Dienstag, 29. Mai 2018

Magister: Das Neueste aus Santa Marta- eine Verschwörungstheorie

Sandro Magister läßt bei Settimo Cielo Professor Massimo Introvigne den verschwörungstheoretischen Beitrag des Papstfreundes Gianni Valente zur derzeitigen Situation der Katholischen Kirche in China kritisch kommentieren, der suggeriert, daß die aktuelle China-Politik die Katholiken im Reich der Mitte nicht gefährde.
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"DAS NEUESTE AUS SANTA MARTA: ES GIBT EINE AMERIKANISCHE VERSCHWÖRUNG GEGEN EINE ÜBEREINKUNFT ZWISCHEN ROM UND PEKING"

Settimo Cielo hat am 7. Mai über die Verstärkung der antikatholischen Repressionen in Henan, der bevölkerungsreichen Provinz auf halbem Weg zwischen Peking und Schanghai, die traditionell als Wiege der chinesischen Zivilisation betrachtet wird, berichtet.

Gerade vor einer Woche aber hat die für ihre Verbindungen zu Papst Franzsikus bekannte website "Vatican Insider" aus der Feder von Gianni Valente eine Widerlegung der Befürchtung veröffentlicht, daß die Katholische Kirche im Fadenkreuz der chinesischen Behörden und der Provinz steht und daß von der Provinz Henan aus, sich die antikatholischen Repressionen auf das ganze Land ausdehnen könnten.

"China, der "seltame Fall" der für Kinder geschlossenen KIrchen von Henan" 

Nach Valentes Urteil ist das Hauptziel der Chinesischen Autoritäten de facto die Ausbreitung protestantischer Hauskirchen und apokalyptischer Sekten in diese Provinz zu verhindern, die von der religiösen Rechten in den USA mit der Absicht unterstützt werden, das Chinesische Regime zu stürzen.

Dann wäre die Unterdrückung, die auch die Katholischen Gemeinden in Henan trifft, nur die Nebenwirkung dieses allgemeinen und gerechtfertigten Angriffs.

Wobei hingegen die Katholische Kirche- so beschließt Valente seine Argumentation- ein starkes Bollwerk gegen diese verschlingenden subversiven Sekten wäre. Und eine Übereinkunft zwischen dem Vatican und Peking würde sich völlig als auch im Interesse des chinesischen Regimes liegend, herausstellen.

Am 22. Mai aber wurde Valentes Artikel von einem der in der Welt führenden Experten für Protestantische Kirchen und neue religiöse christliche Bewegungen, Professor Massimo Ingtrovigne, heftig kritisiert.

Gerade um zur anwachsenden Präsenz dieser religiösen Realität in China ständige und wahrheitsgemäße Informationen zu liefern, hat Introvigne zu Beginn dieses Monats eine website eingerichtet, in englischer, chinesischer und koreanischer Sprache mit dem Titel "Bitterer Winter" erscheint und ausdrücklich diesem Ziel gewidmet ist.

Introvignes Kritik konzentriert sich vor allem auf die Quellen- kümmerlich, alt und voller Fehler- die Valente nutzt, um die Anwesenheit der Christlichen Sekten in Henan zu beschreiben.




Aber über alle Widersprüche gegen die Theorie hinaus, die Valente benutzt, um das Verhalten der chinesischen Autoritäten zu rechtfertigen, wird eine Verschwörungstheorie, die heute das auf China anwendet, was vor wenigen Jahrzehnten für Lateinamerika zusammengeklittert wurde: die Ausbreitung Neo-Pfingstlicher und Evangelikaler Bewegungen auf Kosten der Katholischen Kirche, mit der Beschuldigung, daß sie durch den amerikanischen Imperialismus produziert und finanziert würden.

Unten geben wir den zweiten Teil von Introvignes Artikel wieder, der es aber auch wert ist, als Ganzes gelesen zu werden.

 "Wer hat Angst vor "Bitterer WInter"?

Unter den neuen Bewegungen christlichen Ursprungs in China, die Introvigne in dem Artikel zitiert, ist besonders eine: die Kirche des Allmächtigen Gottes, über die er vor kurzem ein detailliertes Dossier publiziert hat:

"Der Fall der Kirche des Allmächtigen Gottes" 
Außer der Autor der website "Bitterer Winter" zu sein, ist Introvigne auch der Direktor des Studienzentrums für Neue Religionen in Turin.

Es ist nützlich, festzustellen, daß Gianni Valente seinerseits lange ein Freund Jorge Mario Bergoglios gewesen war, am Abend seiner Wahl, am 13. März 2013, rief Bergoglio ihn zu Haus an, zu einem Schwätzchen. Der Anruf wurde von seiner Frau, Stefania Falasca,einer Journalistin der Zeitung der Italienischen Bischofskonferenz "Avvenire" angenommen. Die Nachricht von diesem Telefonanruf breitete sich sofort rund um die Welt aus.

Am 22. Mai -am selben Tag, an dem Introvigen in seinem Artikel über die antireligiösen Maßnahmen in Henan berichtete, veröffentlichte Valente bei Vatican Insider einen Kommentar zum ad-limina-Besuch der Bischöfe Taiwans wenige Tage zuvor.

"Die -völlig politische- Mission der taiwanesischen Bischöfe im Vatican" 

Der Kommentar ist gegenüber dem Standpunkt der taiwanesischen Bischöfe sehr kritisch. Ein Standpunkt, der nach Ansicht Valentes nicht nur "völlig politisch" sondern auch "antipäpstlich" ist, was durch diese Worte des Erzbischofs von Taipeh, ein hypothetisches Übereinkommen zwischen Franzisksus und Festlandchina betreffend, bewiesen werden soll: "Wenn sie merken, daß der Papst die diplomatischen Beziehungen zu Taiwan abbrechen will, würden sie anfangen, ihn weniger wertzuschätzen und sagen "wie können wir einen Papst haben, der uns verlassen will?" 

Aber zurück zum Artikel von Professor Introvigne. Hier sind die Passagen, die die Katholische Kirche am direktesten betreffen. 

"DIE ROCKEFELLER-THEORIE TRIFFT AUCH NICHT AUF CHINA ZU"

von Massimo Introvigne 

"Ich würde gern klarstellen, daß ich "Vatican Insider" die Religions-Beilage der italienischen Zeitung "La Stampa" als eine der besten Nachrichtenquellen für die Katholische Kirche in der Welt betrachte. Ein Artikel von Gianni Valente jedoch ging in eine andere Richtung.

Valente ist ein persönlicher Freund des gegenwärtigen Papstes und auf verschiedenen Gebieten ein respektierter Journalist [....] Aber das Hauptziel dieses Artikels ist [...] zuverlässige Nachrichten anzugreifen, die "von örtlichen- oft anonymen- Zeugen"  über das Schikanieren von Katholiken in Henan durch Polizei und die Chinesische Kommunistische Partei berichten.

Valente erwähnt "Bitterer Winter" nicht ausdrücklich, aber wir gehören zu den wenigen (zusammen mit "China Aid" und "Asia News") die täglich Nachrichten aus Henan über Angriffe auf Katholische Kirchen und Gemeinden dort veröffentlicht haben. Die Nachrichten waren offensichtlich anonym : die mutigen Beobachter, die uns berichten, was passiert (und Fotos aufnehmen, die wir veröffentlichen) würden- wenn  sie identifiert würden- ins Gefängnis gehen oder Schlimmeres.

Vielleicht- suggeriert Valente- sind diese Berichte wahr. aber man müsse auch die besondere Situation in Henan in Betracht ziehen, wo es sowohl Hauskirchen als auch "Kulte" wie die "Kirche des Allmächtigen Gottes" gibt, die-so glaubt er- von amerikanischen Neokonservativen finanziert und vielleicht kreiert wurden, wenn nicht sogar direkt von der CIA, die sich verschworen haben, das Kommunistische Regime zu stürzen.

Der Versuch China demokratischer zu machen, wäre ein lohnenswertes Unternehmen und der CIA sollte dafür applaudiert werden, aber die Idee, daß Amerikanische Institutionen die "Kirche des Allmächtigen Gottes" finanzieren, ist lächerlich, obwohl es zugleich wahr und nicht überraschend ist, daß amerikanische Evangelikale (die offensichtliche nicht Teil der CIA sind) bestimmte chinesische Evangelikale Kirchen unterstützen. Die größten Hauskirchen jedoch sind genuine und original chinesische Schöpfungen.

Valente wendet auf China die diskreditierte "Rockefeller-Theorie" an, die im 20. Jahrhundert in einigen Ländern Lateinamerikas populär war, die Katholische Kirche war politisch liberal, und einige ihrer Befreiungstheologen waren offen marxistisch. Unzufrieden mit dieser Position stimmten viele Katholiken mit den Füßen ab und schlossen sich den schnell wachsenden Pfingstkirchen an.
Befreiunngtheologen argumentierten, daß die Pfingtler so erfolgreich waren, weil sie durch die Rockefeller-Stiftung und anderen Einrichtungen des Amerikanischen Imperialismus´ finanziert wurden.
Diese Theorie wurde von den akademischen Gelehrten des Lateinamerikanischen Pentekolismus immer ausgelacht. Schließlich, als das 20. Jahrhunderr zuende ging, hörte man sogar im Lager der Befreiungstheologie Stimmen, die zugaben, daß diese Analyse falsch war und die erfolgreichsten pfingstkirchlichen Denominationen in Lateinamerika örtlichen Urprungs waren und nicht wesentlich  von US-Agenturen finanziert wurden und daß einige von ihnen sogar antiamerikanisch waren.

Das tote Pferd "Rockefeller-Theorie" wird jetzt von Valente wiederbelebt und auf China in Gestalt einer bizarren Verschwörungstheorie angewandt. Valente ist ein intelligenter Journalist und tut das nicht zufällig. Wie Pater Bernardo Cervellera, der beste katholische China-Experte- "Bitter Winter"
in einem Interview erklärte, daß Valente wahrseinlich auch störte, daß es in der Katholischen Kirche eine Fraktion gibt, die auf eine schnelle Einigung mit der Chinesischen Kommunistischen Partei (CCP) drängt. Zu einem gewissen Zeitpunkt, erklärte Cervellera, begann diese Fraktion falsche Nachrichten über die unmittelbar bevorstehende Unterzeichnung eines Vertrages zu verbreiten, um Druck auf die CCP auszuüben und den Widerstand zu überwinden, den es auch in der Partei gibt.
Die CCP legt großen Wert auf ihr Image im Ausland. Die Versuche, akademische Unterstützung zu kaufen, die Verfolgung der Hauskirchen und der "xie jiao" ("heterodoxe Lehren" , die derzeitige Übersetzung als "böse Kulte" ist falsch) zu unterstützen, scheiterten.
Jetzt sagt Valente Peking, daß - sollte die Übereinkunft unterschrieben werden- die PR-Probleme gelöst werden könnten. Dem Vatican nahestehende Journalisten wären bereit, die Verfolgung zu rechtfertigen, indem sie behaupteten, daß die Verfolgten Agenten des amerikanischen Imperialismus seien.

Natürlich widerspricht das den Lehren des II. Vaticanischen Konzils und denen von Valentes eigenem persönlichen Freund, Papst Franziskus, daß Religionsfreiheit unteilbar ist und Katholiken protestieren sollten, wenn die Freiheit irgendeiner Religion bedroht wird, nicht nur die eigene. Paris mag einst eine Messe wert gewesen sein, aber Peking ist es nicht wert, daß Millionen von Christen verhaftet, gefoltert und ermordet werden."

Quelle: Settimo Cielo, Sandro Magister, "Bitter Winter", M.Introvigne

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