Pater G. Scalese - setzt sich auf seinem blog "querculanus" mit den jüngsten Ernennungen innerhalb der Kurie, auseinander, die er als Revanche interpretiert. Wir können ihm nicht widersprechen. Hier geht´s zum Original: klicken
"KLERIKALER REVANCHISMUS"
Am vergangenen Freitag, 28. Oktober, berichtete das tägliche Bulletin des vaticanischen Pressebüros von den Ernennungen der neuen Mitglieder der Liturgiekongregation. Beobachter haben bemerkt, daß es sich um einen eher einzigartigen als seltenen Fall der kompletten Zurücksetzung eines ganzen Dikasteriums der Römischen Kurie auf Null gehandelt hat. Praktisch ist von der alten Garde nur der Präfekt übrig geblieben- Kardinal Robert Sarah. Manche sind soweit gegangen, davon als "Reinigung" im stalinistischen Stil zu sprechen.
Nun, es ist offensichtlich, daß sich jeder Papst, mit den Mitarbeitern umgibt, die er bevorzugt; es ist nicht das erste mal, daß sich in den römischen Kongregationen Änderungen in den Funktionen nach Geschmack des amtierenden Pontifex abspielen.
Es war Benedikt XVI, der 2005 in der Liturgiekongregation Msgr. Domenico Sorrentino durch Msgr. Malcolm Ranjith ersetzt und 2007 Msgr. Piero Marini seiner Funktion als Päpstlicher Zeremonienmeister enthoben und Msgr. Guido Marini an seine Stelle gesetzt hat.
Es ist nicht einzusehen, warum Franziskus sich nicht eines Tages der selben Freiheit, in den vaticanischen Dikasterien einzugreifen, erfreuen sollte, nachdem er zudem im Vorkonklave eine Art "Mandat" des Kardinalskollegiums erhalten hatte, die Kurie zu reformieren.
Das Problem ist meiner Meinung nach nicht die Legitimität der Intervention (die niemand in Frage stellt) sondern die Modalität, wie sie ins Werk gesetzt wurde.
Bis heute sind die Päpste bei der Ernennung ihrer Mitarbeiter in der Römischen Kurie sicher immer ihrer "Politik" gefolgt, aber sie haben das immer unter Berücksichtigung anderer, von den ihren abweichenden Tendenzen getan.
Ich weiß nicht, ob in den "Heiligen Hallen" eine Art Cencelli-Handbuch (ein generell in negativem Sinn gebrauchter Terminus -als Synonym für die Postenvergabe und Machtteilung, einem Versuch den unterschiedlichen politischen Strömungen eine Stimme zu geben) im Umlauf ist.
Auf alle Fälle versuchte man, ein gewisses Gleichgewicht bei der Ernennung zu bewahren, in dem Sinn, daß die unterschiedlichen "Seelen" der Kirche präsent waren.
Denken wir an Johannes Paul II: es ist mehr als klar, daß er während seines Pontifikates einen Wechsel im Weltepiskopat in gewisser-sagen wir konservativer-Richtung favorisierte (siehe die Ernennungen in den USA, den Niederlanden, Österreich und der Schweiz); aber Johannes Paul II ist auch der Papst, der Carlo Maria Martini zum Erzbischof von Mailand ernannte und dann zum Kardinal erhob, trotz der Tatsache, daß der vormalige Rektor des Bibel-Institutes und der Gregoriana wirklich nicht als Wojtylianer betrachtet werden kann (bis zu dem Punkt, dass er anschließend von einigen als eine Art Antipapst angesehen wurde).
Nun gut, man hat den Eindruck, daß diese Rücksichtnahme auf die "Vertretung der Minoritäten" (nennen wir sie so) völlig verschwunden ist. Man würde sagen, daß sich sogar in der Kirche diese Tendenz ausgebreitet hat, die in Italien während der Übergangszeit von der ersten zur zweiten Republik im Gange war, während man sich in der Ersten Republik sorgte, der parlamentarischen Minderheit einen Platz zu geben (z.B: indem man ihnen die Präsidentschaft in einer der beiden Kammern überließ), heute übernimmt der Wahlsieger alles.
Man hat wirklich den Eindruck, daß eine gewisse Partei. die besiegt aus dem Konzil hervorgegangen ist (das ist meine eigene Interpretation des Konzils, die vielleicht eine tiefere Prüfung verdiente, aber es ist jetzt nicht der Augenblick dafür) und die sich während der Pontifikate der letzten 50 Jahre zunehmend marginalisiert gefühlt hat, jetzt mit dem neuen Pontifikat "Rache" an ihren "Feinden" nimmt. (Darauf hatte ich schon in vergangenen Februar in "Formidabili quegli anni" hingewiesen).
Die Sache könnte verständlich sein, wenn da nicht die sagen wir invasive Weise wäre, mit der man es macht, Man hatte es schon bei der ganzen letzten "Charge"der Kardinäle gesehen: der ideologische Ursprung der Designierten war mehr als offensichtlich. Jetzt wiederholt sich das selbe bei den neuen Ernennungn für die Liturgiekongregation.
Man würde denken, daß jene, die sich während 50 Jahren in ihren Erwartungen frustriert gesehen hatten- sich nach der Übernahme der Macht- sich das Vergnügen gönnen wollen, ihre Gegner zu jagen: "Wir haben gewonnen" "Für euch gibt es keinen Platz mehr"
Die Geschichte lehrt, daß die Folgen,-wenn man, nachdem man gesiegt hat- den besiegten Feind vernichten und demütigen will- verheerend sind (denken wir an den I.Weltkrieg).
Aber abgesehen von moralischen Überlegungen muß man auch an die Konsequenzen denken, die diese Nominierungen haben können. Was wird jetzt mit der Liturgiekongregation geschehen?
Auf der einen Seite ist der Präfekt, der eine "benediktische" Vision der Liturgie hat (deren Hauptziel die Reform der Reform ist) und auf der anderen die Mitglieder der Kongregation, die sich dieser Vision und jedem Versuch-so klein er auch sei- einer Revision der postkonziliären Liturgiereform entschlossen widersetzen.
Wenn der Ersatz aller Mitglieder des Dikasteriums nicht geplant war, um den Präfekten zum Rücktritt zu zwingen (Kardinal Sarah erscheint mir nicht als der Mann, der sich einschüchtern läßt oder sich leicht ergibt), wird sich unausweichlich eine Patt-Situation ergeben: ein "Mauer gegen Mauer"- ohne jede Möglichkeit zur Vermittlung.
Persönlich war ich immer überzeugt, daß die Wahrheit nie ganz auf einer Seite ist und die Irrtümer ganz auf der anderen Seit sind. Ich denke, daß die Nützlichkeit der kollegialen Organe gerade in der Vielfalt der Stimmen besteht, die in ihnen repräsentiert sind: jeder gibt seiner Gruppe ihren eigenen Anteil, dann dient die Autorität als Mediator und führt zu einer Synthese der verschiedenen Positionen. Nach Art einer Revanche-tut man nichts anderes als Spannungen und Teilungen zu erzeugen, die Positonen zu radikalisieren und die Seelen zu verbittern. Und das ist das Gegenteil dessen, was die wirkliche Rolle der Autorität ist:
Optimum autem regimen multitudinis est ut regatur per unum: quod patet ex fine regiminis, qui est pax; pax enim et unitas subditorum est finis regentis
"Die beste Form der Regierung ist die, in der das Volk von einem Einzelnen regiert wird; Was offensichtlich ist, wenn man bedenkt, daß das wahre Endziel der Autorität der Friede ist, das heißt, daß der Friede und die Einheit der Untertanen das Ziel derer, die regieren ist." (Hl. Thomas v. Aquin)
Ich denke nicht, daß das die besten Voraussetzungen für eine mögliche Reform der Römischen Kurie sind und noch weniger für eine authentische Erneuerung der Kirche,.
Was nützt es, sich um die Einheit der Christen zu sorgen, wenn man anschließend neue Teilungen im Herzen der Katholischen Kirche schafft?
Was nützt es, von einer "offenen, inkludierenden Kirche " zu sprechen (Interview von Papst Franziskus in der Tageszeitung "La Nacion" Juni 2016) wenn man anschließend nur einseitige Entscheidungen getroffen und man der "Opposition" keinen Raum gelassen hat?
Was nützt es die Tendenz " Machträume vor Zeit und Entwicklung zu privilegieren" zu stigmatisieren (Evang.Gaudium 223, wenn man anschließend den Eindruck erweckt, daß sich der neue Kurs ausschließlich mit allen verfügbaren Räumen der Macht beschäftigt?"
Quelle: Pater G.Scalese, querculanus, BenoitXVI-et-moi
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