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"FURCHTLOSIGKEIT UND DIE AMERIKANISCHEN BISCHÖFE IN ROM"
Ich kannte früher einen Kongregations-Mitarbeiter an der Yale Divinity School, einen hochdekorierten Kaplan während des II. Weltkrieges, einen alten Kämpfer für die damals unpopuläre liberale Sache - von dem gesagt wurde (manchmal auch von ihm selbst) daß "David Colwell Gott so sehr fürchtet, daß er vor nichts anderem Angst hat". Das war ein eindrucksvolles Argument, suggestiv -vielleicht aus Jonathan Edwards Schule der Homiletic Amerikanischer Protestanten ("Sünder in der Hand eines zornigen Gottes).
Aber die Quelle der Furchtlosigkeit dieses Mannes unterscheidet sich sehr von der eines Mannes, den ich gerade kennen lernte, als David Colwell und ich uns freundschaftlich über theologische und politische Fragen duellierten.
Dieser Mann war Johannes Paul II.
Der dissidente jugoslawische Marxist Milovan Djilas, der viel in seinem Leben gesehen hatte, sagte einmal, der polnische Papst habe ihn als ein Mann völlig ohne Angst beeindruckt. Wie ich jedoch in "Witness to Hope" geschrieben habe, war John Pauls Furchtlosigkeit weder stoisch noch von Bedenken über postmortale göttliche Vergeltung getrieben.
Es war vielmehr eine Furchtlosigkeit, die in Johannes Pauls felsenfestem Glauben begründet war, daß das Königreich Gottes durch den Tod und die Auferstehung seines Sohnes in die Geschichte eingetreten ist. Aus diesem Grund konnten diejenigen, die Freunde des Herrn Jesus wurden und in die Gemeinschaft seiner Kirche eintraten, hier und jetzt ohne Angst leben, weil sie ermächtigt wurden, hier und jetzt das Leben dieses Königreichs zu leben.
Diese auf dem Glauben beruhende Furchtlosigkeit könnte die Bischöfe der Vereinigten Staaten zu ihren bevorstehenden Ad-limina-Besuchen in Rom und zu den „Schwellen der Apostel“ inspirieren: bei der Pilgerreise, die jeder Bischof regelmäßig unternehmen muss, während derer die Amerikaner in regionalen Gruppen mit Papst Franziskus und Vertretern der römischen Kurie zusammentreffen werden. Warum sollten die Bischöfe in Rom Furchtlosigkeit zeigen?
Weil ihre Aufgabe während des Ad-limina-Zyklus, der diesen Monat beginnt und im Februar 2020 endet, sein wird, die karikaturhafte Sicht der Kirche der Vereinigten Staaten zu korrigieren, die heutzutage im Vatikan weit verbreitet ist.
Laut dieser Karikatur wird der US-Katholizismus von einer rigiden, legalistischen Gesinnung beherrscht, die lieber verurteilt als bekehrt, die durch Importe aus dem evangelisch-protestantischen „Wohlstands-Evangelium“ verzerrt ist und die den wohlhabenden Katholiken mit einer streng rechten politischen Agenda verpflichtet ist. Wie jeder ernsthafte Studierende des US-Katholizismus weiß, ist dies eine bösartige Lüge. Aber sie wurde erfolgreich im Vatikan verkauft (und dann von den hartkantigeren Sprachrohren des gegenwärtigen Pontifikats verbreitet), obwohl bereits 2013 eine frühe Version dieser Karikatur in Rom von dem jetzt in Ungnade gefallenen Theodore McCarrick propagiert wurde. Die so entwickelte Karikatur wurde dann benutzt, um die Bischöfe der Dritten Welt bei der Synode 2018 einzuschüchtern, als sie gewarnt wurden, sich mit den Amerikanern zu verbünden, die "gegen den Papst sind".
Auch das war eine Lüge. Mit Ausnahme der italienischen war keine Bischofskonferenz der Welt dem Heiligen Stuhl gegenüber ehrerbietiger als die US-Konferenz. Aber die Leute, die diese Lüge verbreiten, sind übertriebene ultramontan - päpstliche Absolutisten - deren Vorstellung von der Reichweite der Lehrautorität des Papstes und der damit verbundenen Ehrerbietung selbst Pius IX hätte erröten lassen, wenigstens ein bißchen (zumindest in seinen besseren Tagen). Für solche Geister ist selbst eine respektvolle Herausforderung Untreue.
Die karikaturhafte Ansicht der US-Kirche wurde in einem Artikel aus dem Jahr 2017, dessen Co-Autor ein enger päpstlicher Berater, Pater Antonio Spadaro, SJ war, in der in Rom ansässigen Jesuitenzeitschrift "La Civiltà Cattolica" am lächerlichsten gezeichnet.
Hätte ich diesen Artikel als Arbeit von einem Studienanfänger in "American Religion 101" erhalten, hätte ich ihn an den armen Studenten mit dem Angebot zurückgesandt: Versuchen Sie es noch einmal und verbessern Sie es noch einmal, oder akzeptieren Sie ein "F" für Ihre Arbeit an.
Vor einigen Wochen hat der Heilige Vater diesen Artikel empfohlen, als er mit Jesuiten in Afrika sprach. Und obwohl ich gern denken möchte, daß er ihn als Warnung vor dem Veröffentlichen von Unsinn empfahl, befürchte ich etwas anderes.
Trotz all ihrer Fehler - und sie sind zahlreich - lebt die katholische Kirche in den Vereinigten Staaten die Neuevangelisierung besser als jede andere Ortskirche in der entwickelten Welt. Die klügeren Köpfe in Rom wissen das, obwohl viele Angst haben, das zu sagen, damit sie nicht als "Feinde des Papstes" bezeichnet werden. Umso mehr ist das ein Grund, daß die US-Bischöfe diese Karikatur mit Respekt aber Nachdruck korrigieren, damit ernsthafte Gespräche über die katholische Zukunft in den Vereinigten Staaten zwischen Rom und Amerika beginnen können.
Quelle: G. Weigel, FirstThings
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