Dienstag, 18. Dezember 2018

Tosatti zum Geheimprozess gegen Kardinal Pell

Marco Tosatti kommentiert heute in La Nuova Bussola Quotidiana den Geheimprozess gegen Kardinal G.Pell, der in Contea im Bundesstaat Victoria/Australien mit einem Schuldspruch gegen den Purpurträger endetet und ein sehr seltsames Licht auf das Rechtsverständnis der federführenden Staatsanwaltschaft wirft. und nicht nur ihn dazu veranlaßt, dem Prozess das Attribut "kafkaesk" zuzuschreiben.
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"PELL VERURTEILT?  DAS GEHEIMNIS EINES KAFKAESKEN PROZESSES"

"Die Hypothese, daß die Verurteilung von Kardinal George Pell ein beispielhafter Fall von juristischer Unmoral und antiklerikaler und antikatholischer Gefühle im Australien des 3. Jahrtausends ist, ist alles andere als Phantasie. Auch weil die Staatsanwaltschaft  des Staates Victoria ein altes viktorianisches juristisches Instrument- das totale black-out- über den Prozess verhängt hat, wofür sie im ganz  Land verurteilt wurde.
Es war unmöglich die Beschuldigungen zu erfahren, unmöglich die Beweise kennen zu lernen, unmöglich das eine oder andere zu diskutieren.
Andererseits können die Staatsanwälte, wenn - wie im Fall von Pell - eine erste Jury ihn freigesprochen hat, um Wiederaufbereitung mit einer anderen Jury bitten, bis sie das gewünschte Urteil erhalten. Nachdem die Nachricht über ein schuldiges Urteil gegen den australischen Kardinal George Pell auf inoffizielle Weise aufgetaucht ist, wird in Australien und anderswo über die Integrität eines Prozesses, der unter dem Schleier eines journalistischen Blackouts stattfand, diskutiert. 

Der Kardinal wurde am 11. Dezember in fünf Anklagepunkten wegen des sexuellen Missbrauchs von zwei Jungen verurteilt, die als Ministranten am Altar dienten, als er Ende der 1990er Jahre Erzbischof von Melbourne war. 
Das einstimmige Urteil folgte auf einen früheren Prozess. Die katholische Nachrichtenagentur CNA behauptet, aus mehreren Quellen zu wissen, daß der mit 10 gegen zwei Stimmen mit einem "nicht schuldig" Urteil geendet habe. Der Staatsanwalt forderte jedoch sofort ein neues Gerichtsverfahren mit neuen Geschworenen. Im Februar 2019 wird es ein zweites Gerichtsverfahren geben, in dem der Kardinal, Staatssekretär für die Wirtschaft im Vatikan, sich wegen weiterer Missbrauchsvorwürfe aus den 70-er Jahren verantworten muß (er habe während eines Wasserballspiels die Genitalien eines Jungen berührt) Er war damals einfacher Priester in Ballarat.

Das Gericht von Contea im Staate Victoria hat eine Nachrichtensperre über den Prozess verhängt. Das heißt, daß weder das Geschehen bei den Anhörungen noch der Ausgang des Prozesses von den Ortsmedien abgedeckt werden konnte noch landesweit über elektronische Medien. Folge war, daß es keinerlei Diskussion über die Anklagepunkte noch über die Verteidigung Pells gab. 
Wer diese Anordnung verletzte,  konnte auf Anordnung wegen Missachtung des Gerichts verfolgt  werden.




Unter Mißachtung dieser Anordnung hat ein antikatholisches Medium "The Daily Beast" die Nachricht von der Verurteilung weitergegeben, die von diversen Medien, besonders in den USA aufgenommen wurde. Unter ihnen hat CNA mit verschiedenen Quellen gesprochen, die Kenntnisse des Falles Pell hatten. Alle haben ihr Unverständnis für das Urteil ausgedrückt.
Die Quellen haben wegen der vom Gericht verhängten Anordnung unter Anonymität gesprochen.
"Sie haben einen unschuldigen Menschen verurteilt" hat eine Quelle gegenüber CNA erklärt, der direkte Kenntnis der vorgelegten Beweise hat. "Das ist eine sehr schlimme Sache und sie wissen es".
CNA berichtet, daß eine Person, die beim Prozess anwesend war, aber nicht zu Pells Anwaltsteam gehörte, gesagt hat, daß Pells Anwälte eine Verteidigung vorgebracht haben, die unbeantwortet geblieben ist."

"Es war allen in diesem Gericht absolut klar, daß die Beschuldigungen unbegründet waren. Es  scheint, daß die Beschuldigungen angenommene Übergriffe Pells gegen zwei Chormitglieder bei verschiedenen Gelegenheiten nach der Sonntagsmesse in der Sakristei der Kathedrale von Melbourne betrafen. 
Die Verteidigung hat eine Reihe von Zeugen präsentiert, die bezeugt haben, daß der Kardinal mit den Chormitgliedern nie allein war in der Sakristei und bei allen Gelegenheiten, in denen sich das angeblich abgespielt haben sollte, immer mehrere Personen im Raum anwesend waren. 

Die Sakristei der Kathedrale von Melbourne hat große, offene Räume- alle mit Arkaden und offen, mit mehreren Ein-und Ausgängen- hat die Verteidigung festgestellt. Die Anwälte der Verteidigung haben in der Verhandlung auch eine Reihe von Zeugen präsentiert, die bezeugt haben, daß Pell nach der Sonntags-Messe immer von Priestern, anderen Mitgliedern des Klerus und Gästen umgeben war und daß die Chormitglieder ihren eigenen, von der Sakristei getrennten Raum haben, in denen sie sich als Gruppe nach der Messe umziehen. 

Wer beim Prozess anwesend war, hat auch angemerkt, daß manche von der Staatsanwaltschaft  angewandten Taktiken dazu dienten, bei den Mitgliedern der Jury antiklerikale Gefühle zu erwecken.
Ein Priester, Jesuit, Zeuge der Verteidigung, wurde von den Staatsanwälten permanent als "christlicher Bruder" angeprochen - ein kalkulierter Schachzug um den Orden ins Zentrum eines klerikalen Mißbrauchsskandals im Land zu stellen.

"Das war ein aufsehenerregender Schritt, fasst aber die Art der antikatholischen und antiklerikalen Tendenz des gesamten Prozesses zusammen", sagte die Quelle gegenüber CNA. "Und sie zwinkerten der Jury zu." Eine umfassende Diskussion der gegen Pell vorgebrachten Anschuldigungen und Beweise ist aufgrund des Medienausfalls nicht möglich. Dieser "Knebelerlass wurde auf Ersuchen der Staatsanwälte im Juni verhängt; Sie behaupteten, dass die Aufmerksamkeit der Medien den Fall beeinflusst haben könnte.

"Es ist absurd", sagte eine andere Quelle mit direkten Kenntnissen über den Prozess gegenüber CNA. "Jeder Katholik in Victoria kann Ihnen sagen, daß unsere Medien seit mehr als zwei Jahrzehnten in antikatholischer, antiklerikaler und insbesondere Anti-Pell-Berichterstattung versunken sind. Die Staatsanwälte waren mit allem zufrieden, was zu diesem Prozess geführt hat." "Das einzige, worüber wir nicht sprechen können, sind die Fakten des Falls", sagte die Quelle.

In einem Leitartikel vom Mai 2015 sagte der Journalist Gerard Henderson von "The Australian", Pell sei das Opfer einer "Hexenjagd von heute". Henderson machte darauf aufmerksam, was er als partielle und ungenaue Berichterstattung über Pell durch die Australian Broadcasting Corporation definierte. "Das mangelnde Gleichgewicht der Medien zum sexuellen Missbrauch von Kindern in der katholischen Kirche spiegelt die Tatsache wider, daß viele Journalisten Pells Konservatismus hassen", schrieb Henderson.

Henderson wies auch darauf hin, daß Pell als Erzbischof von Melbourne wenige Monate nach seiner Ankunft ein neues Programm zur Handhabung von Missbrauchsvorwürfen und zur Entschädigung von Opfern eingeführt habe. "Es ist unbetreitbar, daß Pell zu den ersten katholischen Bischöfen der Welt gehörte, die sich mit dem Problem des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch Kleriker befassten", schloss Henderson.


Es wird gesagt, daß die Verteidiger-Gruppe des Kardinals die Anordnung des Knebelerlasses gewissenhaft respektiert hat, während die Anwälte daran arbeiten, gegen das Schuldspruch Berufung einzulegen. Während in Australien die offene Diskussion über den Fall nach wie vor unmöglich ist, treten inzwischen Bedenken hinsichtlich eines Teils der Geschworenen im zweiten Verfahren auf. 

Am 13. Dezember hat die Generalstaatsanwältin von Victoria, Jill Hennessy, der australischen Zeitung The Age erklärt, daß sie ihre Abteilung gebeten habe, die Option eines einzelnen Richters in hochrangigen Gerichtsverfahren zu prüfen, bei denen es schwierig sein könnte, eine unparteiische Jury zu finden.  Der Bundesstaat Victoria ist eine der wenigen Gerichtsbarkeiten in Australien, die die Möglichkeit eines Gerichtsverfahrens mit einem einzigen Richter in Fällen wie Pell nicht zulässt.

Zu Beginn dieses Jahres wurde der ehemalige Erzbischof von Adelaide, Philip Wilson, vor einem Amtsgericht im Bundesstaat New South Wales angeklagt, weil er den sexuellen Missbrauch durch Kleriker nicht gemeldet hatte. Seine Strafe wurde im Berufungsverfahren aufgehoben. Der Berufungsrichter Roy Ellis wies darauf hin, daß die Berichterstattung der Medien über die Krise des sexuellen Missbrauchs in der Kirche ein Faktor für das Schuldurteil gewesen sein könnte.

Diese Art der Berichterstattung "kann einem Druck auf das Gericht gleichkommen, zu einer Schlussfolgerung zu kommen, die eher mit der Richtung der öffentlichen Meinung in Einklang zu stehen scheint, als mit der Rechtsstaatlichkeit vereinbar zu sein, die das Gericht dazu zwingt, in der Prozedur der Suche nach dem Recht, ein Urteil der individuellen Gerechtigkeit zu fällen.

Der Staat Victoria sieht sich anhaltender Kritik an der Anwendung des Knebel-Erlasses durch staatliche Gerichte gegenüber. Trotz eines 2013 verabschiedeten Gesetzes über "offene" Gerichte, das die juristische Transparenz verbessern soll, haben die viktorianischen Gerichte zwischen 2014 und 2016 mehr als 1.500 Sperrverfügungen erlassen. 

Eine Quelle in der Nähe von Pell teilte CNA mit, daß die Behandlung des Kardinals während des Gerichtsverfahrens "kafkaesk" gewesen sei. "Staatsanwälte können ihn- heimlich- vor Gericht stellen - bis sie eine Verurteilung erhalten, aber es darf nicht darüber diskutiert werden, was ihm vorgeworfen wird, keine Kontrolle über die Beweise gegen ihn und kein Zweifel an dem Urteil. Von welchem Planet ist diese Gerechtigkeit? "





Eine Quelle in der Nähe von Pell teilte CNA mit, daß die Behandlung des Kardinals während des Gerichtsverfahrens "kafkaesk" gewesen sei. "Staatsanwälte können ihn- heimlich- vor Gericht stellen - bis sie eine Verurteilung erhalten, aber es darf nicht darüber diskutiert werden, was ihm vorgeworfen wird, keine Kontrolle über die Beweise gegen ihn und kein Zweifel an dem Urteil. Von welchem Planet ist diese Gerechtigkeit? "

 

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