widerstehen und Entscheidungen zu fällen, auch harte, "wenn die essentielle Tradition der Kirche auf dem Spiel stand" -und das alles "aus der Tiefe seines Glaubens heraus".
Paul VI, ein "ans Kreuz genagelter Pontifex"
von Joseph Ratzinger
(....) Die letzten Worte des auferstandenen Herrn an Petrus, nachdem er ihn als Hirte seiner Herde eingesetzt hatte, waren: "Wenn du alt sein wirst, wird ein anderer dich gürten und dich bringen, wohin du nicht willst" (Joh. 21,18) Es war eine Anspielung auf das Kreuz, das am Ende seines Weges auf Petrus wartete. Es war- generell gesprochen- ein Hinweis auf das Wesen dieses Amtes. Paul VI hat sich immer dahin bringen lassen, wohin er menschlich von sich aus niemals gehen wollte. Immer mehr beudeutete das Pontikfikat für ihn, sich von anderen gürten zu lassen und ans Kreuz genagelt zu werden.



 Wir wissen, daß er vor seinem 75. und auch vor seinem 80. Geburtstag intensiv mit der Idee, sich zurückzuziehen, gekämpft hat. Und wir können uns vorstellen, wie schwerwiegend der Gedanke gewesen sein muß, nicht mehr sich selbst zu gehören. Keinen privaten Augenblick mehr zu haben. Bis zum Ende, Tag für Tag, mit dem eigenen schwächer werdenden Körper an eine anspruchsvolle Aufgabe gekettet zu sein, die vollen Einsatz aller Kräfte des Menschen fordert. Keiner von uns lebt und stirbt für sich allein, weil -"wenn wir leben, wir für den Herrn leben und wenn wir sterben, wir für den Herrn sterben" ( Röm 14,7-8)
Diese Worte der heutigen Lesung bedeuteten buchstäblich sein Leben. Er hat der Autorität des Dienens einen neuen Wert gegeben und sie wie ein Leiden getragen. Er zeigte keinerlei Gefallen an der Macht, der Stellung, der erreichten Karriere. Und genau deshalb, weil die Autorität eine ertragene Last war "er wird dich bringen, wohin du nicht willst" -ist er groß und glaubwürdig geworden.
Paul VI hat seinen Dienst aus dem Glauben entwickelt. Aus ihm aus heraus kamen sowohl seine Festigkeit als auch seine Bereitschaft zum Kompromiss.  Er mußte Kritik ertragen und auch einigen Kommentaren nach seinem Tod fehlt der schlechte Geschmack nicht. Aber ein Papst, der heute nicht kritisiert würde, hätte seine Mission in dieser Zeit verfehlt. Paul VI hat der Telekratie und der Demoskopie, den beiden diktatorischen Kräften der Gegenwart, widerstanden. Er konnte das tun, weil er nicht den Erfolg und die Zustimmung zum Maß nahm, sondern das Gewissen, das sich an der Wahrheit, am Glauben mißt.
Deshalb hat er bei vielen Gelegenheiten den Kompromiss gesucht: der Glaube läßt vieles offen, bietet ein breites Spektrum von Entscheidungen an, beeindruckt durch das Beispiel der Liebe, die sich gegenüber allem äußert und allem viel Respekt entgegenbringt.
Deshalb konnte er unbeugsam und entschieden sein, wenn die essentiellen Traditionen der Kirche auf dem Spiel standen. In ihm kam diese Härte nicht aus der Unsensibilität dessen, dessen Weg von der Freude an der Macht und der Mißachtung der Menschen bestimmt wird, sondern aus der Tiefe des Glaubens, der ihn befähigt die Widerstände zu ertragen(.....)."

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